Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  2004  Nr. 69 vom 20.12.2004  - Seite 3392 bis 3395 - Gesetz zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten (EG-Prozesskostenhilfegesetz)

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3392 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2004 Teil I Nr. 69, ausgegeben zu Bonn am 20. Dezember 2004 Gesetz zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften über die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten (EG-Prozesskostenhilfegesetz)*) Vom 15. Dezember 2004 Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Änderung der Zivilprozessordnung Die Zivilprozessordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 310-4, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3220), wird wie folgt geändert: 1. In der Inhaltsübersicht werden nach § 1075 folgende Angaben angefügt: ,,Abschnitt 3 Prozesskostenhilfe nach der Richtlinie 2003/8/EG § 1076 § 1077 § 1078 Anwendbare Vorschriften Ausgehende Ersuchen Eingehende Ersuchen". dort ansässig ist, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde." 4. Nach § 1075 werden folgende Vorschriften angefügt: ,,Abschnitt 3 Prozesskostenhilfe nach der Richtlinie 2003/8/EG § 1076 Anwendbare Vorschriften Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union nach der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (ABl. EG Nr. L 26 S. 41, ABl. EU Nr. L 32 S. 15) gelten die §§ 114 bis 127a, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist. § 1077 Ausgehende Ersuchen 3. § 116 Satz 1 Nr. 2 wird wie folgt gefasst: ,,2. eine juristische Person oder parteifähige Vereinigung, die im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gegründet und *) Dieses Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (ABl. EG Nr. L 26 S. 41, ABl. EU Nr. L 32 S. 15). 2. Dem § 114 wird folgender Satz angefügt: ,,Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078." (1) Für die Entgegennahme und Übermittlung von Anträgen natürlicher Personen auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat (Übermittlungsstelle). Die Landesregierungen können die Aufgaben der Übermittlungsstelle einem Amtsgericht für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte durch Rechtsverordnung zuweisen. Sie können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2004 Teil I Nr. 69, ausgegeben zu Bonn am 20. Dezember 2004 (2) Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die in Artikel 16 Abs. 1 der Richtlinie 2003/8/EG vorgesehenen Standardformulare für Anträge auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe und für deren Übermittlung einzuführen. Soweit Standardformulare für Anträge auf grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe und für deren Übermittlung eingeführt sind, müssen sich der Antragsteller und die Übermittlungsstelle ihrer bedienen. (3) Die Übermittlungsstelle kann die Übermittlung durch Beschluss vollständig oder teilweise ablehnen, wenn der Antrag offensichtlich unbegründet ist oder offensichtlich nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/8/EG fällt. Sie kann von Amts wegen Übersetzungen von dem Antrag beigefügten fremdsprachigen Anlagen fertigen, soweit dies zur Vorbereitung einer Entscheidung nach Satz 1 erforderlich ist. Gegen die ablehnende Entscheidung findet die sofortige Beschwerde nach Maßgabe des § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 statt. (4) Die Übermittlungsstelle fertigt von Amts wegen Übersetzungen der Eintragungen im Standardformular für Anträge auf Prozesskostenhilfe sowie der beizufügenden Anlagen a) in eine der Amtssprachen des Mitgliedstaats der zuständigen Empfangsstelle, die zugleich einer der Amtssprachen der Europäischen Union entspricht, oder b) in eine andere von diesem Mitgliedstaat zugelassene Sprache. Die Übermittlungsstelle prüft die Vollständigkeit des Antrags und wirkt darauf hin, dass Anlagen, die nach ihrer Kenntnis zur Entscheidung über den Antrag erforderlich sind, beigefügt werden. (5) Die Übermittlungsstelle übersendet den Antrag und die beizufügenden Anlagen ohne Legalisation oder gleichwertige Förmlichkeiten an die zuständige Empfangsstelle des Mitgliedstaats