Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  2004  Nr. 76 vom 31.12.2004  - Seite 3852 bis 3854 - Gesetz zum qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder (Tagesbetreuungsausbaugesetz - TAG)

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3852 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2004 Teil I Nr. 76, ausgegeben zu Bonn am 31. Dezember 2004 Gesetz zum qualitätsorientierten und bedarfsgerechten Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder (Tagesbetreuungsausbaugesetz ­ TAG) Vom 27. Dezember 2004 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: Inhaltsübersicht Artikel 1 Artikel 2 Artikel 3 Artikel 4 Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes Neufassung des Achten Buches Sozialgesetzbuch Inkrafttreten ,,§ 22 Grundsätze der Förderung (1) Tageseinrichtungen sind Einrichtungen, in denen sich Kinder für einen Teil des Tages oder ganztägig aufhalten und in Gruppen gefördert werden. Kindertagespflege wird von einer geeigneten Tagespflegeperson in ihrem Haushalt oder im Haushalt des Personensorgeberechtigten geleistet. Das Nähere über die Abgrenzung von Tageseinrichtungen und Kindertagespflege regelt das Landesrecht. Es kann auch regeln, dass Kindertagespflege in anderen geeigneten Räumen geleistet wird. (2) Tageseinrichtungen für Kinder und Kindertagespflege sollen 1. die Entwicklung des Kindes zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit fördern, 2. die Erziehung und Bildung in der Familie unterstützen und ergänzen, 3. den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können. (3) Der Förderungsauftrag umfasst Erziehung, Bildung und Betreuung des Kindes und bezieht sich auf die soziale, emotionale, körperliche und geistige Entwicklung des Kindes. Er schließt die Vermittlung orientierender Werte und Regeln ein. Die Förderung soll sich am Alter und Entwicklungsstand, den sprachlichen und sonstigen Fähigkeiten, an der Lebenssituation sowie den Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Kindes orientieren und seine ethnische Herkunft berücksichtigen. § 22a Förderung in Tageseinrichtungen (1) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen die Qualität der Förderung in ihren Einrichtungen durch geeignete Maßnahmen sicherstellen und weiterentwickeln. Dazu gehören die Entwicklung und der Einsatz einer pädagogischen Konzeption als Grundlage für die Erfüllung des Förderungsauftrags sowie der Einsatz von Instrumenten und Verfahren zur Evaluation der Arbeit in den Einrichtungen. (2) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen sicherstellen, dass die Fachkräfte in ihren Einrichtungen mit den Erziehungsberechtigten zum Wohl der Kinder und zur Sicherung der Kontinuität des Erziehungsprozesses zusammenarbeiten. Die Erziehungsberechtigten sind an den Entscheidungen und wesentlichen Angelegenheiten der Erziehung, Bildung und Betreuung zu beteiligen. (3) Das Angebot soll sich pädagogisch und organisatorisch an den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Artikel 1 Änderung des Achten Buches Sozialgesetzbuch Das Achte Buch Sozialgesetzbuch ­ Kinder- und Jugendhilfe ­ in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3546), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 2014), wird wie folgt geändert: 1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert: a) Die Angabe zum Dritten Abschnitt des Zweiten Kapitels wird wie folgt gefasst: ,,Dritter Abschnitt Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege". b) Die Angabe zu § 22 wird wie folgt gefasst: ,,§ 22 Grundsätze der Förderung". c) Nach der Angabe zu § 22 wird folgende Angabe eingefügt: ,,§ 22a Förderung in Tageseinrichtungen". d) Die Angabe zu § 23 wird wie folgt gefasst: ,,§ 23 ,,§ 24 Förderung in Kindertagespflege". Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen und Kindertagespflege". e) Die Angabe zu § 24 wird wie folgt gefasst: f) Die Angabe zu § 24a wird wie folgt gefasst: ,,§ 24a Übergangsregelung für die Ausgestaltung des Förderungsangebots". g) Nach der Angabe zu § 74 wird folgende Angabe eingefügt: ,,§ 74a Finanzierung von Tageseinrichtungen für Kinder". 