Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  2010  Nr. 68 vom 31.12.2010  - Seite 2300 bis 2308 - Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen

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2300 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2010 Teil I Nr. 68, ausgegeben zu Bonn am 31. Dezember 2010 Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen Vom 22. Dezember 2010 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: a) sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet, b) unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder c) den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist, 2. der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, Artikel 1 Änderung des Strafgesetzbuches Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 2. Oktober 2009 (BGBl. I S. 3214) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. In der Inhaltsübersicht wird der Angabe zu § 68d ein Semikolon und das Wort ,,Überprüfungsfrist" angefügt. 2. § 66 wird wie folgt geändert: a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst: ,,(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn 1. jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die Bundesgesetzblatt Jahrgang 2010 Teil I Nr. 68, ausgegeben zu Bonn am 31. Dezember 2010 2301 3. er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und 4. die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist. Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4." b) In Absatz 2 werden die Wörter ,,vorsätzliche Straftaten" durch die Wörter ,,Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art" sowie die Angabe ,,Nr. 3" durch die Wörter ,,Satz 1 Nummer 4" und die Angabe ,,Nr. 1 und 2" durch die Wörter ,,Satz 1 Nummer 2 und 3" ersetzt. c) Absatz 3 wird wie folgt geändert: aa) In Satz 1 werden vor dem Wort ,,Verbrechens" die Wörter ,,die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden" eingefügt, die Wörter ,,oder nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat ein Verbrechen oder" durch die Wörter ,,oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat" und die Angabe ,,Nr. 2 und 3" durch die Wörter ,,Satz 1 Nummer 3 und 4" ersetzt. bb) In Satz 2 wird die Angabe ,,Nr. 3" durch die Wörter ,,Satz 1 Nummer 4" und die Angabe ,,Nr. 1 und 2" durch die Wörter ,,Satz 1 Nummer 2 und 3" ersetzt. d) Absatz 4 wird wie folgt geändert: aa) In Satz 1 wird die Angabe ,,Nr. 1" durch die Wörter ,,Satz 1 Nummer 2" ersetzt. bb) In Satz 2 wird die Angabe ,,Nr. 2" durch die Wörter ,,Satz 1 Nummer 3" ersetzt. cc) In Satz 3 werden vor dem Punkt am Ende die Wörter ,,; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre" eingefügt. dd) In Satz 5 werden die Wörter ,,vorsätzliche Tat" durch die Wörter ,,Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1" ersetzt und die Wörter ,,eine der Straftaten" gestrichen. 3. § 66a wird wie folgt gefasst: ,,§ 66a Vorbehalt der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung (1) Das Gericht kann im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn 1. jemand wegen einer der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Straftaten verurteilt wird, 2. die übrigen Voraussetzungen des § 66 Absatz 3 erfüllt sind, soweit dieser nicht auf § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 verweist, und 3. nicht mit hinreichender Sicherheit feststellbar, aber wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen. (2) Einen Vorbehalt im Sinne von Absatz 1 kann das Gericht auch aussprechen, wenn 1. jemand zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung, nach dem Achtundzwanzigsten Abschnitt oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verurteilt wird, 2. die Voraussetzungen des § 66 nicht erfüllt sind und 3. mit hinreichender Sicherheit feststellbar oder zumindest wahrscheinlich ist, dass die Voraussetzungen des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 vorliegen. (3) Über die nach Absatz 1 oder 2 vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung kann das Gericht im ersten Rechtszug nur bis zur vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden; dies gilt auch, wenn die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt war und der Strafrest vollstreckt wird. Das Gericht ordnet die Sicherungsverwahrung an, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ergibt, dass von ihm erhebliche