des Gerichtsstands oder des Vollstreckungsmitgliedstaats. Die Übermittlung erfolgt innerhalb von 14 Tagen nach Vorliegen der gemäß Absatz 4 zu fertigenden Übersetzungen. (6) Hat die zuständige Stelle des anderen Mitgliedstaats das Ersuchen um Prozesskostenhilfe aufgrund der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers abgelehnt oder eine Ablehnung angekündigt, so stellt die Übermittlungsstelle auf Antrag eine Bescheinigung der Bedürftigkeit aus, wenn der Antragsteller in einem entsprechenden deutschen Verfahren nach § 115 Abs. 1 und 2 als bedürftig anzusehen wäre. Absatz 4 Satz 1 gilt für die Übersetzung der Bescheinigung entsprechend. Die Übermittlungsstelle übersendet der Empfangsstelle des anderen Mitgliedstaats die Bescheinigung der Bedürftigkeit zwecks Ergänzung des ursprünglichen Ersuchens um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe. § 1078 Eingehende Ersuchen (1) Für eingehende Ersuchen um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe ist das Prozessgericht oder 3393 das Vollstreckungsgericht zuständig. Die Anträge müssen in deutscher Sprache ausgefüllt und die Anlagen von einer Übersetzung in die deutsche Sprache begleitet sein. Eine Legalisation oder gleichwertige Förmlichkeiten dürfen nicht verlangt werden. (2) Das Gericht entscheidet über das Ersuchen nach Maßgabe der §§ 114 bis 116. Es übersendet der übermittelnden Stelle eine Abschrift seiner Entscheidung. (3) Der Antragsteller erhält auch dann grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe, wenn er nachweist, dass er wegen unterschiedlich hoher Lebenshaltungskosten im Mitgliedstaat seines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts einerseits und im Geltungsbereich dieses Gesetzes andererseits die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. (4) Wurde grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe bewilligt, so gilt für jeden weiteren Rechtszug, der von dem Antragsteller oder dem Gegner eingeleitet wird, ein neuerliches Ersuchen um grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe als gestellt. Das Gericht hat dahin zu wirken, dass der Antragsteller die Voraussetzungen für die Bewilligung der grenzüberschreitenden Prozesskostenhilfe für den jeweiligen Rechtszug darlegt." Artikel 2 Änderung des Beratungshilfegesetzes Das Beratungshilfegesetz vom 18. Juni 1980 (BGBl. I S. 689), zuletzt geändert durch Artikel 4 Abs. 19 des Gesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718), wird wie folgt geändert: 1. In der Überschrift wird nach der Kurzbezeichnung ,,Beratungshilfegesetz" die Abkürzung ,, ­ BerHG" angefügt. 2. Die Zwischenüberschriften ,,Erster Abschnitt Beratungshilfe", ,,Zweiter Abschnitt Änderung von Bundesgesetzen" und ,,Dritter Abschnitt Schlussvorschriften" werden gestrichen. 3. § 10 wird wie folgt gefasst: ,,§ 10 (1) Bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug nach der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (ABl. EG Nr. L 26 S. 41, ABl. EU Nr. L 32 S. 15) wird Beratungshilfe gewährt 1. für die vorprozessuale Rechtsberatung im Hinblick auf eine außergerichtliche Streitbeilegung, 2. für die Unterstützung bei einem Antrag nach § 1077 der Zivilprozessordnung, bis das Ersuchen im Mitgliedstaat des Gerichtsstands eingegangen ist. (2) § 2 Abs. 3 findet keine Anwendung. 3394 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2004 Teil I Nr. 69, ausgegeben zu Bonn am 20. Dezember 2004 2. Absatz 3 wird wie folgt gefasst: ,,(3) Die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe und über die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union nach der Richtlinie 2003/8/EG gelten in Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen entsprechend." (3) Für die Übermittlung von Anträgen auf grenzüberschreitende Beratungshilfe gilt § 1077 der Zivilprozessordnung entsprechend. (4) Für eingehende Ersuchen um grenzüberschreitende Beratungshilfe ist das in § 4 Abs. 1 Satz 2 bezeichnete Amtsgericht zuständig. § 1078 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend." 4. §§ 11 und 12 werden aufgehoben. 