Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  2022  Nr. 22 vom 30.06.2022  - Seite 986 bis 1010 - Verordnung zur Regelung des Betriebs von Kraftfahrzeugen mit automatisierter und autonomer Fahrfunktion und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften

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986 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 Verordnung zur Regelung des Betriebs von Kraftfahrzeugen mit automatisierter und autonomer Fahrfunktion und zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften* Vom 24. Juni 2022 Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr verordnet, jeweils in Verbindung mit § 1 Absatz 2 des Zuständigkeitsanpassungsgesetzes vom 16. August 2002 (BGBl. I S. 3165) und dem Organisationserlass vom 8. Dezember 2021 (BGBl. I S. 5176), auf Grund ­ des § 1j Absatz 1 Nummer 1 bis 7 des Straßenver kehrsgesetzes, der durch Artikel 1 Nummer 1 des Gesetzes vom 12. Juli 2021 (BGBl. I S. 3108) ein gefügt worden ist, ­ des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5 bis 7 und 9 Buchstabe a und c und Nummer 10, 11 und 17 so wie Absatz 3 Nummer 1 bis 3, 5 und 6 des Straßen verkehrsgesetzes, der durch Artikel 1 Nummer 6 des Gesetzes vom 12. Juli 2021 (BGBl. I S. 3091) neu gefasst worden ist, ­ des § 6a Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Num mer 1 Buchstabe a, auch in Verbindung mit Absatz 3 und 4, des Straßenverkehrsgesetzes, von denen § 6a Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 2 zuletzt durch Artikel 1 Nummer 7 Buchstabe a des Gesetzes vom 12. Juli 2021 (BGBl. I S. 3091) geändert und § 6a Absatz 3 Satz 1 durch Artikel 2 Absatz 144 Num mer 2 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) neu gefasst worden ist, ­ des § 47 Nummer 1 und 3 des Straßenverkehrs gesetzes, der zuletzt durch Artikel 1 Nummer 36 des Gesetzes vom 12. Juli 2021 (BGBl. I S. 3091) geändert worden ist, und automatisierter oder autonomer Fahrfunktion im Sinne des § 1h des Straßenverkehrsgesetzes, 2. auf die Zulassung von Kraftfahrzeugen nach Num mer 1 zum Verkehr im öffentlichen Straßenraum und 3. auf die Erprobung automatisierter oder autonomer Fahrfunktionen nach § 1i des Straßenverkehrsge setzes. (2) Diese Verordnung regelt 1. die Erteilung von Betriebserlaubnissen für Kraft fahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion sowie von Genehmigungen für nachträglich aktivierbare auto matisierte und autonome Fahrfunktionen, 2. die Genehmigung festgelegter Betriebsbereiche, 3. die Zulassung von Kraftfahrzeugen mit autonomer Fahrfunktion zum Straßenverkehr, 4. die Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen mit autonomer Fahrfunktion, mit aufgrund dieser Verordnung erteilter oder zu erteilender Betriebs erlaubnisse, sowie von nachträglich aktivierten automatisierten und autonomen Fahrfunktionen und Fahrzeugteilen und 5. die Anforderungen an und Pflichten für den Herstel ler, den Halter und die Technische Aufsicht von Kraftfahrzeugen mit autonomer Fahrfunktion in fest gelegten Betriebsbereichen und von Kraftfahr zeugen mit automatisierter oder autonomer Fahr funktion nach § 1f des Straßenverkehrsgesetzes. ­ des § 7 Nummer 2 des Pflichtversicherungsgeset zes, der zuletzt durch Artikel 493 Nummer 2 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Justiz und dem Bundes ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz: (3) Soweit in dieser Verordnung nicht ausdrücklich die Zuständigkeit des Kraftfahrt-Bundesamts bestimmt wird, ist zuständige Behörde im Sinne dieser Verord nung jede nach Landesrecht zuständige Behörde, auf Bundesfernstraßen, soweit dem Bund die Verwaltung zusteht, die Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes. Artikel 1 (4) Die Regelungen der Verordnung (EU) 2018/858 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die Genehmigung und die Markt überwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeug anhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbst ständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 715/2007 und (EG) Nr. 595/2009 und zur Aufhebung der Richt linie 2007/46/EG (ABl. L 151 vom 14.6.2018, S. 1), die durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/1445 (ABl. L 313 vom 6.9.2021, S. 4) geändert worden ist, bleiben unberührt. Verordnung zur Genehmigung und zum Betrieb von Kraftfahrzeugen mit autonomer Fahrfunktion in festgelegten Betriebsbereichen (Autonome-Fahrzeuge-Genehmigungsund-Betriebs-Verordnung ­ AFGBV) §1 Anwendungsbereich; Regelungsgegenstand und Begriffsbestimmungen (1) Diese Verordnung ist anzuwenden 1. auf den Betrieb von Kraftfahrzeugen mit autonomer Fahrfunktion im Sinne der §§ 1d bis 1h und mit * Notifiziert gemäß Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parla ments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informations verfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vor schriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom 17.9.2015, S. 1). (5) § 1k des Straßenverkehrsgesetzes bleibt unbe rührt. §2 Betriebserlaubnis; Genehmigung der nachträglichen Aktivierung automatisierter oder autonomer Fahrfunktionen (1) Für den Betrieb eines Kraftfahrzeugs mit auto nomer Fahrfunktion in festgelegten Betriebsbereichen Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 im öffentlichen Straßenraum ist eine Betriebserlaubnis des Kraftfahrt-Bundesamts nach § 4 Absatz 1 erfor derlich. (2) § 20 Absatz 1, 3 und 3a der StraßenverkehrsZulassungs-Ordnung gilt für die Erteilung einer all gemeinen Betriebserlaubnis für reihenweise gefertigte Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion entspre chend. (3) Genehmigungen nach § 1h Absatz 2 des Straßen verkehrsgesetzes für die nachträgliche Aktivierung von automatisierten oder autonomen Fahrfunktionen werden unter den Voraussetzungen des § 4 Absatz 5 und 6 erteilt. §3 Antrag auf Erteilung der Betriebserlaubnis durch den Hersteller (1) Der Hersteller hat die Betriebserlaubnis für Kraft fahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion beim KraftfahrtBundesamt zu beantragen. (2) Der Antrag des Herstellers muss beinhalten: 1. die Erklärung des Herstellers, dass a) das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion die funktionalen Anforderungen nach Anlage 1 sowie die Voraussetzungen nach Absatz 8 erfüllt, wobei dies auch bei Alterung und Abnutzung der relevanten Systemkomponenten sichergestellt sein muss und b) die Sicherheit der autonomen Fahrfunktion nach dem Sicherheitskonzept zur funktionalen Sicher heit nach § 12 Absatz 1 Nummer 2 und Anlage 1 Nummer 7.2 überprüft wurde, 2. die Vorlage a) des Betriebshandbuchs für das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion nach § 1f Absatz 3 Num mer 4 des Straßenverkehrsgesetzes und Anlage 1 Nummer 7.1, Anlage 3 Nummer 2, b) des Sicherheitskonzepts zur funktionalen Sicher heit nach § 12 Absatz 1 Nummer 2 und Anlage 1 Nummer 7.2 und Anlage 3 Nummer 3, c) des Konzepts zur Sicherheit im Bereich der In formationstechnologie nach § 12 Absatz 1 Num mer 3 und Anlage 1 Nummer 15 und Anlage 3 Nummer 4, d) der funktionalen Beschreibung des Kraftfahr zeugs mit autonomer Fahrfunktion nach § 12 Ab satz 1 Nummer 5 und Anlage 3 Nummer 1, e) des Katalogs für Testszenarien nach § 12 Ab satz 1 Nummer 6 und Anlage 1 Nummer 10 und f) von Nachweisen nach Anlage 1 Nummer 12, dass Umweltbedingungen, die im festgelegten Betriebsbereich des Kraftfahrzeugs auftreten können, aber nicht in Tests darstellbar sind, sicher beherrscht werden. (3) Das Kraftfahrt-Bundesamt kann über die in Ab satz 2 genannten Unterlagen hinaus weitere Angaben vom Hersteller verlangen, sofern diese für die Durch führung des Genehmigungsverfahrens erforderlich sind. 987 (4) Das Kraftfahrt-Bundesamt prüft 1. die Einhaltung der technischen Anforderungen an die autonome Fahrfunktion gemäß den Anforderun gen nach dieser Verordnung einschließlich Anlage 1, 2. das Betriebshandbuch nach den Anforderungen nach Anlage 1 Nummer 7.1 und Anlage 3 Num mer 2, 3. das Sicherheitskonzept zur funktionalen Sicherheit nach den Anforderungen nach Anlage 1 Nummer 7.2 und Anlage 3 Nummer 3 und 4. die funktionale Beschreibung nach den Anforderun gen nach Anlage 3 Nummer 1. (5) Das Kraftfahrt-Bundesamt prüft das Konzept zur Sicherheit im Bereich der Informationstechnologie nach den Anforderungen der Anlage 1 Nummer 15 und Anlage 3 Nummer 4. Das Kraftfahrt-Bundesamt be teiligt das Bundesamt für Sicherheit in der Informa tionstechnik bei der Prüfung nach Satz 1. Die Prüfung der Einhaltung der Anforderungen der Artikel 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 des Euro päischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verar beitung personenbezogener Daten, zum freien Daten verkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2; L 74 vom 4.3.2021, S. 35) sowie anderer datenschutzrechtlicher Vorgaben und des In haltes der Datenschutzfolgenabschätzung obliegt der für den jeweiligen Hersteller des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion zuständigen Datenschutz aufsichtsbehörde. (6) Das Kraftfahrt-Bundesamt prüft anhand eines unentgeltlich vom Hersteller zur Verfügung gestellten Fahrzeugs, ob der Hersteller die von ihm dokumentier ten Sicherheitsmaßnahmen für die Informations technologie umgesetzt hat. Dies kann in Form von Stichproben erfolgen. Das Prüfergebnis ist zu doku mentieren. (7) Das Kraftfahrt-Bundesamt kann einen amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeug verkehr, einen technischen Dienst mit Gesamtfahr zeugbefugnissen der jeweiligen Fahrzeugklassen oder eine andere Stelle mit den Prüfungen nach den Ab sätzen 4 bis 6 beauftragen und die sich durch diese Prüfungen ergebenden Erkenntnisse im Rahmen der Erteilung der Betriebserlaubnis verwenden. (8) Unter Beachtung der Voraussetzungen nach An lage 1 muss ein Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunk tion zur Vermeidung von Kollisionen nach dem Stand der Technik 1. andere Verkehrsteilnehmende, unbeteiligte Dritte, Tiere und Sachen im Umfeld des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion erkennen, 2. eine Risikoabwägung aufgrund der Erkennung nach Nummer 1 und hinsichtlich aller betroffenen Rechts güter vornehmen und dabei unter Zugrundelegung der Vorgaben des § 1e Absatz 2 Nummer 2 des Straßenverkehrsgesetzes das Verhalten der erkann ten anderen Verkehrsteilnehmenden, der unbeteilig ten Dritten, der Tiere und der Bewegungen der Sachen bewerten und aufgrund dieser Bewertung eine Voraussage über das weitere Verhalten und 988 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 die weiteren Bewegungen treffen, wobei angenom men wird, dass sich bewegende Fahrzeuge mit maximal zehn Meter pro Sekunde-Quadrat ver zögern können und 3. ein dem Ergebnis der Risikoabwägung nach Num mer 2 und den Vorgaben des § 1e Absatz 2 Nummer 2 des Straßenverkehrsgesetzes entspre chendes geeignetes Fahrmanöver, insbesondere Brems- oder Ausweichmanöver, durchführen. §4 Erteilung der Betriebserlaubnis; Erteilung der Genehmigung der nachträglichen Aktivierung automatisierter oder autonomer Fahrfunktionen (1) Die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion wird vom Kraftfahrt-Bundes amt erteilt, wenn 1. die nach § 3 Absatz 2 Nummer 1 erforderlichen Erklärungen des Herstellers und die weiteren An gaben, sofern diese nach § 3 Absatz 3 angefordert worden sind, vorliegen, 2. die nach § 3 Absatz 2 Nummer 2 erforderlichen Un terlagen vorliegen und diese den jeweiligen Anfor derungen der Anlagen 1 und 3 entsprechen, 