Straftaten zu erwarten sind, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden." 4. § 66b wird wie folgt geändert: a) Die Absätze 1 und 2 werden aufgehoben. b) Absatz 3 wird wie folgt geändert: aa) Die Absatzbezeichnung ,,(3)" wird gestrichen. bb) In Nummer 2 werden die Wörter ,,während des Vollzugs der Maßregel" durch die Wörter ,,bis zum Zeitpunkt der Entscheidung" ersetzt. cc) Folgender Satz wird angefügt: ,,Dies gilt auch, wenn im Anschluss an die Unterbringung nach § 63 noch eine daneben angeordnete Freiheitsstrafe ganz oder teilweise zu vollstrecken ist." 5. In § 67d Absatz 3 Satz 1 werden die Wörter ,,infolge seines Hanges" gestrichen. 6. § 68b Absatz 1 wird wie folgt geändert: a) Satz 1 wird wie folgt geändert: aa) In Nummer 10 wird am Ende das Wort ,,oder" gestrichen. bb) In Nummer 11 wird der abschließende Punkt durch das Wort ,,oder" ersetzt. cc) Folgende Nummer 12 wird angefügt: ,,12. die für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittel ständig in betriebs- 2302 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2010 Teil I Nr. 68, ausgegeben zu Bonn am 31. Dezember 2010 bereitem Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen." b) Die folgenden Sätze werden angefügt: ,,Eine Weisung nach Satz 1 Nummer 12 ist nur zulässig, wenn 1. die Führungsaufsicht auf Grund der vollständigen Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mindestens drei Jahren oder auf Grund einer erledigten Maßregel eingetreten ist, 2. die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen einer oder mehrerer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art verhängt oder angeordnet wurde, 3. die Gefahr besteht, dass die verurteilte Person weitere Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art begehen wird, und 4. die Weisung erforderlich erscheint, um die verurteilte Person durch die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463a Absatz 4 Satz 2 der Strafprozessordnung, insbesondere durch die Überwachung der Erfüllung einer nach Satz 1 Nummer 1 oder 2 auferlegten Weisung, von der Begehung weiterer Straftaten der in § 66 Absatz 3 Satz 1 genannten Art abzuhalten. Die Voraussetzungen von Satz 3 Nummer 1 in Verbindung mit Nummer 2 liegen unabhängig davon vor, ob die dort genannte Führungsaufsicht nach § 68e Absatz 1 Satz 1 beendet ist." 7. § 68c Absatz 3 wird wie folgt geändert: a) Nummer 2 wird wie folgt gefasst: ,,2. sich aus dem Verstoß gegen Weisungen nach § 68b Absatz 1 oder 2 oder auf Grund anderer bestimmter Tatsachen konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass eine Gefährdung der Allgemeinheit durch die Begehung weiterer erheblicher Straftaten zu befürchten ist, und a) gegen die verurteilte Person wegen Straftaten der in § 181b genannten Art eine Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren verhängt oder die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt angeordnet wurde oder b) die Führungsaufsicht unter den Voraussetzungen des § 68b Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 eingetreten ist und die Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe oder die Unterbringung wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, verhängt oder angeordnet wurde." b) Folgender Satz wird angefügt: ,,Für die Beendigung der Führungsaufsicht gilt § 68b Absatz 1 Satz 4 entsprechend." 8. § 68d wird wie folgt geändert: a) Der Überschrift werden ein Semikolon und das Wort ,,Überprüfungsfrist" angefügt. b) Der Wortlaut wird Absatz 1. c) Folgender Absatz 2 wird angefügt: ,,(2) Bei einer Weisung gemäß § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 12 prüft das Gericht spätestens vor Ablauf von zwei Jahren, ob sie aufzuheben ist. § 67e Absatz 3 und 4 gilt entsprechend." 9. § 68e Absatz 1 wird wie folgt geändert: a) In Satz 1 werden nach dem Wort ,,unbefristet" die Wörter ,,oder nach Aussetzung einer freiheitsentziehenden Maßregel (§ 67b Absatz 2, § 67c Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 4, § 67d Absatz 2 Satz 2) eingetreten" eingefügt. b) Nach Satz 2 wird folgender Satz eingefügt: ,,Das Gericht ordnet das Entfallen einer nach Aussetzung einer freiheitsentziehenden Maßregel eingetretenen Führungsaufsicht an, wenn es ihrer nach Eintritt eines in Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Umstandes nicht mehr bedarf." c) Im neuen Satz 4 werden nach dem Wort ,,unbefristeten" die Wörter ,,oder nach Aussetzung einer freiheitsentziehenden Maßregel eingetretenen Führungsaufsicht" eingefügt. Artikel 2 Änderung der Strafprozessordnung Die Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch das Gesetz vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2261) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. In § 140 Absatz 1 Nummer 4 wird die Angabe ,,Abs. 5" durch die Angabe ,,Absatz 6" ersetzt. 