5. Die bisherigen §§ 13 bis 16 werden die §§ 11 bis 14. Artikel 5 Änderung des Gerichtskostengesetzes Das Gerichtskostengesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718), zuletzt geändert durch Artikel 11 des Gesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3220), wird wie folgt geändert: 1. In der Inhaltsübersicht wird die Angabe zu § 28 wie folgt gefasst: ,,Auslagen in weiteren Fällen". 2. § 28 wird wie folgt geändert: a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst: ,,§ 28 Auslagen in weiteren Fällen". b) Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 angefügt: ,,(3) Im Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe einschließlich des Verfahrens auf Bewilligung grenzüberschreitender Prozesskostenhilfe ist der Antragsteller Schuldner der Auslagen, wenn der Antrag zurückgenommen oder von dem Gericht abgelehnt oder wenn die Übermittlung des Antrags von der Übermittlungsstelle oder das Ersuchen um Prozesskostenhilfe von der Empfangsstelle abgelehnt wird." Artikel 3 Änderung des Rechtspflegergesetzes Das Rechtspflegergesetz vom 5. November 1969 (BGBl. I S. 2065), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 24. August 2004 (BGBl. I S. 2198), wird wie folgt geändert: 1. In § 20 wird nach Nummer 5 folgende Nummer 6 eingefügt: ,,6. im Verfahren über die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union die in § 1077 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen sowie die dem Vollstreckungsgericht nach § 1078 der Zivilprozessordnung obliegenden Entscheidungen; wird Prozesskostenhilfe für eine Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung beantragt, die eine richterliche Handlung erfordert, bleibt die Entscheidung nach § 1078 der Zivilprozessordnung dem Richter vorbehalten;". 2. In § 24a Abs. 1 Nr. 1 werden nach dem Wort ,,Beratungshilfe" die Wörter ,,einschließlich der grenzüberschreitenden Beratungshilfe nach § 10 Abs. 4 des Beratungshilfegesetzes" angefügt. Artikel 6 Änderung der Kostenordnung In § 2 der Kostenordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 361-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch Artikel 12 des Gesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3220) geändert worden ist, wird nach Nummer 1 folgende Nummer 1a eingefügt: ,,1a. im Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe der Antragsteller, wenn der Antrag zurückgenommen oder abgelehnt wird;". Artikel 4 Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes § 11a des Arbeitsgerichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 1979 (BGBl. I S. 853, 1036), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3220) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 2a eingefügt: ,,(2a) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union nach der Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (ABl. EG Nr. L 26 S. 41, ABl. EU Nr. L 32 S. 15)." Artikel 7 Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 788), zuletzt geändert durch Artikel 17 des Gesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3220), wird wie folgt geändert: 1. In der Inhaltsübersicht werden in der Angabe zu § 46 nach dem Wort ,,Auslagen" die Wörter ,,und Aufwendungen" angefügt. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2004 Teil I Nr. 69, ausgegeben zu Bonn am 20. Dezember 2004 2. § 46 wird wie folgt geändert: a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst: ,,§ 46 Auslagen und Aufwendungen". b) Absatz 2 Satz 3 wird wie folgt gefasst: ,,Für Aufwendungen (§ 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) gelten Absatz 1 und die Sätze 1 und 2 entsprechend; die Höhe zu ersetzender Kosten für die Zuziehung eines Dolmetschers oder Übersetzers ist auf die nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz zu zahlenden Beträge beschränkt." Artikel 8 Neufassung des Beratungshilfegesetzes 3395 Das Bundesministerium der Justiz kann den Wortlaut des Beratungshilfegesetzes in der vom Inkrafttreten dieses Gesetzes an geltenden Fassung im Bundesgesetzblatt bekannt machen. Artikel 9 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden. Berlin, den 15. Dezember 2004 Für den Bundespräsidenten Der Präsident des Bundesrates Matthias Platzeck Der Bundeskanzler Gerhard Schröder Die Bundesministerin der Justiz Brigitte Zypries