Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  2005  Nr. 69 vom 08.11.2005  - Seite 3122 bis 3125 - Verordnung über das Meisterprüfungsberufsbild und über die Prüfungsanforderungen in den Teilen I und II der Meisterprüfung im Uhrmacher-Handwerk (Uhrmachermeisterverordnung - UhrmMstrV)

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3122 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2005 Teil I Nr. 69, ausgegeben zu Bonn am 8. November 2005 Verordnung über das Meisterprüfungsberufsbild und über die Prüfungsanforderungen in den Teilen I und II der Meisterprüfung im Uhrmacher-Handwerk (Uhrmachermeisterverordnung ­ UhrmMstrV) Vom 1. November 2005 Auf Grund des § 51a Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 der Handwerksordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 1998 (BGBl. I S. 3074), der durch Artikel 2 Nr. 24 des Gesetzes vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931) geändert worden ist, verordnet das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung: §1 Gliederung und Inhalt der Meisterprüfung Die Meisterprüfung im zulassungsfreien UhrmacherHandwerk umfasst folgende selbständige Prüfungsteile: 1. die Prüfung der meisterhaften Verrichtung der Tätigkeiten (Teil I), 2. die Prüfung der besonderen fachtheoretischen Kenntnisse (Teil II), 3. die Prüfung der besonderen betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen und rechtlichen Kenntnisse (Teil III) und 4. die Prüfung der erforderlichen berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse (Teil IV). §2 Meisterprüfungsberufsbild (1) Durch die Meisterprüfung wird festgestellt, dass der Prüfling befähigt ist, einen Betrieb zu führen, technische, kaufmännische und personalwirtschaftliche Leitungsaufgaben wahrzunehmen, die Ausbildung durchzuführen und seine berufliche Handlungskompetenz eigenverantwortlich umzusetzen und an neue Bedarfslagen in diesen Bereichen anzupassen. (2) Im Uhrmacher-Handwerk sind zum Zwecke der Meisterprüfung folgende Fertigkeiten und Kenntnisse als ganzheitliche Qualifikationen zu berücksichtigen: 1. Kundenwünsche ermitteln, Kunden beraten, Serviceleistungen anbieten, Auftragsverhandlungen führen und Auftragsziele festlegen, Leistungen kalkulieren und Angebote erstellen, Verträge schließen, 2. Aufgaben der technischen, kaufmännischen und personalwirtschaftlichen Betriebsführung wahrnehmen, insbesondere unter Berücksichtigung der Betriebsorganisation, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung, des Qualitätsmanagements, der Haftungsvorschriften des Arbeitsschutzrechtes, des Datenschutzes, des Umweltschutzes sowie von Informations- und Kommunikationstechniken, 3. Auftragsabwicklungsprozesse planen, organisieren, durchführen und überwachen, 4. Aufträge durchführen, insbesondere unter Berücksichtigung von Montage- und Fertigungstechniken, berufsbezogenen rechtlichen Vorschriften und technischen Normen sowie der anerkannten Regeln der Technik, Personal, Material und Geräten sowie Einsatzmöglichkeiten von Auszubildenden, 5. technische Arbeitspläne und Arbeitsabläufe, Skizzen und technische Zeichnungen, insbesondere unter Einsatz von rechnergestützten Systemen, erstellen, 6. Werkstücke und Werkstoffe entsprechend ihrer Arten und Eigenschaften verarbeiten; Verfahren zur Oberflächenbehandlung und Stoffeigenschaftsänderung bei der Planung, Konstruktion und Fertigung berücksichtigen, 7. manuelle, maschinelle und programmgesteuerte Beund Verarbeitungsverfahren sowie Montage- und Fügetechniken beherrschen, Bundesgesetzblatt Jahrgang 2005 Teil I Nr. 69, ausgegeben zu Bonn am 8. November 2005 8. Prüf- und Messtechniken unter Berücksichtigung von