3. die Anforderungen nach § 3 Absatz 8 sowie die Voraussetzungen nach Anlage 1 eingehalten wer den und 4. durch den Betrieb des Kraftfahrzeugs mit auto nomer Fahrfunktion weder die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs beeinträchtigt noch Leib und Leben von Personen gefährdet werden. (2) Die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion kann jederzeit mit Neben bestimmungen erlassen oder verbunden werden, um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs und die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und dieser Verord nung zu gewährleisten. (3) Einer nach Absatz 1 erteilten Betriebserlaubnis steht eine von einer zuständigen Behörde eines ande ren Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Mitgliedstaates des Abkommens über den Euro päischen Wirtschaftsraum erteilte Genehmigung des Betriebs eines Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunk tion gleich, wenn sie in Bezug auf die technischen und sicherheitsrelevanten Anforderungen nach den §§ 1d bis 1g des Straßenverkehrsgesetzes und den Anforde rungen nach § 3 Absatz 8 sowie der Anlage 1 zu dieser Verordnung einen gleichwertigen Bewertungs- und Prüfmaßstab zugrunde legt und den abstrakten Be triebsbereich ausweist, in dem das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion die Fahraufgabe selbständig bewältigen kann. Die Gleichwertigkeit der Betriebs erlaubnis ist auf Antrag des Halters durch das Kraft fahrt-Bundesamt festzustellen. (4) Das Kraftfahrt-Bundesamt kann jederzeit beim Hersteller nachprüfen oder durch die in § 3 Absatz 7 genannten Stellen nachprüfen lassen, ob die Voraus setzungen der Betriebserlaubnis für ein Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion vorliegen und die mit der Betriebserlaubnis verbundenen Pflichten erfüllt sind. Die Prüfergebnisse sind zu dokumentieren. § 20 Ab satz 6 der Straßenverkehr-Zulassungs-Ordnung bleibt unberührt. (5) Veränderungen an einem Kraftfahrzeug mit auto nomer Fahrfunktion, die nach Erteilung der Betriebs erlaubnis vorgenommen werden, bedürfen vor ihrer Verwendung der Genehmigung des Kraftfahrt-Bundes amts. (6) Die nationale Genehmigung für die nachträgliche Aktivierung von automatisierten oder autonomen Fahr funktionen wird vom Kraftfahrt-Bundesamt erteilt, wenn die vom Kraftfahrt-Bundesamt festgelegten tech nischen Anforderungen vorliegen. §5 Marktüberwachung (1) Das Kraftfahrt-Bundesamt führt die Aufgaben der Marktüberwachung durch hinsichtlich der nach dieser Verordnung zu genehmigenden und genehmig ten Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion und Fahrzeugteile. (2) Das Kraftfahrt-Bundesamt führt regelmäßige Kontrollen durch, um nachzuprüfen, 1. ob auf dem Markt bereitgestellte oder in Verkehr befindliche Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunk tion und Fahrzeugteile mit den Anforderungen die ser Verordnung übereinstimmen, und 2. ob von auf dem Markt bereitgestellten oder in Ver kehr befindlichen Fahrzeugen und Fahrzeugteilen Gefährdungen für die Gesundheit, die Sicherheit, die Umwelt oder für andere im öffentlichen Interesse schützenswerte Rechtsgüter ausgehen. (3) Das Kraftfahrt-Bundesamt beteiligt das Bundes amt für Sicherheit in der Informationstechnik bei der Bewertung der informationstechnischen Sicherheit von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen. (4) Das Kraftfahrt-Bundesamt trifft die erforder lichen Maßnahmen zur Wahrung der Verkehrssicher heit, insbesondere die Vorbereitung eines Widerrufs nach § 6, wenn es den begründeten Verdacht hat, dass ein Fahrzeug oder Fahrzeugteil im Anwendungsbereich dieser Verordnung deren Anforderungen nicht hin reichend erfüllt. (5) Die Hersteller und die Halter von Kraftfahrzeugen mit autonomer Fahrfunktion sind verpflichtet, 1. das Kraftfahrt-Bundesamt bei der Durchführung der Marktüberwachungstätigkeiten zu unterstützen und 2. dem Kraftfahrt-Bundesamt auf Verlangen die für die Marktüberwachung erforderlichen Unterlagen und Informationen sowie andere technische Spezifika tionen unentgeltlich bereitzustellen, wobei die Her steller auf Verlangen auch einen Zugang zu Soft ware und Algorithmen ermöglichen müssen. §6 Widerruf und Ruhen der Betriebserlaubnis; Widerruf und Ruhen der Genehmigung der nachträglichen Aktivierung automatisierter oder autonomer Fahrfunktionen (1) Das Kraftfahrt-Bundesamt hat eine nach § 4 Ab satz 1 erteilte Betriebserlaubnis zu widerrufen, wenn Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 1. das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion ohne Genehmigung verändert wurde und es dadurch den Voraussetzungen der Betriebserlaubnis nicht mehr entspricht, 2. der Hersteller die zur Erteilung der Betriebserlaubnis erforderlichen Anforderungen nicht mehr erfüllt, 989 den, wenn eine nach § 4 Absatz 1 erteilte Betriebs erlaubnis 1. nach Absatz 1 Satz 1 widerrufen worden ist oder 2. aufgrund einer Anordnung nach Absatz 2 Satz 2 ruht. §7 3. der Hersteller Erklärungen nach § 3 Absatz 2 un richtig oder unvollständig abgibt, die Prüfungs ergebnisse verfälscht oder Daten oder technische Spezifikationen, die für die Entscheidung des Kraft fahrt-Bundesamts über die Erteilung der Betriebser laubnis wesentlich sind, zurückhält, 4. die Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion oder Fahrzeugteile mit den Anforderungen des § 1e Ab satz 2, auch in Verbindung mit Absatz 3 des Straßenverkehrsgesetzes oder dieser Verordnung, nicht mehr übereinstimmen oder 5. durch den Betrieb des Kraftfahrzeugs mit auto nomer Fahrfunktion die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs beeinträchtigt werden kann oder eine Gefährdung von Leib oder Leben von Personen nicht auszuschließen ist. Das Kraftfahrt-Bundesamt hat die nach § 4 Absatz 6 erteilte Genehmigung zu widerrufen, wenn 1. das Kraftfahrzeug ohne Genehmigung verändert wurde und es dadurch den Anforderungen für die Erteilung einer Genehmigung für die nachträgliche Aktivierung automatisierter oder autonomer Fahr funktionen nicht mehr entspricht oder 2. durch die Aktivierung der automatisierten oder autonomen Fahrfunktionen die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs beeinträchtigt werden kann oder eine Gefährdung von Leib oder Leben von Personen nicht auszuschließen ist. (2) Besteht die begründete Annahme, dass eine Voraussetzung nach Absatz 1 vorliegt, kann das Kraft fahrt-Bundesamt unbeschadet der Befugnis nach § 5 Absatz 4 geeignete Maßnahmen anordnen, die der weiteren Aufklärung dienlich sind, insbesondere das Beibringen von Unterlagen, die Vorstellung des Kraft fahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion beim KraftfahrtBundesamt oder bei einem technischen Dienst. Bis zur Klärung kann es das Ruhen einer nach § 4 Absatz 1 erteilten Betriebserlaubnis oder einer nach § 4 Absatz 6 erteilten Genehmigung anordnen. (3) Die §§ 48 und 49 des Verwaltungsverfahrens gesetzes bleiben unberührt. (4) Über den Widerruf einer Betriebserlaubnis unter richtet das Kraftfahrt-Bundesamt die nach § 7 Absatz 2 Satz 2 für die Genehmigung des festgelegten Betriebs bereichs zuständige Behörde, sofern bereits für das entsprechende Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunk tion ein Antrag auf Genehmigung eines festgelegten Betriebsbereichs nach § 8 gestellt worden ist oder die zuständige Behörde einen festgelegten Betriebsbe reich nach § 9 Absatz 1 genehmigt hat. (5) Das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion darf im öffentlichen Straßenraum nicht betrieben wer Festlegung eines Betriebsbereichs durch Genehmigung (1) Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion dür fen im öffentlichen Straßenraum nur in einem nach Ab satz 2 festgelegten und genehmigten Betriebsbereich im Sinne des § 1d Absatz 2 des Straßenverkehrsgeset zes betrieben werden. (2) Die Festlegung eines Betriebsbereichs für ein Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion erfolgt durch den Halter des Kraftfahrzeugs. Der nach Satz 1 festgelegte Betriebsbereich bedarf der Genehmigung durch die zuständige Behörde. (3) Die Genehmigung des festgelegten Betriebs bereichs kann gemeinsam für mehrere baugleiche Fahrzeuge erteilt werden, sofern jeweils eine ent sprechende Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion nach den vorstehenden Vor schriften vorliegt. (4) Die Genehmigung wird vorbehaltlich der Rechte anderer erteilt. Die Genehmigung gewährt keinen An spruch darauf, dass der Betriebsbereich verfügbar ist oder sich die Voraussetzungen, die der Genehmigung des Betriebsbereichs zu Grunde lagen, nicht ver ändern. §8 Antrag auf Genehmigung durch den Halter (1) Der Antrag auf Genehmigung eines festgelegten Betriebsbereichs muss enthalten: 1. eine Darstellung des als Betriebsbereich festgeleg ten Streckennetzes für den Betrieb des Kraftfahr zeugs mit autonomer Fahrfunktion mit Darstellung eines kartographisch umgrenzten Bereichs in geeig neter digitaler Form nach Vorgabe der zuständigen Behörde sowie eine konkrete Beschreibung des Be triebszwecks und der damit verbundenen Betriebs bedingungen, 2. den Nachweis des Halters, dass die Deaktivierbar keit der autonomen Fahrfunktion des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion im Sinne des § 1e Absatz 2 Nummer 4 bis 9 des Straßenverkehrsge setzes und die Möglichkeit der Freigabe von Fahr manövern im Sinne des § 1e Absatz 3 des Straßen verkehrsgesetzes in diesem Betriebsbereich zu jeder Zeit gewährleistet sind, 3. die Erklärung des Halters, dass die personellen und sachlichen Voraussetzungen nach den §§ 13 und 14 vorliegen. (2) Der Halter hat mit dem Antrag außerdem vorzu legen: 1. die Betriebserlaubnis für ein Kraftfahrzeug mit auto nomer Fahrfunktion nach § 4 Absatz 1 sowie in den Fällen des § 4 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 ergänzend einen Nachweis über die Feststellung der Gleichwertigkeit der ausländischen Betriebserlaub 990 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 nis durch das Kraftfahrt-Bundesamt, wobei auch in diesen Fällen § 23 des Verwaltungsverfahrensgeset zes unberührt bleibt, 2. jeweils vom Halter oder von den vom Halter nach § 13 Absatz 2 Satz 2 eingesetzten Personen und der Technischen Aufsicht a) ein Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Be hörde und b) eine Auskunft aus dem Fahrerlaubnisregister, und 3. von der Technischen Aufsicht zusätzlich eine Aus kunft über Eintragungen aus dem Fahreignungs register. (3) Die zuständige Behörde kann darüber hinaus weitere Angaben vom Halter verlangen, sofern dies für das Verfahren zur Genehmigung eines festgelegten Betriebsbereichs erforderlich ist. §9 Genehmigungserteilung; Kontrollen (1) Die Genehmigung nach § 7 Absatz 2 Satz 2 wird erteilt, wenn 1. eine Betriebserlaubnis für ein Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion nach § 4 Absatz 1 sowie in den Fällen des § 4 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 3 ergänzend ein Nachweis über die Fest stellung der Gleichwertigkeit der ausländischen Betriebserlaubnis durch das Kraftfahrt-Bundesamt vorliegen, 2. der festgelegte Betriebsbereich für den Betrieb des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion nach Absatz 2 geeignet ist und 3. die personellen und sachlichen Voraussetzungen nach den §§ 13 und 14 erfüllt sind. (2) Ein Betriebsbereich ist geeignet, wenn die zu ständige Behörde feststellt, dass 1. das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion nach den Angaben der nach § 4 Absatz 1 erteilten Be triebserlaubnis für ein Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion die Fahraufgabe in diesem festgeleg ten Betriebsbereich selbständig bewältigen kann, 2. die Straßeninfrastruktur entlang der maßgeblichen Streckenführung den technischen Anforderungen für den Betrieb des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion nach der Betriebserlaubnis entspricht, 3. durch den Betrieb des Kraftfahrzeugs mit autono mer Fahrfunktion in diesem Betriebsbereich weder die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs beeinträchtigt noch Leib und Leben von Personen über das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung durch den für den beantragten Betriebsbereich orts üblichen Straßenverkehr hinaus erheblich gefährdet werden und 4. sonstige öffentliche Belange, etwa des Immissions schutzes der Genehmigung nach § 7 nicht entge genstehen. Bei der Feststellung der Geeignetheit des Betriebs bereichs nach Satz 1 bleiben unvorhersehbare Um stände, zum Beispiel in Folge höherer Gewalt, unbe rücksichtigt. (3) Die zuständige Behörde kann einen amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeug verkehr, einen technischen Dienst mit Gesamtfahr zeugbefugnissen der jeweiligen Fahrzeugklassen oder eine andere geeignete Stelle mit der Begutachtung der Geeignetheit eines Betriebsbereichs im Sinne des Ab satzes 2 insbesondere der Straßeninfrastruktur inner halb des festgelegten Betriebsbereichs, auch unter Be rücksichtigung des sich aus der Betriebserlaubnis für das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion er gebenden Leistungsvermögens, beauftragen, soweit dies für die Antragsprüfung erforderlich ist. Die zu ständige Behörde kann auch verlangen, dass der Halter auf eigene Kosten weitere Gutachten einer der in Satz 1 genannten Stellen zur Bestätigung der im Rahmen der Genehmigung zu prüfenden Voraus setzungen nach Absatz 2 unter Berücksichtigung des sich aus der Betriebserlaubnis für das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion ergebenden Leistungs vermögens vorlegt, soweit dies für die Antragsprüfung erforderlich ist. (4) Die zuständige Behörde entscheidet im Be nehmen mit der jeweils betroffenen Gebietskörper schaft, sofern diese nicht die zuständige Behörde nach § 7 Absatz 2 Satz 2 ist. Erstreckt sich ein Betriebs bereich über eine Landesgrenze hinweg, so entschei den die nach Landesrecht zuständigen Behörden im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit jeweils nach gegenseitiger Anhörung. Erstreckt sich der Betriebs bereich neben Straßen nach Landesrecht und Straßen in Auftragsverwaltung auch auf Bundesautobahnen und Bundesstraßen in Bundesverwaltung, entscheiden die nach Landesrecht zuständigen Behörden sowie die Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes im Rah men ihrer Zuständigkeit jeweils nach gegenseitiger Anhörung. (5) Die Genehmigung kann jederzeit mit Nebenbe stimmungen versehen werden, sofern dies erforderlich ist, um die Einhaltung der in Absatz 1 genannten Voraussetzungen sicherzustellen. Insbesondere kann die Genehmigung mit einem anfänglichen, befristeten Verbot der Personenbeförderung und des Gütertrans ports verbunden werden. (6) Die zuständige Behörde kann jederzeit beim Halter die Erfüllung der Voraussetzungen der Geneh migung und die Einhaltung der mit der Genehmigung verbundenen Pflichten nachprüfen oder durch die in Absatz 3 genannten Stellen nachprüfen lassen. (7) Nachträgliche Veränderungen in Bezug auf die Voraussetzungen nach § 8 hat der Halter der zu ständigen Behörde unverzüglich mitzuteilen. Insbeson dere ist der nachträgliche Einsatz weiterer Personen oder der Wechsel von eingesetzten Personen un verzüglich anzuzeigen; § 8 Absatz 2 und 3 gilt entspre chend. (8) Die zuständige Behörde setzt das KraftfahrtBundesamt über jede Erteilung einer Genehmigung eines festgelegten Betriebsbereichs in Bezug auf das jeweilige Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion in Kenntnis. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 § 10 Widerruf und Ruhen der Genehmigung eines festgelegten Betriebsbereichs (1) Die zuständige Behörde hat die nach § 9 erteilte Genehmigung zu widerrufen, wenn die zuständige Be hörde Kenntnis erlangt, dass 1. Nebenbestimmungen nach § 9 Absatz 5 nicht erfüllt werden und dies zu einer Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs oder von Leib oder Leben von Personen führen kann, 2. bei einem Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion die autonome Fahrfunktion außerhalb des festge legten Betriebsbereichs eingesetzt wird, 3. nicht mehr gewährleistet ist, dass während des Be triebs des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunk tion in seinem festgelegten Betriebsbereich die Deaktivierung oder Freigabe von Fahrmanövern vor genommen werden kann, 4. die personellen und sachlichen Voraussetzungen nach den §§ 13 und 14 nicht mehr vorliegen, 5. die nach § 4 Absatz 1 erteilte Betriebserlaubnis für ein Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion er loschen ist, zurückgenommen, widerrufen oder auf sonstige Weise unwirksam geworden ist oder 6. die Voraussetzungen nach § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 2 oder 3 nicht mehr gegeben sind und ein sicherer Betrieb des Kraftfahrzeugs mit autono mer Fahrfunktion unter diesen Rahmenbedingungen nicht mehr gewährleistet ist. (2) Die §§ 48 und 49 des Verwaltungsverfahrensge setzes bleiben unberührt. (3) Über den Widerruf einer nach § 9 erteilten Ge nehmigung setzt die zuständige Behörde das Kraft fahrt-Bundesamt in Kenntnis. (4) Die zuständige Behörde kann das Ruhen einer nach § 9 Absatz 1 erteilten Genehmigung anordnen, wenn die Voraussetzungen nach § 9 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 vorübergehend nicht gegeben sind und der Genehmigungsinhaber nicht nachweist, dass ein sicherer Betrieb des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion auch unter den geänderten Gegeben heiten der Straßeninfrastruktur entlang der maßgeb lichen Streckenführung weiterhin gewährleistet ist. (5) Das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion darf im öffentlichen Straßenraum nicht betrieben wer den, wenn die nach § 9 Absatz 1 erteilte Genehmigung des festgelegten Betriebsbereichs 1. nach Absatz 1 widerrufen worden ist oder 991 (2) Die Zulassung nach § 3 Absatz 1 Satz 2 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung setzt voraus: 1. eine gültige Betriebserlaubnis für ein Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion nach § 4, 2. eine gültige Genehmigung eines festgelegten Be triebsbereichs nach § 9 und 3. das Bestehen einer dem Pflichtversicherungsgesetz entsprechenden Kraftfahrzeug-Haftpflichtversiche rung. Mit dem Antrag nach § 6 der Fahrzeug-Zulassungsver ordnung ist die Betriebserlaubnis für ein Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion nach § 4 Absatz 1 sowie die Genehmigung eines festgelegten Betriebsbereichs nach § 9 vorzulegen. § 3 Absatz 2 und 3 der FahrzeugZulassungsverordnung ist nicht anzuwenden. (3) Die Verwendung der autonomen Fahrfunktion im Verkehr ist auf den genehmigten festgelegten Betriebs bereich zu beschränken. Diese Beschränkung ist durch Angabe der Genehmigung, der ausstellenden Behörde und des Datums der Ausstellung in die Zulassungs bescheinigung Teil I nach § 11 der Fahrzeug-Zulas sungsverordnung einzutragen. Ebenso sind in die Zulassungsbescheinigung Teil I die Betriebserlaubnis nach § 4 Absatz 1 mit Datum der Ausstellung durch das Kraftfahrt-Bundesamt sowie weitere Angaben zur Ausrüstung mit autonomen Fahr- und Zusatzfunktio nen einzutragen. Abweichend von § 11 Absatz 6 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung genügt es, wenn die Zulassungsbescheinigung Teil I aufbewahrt und den berechtigten Personen auf Verlangen zur Prüfung aus gehändigt wird. (4) Für eine Umschreibung auf einen neuen Halter nach § 13 Absatz 4 Satz 3 der Fahrzeug-Zulassungs verordnung oder für eine Wiederzulassung nach § 14 Absatz 2 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung ist vom Halter zusätzlich die Genehmigung eines festgelegten Betriebsbereichs nach § 9 vorzulegen. (5) Die Verfahren nach Abschnitt 2a Unterabschnitt 3 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung sind nicht anzu wenden. (6) Die Zulassungsbehörde hat der Behörde, die die Genehmigung des festgelegten Betriebsbereichs erteilt hat, unverzüglich jede Zulassung, Wiederzulassung, Umschreibung und Außerbetriebsetzung eines betrof fenen Kraftfahrzeugs mitzuteilen. (7) Besteht für ein zugelassenes Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion keine Genehmigung eines festgelegten Betriebsbereichs nach § 9, so hat der Hal ter unverzüglich das Fahrzeug nach Maßgabe des § 14 Absatz 1 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung, auch in Verbindung mit § 15g der Fahrzeug-Zulassungsverord nung, außer Betrieb setzen zu lassen. 2. aufgrund einer Anordnung nach Absatz 4 ruht. § 12 § 11 Anforderungen an den Hersteller Maßgaben zur Anwendung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (1) Der Hersteller eines Kraftfahrzeugs mit autono mer Fahrfunktion hat (1) Für die Zulassung von Kraftfahrzeugen mit autonomer Fahrfunktion zum Verkehr in festgelegten Betriebsbereichen ist die Fahrzeug-Zulassungsverord nung nach Maßgabe der folgenden Absätze anzu wenden. 1. Reparatur- und Wartungsinformationen für das Kraftfahrzeug nach Anlage 3 Nummer 2.3 und 2.6 dieser Verordnung zu erstellen, 2. ein Sicherheitskonzept zur funktionalen Sicherheit nach Anlage 1 Nummer 7.2 zu erstellen und dabei 992 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 a) auf Basis dieses Sicherheitskonzepts eine Ge fährdungsanalyse nach Anlage 1 Nummer 7.2.1 durchzuführen, b) das Sicherheitskonzept nach Anlage 3 Nummer 3 zu dokumentieren, c) die Sicherheit der autonomen Fahrfunktion ent sprechend dieses Sicherheitskonzepts zu über prüfen und die Sicherheit gegenüber dem Kraft fahrt-Bundesamt nach den Anforderungen nach Anlage 1 Nummer 10 nachzuweisen, 3. ein Konzept zur Sicherheit im Bereich der Informa tionstechnologie nach Anlage 1 Nummer 15 zu er stellen und nach Anlage 3 Nummer 4 zu dokumen tieren, 4. die Durchführbarkeit einer wiederkehrenden tech nischen Fahrzeugüberwachung nach Anlage 1 Nummer 7.3 zu dieser Verordnung sicherzustellen, 5. eine funktionale Beschreibung des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion nach Anlage 3 Num mer 1 zu erstellen, 6. einen Katalog für Testszenarien nach Anlage 1 Nummer 10 zu erstellen und 7. nach den Anforderungen an den digitalen Daten speicher nach Anlage 1 Nummer 13 ein Sicherheits konzept zu erstellen, das den Vorgaben der Arti kel 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 entspricht und eine Datenschutzfolgeabschätzung nach Artikel 35 der Verordnung (EU) 2016/679 bein haltet. (2) Der Hersteller hat die Dokumente nach Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b und Nummer 3 sowie das Be triebshandbuch nach Anlage 1 Nummer 7.1 und An lage 3 Nummer 2 dem Halter bei Übergabe des Kraft fahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion zur Verfügung zu stellen. (3) Der Hersteller eines Kraftfahrzeugs mit autono mer Fahrfunktion darf ein Kraftfahrzeug ohne gültige Betriebserlaubnis nach § 2 Absatz 1 nicht in Verkehr bringen oder veräußern. § 13 Anforderungen an den Halter (1) Der Halter hat zur Erfüllung der Pflichten nach § 1f Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes während des Betriebs des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahr funktion zu gewährleisten, dass 