Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  2012  Nr. 57 vom 11.12.2012  - Seite 2454 bis 2456 - Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über die Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr sowie zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes

9510-32402-4196-1
2454 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2012 Teil I Nr. 57, ausgegeben zu Bonn am 11. Dezember 2012 Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über die Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr sowie zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes Vom 5. Dezember 2012 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 EU-Fahrgastrechte-Schifffahrt-Gesetz (EU-FahrgRSchG) §1 Anwendungsbereich Dieses Gesetz dient der Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über die Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 1). §2 Aufgaben des Bundes Dem Bund obliegt die Durchsetzung der Fahrgastrechte auf dem Gebiet des See- und Binnenschiffsverkehrs. §3 Zuständige Behörde (1) Zuständige Behörde für die Durchsetzung der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 ist das Eisenbahn-Bundesamt. (2) Die in Absatz 1 bezeichnete Behörde ist Beschwerdestelle für Beschwerden über einen mutmaßlichen Verstoß gegen die Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 nach Artikel 25 Absatz 3 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010. §4 Befugnisse (1) Soweit es zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die notwendigen Maßnahmen treffen, die zur Feststellung, Beseitigung oder Verhütung von Verstößen gegen die Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 erforderlich sind. Sie kann insbesondere 1. den verantwortlichen Beförderer, Reisevermittler, Reiseveranstalter oder Terminalbetreiber im Sinne des Artikels 3 Buchstabe d, p, q und s der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 verpflichten, einen festgestellten Verstoß gegen die genannte Verordnung zu beseitigen oder künftige Verstöße zu unterlassen, 2. von dem Beförderer, Reisevermittler, Reiseveranstalter oder Terminalbetreiber alle erforderlichen Auskünfte innerhalb einer zu bestimmenden angemessenen Frist verlangen, 3. für die Erfüllung der in Satz 1 sowie in den Nummern 1 und 2 genannten Befugnisse von dem verantwortlichen Beförderer, Reisevermittler, Reiseveranstalter oder Terminalbetreiber im Sinne des Artikels 3 Buchstabe d, p, q und s der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 a) verlangen, Einsicht in die erforderlichen Schriftoder Datenträger, insbesondere Aufzeichnungen und Vertragsunterlagen, zu erhalten, b) Abschriften, Auszüge, Ausdrucke oder Kopien, auch von Datenträgern, anfertigen oder solche verlangen, c) die unter Buchstabe b genannten Unterlagen und Datenträger nutzen und hierfür ­ soweit erforderlich ­ speichern. (2) Im Rahmen des Absatzes 1 sind die von der zuständigen Behörde beauftragten Personen befugt, Wasserfahrzeuge, Betriebsräume sowie Geschäftsräume während der üblichen Betriebs- oder Geschäftszeit zu betreten. (3) Im Falle der Speicherung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 Buchstabe c sind Abschriften, Auszüge, Ausdrucke oder Kopien und Datenträger nach Abschluss der jeweiligen Aufgabe nach Absatz 1 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 1 und 2 in jedem Einzelfall von der zuständigen Behörde unverzüglich zu löschen. (4) Eine nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 zur Auskunft verpflichtete Person kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie selbst oder einen der in § 383 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. Sie ist über ihr Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren. (5) Die zuständige Behörde kann ihre Anordnungen nach den für die Vollstreckung von Verwaltungsmaßnahmen geltenden Bestimmungen durchsetzen. Bei der Verhängung eines Zwangsgeldes kann dieses bis zu 500 000 Euro betragen. §5 Duldungs- und Mitwirkungspflichten Beförderer, Reisevermittler, Reiseveranstalter oder Terminalbetreiber, die nach Gesetz oder Satzung zu Bundesgesetzblatt Jahrgang 2012 Teil I Nr. 57, ausgegeben zu Bonn am 11. Dezember 2012 2455 deren Vertretung berufenen Personen und die von ihnen bestellten Vertreter sowie die Eigentümer und sonstigen nutzungsberechtigten Personen der in § 4 Absatz 2 bezeichneten Wasserfahrzeuge, Betriebsund Geschäftsräume sind verpflichtet, 1. die Maßnahmen nach § 4 Absatz 1 Nummer 3 und Absatz 2 zu dulden und 2. die zuständige Behörde und die von ihr beauftragten Personen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Insbesondere sind die in Satz 1 genannten Personen verpflichtet, auf Verlangen der zuständigen Behörde und den von ihr beauftragten Personen die in Betracht kommenden Räume zu öffnen. §6 Schlichtungsstelle (1) Zur Beilegung von Streitigkeiten aus der Beförderung im See- und Binnenschiffsverkehr kann der Fahrgast eine geeignete Schlichtungsstelle anrufen, wenn sich der Vertragspartner bereit erklärt hat, an der Schlichtung teilzunehmen. (2) Streitigkeiten im Sinne des Absatzes 1 sind 1. Streitigkeiten wegen der Verletzung der nach der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 bestehenden Rechte und Pflichten sowie 2. Streitigkeiten wegen Verlust, Beschädigung oder verspäteter Ablieferung von Gepäck eines Fahrgastes oder von sonstigen Sachen, die ein Fahrgast an sich getragen oder mit sich geführt hat. Das Recht, die Gerichte anzurufen, bleibt durch die Schlichtung unberührt. (3) Eine Schlichtungsstelle ist insbesondere geeignet, wenn sie die folgenden Grundsätze für die außergerichtliche Beilegung von Verbraucherstreitigkeiten befolgt: 1. Die Schlichtungsstelle muss unabhängig sein und hierdurch unparteiisches Handeln sicherstellen; bei Kollegialentscheidungen kann die Unabhängigkeit durch eine paritätische Mitwirkung der Vertreter von Verbrauchern und Unternehmen gewährleistet werden. 