2. In § 141 Absatz 4 zweiter Halbsatz wird die Angabe ,,Abs. 5" durch die Angabe ,,Absatz 6" ersetzt. 3. § 268d wird wie folgt gefasst: ,,§ 268d Ist in dem Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66a Absatz 1 oder 2 des Strafgesetzbuches vorbehalten, so belehrt der Vorsitzende den Angeklagten über die Bedeutung des Vorbehalts sowie über den Zeitraum, auf den sich der Vorbehalt erstreckt." 4. § 275a wird wie folgt geändert: a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst: ,,(1) Ist im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten (§ 66a des Strafgesetzbuches), übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichts. Diese übergibt die Akten so rechtzeitig dem Vorsitzenden des Gerichts, dass eine Entscheidung bis zu dem in Absatz 5 genannten Zeitpunkt ergehen kann. Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 67d Absatz 6 Satz 1 des Strafgesetzbuches für erledigt erklärt worden, übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten un- Bundesgesetzblatt Jahrgang 2010 Teil I Nr. 68, ausgegeben zu Bonn am 31. Dezember 2010 2303 verzüglich an die Staatsanwaltschaft des Gerichts, das für eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung (§ 66b des Strafgesetzbuches) zuständig ist. Beabsichtigt diese, eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung zu beantragen, teilt sie dies der betroffenen Person mit. Die Staatsanwaltschaft soll den Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung unverzüglich stellen und ihn zusammen mit den Akten dem Vorsitzenden des Gerichts übergeben." b) Nach Absatz 4 wird folgender Absatz 5 eingefügt: ,,(5) Das Gericht soll über die vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung spätestens sechs Monate vor der vollständigen Vollstreckung der Freiheitsstrafe entscheiden." c) Der bisherige Absatz 5 wird Absatz 6 und wie folgt geändert: aa) Satz 2 wird wie folgt gefasst: ,,Für den Erlass des Unterbringungsbefehls ist das für die Entscheidung nach § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches zuständige Gericht so lange zuständig, bis der Antrag auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung bei dem für diese Entscheidung zuständigen Gericht eingeht." bb) In Satz 3 wird die Angabe ,,§ 66a Abs. 2 Satz 1" durch die Wörter ,,§ 66a Absatz 3 Satz 1" ersetzt. 5. § 454 Absatz 4 Satz 1 wird wie folgt gefasst: ,,Im Übrigen sind § 268a Absatz 3, die §§ 268d, 453, 453a Absatz 1 und 3 sowie die §§ 453b und 453c entsprechend anzuwenden." 6. Dem § 462a Absatz 2 wird folgender Satz angefügt: ,,Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist." 7. In § 463 Absatz 3 Satz 4 werden die Wörter ,,aufgrund seines Hanges" gestrichen. 8. § 463a wird wie folgt geändert: a) Nach Absatz 3 wird folgender Absatz 4 eingefügt: ,,(4) Die Aufsichtsstelle erhebt und speichert bei einer Weisung nach § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 12 des Strafgesetzbuches mit Hilfe der von der verurteilten Person mitgeführten technischen Mittel automatisiert Daten über deren Aufenthaltsort sowie über etwaige Beeinträchtigungen der Datenerhebung; soweit es technisch möglich ist, ist sicherzustellen, dass innerhalb der Wohnung der verurteilten Person keine über den Umstand ihrer Anwesenheit hinausgehenden Aufenthaltsdaten erhoben werden. Die Daten dürfen ohne Einwilligung der betroffenen Person nur verwendet werden, soweit dies erforderlich ist für die folgenden Zwecke: 1. zur Feststellung des Verstoßes gegen eine Weisung nach § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 12 des Strafgesetzbuches, 2. zur Ergreifung von Maßnahmen der Führungsaufsicht, die sich an einen Verstoß gegen eine Weisung nach § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 12 des Strafgesetzbuches anschließen können, 3. zur Ahndung eines Verstoßes gegen eine Weisung nach § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 12 des Strafgesetzbuches, 4. zur Abwehr einer erheblichen