1. unter Zugrundelegung der vom Hersteller zur Ver fügung gestellten Reparatur- und Wartungsinforma tionen die Fahrzeugsysteme für die aktive und pas sive Sicherheit des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion regelmäßig überprüft werden, 2. täglich vor Betriebsbeginn eine erweiterte Abfahr kontrolle nach Absatz 7 durchgeführt wird, 3. unter Zugrundelegung der vom Hersteller zur Ver fügung gestellten Reparatur- und Wartungsinforma tionen ab dem Tag der Zulassung zum Straßen verkehr alle 90 Tage eine Gesamtprüfung nach den Vorgaben des Betriebshandbuchs für das Kraftfahr zeug mit autonomer Fahrfunktion durchgeführt wird, 4. die Ergebnisse der Gesamtprüfungen nach Num mer 3 einschließlich einer Beschreibung aller fest gestellten Mängel und durchgeführter Instand setzungen in einem Bericht dokumentiert und dem Kraftfahrt-Bundesamt sowie der zuständigen Be hörde auf Verlangen unverzüglich übermittelt werden, sofern dies erforderlich ist a) bezüglich des Kraftfahrt-Bundesamts für dessen Aufgabenerfüllung nach § 2 Absatz 1 und § 6 Ab satz 1, b) bezüglich der zuständigen Behörde für deren Aufgabenerfüllung nach § 7 Absatz 2 Satz 2 und § 10 Absatz 1. (2) Der Halter hat sicherzustellen, dass bei der Durchführung von Maßnahmen nach Absatz 1 jede Person geeignet im Sinne von Satz 2 ist. Die für die Durchführung der technischen und organisatorischen Maßnahmen verantwortlichen Personen sind geeignet, wenn sie 1. eine Meisterprüfung im KraftfahrzeugmechanikerHandwerk erfolgreich bestanden haben; diesem Abschluss steht der Abschluss als Diplom-Inge nieur, Diplom-Ingenieur (FH), Ingenieur (graduiert), Bachelor, Master oder der staatlich geprüfte Tech niker der Fachrichtung Maschinenbau, Fahrzeug technik, Elektrotechnik oder Luft- und Raumfahrt technik/Luftfahrzeugtechnik gleich, sofern die be treffende Person nachweislich im Kraftfahrzeug bereich tätig ist und eine mindestens dreijährige Tätigkeit nachweisen kann, 2. eine Schulung in Bezug auf das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion beim Hersteller dieses Kraftfahrzeugs erfolgreich abgeschlossen haben, und 3. im Hinblick auf die Wahrnehmung der ihnen anver trauten Aufgaben zuverlässig sind; zur Beurteilung ihrer Zuverlässigkeit sind im Rahmen des Verfah rens nach den §§ 7 und 8 Absatz 2 jeweils ein Füh rungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde sowie, bei Einsatz für die Durchführung von Fahrten im manuellen Betrieb, eine Auskunft aus dem Fahrer laubnisregister vorzulegen; § 8 Absatz 3 gilt ent sprechend. Setzt der Halter verantwortliche Personen für die Durchführung von Fahrten im manuellen Fahrbetrieb ein, müssen diese Personen eine gültige Fahrerlaubnis besitzen. Die Klasse der Fahrerlaubnis muss der des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion ent sprechen. (3) Der Halter muss sicherstellen, dass Anweisun gen zur ordnungsgemäßen Durchführung der War tungsarbeiten, der Gesamtprüfungen, weiterer Unter suchungen und Fahrten im manuellen Fahrbetrieb vorliegen und dass diese Anweisungen befolgt werden. Die Anweisungen sind zu dokumentieren. (4) Berichte über die Durchführung von Wartungs arbeiten, von Gesamtprüfungen und von weiteren Untersuchungen müssen durch den Halter oder die verantwortliche Person unverzüglich schriftlich oder elektronisch erstellt werden. Die Berichte sind zu unterzeichnen. Die Berichte sind zu dokumentieren und vom Halter oder von der für die Technische Aufsicht verantwortlichen Person sechs Monate lang Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 aufzubewahren und nach Ablauf dieser Frist unverzüg lich, bei elektronischer Speicherung automatisiert, zu löschen. (5) Die Anforderungen zur Dokumentenverwaltung für die Anweisungen nach Absatz 3 und der Berichte nach Absatz 4 müssen dem Stand der Technik ent sprechen. Das Erfordernis des Stands der Technik wird vermutet, wenn die Vorgaben der ISO 9001:2015 Qualitätsmanagementsysteme ­ Grundlagen und Be griffe erfüllt werden. Darüber hinaus muss die Doku mentenverwaltung den Vorgaben der Artikel 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 genügen. (6) Soweit der Halter die Aufgaben der Technischen Aufsicht selbst wahrnimmt, muss er gemäß den Vo raussetzungen nach § 14 dafür geeignet sein. Sofern er die Aufgaben der Technischen Aufsicht nicht selbst wahrnimmt, muss er eine nach § 14 geeignete natür liche Person hierfür bestellen. Der Halter hat die zur Wahrnehmung der Pflichten der Technischen Aufsicht notwendigen sachlichen Voraussetzungen zur Ver fügung zu stellen; dies erfordert insbesondere die Be reitstellung und Einrichtung von Räumlichkeiten sowie informationstechnischen Systemen, die für die Wahr nehmung der Pflichten der Technischen Aufsicht nach § 1f Absatz 2 des Straßenverkehrsgesetzes ge eignet sind. (7) Die erweiterte Abfahrkontrolle im Sinne des Ab satzes 1 Nummer 2 beginnt mit einer Probefahrt, um die Systeme zu aktivieren. Im Anschluss an die Probe fahrt werden folgende Bereiche überprüft: 1. Bremsanlage, 2. Lenkanlage, 3. Lichtanlage, 4. Reifen/Räder, 5. Fahrwerk, 6. sicherheitsrelevante elektronisch geregelte Fahr zeugsysteme sowie die Sensorik zur Erfassung externer und interner Parameter und 7. mechanische Fahrzeugsysteme für die aktive und passive Sicherheit. (8) Der Halter hat für das Kraftfahrzeug mit autono mer Fahrfunktion eine Hauptuntersuchung nach Maß gabe der Anlage VIII in Verbindung mit Anlage VIIIa der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung zu veranlassen. Die Frist für die Hauptuntersuchung nach § 29 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung beträgt sechs Monate ab dem Zeitpunkt der Zulassung des Kraftfahr zeugs mit autonomer Fahrfunktion. (9) Der Halter darf ohne eine Genehmigung nach § 4 Absatz 6 die nachträgliche Aktivierung von automa tisierten oder autonomen Fahrfunktionen nicht vor nehmen. § 14 Anforderungen an die Technische Aufsicht (1) Die als Technische Aufsicht eingesetzte natür liche Person muss für die Wahrnehmung ihrer Auf gaben nach § 1f Absatz 2 des Straßenverkehrsgeset zes geeignet sein. Sie ist geeignet, wenn sie 993 1. in der Fachrichtung Maschinenbau, Fahrzeugtech nik, Elektrotechnik, Luft- und Raumfahrttechnik oder Luftfahrzeugtechnik über einen Abschluss ver fügt als a) Diplom-Ingenieur, Diplom-Ingenieur (FH), Inge nieur (graduiert), b) Bachelor, Master oder c) staatlich geprüfter Techniker, 2. eine entsprechende Schulung in Bezug auf das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion beim Hersteller dieses Kraftfahrzeugs erfolgreich abge schlossen hat, 3. einen gültigen Führerschein besitzt, wobei die Klasse der Fahrerlaubnis der des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion entsprechen muss, und 4. im Hinblick auf die Wahrnehmung der ihr anvertrau ten Aufgaben nach § 1f Absatz 2 des Straßenver kehrsgesetzes zuverlässig ist. Zur Beurteilung der Zuverlässigkeit im Sinne des Sat zes 2 Nummer 4 sind im Rahmen des Verfahrens nach den §§ 7 und 8 Absatz 2 jeweils ein Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde, eine Auskunft aus dem Fahrerlaubnisregister sowie eine Auskunft über Ein tragungen aus dem Fahreignungsregister vorzulegen. Sofern in dem Fahrerlaubnisregister mehr als drei Punkte eingetragen sind, ist die Zuverlässigkeit nicht gegeben. § 8 Absatz 3 gilt bezüglich Satz 3 entspre chend. (2) Die als Technische Aufsicht eingesetzte natür liche Person darf sich mit Zustimmung des Halters zur Erfüllung ihrer Pflichten weiterer geeigneter natür licher Personen bedienen, die über mindestens drei Jahre Berufserfahrung im Bereich des Verkehrs- oder Kraftfahrzeugwesens verfügen. Die eingesetzten natür lichen Personen müssen wiederkehrend, mindestens jedoch jährlich beim Hersteller in Bezug auf den Umgang mit dem Kraftfahrzeug sowie wesentliche Ver änderungen am Kraftfahrzeug oder der autonomen Fahrfunktion geschult werden. Die Schulung ist mit einer praktischen Prüfung einschließlich der Bewäl tigung simulierter Betriebsstörungen abzuschließen. Der erfolgreiche Abschluss der Schulung von einge setzten natürlichen Personen ist von der Technischen Aufsicht zu dokumentieren. Sollen die eingesetzten na türlichen Personen Fahrten im manuellen Fahrbetrieb übernehmen oder Fahrmanöver freigeben, müssen diese Personen eine gültige Fahrerlaubnis besitzen. Die Klasse der Fahrerlaubnis muss der des Fahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion entsprechen. (3) Befindet sich das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion im risikominimalen Zustand im Sinne des § 1d Absatz 4 des Straßenverkehrsgesetzes, hat die als Technische Aufsicht eingesetzte natürliche Person eine Untersuchung der Auslösung und der Notwendig keit des risikominimalen Zustands durchzuführen, be vor sie dessen Beendigung veranlassen darf. Das Er gebnis der Untersuchung ist zu dokumentieren. Wurde der risikominimale Zustand durch einen Defekt am Kraftfahrzeug ausgelöst, muss nach Erreichen des risikominimalen Zustands die Fahraufgabe durch die als Technische Aufsicht eingesetzte natürliche Person unter Einhaltung der Anforderungen der Anlage 1 Nummer 4 manuell übernommen werden, bis der aus 994 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 lösende Defekt nachhaltig beseitigt worden ist. Sofern der risikominimale Zustand zu einer Gefährdung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs führt, ist ungeachtet der Sätze 1 und 3 das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion unverzüglich aus dem Straßenraum zu entfernen. In diesen Fällen erfolgt die Untersuchung der Technischen Aufsicht gemäß Satz 1 im Nachgang des Abtransports auf Grundlage der gespeicherten Fahrdaten. § 15 Datenspeicherung (1) Für den Betrieb eines Kraftfahrzeugs mit autono mer Fahrfunktion regelt Anlage 2 zu dieser Verordnung Näheres zu den genauen Zeitpunkten der Daten speicherung, zu den Parametern der Datenkategorien und zu den Datenformaten. (2) Die gespeicherten Daten dürfen nur durch das Kraftfahrt-Bundesamt und die zuständige Behörde und nur zum Zweck der Nachprüfung der Erfüllung der Voraussetzungen der Genehmigung und der mit der Genehmigung verbundenen Überwachungspflich ten erhoben, gespeichert und verwendet werden. § 16 Erprobungsgenehmigung (1) Kraftfahrzeuge, die zur Erprobung von Fahrzeug systemen oder -teilen und deren Entwicklungsstufen für die Entwicklung automatisierter oder autonomer Fahrfunktionen dienen, dürfen im öffentlichen Straßen raum nur betrieben werden, wenn für das entspre chende Kraftfahrzeug eine Erprobungsgenehmigung des Kraftfahrt-Bundesamts nach § 1i des Straßenver kehrsgesetzes vorliegt. Die Erprobungsgenehmigung nach Satz 1 umfasst auch die Genehmigung zur Erpro bung aller Teile, Systeme oder Einheiten des Kraftfahr zeugs. § 19 Absatz 6 der Straßenverkehrs-ZulassungsOrdnung ist nicht anzuwenden. (2) Die Erprobungsgenehmigung ist zu befristen und darf einen Geltungszeitraum von vier Jahren im Regel fall nicht überschreiten. Sie ist jeweils für weitere zwei Jahre zu verlängern, wenn die Voraussetzungen der Genehmigungserteilung weiter fortbestehen und der bisherige Verlauf der Erprobung einer Verlängerung nicht entgegensteht. Sollten Dritte gegen die Erpro bungsgenehmigung oder deren Verlängerung Rechts behelfe einlegen, verlängert sich die Geltungsdauer der Erprobungsgenehmigung um die Anzahl der Tage, an denen der Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung ent faltet. (3) Die Erteilung einer Erprobungsgenehmigung setzt voraus, dass 1. für das Kraftfahrzeug eine Einzelgenehmigung oder eine Typgenehmigung vorliegt, 2. an dem Kraftfahrzeug nach der Erteilung der Einzel genehmigung oder der Typgenehmigung Ver änderungen vorgenommen worden sind, um es mit automatisierten oder autonomen Fahrfunktionen auszustatten, 3. der Halter, der die Entwicklung und Erprobung veranlasst, sowie die an der Entwicklung und Erpro bung Beteiligten ausreichend sachkundig und zu verlässig sind in Bezug auf technische Entwicklun gen für den Kraftfahrzeugverkehr, 4. der Halter ein Entwicklungskonzept vorlegt, in dem a) die bereits vorgenommenen und noch beabsich tigten Veränderungen sowie die zu erprobenden Fahrfunktionen hinreichend beschrieben werden, b) die Einhaltung des gegenwärtigen Stands der Technik dargelegt wird aa) bei automatisierten Fahrfunktionen unter Berücksichtigung von § 1a Absatz 2 des Straßenverkehrsgesetzes und bb) bei autonomen Fahrfunktionen unter Berück sichtigung von § 1e Absatz 2 des Straßen verkehrsgesetzes, c) die Sicherstellung der permanenten Überwa chung des Betriebs dargelegt wird aa) bei automatisierten Fahrfunktionen durch einen in Bezug auf technische Entwicklungen für den Kraftfahrzeugverkehr zuverlässigen Fahrzeugführer und bb) bei autonomen Fahrfunktionen durch eine vor Ort anwesende, in Bezug auf technische Ent wicklungen für den Kraftfahrzeugverkehr zu verlässige Technische Aufsicht, d) die Bereitstellung von nicht personenbezogenen Daten und Ereignissen, die den technologischen Fortschritt der zu erprobenden Entwicklungs stufe betreffen, enthalten ist; hierzu zählen ins besondere aa) die Anzahl und die Zeiträume der Nutzung sowie der Aktivierung und der Deaktivierung der automatisierten oder autonomen Fahr funktion, bb) die Anzahl und die Zeiträume der Freigabe von alternativen Fahrmanövern, Fehlerspei chereinträge (Beginn und Ende) samt Soft warestand, cc) die jeweiligen Umwelt- und Wetterbedingun gen, dd) die Bezeichnung der aktivierten und de aktivierten passiven und aktiven Sicherheits systeme, deren Zustand sowie die Instanz, die das Sicherheitssystem ausgelöst hat, ee) die Fahrzeugbeschleunigung in Längs- und Querrichtung sowie ff) die Geschwindigkeit, 5. das automatisierte oder autonome Fahrzeugsystem zu jeder Zeit deaktivierbar und vor Ort übersteuer bar ist. (4) Das Kraftfahrt-Bundesamt ist berechtigt, die zur Beurteilung der Sicherheit im Straßenverkehr und des technischen Fortschritts sowie zur evidenzbasierten Entwicklung der Regulierung von Entwicklungsstufen automatisierter oder autonomer Fahrfunktionen erfor derlichen Daten ausschließlich als nicht personenbezo gene Daten zu erheben, zu speichern und zu verwen den. Die Daten sind spätestens nach Abschluss der Evaluierung nach § 1l Satz 1 des Straßenverkehrsge setzes zu löschen. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 (5) Das Kraftfahrt-Bundesamt kann zum Zweck der Erprobung von Fahrzeugsystemen oder -teilen und deren Entwicklungsstufen für die Entwicklung automa tisierter oder autonomer Fahrfunktionen Ausnahmen genehmigen von 1. den Vorschriften der §§ 1a und 1e des Straßen verkehrsgesetzes, 2. dieser Verordnung mit Ausnahme von den §§ 15 und 16 und der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ord nung. (6) Die Erprobungsgenehmigung ist bei Fahrten mit zuführen und zuständigen Personen auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen. (7) Ein Hinweis auf die Erprobungsgenehmigung ist unter Angabe des Datums der Ausstellung durch das Kraftfahrt-Bundesamt in die Zulassungsbescheinigung Teil I einzutragen. (8) Die Verfahren nach Abschnitt 2a Unterabschnitt 3 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung sowie § 11 sind nicht anzuwenden. § 17 Ordnungswidrigkeiten Ordnungswidrig im Sinne des § 24 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. ohne Betriebserlaubnis nach § 2 Absatz 1 ein Kraft fahrzeug mit autonomer Fahrfunktion betreibt, 995 2. entgegen § 5 Absatz 5 Nummer 2 eine Unterlage oder Information nicht, nicht richtig, nicht vollstän dig oder nicht rechtzeitig bereitstellt, 3. entgegen § 6 Absatz 5 Nummer 2, § 7 Absatz 1 oder § 10 Absatz 5 Nummer 2 ein Kraftfahrzeug mit auto nomer Fahrfunktion betreibt, 4. entgegen § 12 Absatz 2 ein dort genanntes Doku ment oder ein Betriebshandbuch nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig zur Ver fügung stellt oder 5. entgegen § 13 Absatz 9 eine Aktivierung vornimmt. § 18 Übergangsvorschriften Können im Rahmen des Zulassungsverfahrens nach § 11 in Verbindung mit § 6 Absatz 7 der Fahr zeug-Zulassungsverordnung und der Erteilung der Er probungsgenehmigung nach § 16 die für die Zulassung vorzulegenden Fahrzeugdaten und der Hinweis auf die Erprobungsgenehmigung nach § 16 Absatz 7 von der zuständigen Zulassungsbehörde nicht in den Fahr zeugregistern gespeichert werden oder die Angaben nach § 11 Absatz 3 und § 16 Absatz 7 nicht in die Zu lassungsbescheinigung Teil I eingetragen werden, sind die jeweiligen Speicherungen und Eintragungen inner halb von sechs Kalendermonaten nach dem 1. Juli 2022 nachzuholen. 996 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 Anlage 1 Anforderungen an Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion Teil 1 Funktionale Anforderungen an Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion müssen die im Folgenden dargestellten funktionalen Anforderungen erfüllen. Die geforderten Funktionen können vom Hersteller oder vom Halter oder von beiden in einer möglichen, so genannten Testphase des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion ohne Fahrgäste im festgelegten Be triebsbereich nachgewiesen werden. 1. D y n a m i s c h e F a h r a u f g a b e Das Kraftfahrzeug muss in der Lage sein, durch geeignete Wahl von Fahrpfad und Geschwindigkeit selbst ständig und stetig anpassend die Fahraufgabe in dem genehmigten festgelegten Betriebsbereich in allen Situationen sicher zu erfüllen. Dies beinhaltet die Ausrichtung des Fahrverlaufs am veränderlichen Umfeld des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion und die Sicherstellung der Übereinstimmung mit gesetzlichen Vorgaben. Der Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden, aller unbeteiligten Dritten und aller Fahrzeuginsassen muss die höchste Priorität bei der Erfüllung der Fahraufgabe eingeräumt werden. Auf unerwartete Ereignisse, auch wenn diese plötzlich auftreten, muss das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion angemessen reagieren. Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion, die zur Beförderung von stehenden oder nicht angegurteten Fahrzeuginsassen eingesetzt werden, dürfen im Regelbetrieb eine Beschleunigung von 2,4 Meter pro Sekunde-Quadrat in der Ebene nicht überschreiten. In Abhängigkeit von überprüfbaren Einflussfaktoren auf die Gefährdung von Fahrzeuginsassen und anderen Verkehrsteilnehmenden und unbeteiligter Dritte kann es erforderlich sein, diese Grenze zu überschreiten. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn sich nur an geschnallte, nicht aber stehende Fahrzeuginsassen im Inneren des Fahrzeugs aufhalten. Das Kraftfahrzeug mit eingeschalteter autonomer Fahrfunktion muss zur Erfüllung der Fahraufgabe mindes tens die Anforderungen erfüllen, die in den folgenden Nummern 1.1 bis 1.4 genannt sind. 1.1 Generelle Kollisionsvermeidung Kollisionen mit anderen Verkehrsteilnehmenden und unbeteiligten Dritten müssen vermieden werden, sofern dies durch 1. Notbremseingriffe oder 2. andere Teilnehmende des umgebenden Verkehrs, andere unbeteiligte Dritte oder die Insassen des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion nicht gefährdende Ausweichmanöver möglich ist. Kann eine Kollision zur Abwendung einer Gefährdung des Lebens der Insassen des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion nur durch eine Gefährdung des Lebens anderer Teilnehmender des umgeben den Verkehrs oder unbeteiligter Dritter vermieden werden (unvermeidbare alternative Gefährdung von Menschleben), darf der Schutz der anderen Teilnehmenden des umgebenden Verkehrs und der unbe teiligten Dritten nicht nachrangig gegenüber dem Schutz der Insassen des autonom fahrenden Kraft fahrzeugs erfolgen. 1.2 Interaktion mit anderen Verkehrsteilnehmenden a) Vorausfahrende Verkehrsteilnehmende auf der Fahrbahn werden erkannt. Es wird jederzeit in jedem Geschwindigkeitsbereich und in jeder möglichen Fahrsituation ein angemessener Sicherheits abstand eingehalten. Der einzuhaltende Sicherheitsabstand bestimmt sich nach § 4 der Straßenver kehrs-Ordnung. b) Der Fahrstreifenwechsel vorausfahrender oder nachfolgender Fahrzeuge, der von einem benachbar ten Fahrstreifen in den eigenen Fahrstreifen oder aus dem eigenen Fahrstreifen heraus in einen benachbarten Fahrstreifen erfolgt, wird erkannt und bei der Fahraufgabe entsprechend berück sichtigt. c) Situationen, welche einen Fahrstreifenwechsel bedingen (beispielsweise anhaltende oder langsame Fahrzeuge auf der Fahrbahn, Ende eines Fahrstreifens), werden erkannt und geeignete Manöver zum Fahrstreifenwechsel werden sicher durchgeführt. d) Einsatzfahrzeuge werden erkannt und geeignete Fahrmanöver sicher durchgeführt. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 1.3 997 Planung der Fahrpfade und Geschwindigkeiten Bei Geschwindigkeitsanpassungen kommt es zu keiner vermeidbaren Beeinträchtigung von Insassen, anderen Verkehrsteilnehmenden und unbeteiligten Dritten. Es gelten folgende Anforderungen: a) Geschwindigkeitsbeschränkungen und Änderungen der Geschwindigkeitsbeschränkung werden er kannt und die Geschwindigkeit wird entsprechend angepasst. b) Besondere Anforderungen an die Geschwindigkeit werden erkannt und im Geschwindigkeits- und Fahrtverlauf befolgt (beispielsweise in Bereichen vor Schulen und an Arbeitsstellen an Straßen, an Bushaltestellen, Bahnübergängen, in engen Kurvenradien oder bei Gefällen, in Engstellen, in denen der eigene Fahrstreifen vom Gegenverkehr mitbenutzt werden muss). c) Zeichen und Weisungen der Polizeibeamten gemäß § 36 der Straßenverkehrs-Ordnung, Wechsel lichtzeichen gemäß § 37 der Straßenverkehrs-Ordnung, sonstige Zeichen gemäß der §§ 39 bis 42 der Straßenverkehrs-Ordnung sowie Verkehrseinrichtungen gemäß § 43 der Straßenverkehrs-Ord nung werden erkannt und im Geschwindigkeits- und Fahrtverlauf berücksichtigt. d) Situationen, in denen die Vorfahrt anderen gewährt werden muss (beispielsweise vor Fußgänger überwegen, in Kreuzungsbereichen oder Einmündungen), werden erkannt und ohne Gefährdung oder Behinderung der Vorfahrtberechtigten bewältigt. Es ist eine berechnete Zeit bis zum Aufprall von mehr als drei Sekunden bezüglich des Vorfahrtberechtigen einzuhalten. Wird von diesen Werten abgewichen, muss dies ausreichend begründet und auf Basis von systematischen Sicherheitsbewer tungen nach dem Stand der Technik dokumentiert werden. Das Erfordernis des Stands der Technik gilt als erfüllt, wenn die Vorgaben der ISO 26262:2018-12 Straßenfahrzeuge ­ Funktionale Sicherheit1 erfüllt werden. e) Bauliche Straßengestaltungen mit Auswirkung auf das Verhaltensrecht (beispielsweise bis zu 5 Me ter vom Fahrbahnrand einer vorfahrtberechtigten Straße abgesetzte Radwege nach § 9 Absatz 3 der Straßenverkehrs-Ordnung oder abgesenkte Bordsteine nach § 10 der Straßenverkehrs-Ordnung) werden erkannt und im Geschwindigkeits- und Fahrtverlauf berücksichtigt. f) Arbeitsstellen an Straßen, temporär veränderte Fahrbahnverläufe oder Fahrbahnmarkierungen werden erkannt und im Geschwindigkeits- und Fahrtverlauf berücksichtigt. g) Defizite am Zubehör, insbesondere der Verkehrseinrichtungen (zum Beispiel verschlissene, be schädigte, fehlende oder defekte temporäre oder dauerhafte Fahrbahnmarkierungen und Verkehrs zeichen, Phantommarkierungen) und der Straßenausstattung, insbesondere solcher nach vorstehen den Buchstaben a bis f werden erkannt und im Geschwindigkeits- und Fahrtverlauf berücksichtigt. Dies gilt insbesondere nach Sturm- und sonstigen Witterungsereignissen. 