Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  2021  Nr. 63 vom 14.09.2021  - Seite 4122 bis 4128 - Neufassung des Bundesarchivgesetzes

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4122 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 63, ausgegeben zu Bonn am 14. September 2021 Bekanntmachung der Neufassung des Bundesarchivgesetzes Vom 6. September 2021 Auf Grund des Artikels 5 des Gesetzes vom 9. April 2021 (BGBl. I S. 750) wird nachstehend der Wortlaut des Bundesarchivgesetzes in der vom 17. Juni 2021 an geltenden Fassung bekannt gemacht. Die Neufassung berücksichtigt: 1. das am 16. März 2017 in Kraft getretene Gesetz vom 10. März 2017 (BGBl. I S. 410), 2. den am 9. November 2017 in Kraft getretenen Artikel 10 Absatz 3 des Gesetzes vom 30. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3618), 3. den am 1. Januar 2019 in Kraft getretenen Artikel 2 des Gesetzes vom 4. De­ zember 2018 (BGBl. I S. 2257; 2019 I S. 496), 4. den am 17. Juni 2021 in Kraft getretenen Artikel 1 des eingangs genannten Gesetzes. Berlin, den 6. September 2021 Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien Monika Grütters Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 63, ausgegeben zu Bonn am 14. September 2021 4123 Gesetz über die Nutzung und Sicherung von Archivgut des Bundes (Bundesarchivgesetz – BArchG) §1 8. personenbezogene Informationen im Sinne dieses Gesetzes: Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder be­ stimmbaren lebenden oder verstorbenen Person; Begriffsbestimmungen Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind 1. Angehörige: Ehegatten, Lebenspartner sowie Kin­ der, Enkelkinder, Großeltern, Eltern und Geschwis­ ter der Betroffenen; 2. Archivgut des Bundes: Unterlagen von bleibendem Wert, die das Bundesarchiv nach Ablauf der Auf­ bewahrungsfristen dauerhaft übernommen hat; Unterlagen aus dem Zwischenarchiv des Bundes­ archivs, deren Aufbewahrungsfristen bereits abge­ laufen sind, deren bleibender Wert jedoch noch nicht festgestellt worden ist, werden wie Archivgut des Bundes behandelt; 3. Betroffene: betroffene Personen gemäß Artikel 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverord­ nung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) so­ wie verstorbene Personen, zu denen Informationen vorliegen; 4. deutsche Kinofilme: Kinofilme, deren Hersteller ihren Wohnsitz, Sitz oder eine Niederlassung in Deutschland haben; im Fall einer Koproduktion muss einer der Hersteller seinen Wohnsitz, seinen Sitz oder eine Niederlassung in Deutschland haben; 5. Entstehung: der Zeitpunkt der letzten inhaltlichen Bearbeitung der Unterlagen eines Vorgangs; 10. Unterlagen: Aufzeichnungen jeder Art, unabhängig von der Art ihrer Speicherung; 11. Unterlagen von bleibendem Wert: Unterlagen, a) denen insbesondere wegen ihrer politischen, rechtlichen, wirtschaftlichen, sozialen oder kul­ turellen Inhalte besondere Bedeutung zukommt aa) für die Erforschung und das Verständnis von Geschichte und Gegenwart, auch im Hin­ blick auf künftige Entwicklungen, bb) für die Sicherung berechtigter Interessen der Bürger und Bürgerinnen oder cc) für die Gesetzgebung, vollziehende Gewalt oder Rechtsprechung, oder b) die nach einer Rechtsvorschrift oder Vereinba­ rung dauerhaft aufzubewahren sind; 12. Zwischenarchivgut des Bundes: Unterlagen, die das Bundesarchiv vor Ablauf der Aufbewahrungs­ fristen vorläufig übernommen hat und in einem Zwischenarchiv oder digitalen Zwischenarchiv ver­ wahrt. §2 Organisation des Bundesarchivs 6. Kinofilme: Filmwerke, a) die für eine öffentliche Aufführung in einem Kino bestimmt sind oder auf einem national oder international bedeutsamen Festival oder bei einer national oder international