Mess- und Prüfplänen und der Qualitätssicherung, insbesondere an mechanischen und elektronischen Uhren und deren Komponenten, durchführen; Ergebnisse beurteilen und dokumentieren, 9. Einzelteile von mechanischen Großuhren entwerfen, konstruieren, berechnen, kalkulieren, anfertigen und montieren; Großuhren in Betrieb nehmen und regulieren, 10. historische Uhren unter Berücksichtigung der zeittypischen Arbeitsweisen und Stilrichtungen analysieren und Zustand dokumentieren; Instandhaltungsmaßnahmen bestimmen und bewerten sowie ausführen oder veranlassen, 11. Fehler-, Mängel- und Störungssuche durchführen, Fehler, Mängel und Störungen beseitigen, Ergebnisse bewerten und dokumentieren, 12. auftragsbezogene Fremdleistungen vergeben und Ausführung kontrollieren, 13. eigene Leistungen und Fremdleistungen abnehmen, abrechnen und dokumentieren, Nachkalkulation durchführen. §3 Gliederung des Teils I Der Teil I der Meisterprüfung umfasst als Prüfungsbereich ein Meisterprüfungsprojekt und ein darauf bezogenes Fachgespräch. §4 Meisterprüfungsprojekt (1) Der Prüfling hat ein Meisterprüfungsprojekt durchzuführen, das einem Kundenauftrag entspricht. Vorschläge des Prüflings für den Kundenauftrag sollen berücksichtigt werden. Die auftragsbezogenen Kundenanforderungen werden vom Meisterprüfungsausschuss festgelegt. Auf dieser Grundlage erarbeitet der Prüfling ein Umsetzungskonzept, einschließlich einer Zeit- und Materialbedarfsplanung. Dieses hat er vor der Durchführung des Meisterprüfungsprojekts dem Meisterprüfungsausschuss zur Genehmigung vorzulegen. Der Meisterprüfungsausschuss prüft, ob das Umsetzungskonzept den auftragsbezogenen Kundenanforderungen entspricht. (2) Das Meisterprüfungsprojekt besteht aus Planungs-, Durchführungs- und Dokumentationsarbeiten. (3) Als Meisterprüfungsprojekt sind die nachfolgenden Aufgaben durchzuführen: 1. Eine mechanische Großuhr instand setzen und in Betrieb nehmen, dabei eines oder mehrere Einzelteile entwerfen, konstruieren, berechnen, kalkulieren und anfertigen sowie 2. einen mechanischen Chronografen instand setzen, in Betrieb nehmen und in den Lagen regulieren. Die Ergebnisse der Arbeiten nach den Nummern 1 und 2 sind zu protokollieren. (4) Die Entwurfs-, Konstruktions-, Berechnungs- und Kalkulationsunterlagen werden mit 40 vom Hundert, die durchgeführten Arbeiten mit 50 vom Hundert und die Prüfprotokolle mit 10 vom Hundert gewichtet. §7 Gliederung, Prüfungsdauer und Bestehen des Teils II §5 Fachgespräch 3123 Nach Durchführung des Meisterprüfungsprojekts ist hierüber das Fachgespräch zu führen. Dabei soll der Prüfling nachweisen, dass er die fachlichen Zusammenhänge aufzeigen kann, die dem Meisterprüfungsprojekt zugrunde liegen, den Ablauf des Meisterprüfungsprojekts begründen und mit dem Meisterprüfungsprojekt verbundene berufsbezogene Probleme sowie deren Lösungen darstellen kann und dabei in der Lage ist, neue Entwicklungen zu berücksichtigen. §6 Prüfungsdauer und Bestehen des Teils I (1) Die Durchführung des Meisterprüfungsprojekts soll nicht länger als vier Arbeitstage, das Fachgespräch nicht länger als 30 Minuten dauern. (2) Das Meisterprüfungsprojekt und das Fachgespräch werden gesondert bewertet. Die Prüfungsleistungen im Meisterprüfungsprojekt und im Fachgespräch werden im Verhältnis 3 : 1 gewichtet. Hieraus wird eine Gesamtbewertung gebildet. (3) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils I der Meisterprüfung ist eine insgesamt ausreichende Prüfungsleistung, wobei die Prüfung weder im Meisterprüfungsprojekt noch im Fachgespräch mit weniger als 30 Punkten bewertet worden sein darf. (1) Durch die Prüfung in Teil II soll der Prüfling in den in Absatz 2 