Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  2002  Nr. 53 vom 31.07.2002  - Seite 2864 bis 2866 - Gesetz zur Änderung des Ordnungswidrigkeitenverfahrensrechts

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2864 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2002 Teil I Nr. 53, ausgegeben zu Bonn am 31. Juli 2002 Gesetz zur Änderung des Ordnungswidrigkeitenverfahrensrechts Vom 26. Juli 2002 Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Änderung des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten Das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602), zuletzt geändert durch Artikel 17 des Gesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2850), wird wie folgt geändert: 1. In der Inhaltsübersicht werden nach der Angabe zu § 49a die Angaben ,,§ 49b Verfahrensübergreifende Mitteilungen auf Ersuchen; sonstige Verwendung von Daten für verfahrensübergreifende Zwecke", ,,§ 49c Dateiregelungen" und ,,§ 49d Mitteilungen bei Archivierung mittels Bild- und anderen Datenträgern" eingefügt. 2. Dem § 46 wird folgender Absatz 8 angefügt: ,,(8) Die Vorschriften zur Durchführung des § 191a Abs. 1 Satz 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes im Bußgeldverfahren sind in der Rechtsverordnung nach § 191a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bestimmen." 3. § 49a wird wie folgt geändert: a) Absatz 1 wird durch die folgenden Absätze 1 bis 3 ersetzt: ,,(1) Von Amts wegen dürfen Gerichte, Staatsanwaltschaften und Verwaltungsbehörden personenbezogene Daten aus Bußgeldverfahren den zuständigen Behörden und Gerichten übermitteln, soweit dies aus Sicht der übermittelnden Stelle erforderlich ist für 1. die Verfolgung von Straftaten oder von anderen Ordnungswidrigkeiten, 2. Entscheidungen in anderen Bußgeldsachen einschließlich der Entscheidungen bei der Voll- streckung von Bußgeldentscheidungen oder in Gnadensachen oder 3. sonstige Entscheidungen oder Maßnahmen nach § 479 Abs. 2 der Strafprozessordnung; Gleiches gilt für die Behörden des Polizeidienstes, soweit dies die entsprechende Anwendung von § 478 Abs. 1 der Strafprozessordnung gestattet. § 479 Abs. 3 der Strafprozessordnung gilt sinngemäß. (2) Die Übermittlung ist auch zulässig, wenn besondere Umstände des Einzelfalls die Übermittlung für die in § 14 Abs. 1 Nr. 4 bis 9 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz genannten Zwecke in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2 und 4 jener Vorschrift in sinngemäßer Anwendung erfordern. (3) Eine Übermittlung nach den Absätzen 1 und 2 unterbleibt, soweit für die übermittelnde Stelle offensichtlich ist, dass schutzwürdige Interessen des Betroffenen an dem Ausschluss der Übermittlung überwiegen." b) Der bisherige Absatz 2 wird neuer Absatz 4. c) In dem neuen Absatz 4 werden in Satz 1 aa) im einleitenden Satzteil die Wörter ,,personenbezogener Daten in Bußgeldverfahren durch Verwaltungsbehörden sind" durch die Wörter ,,durch Verwaltungsbehörden sind zusätzlich" und bb) in Nummer 1 die Angabe ,,§§ 12, 13 und 16 bis 21" durch die Angabe ,,§§ 12, 13, 16, 17 Nr. 2 bis 5 und §§ 18 bis 21" ersetzt. d) Folgender Absatz 5 wird angefügt: ,,(5) Für Übermittlungen von Amts wegen sind ferner die §§ 480 und 481 der Strafprozessordnung sinngemäß anzuwenden, wobei an die Stelle besonderer Vorschriften über die Übermittlung oder Verwendung personenbezogener Informationen aus Strafverfahren solche über die Übermittlung oder Verwendung personenbezogener Daten aus Bußgeldverfahren treten. Eine Übermittlung entsprechend § 481 Abs. 1 Satz 2 der Strafprozessord- Bundesgesetzblatt Jahrgang 2002 Teil I Nr. 53, ausgegeben zu Bonn am 31. Juli 2002 nung unterbleibt unter der Voraussetzung des Absatzes 3. Von § 482 der Strafprozessordnung ist nur Absatz 1 sinngemäß anzuwenden, wobei die Mitteilung des Aktenzeichens auch an eine andere Verwaltungsbehörde, die das Bußgeldverfahren veranlasst oder sonst an dem Verfahren mitgewirkt hat, erfolgt." 4. Nach § 49a werden die folgenden §§ 49b, 49c und 49d eingefügt: ,,§ 49b Verfahrensübergreifende Mitteilungen auf Ersuchen; sonstige Verwendung von Daten für verfahrensübergreifende Zwecke Für die Erteilung von Auskünften und Gewährung von Akteneinsicht auf Ersuchen sowie die sonstige Verwendung von Daten aus Bußgeldverfahren für verfahrensübergreifende Zwecke gelten die §§ 474 bis 478, 480 und 481 der Strafprozessordnung sinngemäß, wobei 1. in § 474 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der Strafprozessordnung an die Stelle der Straftat die Ordnungswidrigkeit tritt, 2. in § 474 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3, § 480 und § 481 der Strafprozessordnung an die Stelle besonderer Vorschriften über die Übermittlung oder Verwendung personenbezogener Informationen aus Strafverfahren solche über die Übermittlung oder Verwendung personenbezogener Daten aus Bußgeldverfahren treten, 3. in § 477 Abs. 2 Satz 1 der Strafprozessordnung an die Stelle der Zwecke des Strafverfahrens die Zwecke des Bußgeldverfahrens treten und 4. in § 477 Abs. 3 Nr. 2 der Strafprozessordnung