1.4 Reaktion auf Umweltbedingungen Wetter-, Umwelt- und Straßeninfrastrukturbedingungen (beispielsweise Regen, Sichtbehinderung durch Rauch, Schlaglöcher) werden im Geschwindigkeits- und Fahrtverlauf berücksichtigt. Fahrpfad und Geschwindigkeit sind ­ bis hin zum Stillstand des Fahrzeugs ­ so zu wählen, dass die in den Nummern 1.1 bis 1.3 gestellten Anforderungen auch bei geänderten Umweltbedingungen erfüllt werden. 2. R i s i k o m i n i m a l e r Z u s t a n d Für Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion und ohne konventionelle Vorrichtungen zur Ausübung der Fahraufgabe gilt: Das Kraftfahrzeug kann nur auf Veranlassung der Technischen Aufsicht den risikominimalen Zustand ver lassen. 3. N o t f a h r f u n k t i o n Das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion muss mit einer Notfahrfunktion ausgestattet sein. Muss sich das Kraftfahrzeug im Falle eines Defekts am Kraftfahrzeug in den risikominimalen Zustand versetzen, muss dies mit der Notfahrfunktion erfolgen. Fahrten mit der Notfahrfunktion dürfen nur bei Schrittgeschwindigkeit und aktivierter Warnblinkanlage erfolgen. Der Übergang der autonomen Fahrfunktion aus der normalen Fahrt in die Fahrt mit der Notfahrfunktion ist von dieser Geschwindigkeitsbegrenzung ausgenommen, sofern ein Abbremsen erforderlich ist. 4. M a n u e l l e r F a h r b e t r i e b Im manuellen Fahrbetrieb erfüllt eine fahrzeugführende Person die Fahraufgabe. Das Kraftfahrzeug mit auto nomer Fahrfunktion muss mit Vorrichtungen ausgestattet sein, die es einer fahrzeugführenden Person er möglichen, die Fahraufgabe wahrzunehmen. 1 Im Beuth Verlag GmbH, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin erschienen. Beim Deutschen Patent- und Markenamt in München archivmäßig gesichert niedergelegt. 998 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 Ist die Steuerung im manuellen Fahrbetrieb auf Geschwindigkeiten nicht höher als Schrittgeschwindigkeit begrenzt, ist es nicht erforderlich, dass die fahrzeugführende Person sich innerhalb des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion aufhält. Die Steuerung kann in diesem Fall über eine im Nahfeld des Kraftfahrzeugs befindliche Fernsteuerung ausgeführt werden. Die maximale Distanz, über die eine Fernsteuerung möglich ist, beträgt 6 Meter, gemessen in gerader Verbindung. Die Einhaltung der maximalen Distanz ist vom Her steller durch geeignete technische Mittel sicher zu stellen. Soll das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion im manuellen Fahrbetrieb mit Geschwindigkeiten höher als Schrittgeschwindigkeit gesteuert werden, muss es mit einem Sitzplatz für die fahrzeugführende Person ausgestattet sein. Der Sitzplatz ist entsprechend der geltenden Vorschriften zu gestalten. 5. D a u e r h a f t e S e l b s t ü b e r w a c h u n g Die zur Wahrnehmung der Fahraufgabe nötige technische Ausrüstung muss vom Kraftfahrzeug mit autono mer Fahrfunktion selbstständig dauerhaft auf ihre Funktionalität hin überwacht werden. Die Überwachung ist so auszuführen, dass eine Beeinträchtigung der technischen Ausrüstung, die zur sicheren Teilnahme des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion am Straßenverkehr nötig ist, in den risikominimalen Zustand führt. 5.1 Für Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion und ohne konventionelle Vorrichtungen zur dynamischen Ausübung der Fahraufgabe gilt: a) Zur dauerhaften Überwachung der technischen Ausrüstung werden nicht personenbezogene tech nische Daten im Kraftfahrzeug erhoben und gespeichert. b) Eine Beeinträchtigung der technischen Ausrüstung ist der Technischen Aufsicht unverzüglich an zuzeigen. 5.2 Für Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion und mit konventionellen Vorrichtungen zur Ausübung der Fahraufgabe gilt: Die autonome Fahrfunktion darf nicht erneut aktivierbar sein, solange eine Beeinträchtigung der technischen Ausrüstung besteht. 6. Ü b e r t r a g u n g v o n D a t e n a n d a s K r a f t f a h r z e u g Die zur selbstständigen Bewältigung der Fahraufgabe im autonomen Betrieb notwendigen Daten und Infor mationen von externen technischen Einheiten (beispielsweise Backends oder Server eines Anbieters, externe Sensoren, Smartphone) müssen vom Kraftfahrzeug sicher empfangen und verwendet werden können. Daten externer Einheiten können im Kraftfahrzeug zur Ausführung der autonomen Fahrfunktionen verwendet werden. Daten und Informationen können beispielsweise bei bestimmten Anwendungsfällen über eine Weit verkehrsnetz-Anbindung (WAN-Verbindung) von einer externen technischen Einheit an das Kraftfahrzeug und vom Kraftfahrzeug an eine technische Einheit übertragen werden. Die Übertragung solcher Daten muss ins besondere den Vorgaben der Artikel 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 entsprechen und nach dem aktuellen Stand der Technik abgesichert sein. Das Absicherungskonzept muss die in einer Bedrohungs analyse identifizierten Risiken mit wirksamen Maßnahmen adressieren und eine Datenschutzfolgeabschät zung nach Artikel 35 der Verordnung (EU) 2016/679 beinhalten. Zur Datenübertragung sollte eine zentrale sichere elektronische Steuereinheit (SECU) genutzt werden. Die SECU dient als Informationsgateway im Kraftfahrzeug. Die SECU kommuniziert intern an die Kommunikationsbusse des Kraftfahrzeugs und an den physischen On-Board-Diagnose II-Anschluss (OBD II) oder an eine proprietäre Schnittstelle eines Herstellers. Anforderungen an die Sicherheit im Bereich der Informationstechnik der Datenübertragung sind Teil 5 zu entnehmen. Die Integrität, Authentizität und Verfügbarkeit der Datenübertragung sind sicherzustellen. Die Kommunikation des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion mit anderen Fahrzeugen oder mit Infra strukturkomponenten ist zulässig. Sie muss auf der Basis einer Datenschutzfolgeabschätzung nach Artikel 35 der Verordnung (EU) 2016/679 insbesondere den Anforderungen an die Informationstechnik nach Teil 5 und damit den Vorgaben der Artikel 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 entsprechen. Während des Betriebs in einer optionalen Testphase ist die Kommunikation des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion mit anderen Fahrzeugen und Infrastrukturkomponenten zu testen und gegebenenfalls anzupassen. 7. F u n k t i o n a l e S i c h e r h e i t u n d S i c h e r h e i t d e r F u n k t i o n 7.1 Betriebshandbuch Zweck des Betriebshandbuchs ist es, mittels detaillierter Vorgaben den sicheren Betrieb des Kraftfahr zeugs zu gewährleisten und der Technischen Aufsicht die richtige Reaktion auf Fehlerfälle zu ermög lichen. 7.2 Sicherheitskonzept In dem Sicherheitskonzept ist die Sicherheit der Fahrfunktion zu bewerten. Mit einem systematischen Vorgehen müssen die für die Operational Design Domain (ODD) relevanten gefährlichen Szenarien und Ereignisse identifiziert und in einer Risikoanalyse bewertet werden. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 999 Um Gefährdungen zu verhindern oder deren Risiko auf ein akzeptables Maß zu mindern, muss aus gehend von erkannten Risiken für die entsprechenden Szenarien und Ereignisse ein Systemverhalten definiert oder müssen Systemverbesserungen umgesetzt werden. Die Systematik muss dem Stand der Technik entsprechen. Das Erfordernis des Stands der Technik gilt als erfüllt, wenn die Vorgaben der ISO/PAS 21448:2019-01 Straßenfahrzeuge ­ Sicherheit der be absichtigten Funktion2 erfüllt werden. Die ausreichende Vollständigkeit der Szenarien wird auf Basis von Validierungsfahrten oder anderen Datenaufzeichnungen im Fahrbetrieb durch statistische Analysen belegt. 7.2.1 Gefährdungsanalyse Die Gefährdungsanalyse benennt und ordnet sicherheitskritische Anteile der autonomen Fahr funktion. Die Analyse muss aufzeigen, wie die technische Ausrüstung zur Umsetzung der auto nomen Fahrfunktion in möglichen Betriebssituationen im Fehlerfall reagiert und welchen Einfluss diese Reaktionen auf die Sicherheit und Kontrollierbarkeit des Kraftfahrzeugs haben. Die Ge fährdungsanalyse schließt in jedem Fall die Sicherheit der Fahrzeuginsassen und anderer Ver kehrsteilnehmender ein. Die Gefährdungsanalyse schließt auch die Ermittlung von Situationen ein, die für die technische Ausrüstung am schwersten zu bewältigen sind. Die zur Erstellung der Gefährdungsanalyse genutzten Methoden müssen dem Stand der Wissenschaft und Technik entsprechen. Dies wird in Bezug auf die Methoden zur Gefährdungs analyse vermutet, wenn eine Gefahren- und Risikoanalyse gemäß ISO 26262-3:2018-12 Straßenfahrzeuge ­ Funktionale Sicherheit ­ Teil 3: Konzeptphase oder ,,Hazard Identification and Risk Evaluation" gemäß ISO/PAS 21448:2019-01 durchgeführt wird.3 7.2.2 Sicherheitsmaßnahmen Das Sicherheitskonzept des Herstellers nach Nummer 7.2 muss aufzeigen, wie die technische Ausrüstung nach dem Stand der Technik Gefährdungen erkennt und durch geeignete Maß nahmen vermindert oder umgeht. Mögliche Sicherheitsmaßnahmen sind insbesondere a) technische Maßnahmen in der Elektrik- und Elektronikinfrastruktur, Aktivierung von Rückfall ebenen oder externe Maßnahmen (beispielsweise Rückgriff auf den Notfahrmodus, Aktivie rung eines Notfallsystems, Übersteuerungsfunktion, Überführung in den risikominimalen Zustand), b) organisatorische Maßnahmen (beispielsweise Eingrenzung des geeigneten Betriebsbereichs, spezifische Anweisungen an die fahrzeugführende Person für den manuellen Fahrbetrieb, Eingrenzung des erlaubten Passagierkreises, Anpassung der Fahrbahn oder der Beschilde rung) und c) technische Maßnahmen, die sicherstellen, dass bei einem Unfallereignis die autonomen Funktionen des Fahrzeugs durch die Einsatzkräfte sicher und erkennbar stillgesetzt werden können, sodass selbstständige Fahrzeugaktionen blockiert und ausschließliche manuelle Be tätigungen durch Fahrzeugeinrichtungen möglich sind. Die notwendigen Maßnahmen zum Stillsetzen autonomer Fahrfunktionen sind den Einsatzkräften in geeigneter Form laufend bereitzustellen. Die zur Entwicklung von Maßnahmen zur Minimierung oder Umgehung von Gefährdungen ver wendeten Methoden müssen dem Stand der Technik entsprechen. Das Erfordernis des Stands der Technik gilt als erfüllt, wenn die Vorgaben der ISO 26262-4:2018-12 Straßenfahrzeuge ­ Funktionale Sicherheit ­ Teil 4: Produktentwicklung auf Systemebene oder ISO/PAS 21448:2019-014 erfüllt werden. 7.3 Periodisch technische Fahrzeugüberwachung Durch eine geeignete funktionelle und konstruktive Gestaltung des Kraftfahrzeugs ist die Durchführbar keit der periodischen technischen Fahrzeugüberwachung sicherzustellen (beispielsweise manueller Fahrbetrieb, Zugänglichkeit von Bremsen). Insbesondere die Befahrbarkeit von Bremsprüfständen, Lichteinstellplätzen, Hebebühnen oder Gruben und die Durchführung aller vorgeschriebenen Prüfungen müssen möglich sein. 8. S e n s o r i k Zur technischen Umsetzung der autonomen Fahrfunktion muss eine Sensorik verwendet werden, die alle für die sichere Erfüllung der Fahraufgabe erforderlichen Gegenstände, Daten oder Personen im Umfeld des Kraftfahrzeugs erfasst und hinsichtlich der Verarbeitung personenbezogener Daten die Vorgaben der Ver ordnung (EU) 2016/679, des Bundesdatenschutzgesetzes und spezialgesetzlicher datenschutzrechtlicher 2 3 4 Im Beuth Verlag GmbH, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin erschienen. Beim Deutschen Patent- und Markenamt in München archivmäßig gesichert niedergelegt. Es wird bezüglich des Stands der Wissenschaft und Technik alternativ auf die ,,Hazard Identification and Risk Evaluation" gemäß ISO/PAS 21448:2019-01 hingewiesen. Sobald diese in deutscher Sprache vorliegt, wird ein entsprechender Hinweis im Verkehrsblatt erfolgen. Im Beuth Verlag GmbH, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin erschienen. Beim Deutschen Patent- und Markenamt in München archivmäßig gesichert niedergelegt. 