Gesetz zu dem Protokoll vom 17. Oktober 1989 zu dem Abkommen vom 11. August 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der Fassung des Protokolls vom 30. November 1978
766 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1990, Teil II
Gesetz
zu dem Protokoll vom 17. Oktober 1989
zu dem Abkommen vom 11. August 1971
zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und der Schweizerischen Eidgenossenschaft
zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
in der Fassung des Protokolls vom 30. November 1978
Vom 10. August 1990
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Dem in Bonn am 17. Oktober 1989 unterzeichneten Protokoll zu dem Abkommen vom 11. August 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (BGBl. 1972 II S. 1021) in der Fassung des Protokolls vom 30. November 1978 (BGBl. 1980 II S. 751) sowie dem dazugehörigen Notenwechsel vom selben Tag wird zugestimmt. Das Protokoll und der Notenwechsel werden nachstehend veröffentlicht.
Artikel 2
Soweit das Protokoll aufgrund seines Artikels VIII Abs. 2 für die Zeit vor seinem Inkrafttreten anzuwenden ist, sind bereits ergangene Steuerfestsetzungen aufzuheben oder zu ändern. Steuerfestsetzungen sowie ihre Aufhebung und Änderung sind insoweit auch zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist; dies gilt nur bis zum Ablauf des
Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und wird im Bundesgesetzblatt verkündet.
Bonn, den 10. August 1990
Für den Bundespräsidenten
Der Präsident des Bundesrates
Björn Engholm
Der Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl
Der Bundesminister der Finanzen Waigel
vierten Kalenderjahrs, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem das Protokoll in Kraft getreten ist. Soweit sich bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Protokolls unter Berücksichtigung der jeweiligen Besteuerung in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweizerischen Eidgenossenschaft insgesamt eine höhere Belastung ergibt, als sie nach den Rechtsvorschriften vor Inkrafttreten des Protokolls bestand, wird der Steuermehrbetrag nicht festgesetzt.
Artikel 3
Dieses Gesetz gilt auch im Land Berlin, sofern das Land Berlin die Anwendung dieses Gesetzes feststellt.
Artikel 4
(1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
(2) Der Tag, an dem das Protokoll nach seinem Artikel VIII Abs. 2 und der Notenwechsel in Kraft treten, ist im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben.
Der Bundesminister des Auswärtigen Genscher
Nr. 29 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 18. August 1990
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Protokoll
zu dem Abkommen vom 11. August 1971
zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und der Schweizerischen Eidgenossenschaft
zur Vermeidung der Doppelbesteuerung
auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
in der Fassung des Protokolls vom 30. November 1978
Die Bundesrepublik Deutschland
und
die Schweizerische Eidgenossenschaft
haben folgendes vereinbart:
Artikel I Artikel 10 des Abkommens wird wie folgt gefaßt:
"Artikel 10
(1) Dividenden, die eine in einem Vertragstaat ansässige Gesellschaft an eine in dem anderen Vertragstaat ansässige Person zahlt, können in dem anderen Staat besteuert werden.
(2) Diese Dividenden können jedoch in dem Vertragstaat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, nach dem Recht dieses Staates besteuert werden; die Steuer darf aber nicht übersteigen:
a) 5 vom Hundert des Bruttobetrages der Dividenden, wenn sie von einer Gesellschaft gezahlt werden, die ein Kraftwerk zur Ausnutzung der Wasserkraft des Rheinstromes zwischen dem Bodensee und Basel betreibt (Grenzkraftwerk am Rhein);
b) 5 vom Hundert des Bruttobetrages der Dividenden, wenn der Empfänger eine Gesellschaft ist, die unmittelbar über mindestens 20 vom Hundert des Kapitals der die Dividenden zahlenden Gesellschaft verfügt;
c) 30 vom Hundert des Bruttobetrages der Dividenden, wenn es sich um Einnahmen aus Beteiligungen an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter im Sinne des deutschen Rechts, aus Genußrechten, aus Gewinnobligationen oder aus partiarischen Darlehen handelt und wenn diese Beträge bei der Gewinnermittlung des Schuldners abzugsfähig sind;
d) 15 vom Hundert des Bruttobetrages der Dividenden in Fällen, die nicht unter Buchstabe a, b oder c fallen.
(3) Solange in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Anteilseigner die Körperschaftsteuer, die von einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Gesellschaft auf den ausgeschütteten Gewinn gezahlt wird, voll auf ihre Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer anrechnen können, gewährt die Bundesrepublik Deutschland in den Fällen des Absatzes 2 Buchstabe d zusätzlich zu der in dieser Bestimmung vorgesehenen Entlastung eine Entlastung in Höhe von 5 vom Hundert des Bruttobetrages der Dividenden.