bedeutsamen Preisverleihung öffentlich aufgeführt werden und b) bei denen nicht im Sinne von § 3 Absatz 4 des Gesetzes über die Deutsche Nationalbibliothek vom 22. Juni 2006 (BGBl. I S. 1338), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 1. September 2017 (BGBl. I S. 3346) geändert worden ist, die Musik im Vordergrund steht; 7. national oder international bedeutsame Festivals und Preisverleihungen: die Festivals und Preisver­ leihungen, einschließlich sämtlicher Festivalreihen, die genannt werden in der jeweils geltenden Fas­ sung a) des Filmförderungsgesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3413) und b) der zum Filmförderungsgesetz Richtlinien; 9. öffentliche Stellen des Bundes: die Verfassungsor­ gane des Bundes, die Behörden und Gerichte des Bundes, die bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts und die sonstigen Stellen des Bundes; gehörenden Der Bund unterhält ein Bundesarchiv als selbst­ ständige Bundesoberbehörde, die der Dienst- und Fachaufsicht der für Kultur und Medien zuständigen obersten Bundesbehörde untersteht. §3 Aufgaben des Bundesarchivs (1) Das Bundesarchiv hat die Aufgabe, das Archiv­ gut des Bundes auf Dauer zu sichern, nutzbar zu machen und wissenschaftlich zu verwerten. Es ge­ währleistet den Zugang zum Archivgut des Bundes unter Wahrung des Schutzes privater oder öffentlicher Belange. Dies kann auch durch Digitalisierung und öffentliche Zugänglichmachung im Internet geschehen. (2) Das Bundesarchiv verwahrt Unterlagen der fol­ genden Stellen als Archivgut des Bundes, wenn es den bleibenden Wert dieser Unterlagen festgestellt hat: 1. Unterlagen der öffentlichen Stellen des Bundes, 2. Unterlagen der Stellen des Deutschen Reiches und des Deutschen Bundes, 4124 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 63, ausgegeben zu Bonn am 14. September 2021 3. Unterlagen der Stellen der Besatzungszonen, 2. Kriegssterbefallanzeigen, 4. Unterlagen der Stellen der Deutschen Demokrati­ schen Republik, 3. Kriegsgräberangelegenheiten und 5. Unterlagen der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, der mit dieser Partei verbundenen Organisationen und juristischen Personen sowie der Massenorganisationen der Deutschen Demo­ kratischen Republik und 6. Unterlagen der anderen Parteien und der mit diesen Parteien verbundenen Organisationen und juristi­ schen Personen der Deutschen Demokratischen Republik. Das Bundesarchiv stellt den bleibenden Wert der Un­ terlagen im Benehmen mit der anbietenden Stelle fest. (3) Das Bundesarchiv kann auch Unterlagen anderer als der in § 1 Nummer 8 genannten öffentlichen Stellen sowie Unterlagen nichtöffentlicher Einrichtungen und natürlicher Personen als Archivgut des Bundes über­ nehmen oder erwerben, wenn ihm diese Unterlagen angeboten werden und es den bleibenden Wert dieser Unterlagen festgestellt hat. (4) Das Bundesarchiv berät die öffentlichen Stellen des Bundes im Rahmen seiner Zuständigkeit bei der Verwaltung und Sicherung ihrer Unterlagen. Bei der Einführung neuer Systeme der Informationstechnologie insbesondere zur Führung elektronischer Akten gemäß § 6 des E-Government-Gesetzes vom 25. Juli 2013 (BGBl. I S. 2749), das zuletzt durch Artikel 15 des Gesetzes vom 20. November 2019 (BGBl. I S. 1626) geändert worden ist, oder bei der wesentlichen Ände­ rung solcher Systeme ist das Bundesarchiv rechtzeitig zu informieren, wenn hierbei anbietungspflichtige Unterlagen entstehen können. (5) Die Bundesregierung kann dem Bundesarchiv andere als in diesem Gesetz oder in anderen Gesetzen genannte Aufgaben des Bundes übertragen, wenn 1. diese Aufgaben in unmittelbarem sachlichem Zu­ sammenhang mit dem Archivwesen des Bundes oder mit der Erforschung der deutschen