gegenwärtigen Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung Dritter oder 5. zur Verfolgung einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art. Zur Einhaltung der Zweckbindung nach Satz 2 hat die Verarbeitung der Daten zur Feststellung von Verstößen nach Satz 2 Nummer 1 in Verbindung mit § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 2 des Strafgesetzbuches automatisiert zu erfolgen und sind die Daten gegen unbefugte Kenntnisnahme besonders zu sichern. Die Aufsichtsstelle kann die Erhebung und Verarbeitung der Daten durch die Behörden und Beamten des Polizeidienstes vornehmen lassen; diese sind verpflichtet, dem Ersuchen der Aufsichtsstelle zu genügen. Die in Satz 1 genannten Daten sind spätestens zwei Monate nach ihrer Erhebung zu löschen, soweit sie nicht für die in Satz 2 genannten Zwecke verwendet werden. Bei jedem Abruf der Daten sind zumindest der Zeitpunkt, die abgerufenen Daten und der Bearbeiter zu protokollieren; § 488 Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Werden innerhalb der Wohnung der verurteilten Person über den Umstand ihrer Anwesenheit hinausgehende Aufenthaltsdaten erhoben, dürfen diese nicht verwertet werden und sind unverzüglich nach Kenntnisnahme zu löschen. Die Tatsache ihrer Kenntnisnahme und Löschung ist zu dokumentieren." b) Der bisherige Absatz 4 wird Absatz 5. Artikel 3 Folgeänderungen zu den Artikeln 1 und 2 (1) Das Gerichtsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2248) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. § 74f wird wie folgt geändert: a) In den Absätzen 1 und 2 werden jeweils die Wörter ,,in den Fällen" durch die Wörter ,,im Fall" ersetzt. b) In Absatz 3 werden die Wörter ,,In den Fällen" durch die Wörter ,,Im Fall" ersetzt. 2. § 120a wird wie folgt geändert: a) In Absatz 1 werden die Wörter ,,in den Fällen" durch die Wörter ,,im Fall" ersetzt. b) In Absatz 2 werden die Wörter ,,In den Fällen" durch die Wörter ,,Im Fall" ersetzt. 2304 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2010 Teil I Nr. 68, ausgegeben zu Bonn am 31. Dezember 2010 (2) Das Jugendgerichtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3427), das zuletzt durch Artikel 52 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. § 7 wird wie folgt geändert: a) In Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 werden die Wörter ,,während des Vollzugs der Maßregel" durch die Wörter ,,bis zum Zeitpunkt der Entscheidung" ersetzt. b) Absatz 4 Satz 1 wird aufgehoben. 2. Nach § 81 wird folgender Zehnter Unterabschnitt eingefügt: ,,Zehnter Unterabschnitt Anordnung der Sicherungsverwahrung § 81a Verfahren und Entscheidung (1) Für das Verfahren und die Entscheidung über die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung gelten § 275a der Strafprozessordnung und die §§ 74f und 120a des Gerichtsverfassungsgesetzes sinngemäß. (2) Ist über die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 7 Absatz 2 zu entscheiden, übersendet die Vollstreckungsbehörde die Akten rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichts. Prüft die Staatsanwaltschaft, ob eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung in Betracht kommt, teilt sie dies dem Betroffenen mit. Die Staatsanwaltschaft soll den Antrag auf nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung spätestens sechs Monate vor dem Zeitpunkt stellen, zu dem der Vollzug der Jugendstrafe oder der freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung gegen den Betroffenen endet. Sie übergibt die Akten mit ihrem Antrag unverzüglich dem Vorsitzenden des Gerichts." 3. § 104 Absatz 1 wird wie folgt geändert: a) In Nummer 13 wird das Wort ,,und" durch ein Komma ersetzt. b) In Nummer 14 wird der abschließende Punkt durch das Wort ,,und" ersetzt. c) Folgende Nummer 15 wird angefügt: ,,15. Verfahren und Entscheidung bei Anordnung der Sicherungsverwahrung (§ 81a)." 4. § 106 wird wie folgt geändert: a) In Absatz 3 Satz 3 wird die Angabe ,,§ 66a Abs. 2 und 3" durch die Angabe ,,§ 66a Absatz 3" ersetzt. b) In Absatz 6 Satz 1 Nummer 2 werden die Wörter ,,während des Vollzugs der Maßregel" durch die Wörter ,,bis zum Zeitpunkt der Entscheidung" ersetzt. c) Absatz 7 wird aufgehoben. 