(4) Der in diesem Artikel verwendete Ausdruck "Dividenden" bedeutet Einnahmen aus Aktien, Genußrechten (wie zum Beispiel Genußaktien oder Genußscheine), Anteilen an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Kuxen, Gründeranteilen oder anderen Rechten - ausgenommen Forderungen - mit Gewinnbeteiligung sowie aus sonstigen Gesellschaftsanteilen stammende Einnahmen, die nach dem Steuerrecht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einnahmen aus Aktien gleichgestellt sind, einschließlich der Einnahmen aus Beteiligungen an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter im Sinne des deutschen Rechts, aus Gewinnobligationen oder aus partiari-
schen Darlehen sowie der Ausschüttungen auf die Anteilscheine von Kapitalanlagegesellschaften (Investmentfonds).
(5) Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn der in einem Vertragstaat ansässige Empfänger der Dividenden in dem anderen Vertragstaat, in dem die die Dividenden zahlende Gesellschaft ansässig ist, eine Betriebstätte hat und die Beteiligung, für die die Dividenden gezahlt werden, tatsächlich zu dieser Betriebstätte gehört. In diesem Fall ist Artikel 7 anzuwenden.
(6) Bezieht eine in einem Vertragstaat ansässige Gesellschaft Gewinne oder Einkünfte aus dem anderen Vertragstaat, so darf dieser andere Staat weder die Dividenden besteuern, die die Gesellschaft an nicht in diesem anderen Staat ansässige Personen zahlt, noch Gewinne der Gesellschaft einer Steuer für nicht ausgeschüttete Gewinne unterwerfen, selbst wenn die gezahlten Dividenden oder die nicht ausgeschütteten Gewinne ganz oder teilweise aus in dem anderen Staat erzielten Gewinnen oder Einkünften bestehen. Artikel 4 Absatz 10 bleibt vorbehalten."
Artikel II
In Artikel 11 Absatz 2 werden die Worte "vorbehaltlich Artikel 10 Absatz 6" durch die Worte "vorbehaltlich Artikel 10 Absatz 4" ersetzt.
Artikel III
Artikel 24 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b des Abkommens wird wie folgt gefaßt:
,,b) Dividenden im Sinne des Artikels 10, die eine in der Schweiz ansässige Gesellschaft an eine in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Gesellschaft ausschüttet,
- wenn die in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Gesellschaft über mindestens 20 vom Hundert des Kapitals der die Dividenden zahlenden Gesellschaft verfügt und
- wenn die in der Schweiz ansässige Gesellschaft in dem Wirtschaftsjahr, für das sie die Ausschüttung vorgenommen hat, ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Absatz 1 Nr. 1 bis 6 des deutschen Außensteuergesetzes fallenden Tätigkeiten oder aus unter § 8 Absatz 2 dieses Gesetzes fallenden Beteiligungen bezieht; maßgeblich ist die am 1. Januar 1990 geltende Fassung dieses Gesetzes;"
Artikel IV
In Artikel 24 Absatz 1 des Abkommens wird nach Nummer 3 folgende Nummer 4 angefügt:
"4. Verwendet eine in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Gesellschaft Einkünfte aus Quellen innerhalb der Schweiz zur Ausschüttung, so stehen die Nummern 1 bis 3 der Herstellung der Ausschüttungsbelastung nach den Vorschriften des Steuerrechts der Bundesrepublik Deutschland nicht entgegen."
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Artikel V
Artikel 24 Absatz 2 Nummer 1 des Abkommens wird Nummer 1 Buchstabe a. Der folgende Buchstabe b wird angefügt:
"b) Bezieht eine in der Schweiz ansässige Person Dividenden, für die die Bundesrepublik Deutschland eine Entlastung nach Artikel 10 Absatz 3 gewährt, so wird diese Entlastung in der Schweiz in die Steuerbemessungsgrundlage einbezogen."
Artikel VI
In Artikel 24 Absatz 2 Nummer 2 des Abkommens wird der letzte Absatz gestrichen.
Nach der Nummer 2 wird folgende Nummer 3 eingefügt:
"3. Bezieht eine in der Schweiz ansässige Person Dividenden, die nach Artikel 10 in der Bundesrepublik Deutschland besteuert werden können und für die die Bundesrepublik Deutschland eine Entlastung nach Artikel 10 Absatz 3 gewährt, so gewährt die Schweiz dieser Person auf Antrag eine Entlastung. Diese Entlastung besteht in der Anrechnung der nach Artikel 10 Absatz 2 in der Bundesrepublik Deutschland zulässigen Steuer von 15 vom Hundert auf die vom Einkommen dieser Person geschuldete schweizerische Steuer, wobei der anzurechnende Betrag jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten schweizerischen Steuer nicht übersteigen darf, der auf die Dividenden einschließlich der zusätzlichen Entlastung entfällt."
