Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  2000  Nr. 38 vom 11.08.2000  - Seite 1270 bis 1272 - Gesetz über die Hilfe für durch Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hepatitis-C-Virus infizierte Personen (Anti-D-Hilfegesetz -- AntiDHG)

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1270 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2000 Teil I Nr. 38, ausgegeben zu Bonn am 11. August 2000 Gesetz über die Hilfe für durch Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hepatitis-C-Virus infizierte Personen (Anti-D-Hilfegesetz ­ AntiDHG) ­ Vom 2. August 2000 Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: §1 Anspruch auf Hilfe (1) Frauen, die in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet infolge einer in den Jahren 1978 und 1979 durchgeführten Anti-D-Immunprophylaxe mit den Chargen des Bezirksinstituts für Blutspendeund Transfusionswesen des Bezirkes Halle Nrn. 080578, 090578, 100678, 110678, 120778, 130778, 140778, 150878, 160978, 171078, 181078, 191078, 201178, 211178 und 221278 mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert wurden, sowie Kontaktpersonen, die von ihnen mit großer Wahrscheinlichkeit mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert wurden, erhalten aus humanitären und sozialen Gründen Krankenbehandlung und eine finanzielle Hilfe. Eine finanzielle Hilfe erhalten auch die Hinterbliebenen eines nach Satz 1 Berechtigten. (2) Kontaktpersonen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 sind 1. die seit der Immunprophylaxe von den in Satz 1 genannten Frauen geborenen Kinder, 2. Stief-, Adoptiv- und Pflegekinder sowie sonstige Kinder, Ehegatten und Lebenspartner, die mit den in Satz 1 genannten Frauen nicht nur vorübergehend in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben oder leben. §2 Heil- und Krankenbehandlung Berechtigte nach § 1 Abs. 1 Satz 1 erhalten für die durch die Hepatitis-C-Virus-Infektion verursachten gesundheitlichen Folgen Heil- und Krankenbehandlung in entsprechender Anwendung der §§ 10 bis 24a des Bundesversorgungsgesetzes. §3 Finanzielle Hilfe (1) Berechtigte nach § 1 Abs. 1 Satz 1 erhalten als finanzielle Hilfe eine monatliche Rente und eine Einmalzahlung. (2) Die monatliche Rente beträgt bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit infolge der Hepatitis-C-VirusInfektion um 30 vom Hundert 500 Deutsche Mark, 40 vom Hundert 800 Deutsche Mark, 50 vom Hundert 1 100 Deutsche Mark, 60 vom Hundert 1 500 Deutsche Mark, 70 vom Hundert und mehr 2 000 Deutsche Mark. (3) Die Einmalzahlung nach Absatz 1 beträgt bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit infolge der Hepatitis-CVirus-Infektion um 10 und 20 vom Hundert 7 000 Deutsche Mark, 30 vom Hundert 12 000 Deutsche Mark, 40 vom Hundert 15 000 Deutsche Mark, 50 vom Hundert 20 000 Deutsche Mark, 60 vom Hundert und mehr 30 000 Deutsche Mark. Maßgebend für die Höhe der Einmalzahlung ist die Minderung der Erwerbsfähigkeit im Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligung von Leistungen nach Absatz 1. Ist ein Antrag nach § 7 erforderlich, wird die Einmalzahlung nur gewährt, wenn sie bis zum 31. Dezember 2000 beantragt wurde. (4) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit bestimmt sich nach § 30 Abs. 1 und § 31 Abs. 2 des Bundesversorgungsgesetzes. Die Voraussetzungen für die Gewährung der finanziellen Hilfe nach Absatz 1 werden unabhängig anderweitiger Anerkennungen über das Ausmaß der Schädigungsfolgen festgestellt. Sind Verfahren im Rahmen des Bundes-Seuchengesetzes in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz im Antrags-, Widerspruchs- oder Klageverfahren anhängig, so gilt für das vorliegende Gesetz deren rechtskräftiger Abschluss. §4 Hilfe für Hinterbliebene (1) Stirbt ein nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Berechtigter an den Folgen einer im Zeitpunkt des Todes bestandskräftig anerkannten Hepatitis-C-Virus-Infektion, erhalten der hinterbliebene Ehegatte eine monatliche finanzielle Hilfe in Höhe von 800 Deutsche Mark, Halbwaisen von 600 Deutsche Mark und Vollwaisen von 1 000 