5. In § 109 Absatz 1 Satz 1 wird die Angabe ,,81" durch die Angabe ,,81a" ersetzt und nach der Angabe ,,73" wird die Angabe ,,und § 81a" eingefügt. Artikel 4 Änderung des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch Das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469; 1975 I S. 1916; 1976 I S. 507), das zuletzt durch Artikel 51 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. Artikel 1a wird aufgehoben. 2. Nach Artikel 316d wird folgender Artikel 316e eingefügt: ,,Artikel 316e Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen (1) Die Vorschriften über die Sicherungsverwahrung in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2300) sind nur anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll, nach dem 31. Dezember 2010 begangen worden ist. In allen anderen Fällen ist das bisherige Recht anzuwenden, soweit in den Absätzen 2 und 3 nichts anderes bestimmt ist. (2) Sind die Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung nach § 66 des Strafgesetzbuches angeordnet werden soll, vor dem 1. Januar 2011 begangen worden und ist der Täter deswegen noch nicht rechtskräftig verurteilt worden, so ist § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung anzuwenden, wenn diese gegenüber dem bisherigen Recht das mildere Gesetz ist. (3) Eine nach § 66 des Strafgesetzbuches vor dem 1. Januar 2011 rechtskräftig angeordnete Sicherungsverwahrung erklärt das Gericht für erledigt, wenn die Anordnung ausschließlich auf Taten beruht, die nach § 66 des Strafgesetzbuches in der seit dem 1. Januar 2011 geltenden Fassung nicht mehr Grundlage für eine solche Anordnung sein können. Das Gericht kann, soweit dies zur Durchführung von Entlassungsvorbereitungen geboten ist, als Zeitpunkt der Erledigung spätestens den 1. Juli 2011 festlegen. Zuständig für die Entscheidungen nach den Sätzen 1 und 2 ist das nach den §§ 454, 462a Absatz 1 der Strafprozessordnung zuständige Gericht. Für das Verfahren ist § 454 Absatz 1, 3 und 4 der Strafprozessordnung entsprechend anzuwenden; die Vollstreckungsbehörde übersendet die Akten unverzüglich an die Staatsanwaltschaft des zuständigen Gerichtes, die diese umgehend dem Gericht zur Entscheidung übergibt. Mit der Entlassung aus dem Vollzug tritt Führungsaufsicht ein." Bundesgesetzblatt Jahrgang 2010 Teil I Nr. 68, ausgegeben zu Bonn am 31. Dezember 2010 2305 Artikel 5 Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter (Therapieunterbringungsgesetz ­ ThUG) §1 Therapieunterbringung (1) Steht auf Grund einer rechtskräftigen Entscheidung fest, dass eine wegen einer Straftat der in § 66 Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches genannten Art verurteilte Person deshalb nicht länger in der Sicherungsverwahrung untergebracht werden kann, weil ein Verbot rückwirkender Verschärfungen im Recht der Sicherungsverwahrung zu berücksichtigen ist, kann das zuständige Gericht die Unterbringung dieser Person in einer geeigneten geschlossenen Einrichtung anordnen, wenn 1. sie an einer psychischen Störung leidet und eine Gesamtwürdigung ihrer Persönlichkeit, ihres Vorlebens und ihrer Lebensverhältnisse ergibt, dass sie infolge ihrer psychischen Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird, und 2. die Unterbringung aus den in Nummer 1 genannten Gründen zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist. (2) Absatz 1 ist unabhängig davon anzuwenden, ob die verurteilte Person sich noch im Vollzug der Sicherungsverwahrung befindet oder bereits entlassen wurde. §2 Geeignete geschlossene Einrichtungen Für die Therapieunterbringung nach § 1 sind nur solche geschlossenen Einrichtungen geeignet, die 1. wegen ihrer medizinisch-therapeutischen Ausrichtung eine angemessene Behandlung der im Einzelfall vorliegenden psychischen Störung auf der Grundlage eines individuell zu erstellenden Behandlungsplans und mit dem Ziel einer möglichst kurzen Unterbringungsdauer gewährleisten können, 2. unter Berücksichtigung therapeutischer Gesichtspunkte und der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit eine die Untergebrachten so wenig wie möglich belastende Unterbringung zulassen und 3. räumlich und organisatorisch von Einrichtungen des Strafvollzuges getrennt sind. §3 Gerichtliches Verfahren Für das gerichtliche Verfahren gelten die Vorschriften des Allgemeinen Teils und die Vorschriften über das Verfahren in Unterbringungssachen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist. §4 Sachliche und örtliche Zuständigkeit; Besetzung des Spruchkörpers (1) Für das gerichtliche Verfahren nach diesem Gesetz sind