Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  2004  Nr. 70 vom 22.12.2004  - Seite 3522 bis 3524 - Verordnung über die Analyse von Finanzinstrumenten (Finanzanalyseverordnung FinAnV)

4110-4-11
3522 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2004 Teil I Nr. 70, ausgegeben zu Bonn am 22. Dezember 2004 Verordnung über die Analyse von Finanzinstrumenten (Finanzanalyseverordnung ­ FinAnV) Vom 17. Dezember 2004 Auf Grund des § 34b Abs. 8 Satz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes, der durch Artikel 1 Nr. 13 des Gesetzes vom 28. Oktober 2004 (BGBl. I S. 2630) eingefügt worden ist, verordnet das Bundesministerium der Finanzen: §1 Anwendungsbereich (1) Die Vorschriften dieser Verordnung sind anzuwenden auf 1. die sachgerechte Erstellung und Darbietung von Finanzanalysen nach § 34b Abs. 1 Satz 2 des Wertpapierhandelsgesetzes, 2. die Bestimmung von Umständen oder Beziehungen nach § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Abs. 6 Satz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes, die Interessenkonflikte begründen können, 3. die ordnungsgemäße Offenlegung von Umständen oder Beziehungen nach § 34b Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 Satz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes und 4. eine angemessene Organisation nach § 34b Abs. 5 des Wertpapierhandelsgesetzes. (2) Für andere Personen als 1. Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute oder nach § 53 Abs. 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes tätige Unternehmen, 2. unabhängige Finanzanalysten, 3. mit Unternehmen im Sinne der Nummer 1 oder der Nummer 2 verbundene Unternehmen, 4. Personen oder Unternehmen, deren Haupttätigkeit in der Erstellung von Finanzanalysen besteht, oder 5. für Unternehmen im Sinne der Nummern 1 bis 4 aufgrund eines Arbeits-, Geschäftsbesorgungs- oder Dienstverhältnisses tätige natürliche Personen, gelten die §§ 2 bis 6 nur, soweit sie für die Erstellung von Finanzanalysen verantwortlich sind, die direkte Empfehlungen für Anlageentscheidungen zu bestimmten Finanzinstrumenten enthalten. §2 Angaben über Ersteller und Verantwortliche (1) Die Namen der Ersteller, die Bezeichnung ihrer Berufe, in deren Ausübung sie die Finanzanalyse erstellen, und die Bezeichnung des für die Erstellung verantwortlichen Unternehmens sind bei der Darbietung einer Finanzanalyse anzugeben. (2) Für die Erstellung oder die Weitergabe von Finanzanalysen verantwortliche Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute oder nach § 53 Abs. 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes tätige Unternehmen müssen neben den erforderlichen Angaben nach § 34b Abs. 1 und 2 des Wertpapierhandelsgesetzes und den Bestimmungen dieser Verordnung die Bezeichnung der öffentlichen Stelle angeben, deren Aufsicht sie unterliegen. Sonstige für die Erstellung von Finanzanalysen verantwortliche Unternehmen, die den Vorschriften einer Selbstregulierung eines Berufsstandes unterliegen, haben auf diese Vorschriften hinzuweisen. §3 Grundsätze sachgerechter Erstellung und Darbietung (1) In der Finanzanalyse sind 1. Angaben über Tatsachen, 2. Angaben über Werturteile Dritter, insbesondere Interpretationen oder Schätzungen und 3. eigene Werturteile, insbesondere Hochrechnungen, Vorhersagen und Preisziele sorgfältig voneinander zu unterscheiden und kenntlich zu machen. Die wesentlichen Grundlagen und Maßstäbe eigener Werturteile sind anzugeben. (2) Die Zuverlässigkeit von Informationsquellen ist vor deren Verwendung so weit als mit vertretbarem Aufwand möglich sicherzustellen. Auf bestehende Zweifel ist hinzuweisen. (3) Für die Erstellung verantwortliche Unternehmen haben die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um auf Verlangen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht die sachgerechte Erstellung der Finanzanalyse nachvollziehbar darlegen zu können. §4 Zusätzliche Angaben (1) Sind die in § 1 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 genannten Personen oder Unternehmen für die Erstellung einer Finanzanalyse verantwortlich, so sind zusätzlich zu den Anforderungen nach § 3 die in den Absätzen 2 bis 4 bestimmten besonderen Anforderungen zu erfüllen. (2) In der Finanzanalyse sind alle wesentlichen Informationsquellen, insbesondere die betroffenen Emittenten, zu nennen. Es ist anzugeben, ob die Finanzanalysen vor deren Weitergabe oder Veröffentlichung dem Emittenten zugänglich gemacht und danach geändert wurden. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2004 Teil I Nr. 70, ausgegeben zu Bonn am 22. Dezember 2004 (3) Finanzanalysen müssen eine ausreichende Zusammenfassung der bei ihrer Erstellung genutzten Bewertungsgrundlagen und -methoden enthalten. Die Bedeutung der Empfehlungen für bestimmte Anlageentscheidungen ist einschließlich des empfohlenen Anlagezeitraums, der Anlagerisiken und der Sensitivität der Bewertungsparameter hinreichend zu erläutern. (4) Deutlich hervorgehoben sind in jeder Finanzanalyse anzugeben 1. das Datum ihrer ersten Veröffentlichung, 2. Datum und Uhrzeit der darin angegebenen Preise von Finanzinstrumenten, 3. die zeitlichen Bedingungen vorgesehener Aktualisierungen, die Änderung bereits angekündigter derartiger Bedingungen und 4. ein Hinweis auf den Zeitpunkt eigener Finanzanalysen aus den der Veröffentlichung vorausgegangenen zwölf Monaten, die sich auf dieselben Finanzinstrumente oder Emittenten beziehen und eine abweichende Empfehlung für eine bestimmte Anlageentscheidung enthalten. §5 Interessenkonflikte (1) Finanzanalysen sind unvoreingenommen zu erstellen. In der Finanzanalyse sind Umstände oder Beziehungen, die Interessenkonflikte begründen können, weil sie die Unvoreingenommenheit 1. der Ersteller, 2. der für die Erstellung verantwortlichen oder mit diesen verbundenen Unternehmen oder 3. der sonstigen für Unternehmen im Sinne der Nummer 2 tätigen und an der Erstellung mitwirkenden Personen oder Unternehmen gefährden könnten, anzugeben. Dies gilt insbesondere für nennenswerte finanzielle Interessen oder erhebliche Interessenkonflikte in Bezug auf solche Finanzinstrumente oder Emittenten, die Gegenstand der Finanzanalyse sind. (2) Unternehmen müssen Umstände und Beziehungen nach Absatz 1 Satz 2 zumindest insoweit angeben, wie Informationen über die Interessen oder Interessenkonflikte 1. den Personen im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 oder 3 zugänglich sind oder vermutlich zugänglich sein könnten oder 2. solchen Personen zugänglich sind, die vor der Veröffentlichung oder Weitergabe Zugang zur Finanzanalyse haben oder vermutlich haben könnten. (3) Sind Personen oder Unternehmen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 für die Erstellung der Finanzanalyse verantwortlich oder wirken sie im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 3 an der Erstellung mit, so liegen offenlegungspflichtige Informationen über Interessen oder Interessenkonflikte insbesondere vor, wenn 1. wesentliche Beteiligungen zwischen Personen oder Unternehmen im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 und den Emittenten, die selbst oder deren Finanz- 3523 instrumente Gegenstand der Finanzanalyse sind, bestehen oder 2. die Personen oder Unternehmen im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 a) Finanzinstrumente, die selbst oder deren Emittenten Gegenstand der Finanzanalyse sind, an einem Markt durch das Einstellen von Kauf- oder Verkaufsaufträgen betreuen, b) innerhalb der