Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  2020  Nr. 54 vom 26.11.2020  - Seite 2464 bis 2465 - Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes zur marktgestützten Beschaffung von Systemdienstleistungen

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2464 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2020 Teil I Nr. 54, ausgegeben zu Bonn am 26. November 2020 Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes zur marktgestützten Beschaffung von Systemdienstleistungen* Vom 22. November 2020 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes Das Energiewirtschaftsgesetz vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970, 3621), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 8. August 2020 (BGBl. I S. 1818) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 12g folgende Angabe eingefügt: ,,§ 12h Marktgestützte Beschaffung nicht frequenzgebundener Systemdienstleistungen". 2. Nach § 12g wird folgender § 12h eingefügt: ,,§ 12h Marktgestützte Beschaffung nicht frequenzgebundener Systemdienstleistungen (1) Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung und Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen sind verpflichtet, für ihr jeweiliges Netz in einem transparenten, diskriminierungsfreien und marktgestützten Verfahren folgende Systemdienstleistungen zu beschaffen: 1. Dienstleistungen zur Spannungsregelung, 2. Trägheit der lokalen Netzstabilität, 3. Kurzschlussstrom, 4. dynamische Blindstromstützung, 5. Schwarzstartfähigkeit und 6. Inselbetriebsfähigkeit. Dabei darf die Beschaffung dieser Systemdienstleistungen nur erfolgen, soweit diese für einen sicheren, zuverlässigen und effizienten Netzbetrieb erforderlich sind. (2) Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen haben diese Systemdienstleistungen nur zu beschaffen, soweit sie diese in ihrem eigenen Netz benötigen oder die Systemdienstleistungen im Einvernehmen mit den Betreibern von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung beschafft werden. (3) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 ist nicht für Systemdienstleistungen aus vollständig integrierten Netzkomponenten anzuwenden. (4) Die Bundesnetzagentur kann Ausnahmen von der Verpflichtung der marktgestützten Beschaffung * Dieses Gesetz dient der Umsetzung von Artikel 31 Absatz 6 bis 8 und Artikel 40 Absatz 5 bis 7 i. V. m. Absatz 1 und 4 der Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU (ABl. L 158 vom 14.6.2019, S. 125). von Systemdienstleistungen nach § 29 Absatz 1 festlegen, wenn diese wirtschaftlich nicht effizient ist; sie kann auch einzelne Spannungsebenen ausnehmen. Erstmalig trifft die Bundesnetzagentur Entscheidungen über Ausnahmen bis zum 31. Dezember 2020 ohne Anhörung. Gewährt sie eine Ausnahme, überprüft sie ihre Einschätzung spätestens alle drei Jahre und veröffentlicht das Ergebnis. (5) Soweit die Bundesnetzagentur keine Ausnahmen nach Absatz 4 festlegt, hat sie die Spezifikationen und technischen Anforderungen der transparenten, diskriminierungsfreien und marktgestützten Beschaffung der jeweiligen Systemdienstleistung, vorbehaltlich des Absatzes 4, nach § 29 Absatz 1 festzulegen. Die Spezifikationen und technischen Anforderungen müssen sicherstellen, dass sich alle Marktteilnehmer wirksam und diskriminierungsfrei beteiligen können; dies schließt Anbieter erneuerbarer Energien, Anbieter dezentraler Erzeugung, Anbieter von Laststeuerung und Energiespeicherung sowie Anbieter ein, die in der Aggregierung tätig sind. Die Spezifikationen und technischen Anforderungen sollen sicherstellen, dass die marktgestützte Beschaffung der jeweiligen Systemdienstleistung nicht zu einer Reduzierung der Einspeisung vorrangberechtigter Elektrizität führt. Die Spezifikationen und technischen Anforderungen wirken auf eine größtmögliche Effizienz der Beschaffung und des Netzbetriebs hin. (6) Statt einer Festlegung nach Absatz 5 kann die Bundesnetzagentur die Betreiber von Übertragungsund Verteilernetzen auffordern, jeweils gemeinsam Spezifikationen und technische Anforderungen in einem transparenten Verfahren, an dem alle relevanten Netznutzer und Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen teilnehmen können, zu erarbeiten oder zu überarbeiten. Diese Spezifikationen und technischen Anforderungen sind der Bundesnetzagentur zur Genehmigung vorzulegen; dabei sind die Anforderungen nach Absatz 5 Satz 2 bis 4 entsprechend anzuwenden. Die Bundesnetzagentur hat von ihr genehmigte Spezifikationen und technische Anforderungen zu veröffentlichen. (7) Die Verpflichtungen zur marktgestützten Beschaffung von Systemdienstleistungen nach Absatz 1 sind ausgesetzt, bis die Bundesnetzagentur die Spezifikationen und technischen Anforderungen erstmals nach Absatz 5 festgelegt oder nach Absatz 6 genehmigt hat. (8) Die Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen sind verpflichtet, alle erforderlichen Informationen untereinander auszutauschen und sich abzustimmen, damit die Ressourcen optimal genutzt Bundesgesetzblatt Jahrgang 2020 Teil I Nr. 54, ausgegeben zu Bonn am 26. November 2020 2465 sowie die Netze sicher und effizient betrieben werden und die Marktentwicklung erleichtert wird. (9) Hat die Bundesnetzagentur für Systemdienstleistungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 eine Ausnahme nach Absatz 4 festgelegt oder, sofern sie von einer Ausnahme abgesehen hat, noch keine Spezifikationen und technischen Anforderungen nach Absatz 5 festgelegt oder nach Absatz 6 genehmigt, sind die Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung und die Betreiber von Elektrizitätsverteilernetzen berechtigt, Betreiber von Erzeugungsanlagen oder Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie zur Vorhaltung der Schwarzstartfähigkeit ihrer Anlagen zu verpflichten. Die Verpflichtung der Betreiber der Erzeugungsanlagen oder Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie ist erforderlich, sofern andernfalls die Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems gefährdet wäre. Im Falle der Verpflichtung nach Satz 1 kann der Betreiber der Erzeugungsanlage oder der Anlage zur Speicherung elektrischer Energie eine angemessene Vergütung geltend machen, die entsprechend § 13c Absatz 1 bestimmt wird. § 13c Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden." 3. In § 110 Absatz 1 Satz 1 wird der Angabe ,,§ 14 Absatz 1b" die Angabe ,,§ 12h," vorangestellt. Artikel 2 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden. Berlin, den 22. November 2020 Der Bundespräsident Steinmeier Die Bundeskanzlerin Dr. A n g e l a M e r k e l Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie Peter Altmaier