2. Die Überschrift des Dritten Abschnitts des Zweiten Kapitels wird wie folgt gefasst: ,,Dritter Abschnitt Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege". 3. Die §§ 22 bis 24a werden durch folgende §§ 22 bis 24a ersetzt: Bundesgesetzblatt Jahrgang 2004 Teil I Nr. 76, ausgegeben zu Bonn am 31. Dezember 2004 Familien orientieren. Werden Einrichtungen in den Ferienzeiten geschlossen, so hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Kinder, die nicht von den Erziehungsberechtigten betreut werden können, eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit sicherzustellen. (4) Kinder mit und ohne Behinderung sollen, sofern der Hilfebedarf dies zulässt, in Gruppen gemeinsam gefördert werden. Zu diesem Zweck sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Trägern der Sozialhilfe bei der Planung, konzeptionellen Ausgestaltung und Finanzierung des Angebots zusammenarbeiten. (5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe sollen die Realisierung des Förderungsauftrages nach Maßgabe der Absätze 1 bis 4 in den Einrichtungen anderer Träger durch geeignete Maßnahmen sicherstellen. § 23 Förderung in Kindertagespflege (1) Die Förderung in Kindertagespflege nach Maßgabe von § 24 umfasst die Vermittlung des Kindes zu einer geeigneten Tagespflegeperson, soweit diese nicht von der erziehungsberechtigten Person nachgewiesen wird, deren fachliche Beratung, Begleitung und weitere Qualifizierung sowie die Gewährung einer laufenden Geldleistung. (2) Die laufende Geldleistung nach Absatz 1 umfasst 1. die Erstattung angemessener Kosten, die der Tagespflegeperson für den Sachaufwand entstehen, 2. einen angemessenen Beitrag zur Anerkennung ihrer Förderungsleistung und 3. die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung der Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Tagespflegeperson. Die Höhe der laufenden Geldleistung wird vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe festgelegt, soweit Landesrecht nicht etwas anderes bestimmt. Über die Gewährung einer Geldleistung an unterhaltspflichtige Personen entscheidet der Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach pflichtgemäßem Ermessen. (3) Geeignet im Sinne von Absatz 1 sind Personen, die sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Tagespflegepersonen auszeichnen und über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen. Sie sollen über vertiefte Kenntnisse hinsichtlich der Anforderungen der Kindertagespflege verfügen, die sie in qualifizierten Lehrgängen erworben oder in anderer Weise nachgewiesen haben. (4) Erziehungsberechtigte und Tagespflegepersonen haben Anspruch auf Beratung in allen Fragen der Kindertagespflege. Für Ausfallzeiten einer Tagespflegeperson ist rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherzustellen. Zusammenschlüsse von Tagespflegepersonen sollen beraten, unterstützt und gefördert werden. § 24 Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen und Kindertagespflege 3853 (1) Ein Kind hat vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf den Besuch einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen oder ergänzend Förderung in Kindertagespflege zur Verfügung steht. (2) Für Kinder im Alter unter drei Jahren und im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege vorzuhalten. (3) Für Kinder im Alter unter drei Jahren sind mindestens Plätze in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege vorzuhalten, wenn 1. die Erziehungsberechtigten oder, falls das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammenlebt, diese Person einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen, sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder an Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt teilnehmen oder 2. ohne diese Leistung eine ihrem Wohl entsprechende Förderung nicht gewährleistet ist; die §§ 27 bis 34 bleiben unberührt. Der Umfang der täglichen Betreuungszeit richtet sich nach dem individuellen Bedarf im Hinblick auf die in Satz 1 genannten