Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1975  Nr. 36 vom 05.04.1975  - Seite 774 bis 776 - Gesetz zum Schutze der Auswanderer (Auswandererschutzgesetz - AuswSG)

Gesetz zum Schutze der Auswanderer (Auswandererschutzgesetz – AuswSG) 774 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1975, Teil I Gesetz zum Schutze der Auswanderer f Auswandererschutzgesetz — AuswSG) Vom 26. März 1975 Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: § 1 Auswandererberatung (1) Wer geschäftsmäßig Auskunft über die Aussichten der Auswanderung und über die Lebensverhältnisse im Einwanderungsland, insbesondere über die Arbeits- und Niederlassungsverhältnisse im Ausland oder in diesen Angelegenheiten Rat erteilen will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Antragsteller die für die Beratung erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, oder wenn der Antragsteller die für die Beratung erforderliche Sachkunde nicht nachweist. Der Nachweis der Sachkunde gilt als erbracht, wenn der Antragsteller fünf Jahre als unselbständiger Berater bei einer in Absatz 2 genannten Auskunfts- oder Beratungsstelle tätig war. Die Erlaubnis kann unter Bedingungen erteilt und mit Auflagen verbunden werden; nachträgliche Auflagen sind zulässig; darauf ist in der Erlaubnis hinzuweisen. (2) Keiner Erlaubnis bedürfen Auskunfts- oder Beratungsstellen von Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts oder von Vereinigungen, die sich die Fürsorge für Auswanderer zur Aufgabe machen und die als gemeinnützig im Sinne der Gemeinnützigkeitsverordnung vom 24. Dezember 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 1592), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Steueränderungsgesetzes 1969 vom 18. August 1969 (Bundesgesetzbl. I S. 1211), anerkannt sind. Diese Stellen haben jedoch der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen, wenn sie eine Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 aufnehmen oder eine solche bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit fortsetzen wollen. (3) Keiner Erlaubnis bedürfen ferner Einrichtungen und Personen, die mit der Anwerbung und Arbeitsvermittlung für eine Beschäftigung im Ausland nach § 23 des Arbeitsförderungsgesetzes vom 25. Juni 1969 (Bundesgesetzbl. I S. 582), zuletzt ge- ändert durch Artikel 6 des Gesetzes zur Förderung von Investitionen und Beschäftigung vom 23. Dezember 1974 (Bundesgesetzbl. I S. 3676), beauftragt sind oder soweit ihnen die Zustimmung zu solcher Anwerbung und Arbeitsvermittlung nach § 18 des Arbeitsförderungsgesetzes erteilt ist, Wenn sie bei diesen Tätigkeiten Rat und Auskunft nur über die Arbeitsstelle erteilen, für die sie anwerben oder vermitteln. Dabei ist auf die in Absatz 2 genannten Auskunfts- und Beratungsstellen hinzuweisen. (4) Die zuständige Behörde kann die nach Absatz 1 erteilte Erlaubnis zurücknehmen, wenn nachträglich bekannt wird, daß bei ihrer Erteilung Tatsachen vorgelegen haben, aus denen sich der Mangel der erforderlichen Zuverlässigkeit ergibt. Die Behörde kann die Erlaubnis widerrufen oder die Tätigkeit der in Absatz 2 bezeichneten Stellen verbieten, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, aus denen sich der Mangel der erforderlichen Zuverlässigkeit ergibt, oder wenn eine Gewähr für eine sachkundige Beratung nicht gegeben ist. § 2 Werbungsverbot; Verbot von Prämien; Verbot der auslandsunterstützten Auswanderung (1) Es ist verboten, geschäftsmäßig für die Auswanderung zu werben. § 18 Abs. 1 und § 23 Abs. 1 Satz 2 des Arbeitsförderungsgesetzes bleiben unberührt. (2) Für den Abschluß von Beförderungsverträgen mit Auswanderern oder im Zusammenhang damit dürfen Prämien oder andere Vergünstigungen weder gewährt noch angenommen werden. (3) Verboten sind die Beförderung sowie der Abschluß von Verträgen über die Beförderung von Auswanderern, für die von Unternehmen oder internationalen Einrichtungen oder ausländischen Regierungen der Beförderungspreis ganz oder teilweise gezahlt wird oder Darlehen zur Zahlung des Beförderungspreises gewährt werden. (4) Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Ausnahmen von Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 zulassen, soweit dies zur Durch- Nr. 36 — Tag der Ausgabe: Bonn, den 5. April 1975 775 setzung zwischenstaatlicher Vereinbarungen erforderlich ist. Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit kann Ausnahmen von Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 aus besonderen Gründen zulassen, wenn dieses im öffentlichen Interesse liegt oder aus Gründen humanitärer oder sozialer Art angezeigt ist, insbesondere bei der Rückwanderung von Ausländern in ihre Heimat oder bei der Weiterwanderung dieser Personen. § 3 Auswanderung in einen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften § 2 Abs. 3 gilt nicht für die Auswanderung in einen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften. § 4 Beförderung von Auswanderern ins außereuropäische Ausland mit Schiff und Luftfahrzeug im Gelegenheitsverkehr Der Bundesminister für Verkehr kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates, soweit der Gesundheitsschutz für die mit Schiff oder Luftfahrzeug im Gelegenheitsverkehr bei Sammelbeförderung nach außereuropäischen Bestimmungsorten reisenden Auswanderer dies erfordert, Vorschriften erlassen über 1. Mindestanforderungen an Einrichtung, Ausrüstung und Bordvorräte der Beförderungsmittel sowie 2. die Kontrolle der Beförderungsmittel durch Beauftragte der zuständigen Behörde; das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) kann insoweit eingeschränkt werden. § 5 Zuständigkeit und Verfahren (1) Für die Ausführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen sind die Landesregierungen oder die von ihnen bestimmten Stellen zuständig. § 2 Abs. 4 Satz 2 dieses Gesetzes sowie § 2 des Gesetzes über die Errichtung des Bundesverwaltungsamtes vom 28. Dezember 1959 (Bundesgesetzbl. I S. 829) bleiben unberührt. (2) Die zuständige Behörde soll die bei ihr nach § 1 Abs. 2 eingehenden Anzeigen sowie die Entscheidungen, durch die sie eine Erlaubnis erteilt, zurücknimmt oder widerruft oder einer Auskunftsoder Beratungsstelle die Aufnahme oder Fortsetzung der Tätigkeit verbietet, auch dem Bundesverwaltungsamt und der Bundesanstalt für Arbeit mitteilen. § 6 Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig handelt, wer 1. entgegen § 1 Abs. 1 Satz 1 ohne Erlaubnis geschäftsmäßig Auskunft oder Rat erteilt oder einer vollziehbaren Auflage nach § 1 Abs. 1 Satz 4 zuwiderhandelt, 2. einem vollziehbaren Verbot nach § 1 Abs. 4 zuwiderhandelt, 3. entgegen § 2 Abs. 1 Satz 1 geschäftsmäßig für die Auswanderung wirbt, 4. entgegen § 2 Abs. 2 für den Abschluß von Beförderungsverträgen mit Auswanderern oder im Zusammenhang damit Prämien oder andere Vergünstigungen gewährt oder annimmt oder 5. als Reeder oder Kapitän eines Schiffes oder Halter oder Führer eines Luftfahrzeugs im Gelegenheitsverkehr a) entgegen § 2 Abs. 3 Auswanderer befördert oder mit ihnen Beförderungsverträge abschließt oder b) einer Rechtsverordnung nach § 4 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu vierzigtausend Deutsche Mark geahndet werden. (3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 5 kann die Ordnungswidrigkeit auch dann geahndet werden, wenn sie nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes begangen wird. § 7 Änderung der Gewerbeordnung In § 6 Abs. 1 Satz 1 der Gewerbeordnung werden die Worte "der Auswanderungsunternehmer und Auswanderungsagenten" durch die Worte "der Auswandererberater" ersetzt. § 8 Änderung des Gesetzes für Jugendwohlfahrt In § 48 a Abs. 2 des Gesetzes für Jugendwohlfahrt in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 1970 (Bundesgesetzbl. I S. 1197), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes zur Neuregelung des Volljährigkeitsalters vom 31. Juli 1974 (Bundesgesetzbl. I S. 1713), werden die Worte "sowie nach § 9 Abs. 1 der Verordnung gegen Mißstände im Auswanderungswesen vom 14. Februar 1924 (Reichsgesetzbl. I S. 107)" gestrichen. § 9 Änderung des Gesetzes über das Paßwesen § 7 Abs. 2 Buchstabe c des Gesetzes über das Paßwesen vom 4. März 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 290), zuletzt geändert durch Artikel 44 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 (Bundesgesetzbl. I S. 469), wird gestrichen. § 10 Aufhebung von Vorschriften (1) Das Reichsgesetz über das Auswanderungswesen vom 9. Juni 1897 (Reichsgesetzbl. S. 463), zu- 776 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1975, Teil I letzt geändert durch Artikel 82 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 (Bundesgesetzbl. I S. 469), die Bekanntmachung betreffend Bestimmungen über den Geschäftsbetrieb der Aus Wanderungsunternehmer und Agenten vom 14. März 1898 (Reichsgesetzbl. S. 39), geändert durch die Bekanntmachung betreffend Abänderung der Bestimmungen über den Geschäftsbetrieb der Auswanderungsunternehmer und Agenten vom 23. August 1903 (Reichsgesetzbl. S. 274), und die Verordnung gegen Mißstände im Auswanderungswesen vom 14. Februar 1924 (Reichsgesetzbl. I S. 107), zuletzt geändert durch Artikel 83 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 (Bundesgesetzbl. I S. 469), werden aufgehoben. (2) Der Bundesminister für Verkehr wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit ohne Zustimmung Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 26. März 1975 Für den Bundespräsidenten Der Präsident des Bundesrates Kübel Der Bundeskanzler Schmidt Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit Katharina Pocke des Bundesrates die Verordnung über die Einrichtung von Auswandererschiffen vom 21. Dezember 1956 (Bundesgesetzbl. II S. 2145) aufzuheben. § 11 Berlin-Klausel Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes. § 12 Inkrafttreten § 2 Abs. 4 und die §§ 4 und 5 Abs. 1 dieses Gesetzes treten am Tage nach, der Verkündung in Kraft. Im übrigen tritt dieses Gesetz am ersten Tage des auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft.