Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  2009  Nr. 49 vom 03.08.2009  - Seite 2433 bis 2435 - Gesetz zur Regelung des Schutzes vor nichtionisierender Strahlung

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Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 49, ausgegeben zu Bonn am 3. August 2009 2433 Gesetz zur Regelung des Schutzes vor nichtionisierender Strahlung Vom 29. Juli 2009 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: 1. wer als Ärztin oder Arzt oder Zahnärztin oder Zahnarzt approbiert ist oder 2. wer sonst zur Ausübung des ärztlichen oder zahnärztlichen Berufs berechtigt ist und über die erforderliche Fachkunde verfügt, um die Risiken der jeweiligen Anwendung nichtionisierender Strahlung für den Menschen beurteilen zu können. Die nach Satz 1 erforderliche Fachkunde ist gegenüber der zuständigen Behörde auf Verlangen nachzuweisen. (3) Die rechtfertigende Indikation nach Absatz 1 ist die Entscheidung, dass und in welcher Weise nichtionisierende Strahlung am Menschen in der Heil- oder Zahnheilkunde angewendet wird. Sie erfordert die Feststellung, dass der gesundheitliche Nutzen einer Anwendung nichtionisierender Strahlung am Menschen größer ist als ihr Risiko. (4) Bei Anwendungen nach Absatz 1 sind die in einer Rechtsverordnung nach § 5 festgelegten weiteren Anforderungen einzuhalten. §3 Schutz bei kosmetischen oder sonstigen Anwendungen Anlagen, die nichtionisierende Strahlung aussenden können, dürfen zu kosmetischen Zwecken oder sonstigen Anwendungen am Menschen außerhalb der Heil- oder Zahnheilkunde nur betrieben werden, wenn bei ihrem Betrieb die in einer Rechtsverordnung nach § 5 festgelegten Anforderungen eingehalten werden. §4 Nutzungsverbot für Minderjährige Die Benutzung von Anlagen nach § 3 zur Bestrahlung der Haut mit künstlicher ultravioletter Strahlung in Sonnenstudios, ähnlichen Einrichtungen oder sonst öffentlich zugänglichen Räumen darf Minderjährigen nicht gestattet werden. §5 Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen (1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, dass zum Schutz der Menschen vor schädlichen Wirkungen nichtionisierender Strahlung der Betrieb von Anlagen nach § 2 Absatz 1 in Ausübung der Heil- oder Zahnheilkunde bestimmten Anforderungen genügen muss, insbesondere 1. ab welchen für bestimmte Anwendungsarten festzulegenden Werten es einer rechtfertigenden Indikation bedarf, 2. welche Anforderungen an die erforderliche Fachkunde der berechtigten Person zu stellen sind und Artikel 1 Gesetz zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen (NiSG)*) §1 Anwendungsbereich (1) Dieses Gesetz regelt den Schutz und die Vorsorge im Hinblick auf schädliche Wirkungen nichtionisierender Strahlung, die durch die Anwendung nichtionisierender Strahlung am Menschen verursacht werden können. Es gilt für 1. den Betrieb von Anlagen zur medizinischen Anwendung nichtionisierender Strahlung in der Heil- und Zahnheilkunde und 2. für den Betrieb von Anlagen zur Anwendung nichtionisierender Strahlung außerhalb der Medizin, soweit die Anlagen gewerblichen Zwecken dienen oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Anwendung finden. (2) Nichtionisierende Strahlung umfasst 1. elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder in einem Frequenzbereich von 0 Hertz bis 300 Gigahertz, 2. optische Strahlung im Wellenlängenbereich von 100 Nanometern bis 1 Millimeter sowie 3. Ultraschall im Frequenzbereich von 20 Kilohertz bis 1 Gigahertz. (3) Die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes, des Medizinproduktegesetzes und die auf diese Gesetze gestützten Rechtsverordnungen bleiben unberührt. §2 Schutz in der Medizin (1) In Ausübung der Heil- oder Zahnheilkunde am Menschen dürfen beim Betrieb von Anlagen, die nichtionisierende Strahlung aussenden können, die in einer Rechtsverordnung nach § 5 für bestimmte Anwendungsarten festgelegten Werte nur dann überschritten werden, wenn eine berechtigte Person hierfür die rechtfertigende Indikation gestellt hat. (2) Berechtigte Person nach Absatz 1 ist, *) Die Verpflichtungen aus der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 204 vom 21.7.1998, S. 37), die zuletzt durch die Richtlinie 2006/96/EG (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 81) geändert worden ist, sind beachtet worden. 