Geschichte anhand des Archivguts des Bundes stehen und 2. es erforderlich ist, dass diese Aufgaben zentral durch das Bundesarchiv wahrgenommen werden. (6) Rechtsvorschriften des Bundes, durch die ande­ ren Stellen Archivaufgaben übertragen sind, bleiben unberührt. § 3a Wahrnehmung besonderer Aufgaben (1) Die Aufgaben der aufgelösten „Deutschen Dienst­ stelle für die Benachrichtigung der nächsten Ange­ hörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht (WASt)“ werden vom Bundesarchiv wahr­ genommen. Das Bundesarchiv verwahrt deren Unter­ lagen zum Schicksal von Militärpersonen und diesen in personenstandsrechtlicher Hinsicht gleichgestellten Personen infolge des Ersten und Zweiten Weltkrieges und führt die anhängigen Verwaltungsverfahren fort. (2) Das Bundesarchiv verwahrt die in Absatz 1 be­ zeichneten Unterlagen im öffentlichen Interesse. Es nimmt darüber hinaus insbesondere folgende Auf­ gaben wahr: 1. Klärung von Einzelschicksalen, 4. Erteilung sonstiger personenbezogener Auskünfte. Zur Erfüllung seiner Aufgaben nach Satz 2 erteilt das Bundesarchiv mündliche und schriftliche Auskünfte einschließlich erforderlicher Bescheinigungen oder Stellungnahmen an betroffene Personen, Angehörige, öffentliche und nicht öffentliche Stellen. (3) Ergänzend zu Absatz 2 gelten für die Unterlagen die Zugangsvorschriften der §§ 10 bis 16 entspre­ chend. Soweit in Absatz 1 bezeichnete Unterlagen nicht mehr bearbeitet werden und ihnen bleibender Wert zukommt, können sie als Archivgut gewidmet werden. § 3b Wahrnehmung der Aufgaben nach dem Stasi-Unterlagen-Gesetz Das Bundesarchiv erfasst, verwahrt, verwaltet und verwendet die in ihrem Gesamtbestand zu erhaltenden Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes als Archivgut des Bundes nach Maßgabe des Stasi-UnterlagenGesetzes. Soweit das Stasi-Unterlagen-Gesetz nicht entgegensteht, unterfallen die Stasi-Unterlagen den archivrechtlichen Bestimmungen des Bundes. §4 Stiftung „Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR“ (1) Die „Stiftung Archiv der Parteien und Massen­ organisationen der DDR“ ist eine unselbständige Stiftung des öffentlichen Rechts im Bundesarchiv. (2) Die Stiftung hat die Aufgabe, Unterlagen von Stellen nach § 3 Absatz 2 Nummer 5 und 6 als Archiv­ gut des Bundes zu übernehmen, auf Dauer zu sichern, nutzbar zu machen und zu ergänzen. Dies gilt auch für Bibliotheksbestände zur deutschen Geschichte, ins­ besondere für solche, die in historischem oder sach­ lichem Zusammenhang mit der deutschen und interna­ tionalen Arbeiterbewegung stehen. § 3 Absatz 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden. (3) Die in § 11 Absatz 1 genannte Schutzfrist ist nicht auf die Bestände der Stiftung anzuwenden. (4) Einzelheiten zu Organisation, Aufgaben und Ver­ mögen der Stiftung werden durch die für Kultur und Medien zuständige oberste Bundesbehörde geregelt. §5 Anbietung und Abgabe von Unterlagen (1) Die öffentlichen Stellen des Bundes haben dem Bundesarchiv oder, im Fall des § 7, dem zuständigen Landes- oder Kommunalarchiv alle Unterlagen, die bei ihnen vorhanden sind, in ihr Eigentum übergegangen sind oder ihnen zur Nutzung überlassen worden sind, zur Übernahme anzubieten, wenn 1. sie die Unterlagen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben einschließlich der Wahrung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nicht mehr benötigen und 2. ihnen die weitere Aufbewahrung der Unterlagen nicht durch besondere Rechtsvorschriften gestattet ist. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 63, ausgegeben zu Bonn am 14. September 2021 Vorbehaltlich des Satzes 1 sollen Unterlagen spätestens 30 Jahre nach ihrer Entstehung dem Bundesarchiv angeboten werden. (2) Zur Feststellung des bleibenden Werts ist den Mitarbeitern des Bundesarchivs im Einvernehmen mit der zuständigen öffentlichen Stelle des Bundes Einsicht in die nach Maßgabe des Absatzes 1 anzubietenden Unterlagen und die dazugehörigen Registraturhilfsmittel zu gewähren. Wird der bleibende Wert der Unterlagen festgestellt, hat die anbietende öffentliche Stelle die Unterlagen mit Ablieferungsverzeichnissen an das Bundesarchiv abzugeben. Das Bundesarchiv kann auf die Anbietung und Abgabe von Unterlagen ohne blei­ benden Wert verzichten. (3) Werden elektronische Unterlagen zur Über­ nahme angeboten, legt das Bundesarchiv den Zeit­ punkt der Übermittlung vorab im Einvernehmen mit der anbietenden öffentlichen Stelle des Bundes fest. Die Form der Übermittlung und das Datenformat rich­ ten sich nach den für die Bundesverwaltung verbind­ lich festgelegten Standards. Sofern für die Form der Übermittlung und das Datenformat kein Standard für die Bundesverwaltung verbindlich festgelegt wurde, sind diese im Einvernehmen mit der abgebenden öf­ fentlichen Stelle des Bundes festzulegen. Stellt das Bundesarchiv den bleibenden Wert der elektronischen Unterlagen fest, hat die anbietende öffentliche Stelle des Bundes nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist die bei ihr verbliebenen Kopien dieser Unterlagen nach dem Stand der Technik zu löschen, es sei denn, sie benötigt die Kopien noch für Veröffentlichungen; über die Löschung ist ein Nachweis zu fertigen. Elektroni­ sche Unterlagen, die einer laufenden Aktualisierung unterliegen, sind unter den Voraussetzungen der Sätze 1 bis 3 zu bestimmten, einvernehmlich zwischen Bundesarchiv und abgebender Stelle festzulegenden Stichtagen ebenfalls anzubieten. Satz 5 ist nicht auf Unterlagen anzuwenden, die nach § 6 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 von der Anbietungspflicht ausgenommen sind. (4) Die gesetzgebenden Körperschaften entscheiden in eigener Zuständigkeit, ob sie dem Bundesarchiv Unterlagen anbieten und als Archivgut des Bundes ab­ geben. (5) Die Verarbeitung personenbezogener Informa­ tionen für archivische Zwecke ist zulässig, wenn schutzwürdige Belange Betroffener nicht beeinträch­ tigt werden. Für die Verarbeitung besonderer Katego­ rien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 gilt § 28 Ab­ satz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes. § 28 Absatz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes findet entsprechende Anwendung auf die Verarbeitung besonderer Katego­ rien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 über verstor­ bene Personen. §6 4125 Übernahme anzubieten, die den Rechtsvorschriften des Bundes über die Geheimhaltung oder § 30 der Ab­ gabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 21. De­ zember 2019 (BGBl. I S. 2875) geändert worden ist, unterliegen. Unterlagen der Nachrichtendienste sind anzubieten, wenn sie deren Verfügungsberechtigung unterliegen und zwingende Gründe des nachrichten­ dienstlichen Quellen- und Methodenschutzes sowie der Schutz der Identität der bei ihnen beschäftigten Personen einer Abgabe nicht entgegenstehen. (2) Von der Anbietungspflicht ausgenommen sind 1. Unterlagen, deren Offenbarung gegen das Brief-, Post- oder Fernmeldegeheimnis verstößt, sowie 2. Unterlagen, die nach gesetzlichen Vorschriften ver­ nichtet oder gelöscht werden müssen und die nach diesen gesetzlichen Vorschriften nicht ersatzweise den zuständigen öffentlichen Archiven angeboten werden dürfen. (3) Das Bundesarchiv hat vom Zeitpunkt der Über­ nahme an 1. die Geheimhaltungsvorschriften im Sinne des Ab­ satzes 1 sowie der Verschlusssachenanweisung vom 10. August 2018 (GMBl S. 826) und der SÜGAusführungsvorschrift vom 15. Februar 