Die bisherigen Nummern 3 und 4 werden Nummern 4 und 5.
Nach der Nummer 5 wird folgende Nummer 6 eingefügt:
"6. Die Schweiz wird gemäß den Vorschriften über die Durchführung von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Art der nach den Nummern 2
und 3 vorgesehenen Entlastung bestimmen und das Verfahren ordnen."
Artikel VII
Dieses Protokoll gilt auch für das Land Berlin, sofern nicht die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber dem Schweizerischen Bundesrat innerhalb von drei Monaten nach dem Inkrafttreten des Protokolls eine gegenteilige Erklärung abgibt.
Artikel VIII
(1) Dieses Protokoll bedarf der Ratifikation; die Ratifikationsurkunden werden so bald wie möglich in Bern ausgetauscht.
(2) Das Protokoll tritt einen Monat nach Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft und ist anzuwenden:
a) auf die im Abzugsweg erhobenen Steuern von den nach dem 31. Dezember 1989 zugeflossenen Dividenden;
b) auf die sonstigen für das Jahr 1990 und die folgenden Jahre erhobenen Steuern.
(3) Abweichend von Artikel I und Absatz 2 dieses Artikels darf
a) bei Dividenden im Sinne des Artikels 10 Absatz 2 Buchstabe b des Abkommens in der Fassung dieses Protokolls für bis zum 31. Dezember 1991 zugeflossene Dividenden die Steuer den Betrag von 10 vom Hundert des Bruttobetrages der Dividenden nicht übersteigen;
b) bei Einnahmen aus Genußrechten im Sinne des Artikels 10 Absatz 2 Buchstabe c des Abkommens in der Fassung dieses Protokolls für bis zum 31. Dezember 1992 zugeflossene Einnahmen die Steuer den Betrag von 15 vom Hundert des Bruttobetrages der Einnahmen nicht übersteigen, wenn die Genußrechte vor dem 19. Mai 1989 begründet worden sind.
Geschehen zu Bonn am 17. Oktober 1989 in zwei Urschriften in deutscher Sprache.
Für die Bundesrepublik Deutschland
Dr. Hans Werner Lautenschlager
Dr. Theo Waigel
Für die Schweizerische Eidgenossenschaft Dr. Jürg Leutert
Nr. 29 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 18. August 1990
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Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts
Bonn, 17. Oktober 1989
Herr Gesandter,
anläßlich der heutigen Unterzeichnung des Protokolls zu dem am 11. August 1971 in Bonn unterzeichneten Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der Fassung des Protokolls vom 30. November 1978 beehre ich mich, Ihnen im Namen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland folgendes mitzuteilen:
Mit Bezug auf Artikel I des Protokolls besteht Einverständnis darüber, daß, falls die Bundesrepublik Deutschland in einem Abkommen mit einem anderen Staat, der Mitglied der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist, ihre Besteuerung von Dividenden an der Quelle auf Sätze begrenzt, die unter den im genannten Artikel vorgesehenen Sätzen liegen, oder eine Körperschaftsteuergutschrift über die Grenze gewährt, die beiden Regierungen unverzüglich die Bestimmungen des genannten Artikels überprüfen werden, um - unter sonst gleichen Bedingungen, bezogen auf die Dividendenbesteuerung - die gleiche Behandlung vorzusehen.
Ich wäre dankbar, wenn Sie mir das Einverständnis Ihrer Regierung mit dem Vorstehenden bestätigen; in diesem Fall werden diese Note und Ihre Antwortnote als Bestandteil des Abkommens gelten.
Genehmigen Sie die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung.
Dr. Hans Werner Lautenschlager
An den
Gesandten der
Schweizerischen Eidgenossenschaft
Herrn Dr. Jürg Leutert
Bonn
Der Gesandte
der Schweizerischen Botschaft
Bonn, 17. Oktober 1989
Exzellenz,
ich beehre mich, den Empfang Ihrer Note vom heutigen Tag zu bestätigen, die wie folgt lautet:
(Es folgt der Text der einleitenden Note.)
Ich beehre mich, Ihnen bekanntzugeben, daß dieser Vorschlag die Billigung des Schweizerischen Bundesrates findet. Ihre heutige Note und meine Antwortnote sind somit Bestandteil des Abkommens.
Genehmigen Sie die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung.
Dr. Jürg Leutert
Seiner Exzellenz,
dem Staatssekretär
des Auswärtigen Amts
Dr. Hans Werner Lautenschlager
Bonn