2434 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 49, ausgegeben zu Bonn am 3. August 2009 wie diese Fachkunde gegenüber der zuständigen Behörde nachzuweisen ist und 3. dass die zuständigen Behörden ärztliche und zahnärztliche Stellen bestimmen und festlegen können, a) dass und auf welche Weise diese Prüfungen durchführen, mit denen sichergestellt wird, dass bei der Anwendung nichtionisierender Strahlung in der Heil- und Zahnheilkunde die Erfordernisse der medizinischen Wissenschaft beachtet werden und die angewendeten Verfahren und eingesetzten Anlagen den jeweiligen notwendigen Qualitätsstandards zur Gewährleistung einer möglichst geringen Strahlenbelastung von Patientinnen und Patienten entsprechen, und b) dass und auf welche Weise die Ergebnisse der Prüfungen den zuständigen Behörden mitgeteilt werden. (2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, dass zum Schutz der Menschen vor schädlichen Wirkungen nichtionisierender Strahlung der Betrieb von Anlagen nach § 3 bestimmten Anforderungen genügen muss, insbesondere 1. dass beim Betrieb der Anlagen bestimmte Grenzwerte nicht überschritten werden dürfen, 2. wie die Einhaltung der Grenzwerte zu messen oder zu berechnen ist, 3. in welchen zeitlichen Abständen die Anlagen einer technischen Überprüfung zu unterziehen sind, 4. a) welche Beratungs- und Informationspflichten zu erfüllen sind und unter welchen Voraussetzungen von diesen abgesehen werden kann und b) welche Warnhinweise anzubringen sind und unter welchen Voraussetzungen von diesen abgesehen werden kann, 5. welche Anforderungen zum Schutz von Minderjährigen an den Betrieb von Anlagen zu stellen sind, die nicht von § 4 erfasst werden, 6. a) welche Anforderungen an die erforderlichen fachlichen Kenntnisse von im Betrieb tätigen Personen zu stellen und b) welche Nachweise gegenüber der zuständigen Behörde zu erbringen sind. §6 Befugnisse der zuständigen Behörden (1) Die zuständige Behörde kann zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und der auf § 5 gestützten Rechtsverordnungen Anlagen oder deren Betrieb überprüfen. § 52 Absatz 1 bis 3 und 5 bis 7 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes gilt entsprechend. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. (2) Die zuständige Behörde kann diejenigen Anordnungen treffen, die erforderlich sind, um die Vorschriften dieses Gesetzes und der auf § 5 gestützten Rechtsverordnung durchzuführen, insbesondere 1. anordnen, dass eine Anlage von einer nach Landesrecht zuständigen Behörde bekannt gegebenen Stelle oder einer in gleicher Weise geeigneten Stelle überprüft wird, 2. untersagen, dass eine Anlage, die nicht den Anforderungen einer nach § 5 erlassenen Rechtsverordnung entspricht, weiter betrieben wird. (3) Kommt die Betreiberin oder der Betreiber einer Anlage einer vollziehbaren behördlichen Anordnung nach Absatz 2 Nummer 1 nicht nach, so kann die zuständige Behörde den Betrieb der Anlage ganz oder teilweise untersagen, bis die Anordnung erfüllt ist. §7 Kosten Die Person, die eine Anlage nach den Vorschriften dieses Gesetzes betreibt, hat die Kosten für Überwachungsmaßnahmen oder Anordnungen nach § 6 zu tragen, wenn die Überprüfung der Anlage durch die zuständige Behörde oder einen von dieser beauftragten Dritten ergibt, dass die Grenzwerte oder sonstigen Anforderungen die in diesem Gesetz oder in einer auf § 5 gestützten Rechtsverordnung festgelegt wurden, nicht eingehalten werden. §8 Bußgeldvorschriften (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. entgegen § 2 Absatz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 einen dort genannten Wert überschreitet, 2. entgegen § 2 Absatz 4 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 eine dort genannte Anforderung nicht einhält, 3. entgegen § 3 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 5 Absatz 2 eine Anlage betreibt, 4. entgegen § 4 einer Minderjährigen oder einem Minderjährigen die Benutzung einer Anlage gestattet oder 5. einer vollziehbaren Untersagung nach § 6 Absatz 2 Nummer 2 oder Absatz 3 zuwiderhandelt. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro geahndet werden. Artikel 2 Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes Das Bundes-Immissionsschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 (BGBl. I S. 3830), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 16. Juli 2009 (BGBl. I S. 1954) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. § 22 Absatz 1 Satz 3 wird wie folgt gefasst: ,,Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist." Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 49, ausgegeben zu Bonn am 3. August 2009 2435 2. § 32 Absatz 1 Satz 1 wird wie folgt gefasst: ,,Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates vorzuschreiben, dass serienmäßig hergestellte Teile von Betriebsstätten und sonstigen ortsfesten Einrichtungen sowie die in § 3 Absatz 5 Nummer 2 bezeichneten Anlagen und hierfür serienmäßig hergestellte Teile gewerbsmäßig oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen nur in den Verkehr gebracht oder eingeführt werden dürfen, wenn sie bestimmten Anforderungen zum Schutz vor schädlichen Um- welteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen oder nichtionisierende Strahlen genügen." Artikel 3 Inkrafttreten (1) Artikel 1 §§ 4, 5, 6 Absatz 1 und 2 sowie § 7 und Artikel 2 treten am Tag nach der Verkündung dieses Gesetzes in Kraft. (2) Im Übrigen tritt dieses Gesetz am 1. März 2010 in Kraft. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden. Berlin, den 29. Juli 2009 Der Bundespräsident Horst Köhler Die Bundeskanzlerin Dr. A n g e l a M e r k e l Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Sigmar Gabriel