Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  2013  Nr. 19 vom 24.04.2013  - Seite 829 bis 830 - Gesetz zur Einführung von Kostenhilfe für Drittbetroffene in Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sowie zur Änderung der Finanzgerichtsordnung

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Bundesgesetzblatt Jahrgang 2013 Teil I Nr. 19, ausgegeben zu Bonn am 24. April 2013 829 Gesetz zur Einführung von Kostenhilfe für Drittbetroffene in Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sowie zur Änderung der Finanzgerichtsordnung Vom 20. April 2013 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: §2 Bewilligung (1) Die Bewilligung von Kostenhilfe bewirkt, dass der drittbetroffenen Person für Auslagen sowie für Honorare, die ihr für einen Rechtsbeistand entstehen, aus der Bundeskasse eine finanzielle Hilfe gezahlt wird. Rechtsbeistand kann neben einem zugelassenen Rechtsanwalt auch eine Person sein, die in dem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vom Kammerpräsidenten als Vertreter zugelassen ist. (2) Werden mit der Bewilligung der Kostenhilfe Raten oder aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt, sind diese an die Bundeskasse zu leisten. (3) Die Bewilligung von Kostenhilfe für eine drittbetroffene Person gilt im Verfahren vor der Großen Kammer weiter. §3 Festsetzung; Verordnungsermächtigung (1) Die Kostenhilfe umfasst die Fahrt- und Aufenthaltskosten sowie andere notwendige Auslagen, die der drittbetroffenen Person und der zu ihrem Rechtsbeistand bestellten Person entstehen. (2) Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Höhe der Erstattungsbeträge für Honorare und Auslagen in Anlehnung an die Tarife zu bestimmen, die nach der Verfahrensordnung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gelten. Für Verfahren, die in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einfach sind und deren Umfang unterdurchschnittlich ist, kann dabei eine Reduzierung der Erstattungsbeträge vorgesehen werden. Für den Fall, dass sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts auf die Stellung des Antrags auf Drittbeteiligung beschränkt, ist ein Viertel des Pauschalbetrages vorzusehen. (3) Das Bundesamt für Justiz setzt die Höhe der Kostenhilfe fest, sobald die drittbetroffene Person dargelegt hat, dass die Honorare oder Auslagen fällig werden. Sollte die drittbetroffene Person wider Erwarten nicht zur Zahlung eines Honorars verpflichtet sein oder keine Auslagen haben, ist die Kostenhilfe unverzüglich zurückzuzahlen. §4 Rechtsmittel (1) Gegen die Entscheidung über die Kostenhilfe findet die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften Artikel 1 Gesetz zur Einführung von Kostenhilfe für Drittbetroffene in Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR-Kostenhilfegesetz ­ EGMRKHG) §1 Voraussetzungen; Verfahren (1) In Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wird einer dritten in ihren Menschenrechten betroffenen Person auf Antrag Kostenhilfe bewilligt, wenn 1. die Beschwerde der Bundesrepublik Deutschland vom Gerichtshof zur Stellungnahme zugestellt worden ist, 2. entweder a) der Präsident des Gerichtshofs eine drittbetroffene Person gemäß Artikel 36 Absatz 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention aufgefordert hat, schriftlich Stellung zu nehmen oder an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, oder b) der Antrag der drittbetroffenen Person, gemäß Artikel 36 Absatz 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention Stellung zu nehmen oder an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen, aa) erfolgreich war oder bb) Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig ist und 3. die drittbetroffene Person nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Verfahrensführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. (2) In Bezug auf Voraussetzungen und Verfahren der Kostenhilfegewährung sind die §§ 115, 116, 117 Absatz 1 Satz 1 erster Halbsatz, Satz 2, Absatz 2 Satz 1, § 118 Absatz 2, § 120 Absatz 1, 3 und 4 sowie § 124 der Zivilprozessordnung in der jeweils geltenden Fassung entsprechend anzuwenden. An die Stelle des Prozessgerichts tritt das Bundesamt für Justiz. Die drittbetroffene Person muss bei der Antragstellung die Formulare verwenden, die gemäß § 117 Absatz 3 der Zivilprozessordnung für die Erklärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingeführt worden sind. 830 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2013 Teil I Nr. 19, ausgegeben zu Bonn am 24. April 2013 der Zivilprozessordnung statt, über die das Beschwerdegericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter entscheidet. Die Notfrist des § 569 Absatz 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung beträgt einen Monat. Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle des Beschwerdegerichts eingelegt werden. § 572 Absatz 1 der Zivilprozessordnung ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesamt für Justiz über die Abhilfe entscheidet. (2) Über die Beschwerde entscheidet das Landgericht, in dessen Bezirk das Bundesamt für Justiz seinen Sitz hat. Artikel 8 des Gesetzes vom 21. Juli 2012 (BGBl. I S. 1577) geändert worden ist, wird folgender Absatz 2a eingefügt: ,,(2a) In Angelegenheiten des Familienleistungsausgleichs nach Maßgabe der §§ 62 bis 78 des Einkommensteuergesetzes ist das Finanzgericht zuständig, in dessen Bezirk der Kläger seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Hat der Kläger im Inland keinen Wohnsitz und keinen gewöhnlichen Aufenthalt, ist das Finanzgericht zuständig, in dessen Bezirk die Behörde, gegen welche die Klage gerichtet ist, ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten nur für Verfahren, die vor dem 1. Mai 2016 anhängig werden." Artikel 2 Änderung der Finanzgerichtsordnung Nach § 38 Absatz 2 der Finanzgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. März 2001 (BGBl. I S. 442, 2262; 2002 I S. 679), die zuletzt durch Artikel 3 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Satzes 2 am Tag nach der Verkündung in Kraft. Artikel 2 tritt am 1. Mai 2013 in Kraft. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden. Berlin, den 20. April 2013 Der Bundespräsident Joachim Gauck Die Bundeskanzlerin Dr. A n g e l a M e r k e l Die Bundesministerin der Justiz S . L e u t h e u s s e r- S c h n a r re n b e rg e r