die Zivilkammern der Landgerichte ausschließlich zuständig. Eine Übertragung der Entscheidung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen. (2) Örtlich ausschließlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Therapieunterbringung entsteht. Befindet sich die Person, die nach § 1 untergebracht werden soll (Betroffener), in der Sicherungsverwahrung, ist das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Einrichtung liegt, in der diese vollstreckt wird. §5 Einleitung des gerichtlichen Verfahrens (1) Das gerichtliche Verfahren wird eingeleitet, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für eine Therapieunterbringung nach § 1 gegeben sind. Den Antrag stellt die untere Verwaltungsbehörde, in deren Zuständigkeitsbereich das Bedürfnis für die Therapieunterbringung entsteht. Befindet sich der Betroffene in der Sicherungsverwahrung, so ist auch der Leiter der Einrichtung antragsberechtigt, in der diese vollstreckt wird. Der Betroffene ist über die Antragstellung zu unterrichten. (2) Der Antrag ist bereits vor der Entlassung des Betroffenen aus der Sicherungsverwahrung zulässig. Er gilt als zurückgenommen, wenn nicht innerhalb von zwölf Monaten seit Antragstellung die in § 1 Absatz 1 vorausgesetzte Entscheidung rechtskräftig geworden ist. (3) Die für die Sicherungsverwahrung des Betroffenen zuständige Vollstreckungsbehörde, der in Absatz 1 Satz 3 genannte Antragsberechtigte sowie die Führungsaufsichtsstelle des Betroffenen teilen der zuständigen unteren Verwaltungsbehörde die für die Einleitung des gerichtlichen Verfahrens notwendigen Daten mit, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für eine Therapieunterbringung nach § 1 gegeben sind. Die Übermittlung personenbezogener Daten zu dem in Satz 1 genannten Zweck ist zulässig, wenn dem keine schutzwürdigen Interessen des Betroffenen entgegenstehen. Der Inhalt der Mitteilung, die Art und Weise ihrer Übermittlung und der Empfänger sind aktenkundig zu machen. Der Betroffene ist über die Mitteilung und den Inhalt der Mitteilung zu unterrichten. §6 Beteiligte (1) Beteiligte sind der Betroffene und der Antragsteller. (2) Der dem Betroffenen beigeordnete Rechtsanwalt wird durch seine Beiordnung als Beteiligter zum Verfahren hinzugezogen. (3) Auf ihren Antrag sind als Beteiligte hinzuzuziehen: 1. die zuständige untere Verwaltungsbehörde und der Leiter der Einrichtung, in der sich der Betroffene zur 2306 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2010 Teil I Nr. 68, ausgegeben zu Bonn am 31. Dezember 2010 Vollstreckung der Sicherungsverwahrung befindet, sofern sie nicht Antragsteller sind, sowie 2. die Führungsaufsichtsstelle des Betroffenen. §7 Beiordnung eines Rechtsanwalts (1) Das Gericht hat dem Betroffenen zur Wahrnehmung seiner Rechte im Verfahren und für die Dauer der Therapieunterbringung einen Rechtsanwalt beizuordnen. § 78c Absatz 1 und 3 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. (2) Der beigeordnete Rechtsanwalt hat die Stellung eines Beistands. § 48 Absatz 1 Nummer 3 und Absatz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung gilt entsprechend. (3) Die Beiordnung ist auf Antrag des beigeordneten Rechtsanwalts oder des Betroffenen nach rechtskräftigem Abschluss des gerichtlichen Verfahrens aufzuheben, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat. Die Aufhebung der Beiordnung aus wichtigem Grund bleibt hiervon unberührt. Wird die Beiordnung während der Therapieunterbringung aufgehoben, so ist dem Betroffenen unverzüglich ein anderer Rechtsanwalt beizuordnen. (4) Von der Beiordnung ausgenommen sind Vollzugsangelegenheiten. §8 Anhörung des Betroffenen und der sonstigen Beteiligten (1) Das Gericht hat die Beteiligten anzuhören. (2) Der Betroffene ist vor einer Therapieunterbringung persönlich anzuhören. Seine Anhörung soll nicht im Wege der Rechtshilfe erfolgen. (3) Das Gericht kann den Betroffenen durch die zuständige untere Verwaltungsbehörde vorführen lassen, wenn er sich weigert, an Verfahrenshandlungen nach Absatz 2 mitzuwirken. (4) Gewalt darf die Behörde nur anwenden, wenn das Gericht dies auf Grund einer ausdrücklichen Entscheidung angeordnet hat. Die zuständige untere Verwaltungsbehörde ist befugt, erforderlichenfalls um Unterstützung der polizeilichen Vollzugsorgane nachzusuchen. (5) Die Wohnung des Betroffenen darf ohne dessen Einwilligung nur gewaltsam geöffnet, betreten und durchsucht werden, wenn das Gericht dies zu dessen Vorführung zur Anhörung ausdrücklich angeordnet hat. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung nach Satz 1 durch die zuständige untere Verwaltungsbehörde erfolgen. Durch diese Regelung wird das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung aus Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes eingeschränkt. §9 Einholung von Gutachten (1) Vor einer Therapieunterbringung hat eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung von zwei Gutachten stattzufinden. Als Sachverständiger ist nicht zu bestellen, wer den Betroffenen bisher behandelt hat. Höchstens einer der Sachverständigen kann aus dem Kreis der Personen bestellt werden, die im Rahmen eines ständigen Dienstverhältnisses in der Einrichtung tätig sind, in der der Betroffene untergebracht ist oder zuletzt untergebracht war. Die Sachverständigen sollen Ärzte für Psychiatrie sein; sie müssen Ärzte mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein. (2) Die Sachverständigen haben den Betroffenen zur Erstellung der Gutachten unabhängig voneinander zu untersuchen oder zu befragen. Die Gutachten müssen Aussagen darüber enthalten, ob der Betroffene an einer psychischen Störung leidet und ob er infolge dieser Störung mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung einer anderen Person erheblich beeinträchtigen wird. Die Gutachten sollen auch Behandlungsvorschläge sowie Angaben zu deren zeitlicher Umsetzung beinhalten. § 10 Entscheidung; Beschlussformel (1) Das Gericht entscheidet über den Antrag in der Hauptsache erst nach Eintritt der Rechtskraft der in § 1 Absatz 1 vorausgesetzten Entscheidung. Eine Entscheidung kann bereits zu einem früheren Zeitpunkt ergehen, wenn der Antrag aus anderen Gründen als wegen Fehlens der in Satz 1 vorausgesetzten Entscheidung abzuweisen ist. (2) Die Beschlussformel hat den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem die Therapieunterbringung endet. (3) Das Gericht kann die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses anordnen. § 11 Zuführung und Vollzug der Therapieunterbringung; Ruhen der Führungsaufsicht (1) Die Zuführung des Betroffenen in die Einrichtung nach § 2 und der Vollzug der Unterbringung obliegen der zuständigen unteren Verwaltungsbehörde. (2) Während des Vollzugs der Unterbringung ruht die Führungsaufsicht. § 12 Dauer und Verlängerung der Therapieunterbringung (1) Die Unterbringung endet spätestens mit Ablauf von 18 Monaten, wenn sie nicht vorher verlängert wird. (2) Für die Verlängerung der Therapieunterbringung gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung entsprechend. Abweichend von § 9 Absatz 1 Satz 1 kann die Beweisaufnahme auf die Einholung eines Gutachtens beschränkt werden. Als Sachverständiger ist nicht zu bestellen, wer den Betroffenen bisher behandelt hat oder im Rahmen eines ständigen Dienstverhältnisses in der Einrichtung tätig ist, in der der Betroffene untergebracht ist oder zuletzt untergebracht war. Als Sachverständiger soll nicht bestellt werden, wer den Betroffenen bereits mehr als ein Mal im Rahmen eines Unterbringungsverfahrens nach diesem Gesetz begutachtet hat. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2010 Teil I Nr. 68, ausgegeben zu Bonn am 31. Dezember 2010 2307 § 13 Aufhebung der Therapieunterbringung Das Gericht hebt die Anordnung einer Unterbringung nach § 1 von Amts wegen auf, wenn ihre Voraussetzungen wegfallen. Vor der Aufhebung der Maßnahme soll das Gericht die zuständige untere Verwaltungsbehörde, den Leiter der Einrichtung, in der sich der Betroffene befindet, und den Betroffenen anhören, es sei denn, dass dies zu einer nicht nur geringen Verzögerung des Verfahrens führen würde. § 14 Einstweilige Anordnung (1) Das Gericht kann im Hauptsacheverfahren durch einstweilige Anordnung für die Dauer von drei Monaten eine vorläufige Unterbringung anordnen, wenn 1. Gründe für die Annahme bestehen, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer Therapieunterbringung nach § 1 gegeben sind und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht, und 2. der Betroffene persönlich und ein ihm beigeordneter Rechtsanwalt angehört worden sind. Eine Anhörung des Betroffenen im Wege der Rechtshilfe ist zulässig. (2) Abweichend von § 10 Absatz 1 kann die Entscheidung über die einstweilige Anordnung bereits vor