2. Die Beteiligten müssen Tatsachen und Bewertungen vorbringen können und rechtliches Gehör erhalten. 3. Die Schlichter und ihre Hilfspersonen müssen die Vertraulichkeit der Informationen gewährleisten, von denen sie im Schlichtungsverfahren Kenntnis erhalten. 4. Das Schlichtungsverfahren muss zügig und für die Fahrgäste unentgeltlich durchgeführt werden. 5. Die Verfahrensregeln müssen für Interessierte zugänglich sein. (4) Die Schlichtungsstelle nach Absatz 1 kann nicht angerufen werden, wenn der Anspruch nicht unmittelbar gegenüber dem Beförderer, Reiseveranstalter oder Reisevermittler geltend gemacht worden ist oder seit der Geltendmachung gegenüber dem Beförderer, Reiseveranstalter oder Reisevermittler nicht mehr als 30 Tage vergangen sind. (5) Die Beförderer, Reiseveranstalter und Reisevermittler haben bei der Beantwortung einer Beschwerde im Zusammenhang mit den unter die Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 fallenden Rechten und Pflichten auf die Möglichkeit der Schlichtung hinzuweisen und die Adresse geeigneter Schlichtungsstellen mitzuteilen. (6) Eine Schlichtungsstelle im Sinne des Absatzes 1 kann auch eine verkehrsträgerübergreifende Schlichtungsstelle sein. (7) Die Schlichtungsstelle im Sinne des Absatzes 1 bedarf der Anerkennung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Die Anerkennung ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. §7 Kosten Das Eisenbahn-Bundesamt erhebt Kosten (Gebühren und Auslagen) für seine Amtshandlungen nach diesem Gesetz, auf Grund dieses Gesetzes oder nach der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010. §8 Verordnungsermächtigung Zur Durchsetzung der Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr nach der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 wird das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zur Wahrnehmung der Aufgaben des Bundes nach § 2 ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates 1. zu bestimmen, dass die Durchsetzung der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 nach deren Artikel 25 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 Satz 1 von einer anderen Bundesoberbehörde seines Geschäftsbereichs, die zum Zwecke der Wahrnehmung Verkehrsträger übergreifender Aufgaben im Bereich der Wahrung von Fahrgastrechten durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes errichtet worden ist, wahrgenommen wird, 2. das Verfahren zur Durchsetzung der Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr nach der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 zu regeln, 3. die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Gebührenhöhe zu bestimmen und dabei feste Sätze oder Rahmensätze vorzusehen, 4. Regelungen zur Berichterstattung über die Durchsetzung der Verordnung (EU) Nr. 1177/2010 nach deren Artikel 26 zu treffen, 5. weitere Anforderungen an die Schlichtungsstelle und das von ihr zu gewährleistende Verfahren nach § 6 zu regeln. Rechtsverordnungen nach Satz 1 Nummer 5 bedürfen des Einvernehmens des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und des Bundesministeriums der Justiz. §9 Bußgeldvorschriften (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer unmittelbar geltenden Vorschrift in Rechtsakten der Europäischen Union über die Fahrgastrechte im See- und Binnenschiffsverkehr zuwiderhandelt, soweit eine Rechtsverordnung nach Absatz 4 2456 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2012 Teil I Nr. 57, ausgegeben zu Bonn am 11. Dezember 2012 für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro geahndet werden. (3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung durch Rechtsverordnung bestimmte Behörde. (4) Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung wird ermächtigt, soweit dies zur Durchsetzung der Rechtsakte der Europäischen Union erforderlich ist, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Tatbestände zu bezeichnen, die als Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 geahndet werden können. 1. Nach Nummer 4 wird folgende Nummer 5 eingefügt: ,,5. das Eisenbahn-Bundesamt im Fall eines Verdachtes eines innergemeinschaftlichen Verstoßes gegen den in der Nummer 18 des Anhanges der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 genannten Rechtsakt und die zu seiner Durchsetzung erlassenen Rechtsvorschriften,". 2. Die bisherige Nummer 5 wird Nummer 6. Artikel 3 Änderung des Luftverkehrsgesetzes In § 73 Absatz 4 des Luftverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Mai 2007 (BGBl. I S. 698), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. Mai 2012 (BGBl. I S. 1032) geändert worden ist, wird im einleitenden Satzteil die Angabe ,,31. Dezember 2012" durch die Angabe ,,31. Dezember 2014" ersetzt. Artikel 2 Änderung des EG-Verbraucherschutzdurchsetzungsgesetzes § 2 des EG-Verbraucherschutzdurchsetzungsgesetzes vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3367), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 6. Februar 2012 (BGBl. I S. 146) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: Artikel 4 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden. Berlin, den 5. Dezember 2012 Der Bundespräsident Joachim Gauck Die Bundeskanzlerin Dr. A n g e l a M e r k e l Der Bundesminister f ü r Ve r k e h r, B a u u n d S t a d t e n t w i c k l u n g Peter Ramsauer