1000 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 Vorschriften beachtet. Zur Erfüllung des in Satz 1 genannten Zwecks und unter Einhaltung der genannten Vorgaben kann die Sensorik durch externe Systeme unterstützt werden. Beeinflussen Wetter-, Umwelt- und Infrastrukturbedingungen die Leistungsfähigkeit der Sensorik, werden von der technischen Ausrüstung des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion Maßnahmen eingeleitet, um die aus der verminderten Leistungs fähigkeit der Sensorik resultierenden Risiken auszugleichen. Die Sensorik ist in das Sicherheitskonzept des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion nach Nummer 7.2 und in die permanente Systemüberwachung nach Nummer 5 einzubinden. 9. A l t e r u n g u n d A b n u t z u n g d e s S y s t e m s Das Kraftfahrzeug muss die funktionalen Anforderungen auch bei Alterung und Abnutzung der relevanten Systemkomponenten erfüllen. Beeinflussen Alterungserscheinungen die Leistungsfähigkeit, beispielsweise der Sensorik, gleicht die technische Ausrüstung des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion die aus der verminderten Leistungsfähigkeit der Sensorik resultierenden Risiken durch geeignete Maßnahmen aus. Teil 2 Test- und Validierungsmethoden für Fahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion Im Folgenden werden Test- und Validierungsmethoden definiert, anhand derer die Einhaltung der technischen Anforderungen an die autonome Fahrfunktion von den für die Erteilung der Betriebserlaubnis zuständigen Stellen überprüft werden kann. Dabei kann jede Anforderung auf ihre Einhaltung hin mittels Tests überprüft werden. 10. P r ü f u n g u n d T e s t f ä l l e Im Rahmen der Prüfungen zur Erlangung der Betriebserlaubnis sowie im Rahmen der Überprüfung der Ein haltung der mit dieser Betriebserlaubnis verbundenen Anforderungen können Tests nach Notwendigkeit durchgeführt werden. Die Testfälle müssen eine ausreichende Testabdeckung für alle Szenarien, Test parameter und Umwelteinflüsse bieten. Die Abdeckung ist gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt oder gegen über den vom Kraftfahrt-Bundesamt nach § 3 Absatz 7 beauftragten Stellen zu begründen. Diese Begründung muss eine Validierung oder einen geeigneten Nachweis auf Basis empirischer Datenerhebungen nicht personenbezogener Daten enthalten. Die Testfälle müssen geeignet sein nachzuweisen, dass das Maß an Sicherheit des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion höher ist als das Maß an Sicherheit bei Fahr zeugen, die von Personen geführt werden. Die Testfälle müssen geeignet sein, eine hinreichende Robustheit der technischen Ausrüstung zur Um gebungswahrnehmung gegen die Störung von Eingabe-/Sensordaten und ungünstige Umweltbedingungen nachzuweisen. 10.1 Künstliche Fehler und Grenzen des Betriebsbereichs Zum Test der Anforderungen a) dürfen künstlich Fehler in der technischen Ausrüstung verursacht werden, b) darf das Kraftfahrzeug in Umgebungen gebracht werden, welche nicht dem vorgesehenen Betriebs bereich entsprechen. 10.2 Testszenarien, Abweichungen und Bestehenskriterien Entsprechend des vorgesehenen Betriebsbereichs wählt das Kraftfahrt-Bundesamt Testszenarien im Rahmen der Prüfung aus. Die Auswahl erfolgt auf der Basis des Katalogs von Testszenarien des Her stellers entsprechend § 3 Absatz 2. Um die Erfüllung der Anforderungen an das Kraftfahrzeug zu prüfen, müssen im Rahmen der Erteilung der Betriebserlaubnis Fahrtests im realen Straßenverkehr durchgeführt werden. Die Prüfung wird durch Simulationen und Durchführungen von Fahrmanövern auf einem Test gelände ergänzt. Abhängig von den im Rahmen der Erteilung der Betriebserlaubnis durch die zuständige Behörde fest gelegten Testszenarien, definieren sich die Bestehenskriterien über die nachfolgenden Werte. Weicht der Hersteller von diesen Werten ab, muss er dies ausreichend begründen und dokumentieren. Begrün dung und Dokumentation sind nach dem Stand der Technik auszuführen. Das Erfordernis des Stands der Technik gilt als erfüllt, wenn die Vorgaben der ISO 26262:2018-12 Straßenfahrzeuge ­ Funktionale Sicherheit5 erfüllt werden. 10.2.1 Bestehenskriterien aus UN-Regelung Nr. 152 Die Erfüllung der in Nummer 1.1 an das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion gestellten Anforderungen hinsichtlich der Vermeidung von Kollisionen ist durch die Ableitung von Be stehenskriterien aus den Anforderungen der UN-Regelung Nr. 152 ­ Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich des Notbremsassistenzsystems (AEBS) in 5 Im Beuth Verlag GmbH, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin erschienen. Beim Deutschen Patent- und Markenamt in München archivmäßig gesichert niedergelegt. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 1001 Fahrzeugen der Klassen M1 und N1 (ABl. L 360 vom 30.10.2020, S. 66) zu gewährleisten. Folgende Änderungen des Textes der UN-Regelung Nr. 152 sind dabei anzuwenden: a) Nummer 5.1.4 die Warnung an den Fahrer, ist nicht anzuwenden. b) Nummern 5.2.1.2 und 5.2.2.2, von der geforderten Mindestverzögerungsanforderung von 5 Metern pro Sekunde-Quadrat muss unter Berücksichtigung der Eigenschaften des Fahr zeugs im autonomen Betrieb sowie der Umgebungsbedingungen abgewichen werden. Beispielsweise kann bei Fahrzeugen, die während des autonomen Betriebs zum Transport von stehenden Fahrgästen vorgesehen sind, eine geringere Mindestverzögerung zum Schutz der Fahrzeuginsassen erforderlich sein. c) Nummer 5.2.1.4 Buchstabe a bis e (Einschränkungen der Anforderungen) sind nicht an zuwenden. Neue Einschränkungen, die sich aus der Definition der ODD ergeben, sind denk bar (beispielsweise aus ,,keine automatisierte Fahrt nachts" ergibt sich die Einschränkung ,,bei Tageslicht"). d) Nummer 5.2.2.4 Buchstabe a ist wie folgt geändert anzuwenden: ,,Bei querenden zu Fuß Gehenden mit einer seitlichen Geschwindigkeitskomponente von nicht mehr als 7 km/h, bei querenden Rad Fahrenden mit einer seitlichen Geschwindigkeitskomponente von nicht mehr als 25 km/h". Die Buchstaben b bis e sind nicht anzuwenden. e) Nummer 5.2.1.4 und 5.2.2.4, die Tabellen sind anhand der Geschwindigkeitsgrenzen der au tomatisierten Fahrfunktion so anzuwenden, dass über den gesamten Geschwindigkeitsbe reich eine relative Kollisionsgeschwindigkeit von ,,0" (keine Kollision) gefordert wird. f) Die Nummern bezüglich Übersteuerung und Abschaltung des Notbremssystems sind nicht anzuwenden. 10.2.2 Verlassen des Fahrstreifens Das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion darf seinen eigenen Fahrstreifen nur in folgenden Fällen verlassen: Während des Manövers ,,Fahrstreifenwechsel", für Manövrieren im niedrigen Geschwindigkeitsbereich (beispielsweise beim Einparken, im Bereich enger Kreuzungen), zum Ausweichen bei Hindernissen und bei entgegenkommenden Fahrzeugen, zur Kollisionsvermei dung sowie um Einsatzfahrzeugen auszuweichen. 10.2.3 Sicherheitsabstand Vorausfahrende Fahrzeuge auf der Fahrspur werden erkannt. Es ist jederzeit, in jedem Ge schwindigkeitsbereich und in jeder möglichen Fahrsituationen ein angemessener Sicherheits abstand einzuhalten. 10.2.4 Fahrstreifenwechsel anderer Fahrzeuge Der Fahrstreifenwechsel vorausfahrender oder nachfolgender Fahrzeuge, der von einem be nachbarten Fahrstreifen in den eigenen Fahrstreifen oder aus ihm heraus in einen benachbarten Fahrstreifen erfolgt, wird erkannt und bei der Fahraufgabe entsprechend berücksichtigt. 10.2.5 Kollisionsvermeidung mit in gleicher Richtung fahrenden Fahrzeugen Kollisionen mit in gleicher Richtung fahrenden, in den eigenen Fahrstreifen eindringenden Ver kehrsteilnehmenden sind innerhalb der durch folgende Ungleichung bestimmten Bedingungen zu vermeiden. Die Ungleichung ist nur gültig für vor dem Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunk tion einscherende Verkehrsteilnehmende, und nur dann, wenn die einscherenden Verkehrs teilnehmer mindestens 0,72 Sekunden vor dem Eindringen sichtbar waren: Folgend werden die Parameter der voranstehenden Ungleichung spezifiziert: TTCSpurwechsel Zeit bis zum Aufprall (TTC) zum Zeit punkt des Eindringens in den Fahr streifen des Kraftfahrzeugs mit auto nomer Fahrfunktion in Sekunden. Als Eindringen wird ein Überschreiten der Außenkante des Fahrsteifens um mehr als 30 Zentimeter gewertet. rel Relativgeschwindigkeit in Meter pro Sekunde [m/s]. Positiv für Annäherung des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion an einen einscherenden Verkehrsteilnehmenden, der sich lang samer fortbewegt. 1002 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 Reaktion Zeit in Sekunden, die bis zum Er Typische Werte sind 0,5 Sekunden reichen der Verzögerung in Meter bis zum Erreichen von 10 Sekundepro Sekunde-Quadrat vergeht. Quadrat. Für geringere mögliche Ver zögerungen des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion sind die Werte entsprechend zu skalieren. Für 6 Sekunde-Quadrat wird daher davon ausgegangen, dass diese Verzögerung in 0,3 Sekunden er reicht wird, 2,4 Sekunde-Quadrat in 0,12 Sekunden. Zeit in Sekunden, die für die Einleitung 0,1 Sekunden einer Bremsreaktion erforderlich ist. Verzögerung in Meter pro Sekunde- 2,4 Sekunde-Quadrat für Kraftfahr Quadrat. zeuge mit autonomer Fahrfunktion, die für die Beförderung von stehenden oder nicht angegurteten Fahrzeug insassen ausgelegt sind, 6 SekundeQuadrat für übrige Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion. Daraus ergibt sich eine geforderte Kollisionsvermeidung bei Eindringen eines Verkehrsteil nehmenden in den eigenen Fahrstreifen oberhalb der folgenden TTC-Werte (beispielhaft für Ge schwindigkeiten in 10 Kilometer pro Stunde-Schritten dargestellt). Diese Anforderungen sind unabhängig von Umweltbedingungen zu erfüllen und sollen bei der Ableitung von Bestehens kriterien berücksichtigt werden. vrel [Kilometer pro Stunde] TTCSpurwechsel [Sekunde] für TTCSpurwechsel [Sekunde] für Kraftfahrzeuge mit autonomer übrige Kraftfahrzeuge mit Fahrfunktion mit stehend beför autonomer Fahrfunktion derten Fahrzeuginsassen 10 0,74 0,48 20 1,32 0,71 30 1,9 0,94 40 2,47 1,18 50 3,05 1,41 60 3,63 1,64 Sollte ein fahrstreifenwechselnder Verkehrsteilnehmender bei geringerer Zeit bis zum Aufprall (TTC) in den Fahrstreifen des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion einscheren, kann nicht mehr von einer Kollisionsvermeidung ausgegangen werden. Sofern eine Kollision nicht zu vermeiden ist, sind die Folgen einer Kollision durch Bremsen und damit möglichst großem Ge schwindigkeitsabbau unter Abwägung der Gefahr für die Insassen des Kraftfahrzeugs mit auto nomer Fahrfunktion aufgrund der Bremsung und der Kollision zu minimieren. Die Regelstrategie des Systems darf sich zwischen Kollisionsvermeidung und Kollisionsabschwächung nur insofern ändern, als eine Bremsung gegenüber einem nicht mehr erfolgreichen Ausweichmanöver priorisiert wird. Ausweichmanöver dürfen nur unter Beachtung der Vorgaben in Nummer 1.1 erfolgen. 