Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  2005  Nr. 49 vom 17.08.2005  - Seite 2360 bis 2362 - Gesetz zur Novellierung der forensischen DNA-Analyse

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2360 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2005 Teil I Nr. 49, ausgegeben zu Bonn am 17. August 2005 Gesetz zur Novellierung der forensischen DNA-Analyse Vom 12. August 2005 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Änderung der Strafprozessordnung Die Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Juni 2005 (BGBl. I S. 1841), wird wie folgt geändert: 1. § 81f wird wie folgt geändert: a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst: ,,(1) Untersuchungen nach § 81e Abs. 1 dürfen ohne schriftliche Einwilligung der betroffenen Person nur durch das Gericht, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Die einwilligende Person ist darüber zu belehren, für welchen Zweck die zu erhebenden Daten verwendet werden." b) Absatz 2 wird wie folgt geändert: aa) In Satz 1 werden die Wörter ,,Durchführung der" gestrichen und vor dem Wort ,,Sachverständige" die Wörter ,,in der schriftlichen Anordnung" eingefügt. bb) In Satz 4 werden das Wort ,,Datenschutzgesetzes" durch das Wort ,,Bundesdatenschutzgesetzes" ersetzt und vor dem Wort ,,verarbeitet" das Wort ,,automatisiert" eingefügt. 2. § 81g wird wie folgt geändert: a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst: ,,(1) Ist der Beschuldigte einer Straftat von erheblicher Bedeutung oder einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung verdächtig, dürfen ihm zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren Körperzellen entnommen und zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlechts molekulargenetisch untersucht werden, wenn wegen der Art oder Ausführung der Tat, der Persönlichkeit des Beschuldigten oder sonstiger Erkenntnisse Grund zu der Annahme besteht, dass gegen ihn künftig Strafverfahren wegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung zu führen sind. Die wiederholte Begehung sonstiger Straftaten kann im Unrechtsgehalt einer Straftat von erheblicher Bedeutung gleichstehen." b) Absatz 3 wird wie folgt gefasst: ,,(3) Die Entnahme der Körperzellen darf ohne schriftliche Einwilligung des Beschuldigten nur durch das Gericht, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Die molekulargenetische Untersuchung der Körperzellen darf ohne schrift- Bundesgesetzblatt Jahrgang 2005 Teil I Nr. 49, ausgegeben zu Bonn am 17. August 2005 liche Einwilligung des Beschuldigten nur durch das Gericht angeordnet werden. Die einwilligende Person ist darüber zu belehren, für welchen Zweck die zu erhebenden Daten verwendet werden. § 81f Abs. 2 gilt entsprechend. In der schriftlichen Begründung des Gerichts sind einzelfallbezogen darzulegen 1. die für die Beurteilung der Erheblichkeit der Straftat bestimmenden Tatsachen, 2. die Erkenntnisse, auf Grund derer Grund zu der Annahme besteht, dass gegen den Beschuldigten künftig Strafverfahren zu führen sein werden, sowie 3. die Abwägung der jeweils maßgeblichen Umstände." c) Folgende Absätze 4 und 5 werden angefügt: ,,(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend, wenn die betroffene Person wegen der Tat rechtskräftig verurteilt oder nur wegen 1. erwiesener oder nicht Schuldunfähigkeit, auszuschließender 2361 3. die festgestellten DNA-Identifizierungsmuster mit den DNA-Identifizierungsmustern von Spurenmaterial automatisiert abgeglichen werden, soweit dies zur Feststellung erforderlich ist, ob das Spurenmaterial von diesen Personen stammt, und die Maßnahme insbesondere im Hinblick auf die Anzahl der von ihr betroffenen Personen nicht außer Verhältnis zur Schwere der Tat steht. (2) Eine Maßnahme nach Absatz 1 bedarf der gerichtlichen Anordnung. Diese ergeht schriftlich. Sie muss die betroffenen Personen anhand bestimmter Prüfungsmerkmale bezeichnen und ist zu begründen. Einer vorherigen Anhörung der betroffenen Personen bedarf es nicht. Die Entscheidung, mit