vorangegangenen zwölf Monate an der Führung eines Konsortiums für eine Emission im Wege eines öffentlichen Angebots von solchen Finanzinstrumenten beteiligt waren, die selbst oder deren Emittenten Gegenstand der Finanzanalyse sind, c) innerhalb der vorangegangenen zwölf Monate gegenüber Emittenten, die selbst oder deren Finanzinstrumente Gegenstand der Finanzanalyse sind, an eine Vereinbarung über Dienstleistungen im Zusammenhang mit Investmentbanking-Geschäften gebunden waren oder in diesem Zeitraum aus einer solchen Vereinbarung eine Leistung oder ein Leistungsversprechen erhielten, soweit von der Offenlegung dieser Informationen keine vertraulichen Geschäftsinformationen betroffen sind, d) mit Emittenten, die selbst oder deren Finanzinstrumente Gegenstand der Finanzanalyse sind, eine Vereinbarung zu der Erstellung der Finanzanalyse getroffen haben oder e) sonstige bedeutende finanzielle Interessen in Bezug auf die Emittenten haben, die selbst oder deren Finanzinstrumente Gegenstand der Finanzanalyse sind. Als wesentlich im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt eine Beteiligung in Höhe von mehr als 5 Prozent des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft. Der Offenlegung kann ein niedrigerer Schwellenwert von nicht weniger als 0,5 Prozent des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft zugrunde gelegt werden, sofern dieser Schwellenwert angegeben wird. (4) Für die Erstellung von Finanzanalysen verantwortliche Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute oder nach § 53 Abs. 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes tätige Unternehmen haben zusätzlich 1. interne organisatorische und regulative Vorkehrungen zur Prävention oder Behandlung von Interessenkonflikten in allgemeiner Weise anzugeben, 2. zu offenbaren, wenn die Vergütung der Personen oder Unternehmen im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1 oder 3 von Investmentbanking-Geschäften des eigenen oder mit diesem verbundener Unternehmen abhängt und zu welchen Zeitpunkten und Preisen diese Personen Anteile des Emittenten, der selbst oder dessen Finanzinstrumente Gegenstand der Finanzanalyse sind, vor deren Emission erhalten oder erwerben, und 3. vierteljährlich eine Übersicht über die in ihren Finanzanalysen enthaltenen Empfehlungen zu veröffentlichen, in der sie die Anteile der auf ,,Kaufen", ,,Halten", ,,Verkaufen" oder vergleichbare Anlageentscheidungen gerichteten Empfehlungen den Anteilen der 3524 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2004 Teil I Nr. 70, ausgegeben zu Bonn am 22. Dezember 2004 Dritter verantwortlich sind, und für diese jeweils tätige natürliche Personen, die Finanzanalysen weitergeben, müssen zusätzlich zu den Pflichten nach § 34b Abs. 1 des Wertpapierhandelsgesetzes und den nachfolgenden Absätzen 2 und 3 1. die sie betreffenden Informationen im Sinne des § 5 Abs. 3 und 4 angeben, es sei denn, die Finanzanalyse ist bereits vom für die Erstellung verantwortlichen Unternehmen veröffentlicht worden; 2. soweit sie die Finanzanalyse wesentlich verändert weitergeben, in Ansehung der wesentlichen Veränderung die Angaben im Sinne der §§ 2 bis 5 der Finanzanalyse beifügen. § 6 ist entsprechend anzuwenden. (2) Wer eine Finanzanalyse Dritter wesentlich verändert weitergibt, hat die Änderungen genau zu kennzeichnen. Besteht die Änderung in der Empfehlung für eine abweichende Anlageentscheidung, so haben die Personen, die für die Weitergabe verantwortlich sind, die sie betreffenden Angaben nach den §§ 2 bis 4, 5 Abs. 1 und 2 und § 6 der Finanzanalyse beizufügen. (3) Unternehmen, die für die Weitergabe einer wesentlich veränderten Finanzanalyse verantwortlich sind, müssen so organisiert sein, dass die Empfänger