Kriterien. (4) Geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 Abs. 3 können auch vermittelt werden, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 3 nicht vorliegen; in diesem Fall können Aufwendungen nach § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 erstattet werden. (5) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt. § 24a Übergangsregelung für die Ausgestaltung des Förderungsangebots (1) Kann am 1. Januar 2005 in einem Land das für die Erfüllung der Verpflichtung nach § 24 Abs. 2 bis 5 erforderliche Angebot nicht gewährleistet werden, so können die Träger der öffentlichen Jugendhilfe beschließen, dass die Verpflichtung nach § 24 Abs. 2 bis 5 erst ab einem späteren Zeitpunkt, spätestens ab dem 1. Oktober 2010 erfüllt wird. (2) In diesem Fall sind die örtlichen Träger im Rahmen ihrer Jugendhilfeplanung verpflichtet, 1. für den Übergangszeitraum jährliche Ausbaustufen zur Schaffung eines bedarfsgerechten Angebots zu beschließen und 2. jährlich zum 15. März jeweils den aktuellen Bedarf zu ermitteln und den erreichten Ausbaustand festzustellen. (3) Die Bundesregierung hat dem Deutschen Bundestag jährlich einen Bericht über den Stand des Ausbaus nach Absatz 2 vorzulegen. 3854 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2004 Teil I Nr. 76, ausgegeben zu Bonn am 31. Dezember 2004 ,,bei der berechtigten Person aufgenommen wurde" ersetzt. 2. Dem § 2 wird folgender Satz angefügt: ,,Keine volle Erwerbstätigkeit liegt auch vor, wenn die berechtigte Person als im Sinne des § 23 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignete Tagespflegeperson nicht mehr als fünf Kinder betreut." 3. § 6 wird wie folgt geändert: a) In Absatz 1 Satz 3 werden die Wörter ,,Arbeitslosenhilfe, Eingliederungshilfe für Spätaussiedler," gestrichen. b) In Absatz 5 Satz 1 wird die Angabe ,,1 044 Euro" durch die Wörter ,,den Arbeitnehmer-Pauschbetrag gemäß § 9a Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes" ersetzt. 4. In § 15 Abs. 4 wird nach Satz 1 folgender Satz eingefügt: ,,Eine im Sinne des § 23 des Achten Buches Sozialgesetzbuch geeignete Tagespflegeperson kann bis zu fünf Kinder betreuen, auch wenn die wöchentliche Betreuungszeit 30 Stunden übersteigt." (4) Solange das erforderliche Angebot noch nicht zur Verfügung steht, sind bei der Vergabe der neu geschaffenen Plätze 1. Kinder, deren Wohl nicht gesichert ist, und 2. Kinder, deren Eltern oder alleinerziehende Elternteile eine Ausbildung oder Erwerbstätigkeit aufnehmen oder an einer Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt teilnehmen, besonders zu berücksichtigen." 4. § 69 wird wie folgt geändert: a) Nach Absatz 4 wird folgender Absatz 5 eingefügt: ,,(5) Landesrecht kann bestimmen, dass kreisangehörige Gemeinden und Gemeindeverbände, die nicht örtliche Träger sind, zur Durchführung von Aufgaben der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege herangezogen werden." b) Der bisherige Absatz 5 wird Absatz 6. 5. Nach § 74 wird folgender § 74a eingefügt: ,,§ 74a Finanzierung von Tageseinrichtungen für Kinder Die Finanzierung von Tageseinrichtungen regelt das Landesrecht. Die Erhebung von Teilnahmebeiträgen nach § 90 bleibt unberührt." Artikel 2 Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes Das Bundeserziehungsgeldgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Februar 2004 (BGBl. I S. 206), geändert durch Artikel 10 Nr. 4 des Gesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950), wird wie folgt geändert: 1. In § 1 Abs. 3 Nr. 1 werden die Wörter ,,in die Obhut des Annehmenden aufgenommen ist" durch die Wörter Artikel 3 Neufassung des Achten Buches Sozialgesetzbuch Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend kann den Wortlaut des Achten Buches Sozialgesetzbuch in der vom Inkrafttreten dieses Gesetzes an geltenden Fassung im Bundesgesetzblatt bekannt machen. Artikel 4 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden. Berlin, den 27. Dezember 2004 Der Bundespräsident Horst Köhler Der Bundeskanzler Gerhard Schröder Die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Renate Schmidt