an die Stelle der Frist von zwei Jahren eine Frist von einem Jahr tritt. § 49c Dateiregelungen (1) Für die Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten in Dateien gelten vorbehaltlich besonderer Regelungen in anderen Gesetzen die Vorschriften des Zweiten Abschnitts des Achten Buches der Strafprozessordnung nach Maßgabe der folgenden Vorschriften sinngemäß. (2) Die Speicherung, Veränderung und Nutzung darf vorbehaltlich des Absatzes 3 nur bei Gerichten, Staatsanwaltschaften und Verwaltungsbehörden einschließlich Vollstreckungsbehörden sowie den Behörden des Polizeidienstes erfolgen, soweit dies entsprechend den §§ 483, 484 Abs. 1 und § 485 der Strafprozessordnung zulässig ist; dabei treten an die Stelle der Zwecke des Strafverfahrens die Zwecke des Bußgeldverfahrens. Personenbezogene Daten aus Bußgeldverfahren dürfen auch verwendet werden, soweit es für Zwecke eines Strafverfahrens, Gnadenverfahrens oder der internationalen Rechts- und Amtshilfe in Straf- und Bußgeldsachen erforderlich ist. Die Speicherung personenbezogener Daten von Personen, die zur Tatzeit nicht strafmündig waren, für Zwecke künftiger Bußgeldverfahren ist unzulässig. (3) Die Errichtung einer gemeinsamen automatisierten Datei entsprechend § 486 der Strafprozess5. § 69 Abs. 3 Satz 2 wird wie folgt gefasst: 2865 ordnung für die in Absatz 2 genannten Stellen, die den Geschäftsbereichen verschiedener Bundes- oder Landesministerien angehören, ist nur zulässig, wenn sie zur ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung erforderlich und unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen angemessen ist. (4) § 487 Abs. 1 Satz 1 der Strafprozessordnung ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die nach den Absätzen 1 bis 3 gespeicherten Daten den zuständigen Stellen nur für die in Absatz 2 genannten Zwecke übermittelt werden dürfen; § 49a Abs. 3 gilt für Übermittlungen von Amts wegen entsprechend. § 487 Abs. 2 der Strafprozessordnung ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Übermittlung erfolgen kann, soweit sie nach diesem Gesetz aus den Akten erfolgen könnte. (5) Soweit personenbezogene Daten für Zwecke der künftigen Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten gespeichert werden, darf die Frist im Sinne von § 489 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 der Strafprozessordnung bei einer Geldbuße von mehr als 250 Euro fünf Jahre, in allen übrigen Fällen des § 489 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 bis 3 der Strafprozessordnung zwei Jahre nicht übersteigen. § 49d Mitteilungen bei Archivierung mittels Bild- und anderen Datenträgern Sind die Akten der Verwaltungsbehörde nach Abschluss des Verfahrens nach ordnungsgemäßen Grundsätzen zur Ersetzung der Urschrift auf einen Bildoder anderen Datenträger übertragen worden und liegt der schriftliche Nachweis darüber vor, dass die Wiedergabe mit der Urschrift übereinstimmt, so kann Akteneinsicht durch Übermittlung eines Ausdrucks von dem Bild- oder anderen Datenträger erteilt werden; Gleiches gilt für die Erteilung von Auskünften oder anderen Mitteilungen aus den Akten. Auf der Urschrift anzubringende Vermerke werden in diesem Fall bei dem Nachweis angebracht." ,,Die Entscheidung über einen Antrag auf Akteneinsicht und deren Gewährung (§ 49 Abs. 1 dieses Gesetzes, § 147 der Strafprozessordnung) erfolgen vor Übersendung der Akten." 6. Dem § 133 wird folgender Absatz 5 angefügt: ,,(5) Für Dateien, die am 1. November 2002 bestehen, ist § 49c erst ab dem 1. November 2003 anzuwenden." Artikel 2 Änderung der Strafprozessordnung In § 479 Abs. 1 der Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 16 des Gesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2850) geändert worden ist, werden nach dem Wort ,,Strafverfolgung" die Wörter ,,sowie den zuständigen Behörden und Gerichten für Zwecke der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten" eingefügt. 2866 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2002 Teil I Nr. 53, ausgegeben zu Bonn am 31. Juli 2002 Artikel 3 verfahrens übermittelt worden, so dürfen sie nach Maßgabe der §§ 476, 487 Abs. 4 der Strafprozessordnung und der §§ 49b und 49c Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung verarbeitet oder genutzt werden." Änderung des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch § 78 Abs. 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch ­ Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz ­ in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl. I S. 130), das zuletzt durch Artikel 11 des Gesetzes vom 21. Juni 2002 (BGBl. I S. 2167) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst: ,,(4) Sind Sozialdaten an Gerichte oder Staatsanwaltschaften für die Durchführung eines Straf- oder Bußgeld- Artikel 4 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am 1. November 2002 in Kraft. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden. Berlin, den 26. Juli 2002 Der Bundespräsident Johannes Rau Der Bundeskanzler Gerhard Schröder Die Bundesministerin der Justiz Däubler-Gmelin