genannten Handlungsfeldern seine Handlungskompetenz dadurch nachweisen, dass er berufsbezogene Probleme analysieren und bewerten sowie Lösungswege aufzeigen und dokumentieren und dabei aktuelle Entwicklungen berücksichtigen kann. (2) Handlungsfelder sind: 1. Instandhaltungstechnik, 2. Auftragsabwicklung, 3. Betriebsführung und Betriebsorganisation. (3) In jedem Handlungsfeld ist mindestens eine Aufgabe zu bearbeiten, die fallorientiert sein muss: 1. Instandhaltungstechnik Der Prüfling soll nachweisen, dass er in der Lage ist, im Rahmen der Instandhaltung konstruktions- und fertigungstechnische Aufgaben unter Berücksichtigung wirtschaftlicher und ökologischer Aspekte in einem Uhrmacherbetrieb zu bearbeiten. Dabei soll er berufsbezogene Sachverhalte analysieren und bewerten. Bei der jeweiligen Aufgabenstellung sollen mehrere der unter Buchstabe a bis f aufgeführten Qualifikationen verknüpft werden: a) Lösungen für Problemstellungen im Bereich der Uhrentechnik erarbeiten, bewerten und korrigieren, 3124 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2005 Teil I Nr. 69, ausgegeben zu Bonn am 8. November 2005 tion unter Berücksichtigung der rechtlichen Vorschriften, auch unter Anwendung von Informations- und Kommunikationssystemen, wahrzunehmen. Bei der jeweiligen Aufgabenstellung sollen mehrere der unter Buchstabe a bis h aufgeführten Qualifikationen verknüpft werden: a) betriebliche Kosten ermitteln, dabei betriebswirtschaftliche Zusammenhänge berücksichtigen, b) betriebliche Kostenstrukturen überprüfen; betriebliche Kennzahlen ermitteln, c) Marketingmaßnahmen zur Kundenpflege und zur Gewinnung neuer Kunden vor dem Hintergrund technischer und wirtschaftlicher Entwicklungen erarbeiten, d) betriebliches Qualitätsmanagement planen und darstellen, e) Aufgaben der Personalverwaltung wahrnehmen; den Zusammenhang zwischen Personalverwaltung sowie Personalführung und -entwicklung darstellen, f) betriebsspezifische Maßnahmen zur Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen und des Umweltschutzes entwickeln; Gefahrenpotenziale beurteilen und Maßnahmen zur Gefahrenvermeidung und -beseitigung festlegen, g) Betriebs- und Lagerausstattung sowie logistische Prozesse planen und darstellen, h) Chancen und Risiken betrieblicher Kooperation darstellen und beurteilen. (4) Die Prüfung in Teil II ist schriftlich durchzuführen. Sie soll in jedem Handlungsfeld nicht länger als drei Stunden dauern. Eine Prüfungsdauer von sechs Stunden täglich darf nicht überschritten werden. (5) Die Gesamtbewertung des Teils II wird aus dem arithmetischen Mittel der Einzelbewertungen der Handlungsfelder gemäß Absatz 2 gebildet. (6) Die schriftliche Prüfung ist in einem der in Absatz 2 genannten Handlungsfelder auf Antrag des Prüflings oder nach Ermessen des Prüfungsausschusses durch eine mündliche Prüfung zu ergänzen (Ergänzungsprüfung), wenn dies das Bestehen des Teils II der Meisterprüfung ermöglicht. Die Ergänzungsprüfung soll je Prüfling nicht länger als 20 Minuten dauern. In diesem Handlungsfeld sind die Ergebnisse der schriftlichen Prüfung und der Ergänzungsprüfung im Verhältnis 2 : 1 zu gewichten. (7) Mindestvoraussetzung für das Bestehen des Teils II der Meisterprüfung ist eine insgesamt ausreichende Prüfungsleistung. Ist die Prüfung in einem Handlungsfeld auch nach durchgeführter Ergänzungsprüfung mit weniger als 30 Punkten bewertet worden, so ist die Prüfung des Teils II nicht bestanden. §8 Weitere Anforderungen Die Prüfungsanforderungen in den Teilen III und IV sowie die Regelungen über das Bestehen der Meisterprüfung bestimmen sich nach der Verordnung über b) Diagnosen und Fehleranalysen erstellen und