2018 (GMBl S. 270) anzuwenden und 2. die schutzwürdigen Belange Betroffener in gleicher Weise zu beachten wie die abgebende Stelle. Amtsträger und für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete in öffentlichen Archiven unterliegen allen für die Bediensteten der abgebenden Stellen geltenden Geheimhaltungsvorschriften. (4) Unterlagen, die den Rechtsvorschriften des Bun­ des über die Geheimhaltung oder dem Steuergeheim­ nis nach § 30 der Abgabenordnung unterliegen oder Angaben über Verhältnisse eines anderen oder fremde Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse enthalten, dür­ fen dem Bundesarchiv oder, im Fall des § 7, dem zu­ ständigen Landes- oder Kommunalarchiv auch von an­ deren Stellen als den öffentlichen Stellen des Bundes zur Archivierung angeboten und abgegeben werden. §7 Anbietung und Abgabe von Unterlagen an Landes- oder Kommunalarchive Die öffentlichen Stellen des Bundes haben Unterla­ gen von nachgeordneten Stellen des Bundes, deren örtliche Zuständigkeit sich nicht auf den gesamten Geltungsbereich dieses Gesetzes erstreckt, auf Vor­ schlag des Bundesarchivs mit Zustimmung der zustän­ digen obersten Bundesbehörde dem zuständigen Lan­ des- oder Kommunalarchiv zur Übernahme anzubieten und abzugeben, wenn die Vorgaben der §§ 6 und 10 bis 14 durch Landesgesetze oder kommunale Satzun­ gen sichergestellt sind. Anbietung und Abgabe von Unterlagen, die einer Geheimhaltungs-, Vernichtungs- oder Löschungspflicht unterliegen Zwischenarchiv und digitales Zwischenarchiv (1) Die öffentlichen Stellen des Bundes haben dem Bundesarchiv oder, im Fall des § 7, dem zuständigen Landes- oder Kommunalarchiv auch Unterlagen zur (1) Das Bundesarchiv unterhält das Zwischenarchiv für die nicht elektronischen Unterlagen der obersten Bundesbehörden und der Verfassungsorgane. Das §8 4126 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 63, ausgegeben zu Bonn am 14. September 2021 Bundesarchiv unterhält zudem das digitale Zwischen­ archiv für die elektronischen Unterlagen aller Einrich­ tungen der Bundesverwaltung. (2) Das Bundesarchiv verwahrt das Zwischenarchiv­ gut des Bundes im Auftrag der anbietenden öffentlichen Stelle des Bundes oder ihres Rechts- und Funktions­ nachfolgers. Bis zur Übernahme als Archivgut des Bundes beschränkt sich die Verantwortung des Bundesarchivs auf die notwendigen technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Verwahrung und Sicherung der Unterlagen. Die Bewertung des Zwi­ schenarchivguts des Bundes nach Maßgabe von § 3 Absatz 2 Satz 2 durch das Bundesarchiv ist zulässig; § 5 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. (3) Auf die Abgabe elektronischer Unterlagen an das digitale Zwischenarchiv sind die für die Bundesverwal­ tung verbindlich festgelegten Standards anzuwenden. Sofern für die Form der Übermittlung und für das Da­ tenformat kein Standard für die Bundesverwaltung ver­ bindlich festgelegt wurde, sind diese im Einvernehmen mit der abgebenden öffentlichen Stelle festzulegen. §9 Veräußerungsverbot Archivgut des Bundes ist unveräußerlich. § 10 Nutzung von Archivgut des Bundes (1) Jeder Person steht nach Maßgabe dieses Geset­ zes auf Antrag das Recht zu, Archivgut des Bundes zu nutzen. Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über die Nutzung von Unterlagen sowie besondere Vereinbarungen zugunsten von Eigentümern Archiv­ guts privater Herkunft bleiben unberührt. (2) Die Nutzung kann zum Schutz öffentlicher Belange und zur Wahrung schutzwürdiger Interessen Betroffener mit Auflagen verbunden oder unter dem Vorbehalt des Widerrufs genehmigt werden. (3) Verlangen die Antragsteller eine bestimmte Art der Nutzung, so darf eine andere Art der Nutzung nur aus wichtigem Grund bestimmt werden. § 11 Schutzfristen (1) Die allgemeine Schutzfrist für Archivgut des Bun­ des beträgt 30 Jahre, sofern durch Rechtsvorschrift nichts anderes bestimmt ist. Sie beginnt mit der Ent­ stehung der Unterlagen. Satz 1 und Absatz 4 unterliegen, darf erst 60 Jahre nach seiner Entstehung genutzt werden. (4) Die Schutzfristen nach Absatz 2 sind nicht auf Archivgut des Bundes anzuwenden, das sich auf Amtsträger in Ausübung ihrer Ämter und auf Personen der Zeitgeschichte bezieht, es sei denn ihr schutzwür­ diger privater Lebensbereich ist betroffen. (5) Die Schutzfristen der Absätze 1 bis 3 sind nicht auf Archivgut des Bundes anzuwenden, 1. das aus Unterlagen besteht, die bereits bei ihrer Entstehung zur Veröffentlichung bestimmt waren, oder 2. soweit es aus Unterlagen besteht, die vor der Über­ gabe an das Bundesarchiv bereits einem Informa­ tionszugang nach einem Informationszugangsgesetz offengestanden haben. (6) Auf die Nutzung von Unterlagen, die älter als 30 Jahre sind und noch der Verfügungsgewalt der öf­ fentlichen Stellen des Bundes unterliegen, sind die Absätze 1 bis 5 und die §§ 10, 12 und 13 entsprechend anzuwenden. § 12 Verkürzungen und Verlängerungen der Schutzfristen (1) Das Bundesarchiv kann die Schutzfrist nach § 11 Absatz 1 verkürzen, soweit dem keine Einschrän­ kungs- und Versagungsgründe gemäß § 13 entgegen­ stehen. (2) Das Bundesarchiv kann die Schutzfristen nach § 11 Absatz 2 verkürzen, wenn die Einwilligung der betroffenen Personen vorliegt. Liegt keine Einwilligung vor, kann das Bundesarchiv die Schutzfristen nach § 11 Absatz 2 verkürzen, wenn 1. die Nutzung für ein wissenschaftliches Forschungsoder Dokumentationsvorhaben oder zur Wahr­ nehmung berechtigter Belange unerlässlich ist, die im überwiegenden Interesse einer anderen Person oder Stelle liegen, und 2. eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Belange Be­ troffener oder ihrer Angehörigen durch angemes­ sene Maßnahmen wie die Vorlage anonymisierter Reproduktionen oder das Einholen von Verpflich­ tungserklärungen ausgeschlossen werden kann. (3) Das Bundesarchiv kann die Schutzfrist nach § 11 Absatz 3 um höchstens 30 Jahre verkürzen oder verlängern, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt. (2) Nach Ablauf der Schutzfrist des Absatzes 1 darf Archivgut des Bundes, das sich seiner Zweckbestim­ mung oder seinem wesentlichen Inhalt nach auf eine oder mehrere natürliche Personen bezieht, frühestens zehn Jahre nach dem Tod der jeweiligen Person genutzt werden. Ist das Todesjahr nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand festzustellen, endet die Schutzfrist 100 Jahre nach der Geburt der Personen. Kann auch der Geburtstag nicht oder nur mit unvertret­ barem Aufwand festgestellt werden, endet die Schutz­ frist 60 Jahre nach der Entstehung der Unterlagen. (4) Ist das Archivgut des Bundes bei einer öffent­ lichen Stelle des Bundes entstanden, bedarf die Ver­ kürzung oder Verlängerung der Schutzfristen nach den Absätzen 1 bis 3 der Einwilligung dieser Stelle. Die Ein­ willigung ist entbehrlich, soweit dies durch eine vorhe­ rige allgemeine Vereinbarung mit der abgebenden Stelle festgelegt worden ist. (3) Archivgut des Bundes, das aus Unterlagen be­ steht, die der Geheimhaltungspflicht nach § 6 Absatz 1 (1) Das Bundesarchiv hat die Nutzung nach den §§ 10 bis 12 einzuschränken oder zu versagen, wenn § 13 Einschränkungs- und Versagungsgründe Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 63, ausgegeben zu Bonn am 14. September 2021 1. Grund zu der Annahme besteht, dass durch die Nut­ zung das Wohl der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährdet würde, 2. Grund zu der Annahme besteht, dass der Nutzung schutzwürdige Interessen Betroffener oder ihrer An­ gehörigen entgegenstehen oder 3. durch die Nutzung Rechtsvorschriften des Bundes über die Geheimhaltung verletzt würden. Bei der Abwägung der in Satz 1 Nummer 2 genannten Belange ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Informationserhebung erkennbar auf einer Menschen­ rechtsverletzung beruht. (2) Im Übrigen kann das Bundesarchiv die Nutzung einschränken oder versagen, wenn durch die Nutzung 1. der Erhaltungszustand des Archivguts des Bundes gefährdet würde oder 2. ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand ent­ stünde. (3) Die Nutzung von Archivgut des Bundes, das aus Unterlagen besteht, die der Geheimhaltungspflicht nach § 203 Absatz 1, 2 oder 4 des Strafgesetzbuches unterlagen, kann vom Bundesarchiv eingeschränkt oder versagt werden, soweit dies zur Wahrung schutz­ würdiger Interessen Betroffener erforderlich ist. § 14 Rechte der betroffenen Person (1) Das Recht der betroffenen Person auf Auskunft gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 be­ steht nicht, wenn das Archivgut des Bundes nicht durch den Namen der Person erschlossen ist oder keine Angaben gemacht werden, die das Auffinden des betreffenden Archivguts des Bundes mit vertret­ barem Verwaltungsaufwand ermöglichen. Die betroffene Person hat ein Recht auf Einsichtnahme, auf das § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden ist. (2) Nach dem Tod der betroffenen Person steht das Recht auf Auskunft oder Einsichtnahme den Angehöri­ gen zu, wenn diese ein berechtigtes Interesse geltend machen und die betroffene Person keine anderweitige Verfügung hinterlassen hat oder ihr entgegenstehender Wille sich nicht aus anderen Umständen eindeutig ergibt. (3) Das Recht der betroffenen Person auf Auskunft gemäß Artikel 15 der Verordnung (EU) 2016/679 oder auf Einsichtnahme kann aus den in § 13 Absatz 1 ge­ nannten Gründen eingeschränkt werden. In diesem Fall ist dem Antrag in dem Umfang stattzugeben, in dem der Zugang ohne Preisgabe der nach Maßgabe des § 13 Absatz 1 zu schützenden Informationen und ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist. (4) Das Recht der betroffenen Person auf Berichti­ gung gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) 2016/679 besteht nicht, wenn die personenbezogenen Daten zu Archivzwecken im öffentlichen Interesse verarbeitet werden. Bestreitet die betroffene Person die Richtig­ keit der personenbezogenen Daten, ist ihr die Möglich­ keit einer Gegendarstellung einzuräumen. Die Möglich­ keit einer Gegendarstellung ist auch den Angehörigen einer verstorbenen betroffenen Person einzuräumen, wenn sie ein berechtigtes Interesse daran geltend 4127 machen. Das Bundesarchiv ist verpflichtet, die Gegen­ darstellung den Unterlagen hinzuzufügen. (5) Die in Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe a, b und d sowie in den Artikeln 19 bis 21 der Verordnung (EU) 2016/679 vorgesehenen Rechte bestehen nicht, soweit diese Rechte voraussichtlich die Verwirklichung der im öffentlichen Interesse liegenden Archivzwecke unmög­ lich machen oder ernsthaft beeinträchtigen und die Ausnahmen für die Erfüllung dieser Zwecke erforder­ lich sind. § 15 Nutzung von Archivgut des Bundes durch die abgebenden Stellen (1) Die abgebenden Stellen und ihre Rechts- oder Funktionsnachfolger haben gegen Ersatz der Auslagen im Bundesarchiv jederzeit gebührenfreien Zugang zu Archivgut des Bundes, das sie abgegeben haben, wenn sie dieses zur Erfüllung ihrer Aufgaben benöti­ gen. In Ausnahmefällen wird der Zugang bei der abge­ benden Stelle gewährt. (2) Das Nutzungsrecht nach Absatz 1 ist nicht auf Unterlagen mit personenbezogenen Informationen an­ zuwenden, die vor einer Vernichtung oder Löschung an