Deutsche Mark. (2) Die Hilfe nach Absatz 1 wird dem Ehegatten für die 60 auf den Sterbemonat folgenden Monate gewährt. (3) Waisen erhalten die finanzielle Hilfe nach Absatz 1 ab dem auf den Sterbemonat folgenden Monat bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, darüber hinaus nur für die Dauer einer Schul- oder Berufsausbildung, die die Arbeitskraft überwiegend in Anspruch nimmt und nicht mit der Zahlung von Dienstbezügen, Arbeitsentgelt oder sonstigen Zuwendungen in entsprechender Höhe verbunden ist, längstens jedoch bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres. Als Waisen gelten auch 1. Stiefkinder, die mit dem verstorbenen Berechtigten im Zeitpunkt des Todes in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben oder wesentlich von ihm unterhalten worden sind sowie 2. Pflegekinder im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 des Bundeskindergeldgesetzes. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2000 Teil I Nr. 38, ausgegeben zu Bonn am 11. August 2000 §5 Hilfe bei Wohnsitz im Ausland, Härteausgleich Die §§ 64, 64a Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, §§ 64d sowie 64f und 89 des Bundesversorgungsgesetzes sind entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung die Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde tritt. §6 Zusammentreffen mit anderen Ansprüchen, Übertragbarkeit (1) Einmalzahlungen nach § 3 Abs. 3 bleiben als Einkommen und Vermögen unberücksichtigt, wenn bei Sozialleistungen die Gewährung oder die Höhe von anderen Einkommen abhängt. Monatliche Renten nach § 3 Abs. 2 werden hälftig als Einkommen berücksichtigt, wenn bei Sozialleistungen die Gewährung oder die Höhe von anderen Einkommen abhängt. (2) Unabhängig davon werden Einmalzahlung und monatliche Rente bei sonstigen gesetzlich vorgesehenen Ermittlungen von Einkommen und Vermögen nicht berücksichtigt. (3) Ansprüche auf Hilfen nach diesem Gesetz können nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. 1271 (2) Abweichend von Absatz 1 werden die Hilfen nach § 3 Abs. 2 und § 4 in den Jahren 2000 und 2001 jeweils zum 1. Juli entsprechend dem Vomhundertsatz angepasst, um den sich die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung verändern. §9 Übergang gesetzlicher Schadensersatzansprüche (1) § 81a des Bundesversorgungsgesetzes gilt mit der Maßgabe, dass der gegen Dritte bestehende gesetzliche Schadensersatzanspruch auf das nach § 11 Abs. 1 für die Durchführung dieses Gesetzes jeweils zuständige Land übergeht. (2) Die eingezogenen Beträge führt das Land an den Bund und die in § 10 Abs. 3 genannten Länder in dem Verhältnis ab, in dem diese sich an der Kostenlast beteiligt haben. § 10 Kostenträger (1) Die Kosten der Einmalzahlung trägt der Bund. (2) Die anderen durch Leistungen nach diesem Gesetz entstehenden Kosten trägt jeweils das Land, zu dessen heutigem Gebiet der Ort gehört, an dem die Anti-DImmunprophylaxe durchgeführt wurde. (3) Den in Absatz 2 bezeichneten Ländern werden für Leistungen nach § 3 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1, §§ 4 und 13 Abs. 1 vom Bund 50 vom Hundert und von den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein 12,4 vom Hundert der entstandenen Kosten erstattet. Das Anteilsverhältnis unter den zur Erstattung verpflichteten Ländern wird zu zwei Dritteln nach dem Verhältnis ihrer Steuereinnahmen und zu einem Drittel nach dem Verhältnis ihrer Bevölkerungszahl bestimmt. § 11 Zuständigkeit, Verfahren (1) Die Gewährung von Leistungen nach diesem Gesetz obliegt den für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden des Landes, zu dessen heutigem Gebiet der Ort gehört, an dem die Anti-D-Immunprophylaxe durchgeführt wurde. Die örtliche Zuständigkeit der Behörden bestimmt sich nach den für den Vollzug des Bundes-Seuchengesetzes geltenden landesrechtlichen Regelungen. (2) Das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung, mit Ausnahme der §§ 3 und 4, das Erste und Zehnte Buch Sozialgesetzbuch sowie die Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes über das Vorverfahren sind anzuwenden. § 12 Rechtsweg Für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten dieses Gesetzes ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben. Soweit das Sozialgerichtsgesetz besondere Vorschriften für die Kriegsopferversorgung enthält, gelten diese auch für die Streitigkeiten nach Satz 1. §7 Beginn, Änderung und Zahlung der Hilfe (1) Die Hilfen nach den §§ 3 und 4 werden auf Antrag gewährt. Rentenleistungen nach § 3 Abs. 2 und Hilfen nach § 4 beginnen mit dem Monat, in dem die dafür geltenden Voraussetzungen erfüllt sind, jedoch frühestens mit dem Antragsmonat bei Renten nach § 3 Abs. 2 und frühestens mit dem auf den Sterbemonat folgenden Monat bei Hilfen nach § 4. Werden Hilfen im Sinne des Satzes 2 innerhalb eines Jahres nach Verkündung dieses Gesetzes beantragt, beginnt die Leistungsgewährung frühestens mit seinem Inkrafttreten. (2) § 62 Abs. 2 und § 66 des Bundesversorgungsgesetzes gelten entsprechend. (3) Abweichend von Absatz 1 Satz 1 wird über die Hilfen nach den §§ 3 und 4 von Amts wegen entschieden, wenn bereits eine Anerkennung nach dem BundesSeuchengesetz vorliegt oder beantragt ist, die auf einem Tatbestand des § 1 beruht. §8 Anpassung (1) Die Hilfen nach § 3 Abs. 2 und § 4 ändern sich zum 1. Juli eines jeden Jahres entsprechend dem Vomhundertsatz, um den sich die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung ohne Berücksichtigung der Veränderung der Belastung bei Renten verändern. Dabei sind die sich ergebenden Beträge bis 0,49 Deutsche Mark nach unten, ab 0,50 Deutsche Mark nach oben auf volle Deutsche Mark zu runden. Die Änderungsbeträge werden durch das Bundesministerium für Gesundheit im Bundesanzeiger bekannt gemacht. 1272 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2000 Teil I Nr. 38, ausgegeben zu Bonn am 11. August 2000 § 13 Übergangsvorschriften § 15 Änderung des Einkommensteuergesetzes § 3 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1997 (BGBl. I S. 821), das zuletzt durch Artikel 2 § 7 des Gesetzes vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. Nummer 68 wird wie folgt gefasst: ,,68. die Hilfen nach dem Gesetz über die Hilfe für durch Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hepatitis-C-Virus infizierte Personen vom 2. August 2000 (BGBl. I S. 1270);". 2. Nummer 69 wird wie folgt gefasst: ,,69. die von der Stiftung ,,Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen" nach dem HIV-Hilfegesetz vom 24. Juli 1995 (BGBl. I S. 972) gewährten Leistungen." (1) Solange die Hilfen nach § 3 Abs. 2 und § 4 nicht die Höhe der beim Inkrafttreten dieses Gesetzes nach dem Bundes-Seuchengesetz gezahlten Leistungen erreichen, wird der jeweilige Differenzbetrag als Besitzstand weiter gezahlt. (2) Soweit Ansprüche auf Hilfen nach diesem Gesetz bestehen, ist Anlage I Kapitel X Sachgebiet D Abschnitt III Nummer 3 Buchstabe c des Einigungsvertrages nicht mehr anzuwenden. Nach dem Bundes-Seuchengesetz festgestellte Ansprüche erlöschen, soweit sie auf einem Tatbestand des § 1 dieses Gesetzes beruhen. Die bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes geleisteten Zahlungen nach dem Bundes-Seuchengesetz werden, soweit sie auf einem Tatbestand des § 1 beruhen, jedoch so lange weiter gewährt, bis über Ansprüche nach § 3 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 und § 4 entschieden wurde; sie sind auf Zahlungen nach § 3 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 und § 4 für denselben Zeitraum anzurechnen. Dies gilt entsprechend für bisher gewährte Heil- und Krankenbehandlung. § 14 Änderung des HIV-Hilfegesetzes § 17 Abs. 1 des HIV-Hilfegesetzes vom 24. Juli 1995 (BGBl. I S. 972) wird aufgehoben; die bisherigen Absätze 2 und 3 werden Absätze 1 und 2. § 16 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2000 in Kraft. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und wird im Bundesgesetzblatt verkündet. Berlin, den 2. August 2000 Für den Bundespräsidenten Der Präsident des Bundesrates Kurt Biedenkopf Der Bundeskanzler Gerhard Schröder Die Bundesministerin für Gesundheit Andrea Fischer Der Bundesminister der Finanzen Hans Eichel