beurteilen; Vorschläge für Serviceleistungen erarbeiten, Instandsetzungswege festlegen, Instandhaltungsumfang bestimmen, c) Prüf- und Messtechniken sowie Verfahren der Funktionsprüfungen und Fehlersuche, insbesondere an mechanischen und elektronischen Uhren, unterscheiden und dem jeweiligen Anwendungszweck zuordnen; Prüfergebnisse dokumentieren und bewerten, d) Verbindungstechniken sowie Verfahren der Instandsetzung, der Oberflächenbearbeitung und der Oberflächenbehandlung an Uhren, Uhrengehäusen und Zubehör unter Beachtung der Werkstoffeigenschaften beschreiben und beurteilen, e) Instandsetzungsmaßnahmen an historischen Uhren darstellen, bewerten und dokumentieren, f) Werkstücke und Werkstoffe entsprechend ihren Arten und Eigenschaften beurteilen und Verwendungszwecken zuordnen; 2. Auftragsabwicklung Der Prüfling soll nachweisen, dass er in der Lage ist, Auftragsabwicklungsprozesse, auch unter Anwendung branchenüblicher Software, erfolgs-, kundenund qualitätsorientiert zu planen, deren Durchführung zu kontrollieren und sie abzuschließen. Bei der jeweiligen Aufgabenstellung sollen mehrere der unter Buchstabe a bis h aufgeführten Qualifikationen verknüpft werden: a) Angebotsunterlagen erstellen und Angebote auswerten, Angebotskalkulation durchführen, b) Methoden und Verfahren der Arbeitsplanung und -organisation unter Berücksichtigung der Fertigungs-, Konstruktions- und Instandsetzungstechnik sowie gestalterischer Aspekte, des Einsatzes von Material, Geräten und Personal bewerten, dabei qualitätssichernde Aspekte darstellen sowie Schnittstellen zwischen Arbeitsbereichen berücksichtigen, c) berufsbezogene rechtliche Vorschriften und technische Normen sowie anerkannte Regeln der Technik anwenden, insbesondere Haftung bei der Herstellung, der Instandhaltung, der Restaurierung und bei Serviceleistungen beurteilen, d) technische Arbeitspläne, Skizzen und Zeichnungen erarbeiten sowie vorgegebene Arbeitspläne, Skizzen und Zeichnungen bewerten und korrigieren, e) auftragsbezogenen Einsatz von Material, Werkstoffen, Maschinen und Geräten bestimmen und begründen, f) Unteraufträge vergeben und kontrollieren, g) Schadensaufnahme an Uhren und Zubehör darstellen, Instandsetzungsmethoden vorschlagen und die erforderliche Abwicklung festlegen, h) Vor- und Nachkalkulation durchführen; 3. Betriebsführung und Betriebsorganisation Der Prüfling soll nachweisen, dass er in der Lage ist, Aufgaben der Betriebsführung und Betriebsorganisa- Bundesgesetzblatt Jahrgang 2005 Teil I Nr. 69, ausgegeben zu Bonn am 8. November 2005 gemeinsame Anforderungen in der Meisterprüfung im Handwerk und in handwerksähnlichen Gewerben vom 18. Juli 2000 (BGBl. I S. 1078) in der jeweils geltenden Fassung. §9 Übergangsvorschrift (1) Die bis zum 31. Dezember 2005 begonnenen Prüfungsverfahren werden nach den bisherigen Vorschriften zu Ende geführt. Bei der Anmeldung zur Prüfung bis zum Ablauf des 30. Juni 2006 sind auf Antrag des Prüflings die bisherigen Vorschriften anzuwenden. 3125 (2) Prüflinge, die die Prüfung nach den bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Vorschriften nicht bestanden haben und sich bis zum 31. Dezember 2007 zu einer Wiederholungsprüfung anmelden, können auf Antrag die Wiederholungsprüfung nach den bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Vorschriften ablegen. § 10 Inkrafttreten, Außerkrafttreten Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2006 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Uhrmachermeisterverordnung vom 17. April 1986 (BGBl. I S. 533) außer Kraft. Berlin, den 1. November 2005 Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit In Vertretung Georg Wilhelm Adamowitsch