das Bundesarchiv abgegeben worden sind. In die­ sen Fällen besteht das Zugangsrecht nur nach Maß­ gabe der §§ 10 bis 13, jedoch nicht zu dem Zweck, zu welchem die personenbezogenen Informationen ursprünglich gespeichert worden sind. § 16 Übermittlung von Vervielfältigungen von Archivgut des Bundes vor Ablauf der Schutzfristen (1) Das Bundesarchiv kann Archiven, Bibliotheken und Museen sowie Forschungs- und Dokumentations­ stellen Vervielfältigungen von Archivgut des Bundes vor Ablauf der Schutzfristen übermitteln, wenn ein be­ sonderes öffentliches Interesse besteht, dass ihnen dieses Archivgut zur Wahrnehmung ihrer jeweiligen Aufgaben zur Verfügung steht; § 12 Absatz 4 ist ent­ sprechend anzuwenden. (2) Die Vervielfältigung und die Übermittlung von Unterlagen mit personenbezogenen Informationen sind nur zulässig, wenn 1. die empfangende Stelle ausreichend Gewähr für die Wahrung schutzwürdiger Interessen Betroffener und die Ausübung der damit verbundenen Rechte bietet und 2. die empfangende Stelle sich in einer schriftlichen Vereinbarung mit dem Bundesarchiv verpflichtet, § 6 Absatz 3 und die §§ 11 bis 14 entsprechend anzuwenden und die Unterlagen nur für eigene Zwecke zu nutzen. (3) Der Vervielfältigung und Übermittlung dürfen an­ dere Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. § 17 Pflichtregistrierung für deutsche Kinofilme (1) Die Hersteller und Mithersteller deutscher Kino­ filme haben diese Filme in einer Datenbank beim Bundesarchiv nach Satz 2 zu registrieren. Die Regis­ 4128 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2021 Teil I Nr. 63, ausgegeben zu Bonn am 14. September 2021 trierung ist binnen zwölf Monaten nach der ersten öf­ fentlichen Aufführung in einem Kino, auf einem national oder international bedeutsamen Festival, bei einer na­ tional oder international bedeutsamen Preisverleihung oder nach einer öffentlichen Auszeichnung bei einer solchen national oder international bedeutsamen Ver­ anstaltung vorzunehmen. (2) Die Hersteller und Mithersteller von Kinofilmen im Sinne des Absatzes 1 haben bei der Registrierung, spätestens jedoch binnen zwölf Monaten danach beim Bundesarchiv bekannt zu machen, an welchem Ort sich eine technisch einwandfreie archivfähige Kopie des Kinofilms befindet. Änderungen in Bezug auf den Lagerungsort einer Kinofilmkopie sind dem Bundesar­ chiv unverzüglich mitzuteilen. (3) Nicht programmfüllende Kinofilme, die eine Vor­ führdauer von weniger als 79 Minuten oder bei Kinder­ filmen von weniger als 59 Minuten haben, sind nur dann zu registrieren, wenn sie entweder öffentlich auf­ geführt oder mit öffentlichen Mitteln gefördert worden sind oder eine öffentliche Auszeichnung auf einem national oder international bedeutsamen Festival oder bei einer national oder international bedeutsamen Preisverleihung erhalten haben. § 18 Bußgeldvorschriften (1) Ordnungswidrig handelt, wer 1. entgegen § 17 Absatz 1 einen Kinofilm nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig registriert oder 2. entgegen § 17 Absatz 2 eine Bekanntmachung nicht oder nicht rechtzeitig vornimmt. (2) Ordnungswidrig handelt, wer eine in Absatz 1 bezeichnete Handlung als gewerblich tätige registrie­ rungspflichtige Person fahrlässig begeht. (3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden. (4) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist das Bundesarchiv. § 19 Verordnungsermächtigung Das für Kultur und Medien zuständige Mitglied der Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsver­ ordnung ohne Zustimmung des Bundesrates 1. nähere Einzelheiten der Nutzung von Archiv- und Bibliotheksgut des Bundesarchivs zu regeln und 2. Verfahren und Form der Pflichtregistrierung von Ki­ nofilmen festzulegen.