der die Maßnahme angeordnet wird, ist nicht anfechtbar. (3) Für die Durchführung der Maßnahme gelten § 81f Abs. 2 und § 81g Abs. 2 entsprechend. Soweit die Aufzeichnungen über die durch die Maßnahme festgestellten DNA-Identifizierungsmuster zur Aufklärung des Verbrechens nicht mehr erforderlich sind, sind sie unverzüglich zu löschen. Die Löschung ist zu dokumentieren. (4) Die betroffenen Personen sind schriftlich darüber zu belehren, dass die Maßnahme nur mit ihrer Einwilligung durchgeführt werden darf. Hierbei sind sie auch darauf hinzuweisen, dass 1. die entnommenen Körperzellen ausschließlich für die Untersuchung nach Absatz 1 verwendet und unverzüglich vernichtet werden, sobald sie hierfür nicht mehr erforderlich sind, und 2. die festgestellten DNA-Identifizierungsmuster nicht zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren beim Bundeskriminalamt gespeichert werden." 2. auf Geisteskrankheit beruhender Verhandlungsunfähigkeit oder 3. fehlender oder nicht auszuschließender fehlender Verantwortlichkeit (§ 3 des Jugendgerichtsgesetzes) nicht verurteilt worden ist und die entsprechende Eintragung im Bundeszentralregister oder Erziehungsregister noch nicht getilgt ist. (5) Die erhobenen Daten dürfen beim Bundeskriminalamt gespeichert und nach Maßgabe des Bundeskriminalamtgesetzes verwendet werden. Das Gleiche gilt 1. unter den in Absatz 1 genannten Voraussetzungen für die nach § 81e Abs. 1 erhobenen Daten eines Beschuldigten sowie 2. für die nach § 81e Abs. 2 erhobenen Daten. Die Daten dürfen nur für Zwecke eines Strafverfahrens, der Gefahrenabwehr und der internationalen Rechtshilfe hierfür übermittelt werden. Im Fall des Satzes 2 Nr. 1 ist der Beschuldigte unverzüglich von der Speicherung zu benachrichtigen und darauf hinzuweisen, dass er die gerichtliche Entscheidung beantragen kann." 3. Nach § 81g wird folgender § 81h eingefügt: ,,§ 81h (1) Begründen bestimmte Tatsachen den Verdacht, dass ein Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung begangen worden ist, dürfen Personen, die bestimmte, auf den Täter vermutlich zutreffende Prüfungsmerkmale erfüllen, mit ihrer schriftlichen Einwilligung 1. Körperzellen entnommen, 2. diese zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters und des Geschlechts molekulargenetisch untersucht und Artikel 2 Änderung des Einführungsgesetzes zur Strafprozessordnung Dem Einführungsgesetz zur Strafprozessordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 312-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 24. Juni 2004 (BGBl. I S. 1354), wird folgender § 11 angefügt: ,,§ 11 Übergangsregelung zum Gesetz zur Novellierung der forensischen DNA-Analyse (1) Die Staatsanwaltschaften dürfen die nach den §§ 2b und 2e des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes vom 7. September 1998 (BGBl. I S. 2646), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007) geändert worden ist, übermittelten Daten bis einschließlich 31. Dezember 2010 für Maßnahmen nach § 81g der Strafprozessordnung weiter verwenden. (2) Für die nach dem DNA-Identitätsfeststellungsgesetz erhobenen und verwendeten Daten finden ab dem 2362 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2005 Teil I Nr. 49, ausgegeben zu Bonn am 17. August 2005 Artikel 4 Inkrafttreten, Außerkrafttreten Artikel 3 Zitiergebot Dieses Gesetz tritt am 1. November 2005 in Kraft. Gleichzeitig tritt das DNA-Identitätsfeststellungsgesetz vom 7. September 1998 (BGBl. I S. 2646), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007), außer Kraft. 1. November 2005 die Regelungen der Strafprozessordnung Anwendung." Das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit nach Artikel 2 Abs. 2 des Grundgesetzes wird durch dieses Gesetz eingeschränkt. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Dass vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden. Berlin, den 12. August 2005 Der Bundespräsident Horst Köhler Der Bundeskanzler Gerhard Schröder Die Bundesministerin der Justiz Brigitte Zypries