Rechtskraft der in § 1 Absatz 1 vorausgesetzten Entscheidung ergehen. Das Gericht kann anordnen, dass der Beschluss mit Rechtskraft der in § 1 Absatz 1 vorausgesetzten Entscheidung wirksam wird. (3) Die Dauer der vorläufigen Unterbringung auf Grund einer einstweiligen Anordnung kann um jeweils weitere drei Monate bis zu einer Gesamtdauer von einem Jahr nach Anhörung der Sachverständigen nur verlängert werden, wenn eine besondere Schwierigkeit in der Begutachtung oder ein anderer wichtiger Grund die Entscheidung im Hauptsacheverfahren erheblich verzögert. § 15 Einstweilige Anordnung bei gesteigerter Dringlichkeit Bei Gefahr im Verzug kann das Gericht eine einstweilige Anordnung nach § 14 bereits vor Anhörung des Betroffenen sowie vor Anhörung und Beiordnung eines Rechtsanwalts erlassen. Diese Verfahrenshandlungen sind unverzüglich nachzuholen. § 16 Beschwerde; Beschwerdefrist (1) Das Recht der Beschwerde steht dem Betroffenen, dem ihm beigeordneten Rechtsanwalt, der zuständigen unteren Verwaltungsbehörde sowie dem Leiter der Einrichtung nach § 5 Absatz 1 Satz 3 zu, sofern er einen Antrag nach dieser Vorschrift gestellt hat. (2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. (3) Eine Übertragung der Entscheidung über die Beschwerde auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen. § 17 Ausschluss der Rechtsbeschwerde und der Sprungrechtsbeschwerde Die Entscheidungen des Beschwerdegerichts können nicht mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden. Die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen können nicht mit der Sprungrechtsbeschwerde angefochten werden. § 18 Divergenzvorlage (1) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. Der Bundesgerichtshof entscheidet dann anstelle des Oberlandesgerichts. Der Bundesgerichtshof kann sich auf die Entscheidung der Divergenzfrage beschränken und dem Beschwerdegericht die Entscheidung in der Hauptsache übertragen, wenn dies nach dem Sach- und Streitstand des Beschwerdeverfahrens angezeigt erscheint. (2) In einstweiligen Anordnungsverfahren ist Absatz 1 nicht anwendbar. § 19 Gerichtskosten In Verfahren nach diesem Gesetz über die Anordnung, Verlängerung oder Aufhebung der Therapieunterbringung werden keine Gerichtskosten erhoben. § 20 Vergütung des Rechtsanwalts (1) In Verfahren nach diesem Gesetz über die Anordnung, Verlängerung oder Aufhebung der Therapieunterbringung erhält der Rechtsanwalt Gebühren in entsprechender Anwendung von Teil 6 Abschnitt 3 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. (2) § 52 Absatz 1 bis 3 und 5 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ist auf den beigeordneten Rechtsanwalt (§ 7) entsprechend anzuwenden. Gegen den Beschluss nach § 52 Absatz 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ist die Beschwerde statthaft; § 16 Absatz 2 ist anzuwenden. (3) Der beigeordnete Rechtsanwalt erhält für seine Tätigkeit nach rechtskräftigem Abschluss eines Verfahrens nach Absatz 1 bis zur ersten Tätigkeit in einem weiteren Verfahren eine Verfahrensgebühr nach Nummer 6302 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Die Tätigkeit nach Satz 1 ist eine besondere Angelegenheit im Sinne des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes. § 21 Einschränkung von Grundrechten Durch § 1 und die §§ 4 bis 18 wird das Grundrecht der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes) eingeschränkt. 2308 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2010 Teil I Nr. 68, ausgegeben zu Bonn am 31. Dezember 2010 Artikel 6 Folgeänderung zu Artikel 5 Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 788), das zuletzt durch Artikel 16 des Gesetzes vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2248) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. Der Inhaltsübersicht wird folgende Angabe angefügt: ,,§ 62 Verfahren nach dem Therapieunterbringungsgesetz". 2. Folgender § 62 wird angefügt: ,,§ 62 Verfahren nach dem Therapieunterbringungsgesetz Die Regelungen des Therapieunterbringungsgesetzes zur Rechtsanwaltsvergütung bleiben unberührt." Artikel 7 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden. Berlin, den 22. Dezember 2010 Der Bundespräsident Christian Wulff Die Bundeskanzlerin Dr. A n g e l a M e r k e l Die Bundesministerin der Justiz S . L e u t h e u s s e r- S c h n a r re n b e rg e r Der Bundesminister des Innern Thomas de Maizière