unmittelbar mit der Weitergabe an einen Ort verwiesen werden, an dem die unveränderte Finanzanalyse, die Angaben zur Identität der Ersteller und des für die Erstellung verantwortlichen Unternehmens und zu den von ihnen offen gelegten Interessenkonflikten unmittelbar und leicht zugänglich sind, soweit diese Angaben öffentlich verfügbar sind. Sie müssen insbesondere die für diese Organisation notwendigen internen Regelungen schriftlich niederlegen. (4) Die Absätze 1 bis 3 gelten für die Weitergabe von Finanzanalysen anderer als der unter § 1 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 genannten Personen nur, soweit diese Finanzanalysen direkt Empfehlungen für Anlageentscheidungen zu bestimmten Finanzinstrumenten enthalten. (5) Soweit die Absätze 1 bis 4 Angaben nach § 5 vorschreiben, gelten sie entsprechend für Informationen über Finanzinstrumente oder deren Emittenten, die direkt oder indirekt eine Empfehlung für eine bestimmte Anlageentscheidung enthalten und die durch Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach § 34b Abs. 6 Satz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes anderen zugänglich gemacht werden. §8 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. von diesen Kategorien jeweils betroffenen Emittenten gegenüberstellen, für die sie in den vorangegangenen zwölf Monaten wesentliche InvestmentbankingDienstleistungen erbracht haben. (5) Die für die Erstellung verantwortlichen Unternehmen können offen zu legende Interessen oder Interessenkonflikte der Personen oder Unternehmen im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 3 als eigene oder als fremde Interessen oder Interessenkonflikte angeben. (6) Die Absätze 1 bis 5, auch in Verbindung mit § 6, gelten entsprechend für Informationen über Finanzinstrumente oder deren Emittenten, die direkt oder indirekt eine Empfehlung für eine bestimmte Anlageentscheidung enthalten und die durch Wertpapierdienstleistungsunternehmen nach § 34b Abs. 6 Satz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes anderen zugänglich gemacht werden. §6 Deutlichkeitsgebot und Verweisungen (1) Alle Angaben nach § 34b des Wertpapierhandelsgesetzes, auch in Verbindung mit dieser Verordnung, haben deutlich und unmissverständlich in der Finanzanalyse selbst zu erfolgen. Angaben nach § 34b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Wertpapierhandelsgesetzes und nach § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 4 Nr. 1 und 4 sowie § 5 Abs. 3 sind drucktechnisch hervorzuheben. Alle nach § 34b des Wertpapierhandelsgesetzes, auch in Verbindung mit dieser Verordnung, offen zu legenden Angaben müssen zeitnah erhoben werden. (2) Soweit Angaben nach § 4 Abs. 2 und 3 und § 5 gemessen am Gesamtumfang der Finanzanalyse unverhältnismäßig wären, können diese in der Finanzanalyse durch die unmissverständliche und drucktechnisch hervorgehobene Nennung einer Website oder eines anderen Ortes, an dem die Angaben für jedermann unmittelbar und leicht zugänglich sind, ersetzt werden. (3) Wird eine Finanzanalyse nicht in Textform erstellt, so können die Angaben nach § 2 Abs. 1 und 2, § 3 Abs. 1 und 2, § 4 Abs. 2 bis 4 und § 5 erfolgen, indem unmittelbar im sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Finanzanalyse für die Empfänger leicht nachvollziehbar eine Website oder ein anderer Ort, an dem die Angaben für jedermann unmittelbar und leicht zugänglich sind, genannt wird. §7 Darbietung bei Weitergabe von Finanzanalysen (1) Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute oder nach § 53 Abs. 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes tätige Unternehmen, die für die Weitergabe von Finanzanalysen Berlin, den 17. Dezember 2004 Der Bundesminister der Finanzen Hans Eichel