10.2.6 Spurwechselmanöver Die Bestehenskriterien für Spurwechselmanöver sind der Nummer 5.6.4.6 der UN-Regelung Nr. 79 ­ Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung der Fahrzeuge hinsichtlich der Lenk anlage (ABl. L 318 vom 14.12.2018, S. 1) zu entnehmen. Anforderungen dieser Regelung, die Funktionen betreffen, die sich auf die fahrende Person beziehen, sind nicht anzuwenden. Die Fahrmanöver sind so zu planen, dass keine Gefährdung von anderen am Verkehr Teilnehmenden stattfindet. Die Bestehenskriterien in Bezug auf sichere Spurwechsel und daran, wie eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmenden beim Spurwechseln zu vermeiden ist, orientieren sich an den Anforderungen der Nummer 5.6.4.7 und 5.6.4.8 der UN-Regelung Nr. 79, wobei für die Geschwindigkeit des sich nähernden Fahrzeugs (v) die jeweilig in der ODD herrschende Geschwindigkeitsbeschränkung angesetzt werden darf. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 1003 10.2.7 Einbiegen und Kreuzen Hinsichtlich der Interaktion mit anderen am Verkehr Teilnehmenden beim Einbiegen und Kreuzen sind folgende Bestehenskriterien zu berücksichtigen (siehe Abbildung 1): Abbildung 1: Visualisierung der Abstände beim Einbiegen und Kreuzen. Fall Buchstabe a: Einzuhaltender Abstand zum nachfolgenden Verkehr beim Einbiegen. Fall Buchstabe b: Zusätzlich einzuhal tender Abstand zum Gegenverkehr beim Einbiegen durch den Gegenverkehr. Fall Buchstabe c: Beim Kreuzen einzuhaltender Abstand zum bevorrechtigt kreuzenden Verkehr. Bestehenskriterien für sicheres Einbiegen und Kreuzen sind aus den Anforderungen der Num mer 5.6.4.7 und 5.6.4.8 der UN-Regelung Nr. 79 abzuleiten. Für die Annäherungsgeschwindig keit (v) darf die in der Fahrsituation gültige Geschwindigkeitsbeschränkung angesetzt werden. Die Anforderungen an die geometrischen Beziehungen zum umlaufenden Verkehr sind vom Spurwechsel auf das Einbiegemanöver entsprechend zu übertragen (Buchstabe a in Abbil dung 1). Für das Einbiegen über die Gegenfahrbahn hinweg gilt für die Berücksichtigung des entgegen kommenden Verkehrs, dass ­ zusätzlich zum Abstand zum nachfolgenden Verkehr auf der Ziel straße ­ sicherzustellen ist, dass die TTC des bevorrechtigten Gegenverkehrs zum berechneten Kollisionspunkt (Schnittpunkt der Fahrpfade) niemals unter 3 Sekunden sinkt (Buchstabe b in Abbildung 1). Gleiches gilt beim Kreuzen mit bevorrechtigtem Verkehr (Buchstabe c in Abbildung 1): Die TTC des bevorrechtigten Verkehrs zum fiktiven Kollisionspunkt (Schnittpunkt der Fahrpfade) muss mehr als 3 Sekunden betragen. 11. D u r c h f ü h r u n g v o n T e s t s Für die Durchführung der Tests dürfen neben realen Fahrzeugen auch dem Stand der Technik entsprechende Testwerkzeuge eingesetzt werden, die reale Fahrzeuge und andere am Verkehr Teilnehmende ersetzen (beispielsweise Soft-Targets, zu Fuß Gehende-Attrappen, mobile Plattformen). Die Testwerkzeuge müssen hinsichtlich der für eine Leistungsbewertung der Sensorik relevanten Eigenschaften, realen Fahrzeugen und anderen am Verkehr Teilnehmenden entsprechen. Tests dürfen nur so ausgeführt werden, dass die am Ver such beteiligten Personen nicht gefährdet werden. Die jeweiligen Vorgaben des Arbeitsschutzes sind zu berücksichtigen. Die Erfüllung von Anforderungen kann auch durch geeignete Simulation geprüft werden. Dabei sind die Simulationswerkzeuge zu validieren. Die Validierung der Simulationswerkzeuge muss mittels Abgleichs zu einer repräsentativen Auswahl von realen Versuchen erfolgen; es darf kein signifikanter Unterschied zwischen Kennwerten aus Simulation und Fahrversuch bestehen. Das Leistungsvermögen der Sensorik in Bezug auf Erkennung und Klassifizierung von Objekten in Abhängigkeit von unterschiedlichen Entfernungen und Um weltbedingungen ist für die Simulation in realen Tests zu ermitteln. Jede Simulationsreihe ist, falls dies vom technischen Dienst als notwendig erachtet wird, durch reale Tests zu ergänzen. Jede in dieser Verordnung beschriebene Anforderung, die im vorgesehenen Betriebsbereich für den auto nomen Fahrbetrieb entsprechend der beantragten Betriebserlaubnis relevant ist und jedes nach Nummer 7.2 identifizierte gefährliche Szenario sind zumindest durch Simulation zu prüfen. Dazu ist das zu testende Kraft fahrzeug im autonomen Fahrbetrieb durch geeignete Wahl der Verkehrsumgebung in die entsprechende Situation zu bringen. Es ist mindestens zu prüfen, wie sich das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion in den in Nummer 7.2 als gefährlich identifizierten Szenarien verhält. Für diese Prüfung sind mindestens drei Parameterkonstellationen zu wählen. 1004 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 12. A n f o r d e r u n g e n a n d a s T e s t g e l ä n d e u n d d i e U m w e l t b e d i n g u n g e n Für Prüfungen im Rahmen der Genehmigungserteilung nach § 3 kann der für die Genehmigung vorgesehene festgelegte Betriebsbereich selbst genutzt werden, sofern dort Tests gefahrlos für andere am Verkehr Teil nehmende und unbeteiligte Dritte erfolgen können. Tests sind unter verschiedenen Umweltbedingungen durchzuführen. Teil 3 Digitaler Datenspeicher 13. A l l g e m e i n e A n f o r d e r u n g e n a n d e n D a t e n s p e i c h e r Im Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion muss ein den Vorgaben der Artikel 24, 25 und 32 der Verord nung (EU) 2016/679 entsprechender Datenspeicher integriert sein, der ereignisbasiert und während des Be triebs nach § 9 Absatz 5 und § 15 Daten des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion ausschließlich zu dem Zweck der Verbesserung der Verkehrssicherheit erfasst, speichert und verwendet. Die zu erfassenden Daten sind in § 1g Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes in Verbindung mit Anlage 2 zu dieser Verordnung abschließend geregelt. Der Datenspeicher ist entsprechend den in § 1g des Straßenverkehrsgesetzes und den in dieser Verordnung enthaltenen Datenschutz- und den Vorgaben der Artikel 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 ent sprechender Datensicherheitsvorschriften gemäß dem Stand der Technik auszugestalten. Ein System zur Zugangskontrolle sowie kryptographische Schutzverfahren sind entsprechend der einschlägigen Tech nischen Richtlinien des Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnik vorzusehen. Das Bundes amt für die Sicherheit in der Informationstechnik ist in die konkrete Ausgestaltung der Vorgaben ein zubeziehen. Wesentliche Anforderungen an den Datenspeicher sind nachfolgend dargestellt. 13.1 Zu speichernde Ereignisse Im Folgenden werden die verschiedenen Fälle der Datenaufzeichnung dargestellt. Fall 1: Autonome Fahrt im festgelegten Betriebsbereich Fall 2: Autonome Fahrt im festgelegten Betriebsbereich mit Ereignis (beispielsweise Unfall) Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 1005 Fall 3: Autonome Fahrt im festgelegten Betriebsbereich mit Ereignis und anschließender Überführung des Kraftfahrzeugs in den risikominimalen Zustand Legende: Zeitpunkt Beschreibung tS Beginn der Fahrt (Starten des Kraftfahrzeugs) tE Ende der Fahrt t0 Unfallereignis t0P Anforderung oder Eingabe der Technischen Aufsicht tR Auslösung des risikominimalen Zustands 13.2 Technische Vorgaben für das Speichern, Auslesen und Übertragen von Daten Das System der Datenspeicherung darf nicht flüchtig sein. Die gespeicherten Daten müssen im strom losen Zustand erhalten bleiben. Ergänzende technische Anforderungen für den Datenspeicher: a) Der Zugang zu den im Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion gespeicherten Daten erfolgt über die normierte 16-polige On-Board-Diagnose-Schnittstelle (16-polige OBD-Schnittstelle) über ein Kommunikationsmodul nach ISO 22900-1:2008-036 Straßenfahrzeuge ­ Modulare Kommunikations schnittstelle im Fahrzeug (MVCI) ­ Teil 1: Hardwaredesign Anforderungen unter Verwendung der proprietären Software des Herstellers oder über die proprietäre Schnittstelle. Ergänzend dazu müs sen in bestimmten Situationen oder nach bestimmten Ereignissen die Daten direkt über eine Weit verkehrsnetz-Anbindung (WAN-Verbindung) an die zuständige staatliche Stelle gesendet werden. b) Der Zugang und das Herunterladen der gespeicherten Daten über die normierte 16-polige OBDSchnittstelle oder über die proprietäre Schnittstelle darf nur durch das Kraftfahrt-Bundesamt und die zuständige Behörde erfolgen, sofern dies für deren jeweilige Aufgabenerfüllung nach dieser Ver ordnung erforderlich ist. c) Im Reparaturfall erfolgt der Zugang zum Datenspeicher im Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion über die normierte 16-polige OBD-Schnittstelle über ein Kommunikationsmodul nach ISO 22900 nur unter Verwendung der proprietären Software des Herstellers oder über die proprietäre Schnittstelle. d) Die Datenspeicherung und die Datenübermittlung an das Kraftfahrt-Bundesamt und die zuständige Behörde haben den Anforderungen an die Sicherheit im Bereich der Informationstechnologie (Teil 5) zu genügen. Insbesondere müssen die Daten dem Stand der Technik gemäß unter Beachtung der Vorgaben der Artikel 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 vor Manipulation und missbräuchlicher Verwendung geschützt werden. Teil 4 Anforderungen an Mensch-Maschine-Schnittstellen 14. I n t e r a k t i o n Ein Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion, das autonom innerhalb eines festgelegten Betriebsbereichs betrieben wird, erfordert nur in Ausnahmesituationen eine Interaktion mit der Technischen Aufsicht. Insbesondere ist die Mensch-Maschine-Schnittstelle unter Berücksichtigung der folgenden zwei Ausnahme situationen zu gestalten. 6 Im Beuth Verlag GmbH, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin erschienen. Beim Deutschen Patent- und Markenamt in München archivmäßig gesichert niedergelegt. 1006 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 14.1 Die Technische Aufsicht erteilt eine Fahrmanöverfreigabe an das Kraftfahrzeug mit autonomer Fahrfunktion Die technische Ausrüstung versetzt das Kraftfahrzeug in den risikominimalen Zustand, da die Fort setzung der Fahrt aufgrund einer Verkehrssituation nicht fortgesetzt werden kann. Das Verlassen des risikominimalen Zustands erfolgt mit Unterstützung der Technischen Aufsicht. Folgendes ist hierbei zu beachten: a) Die autonome Fahrfunktion kann initial der Technischen Aufsicht mögliche Fahrmanöver zur Fort setzung der Fahrt vorschlagen und ausreichend Daten zur Beurteilung der Situation liefern. b) Wird durch die Technische Aufsicht ein Fahrmanöver vorgegeben, so muss dieses durch die auto nome Fahrfunktion validiert werden. Unabhängig von den Buchstaben a und b darf das Fahrmanöver nicht ausgeführt werden, wenn daraus eine Gefährdung der am Verkehr Teilnehmenden und unbeteiligter Dritter resultieren würde. Die sichere Ausführung oder Nichtausführung solcher Fahrmanöver obliegt weiterhin der autonomen Fahrfunktion mit systemseitiger Auswertung der aktuellen Verkehrssituation vor Ort. 14.2 Übernahme der Fahraufgabe durch manuelle Steuerung außerhalb des festgelegten Betriebs bereichs Erreicht die autonome Fahrt die Grenzen des festgelegten Betriebsbereichs, muss das Kraftfahrzeug durch die autonome Funktion in den risikominimalen Zustand versetzt werden. Wird die Fahrt außerhalb der Grenzen des festgelegten Betriebsbereichs durch eine fahrzeugführende Person fortgesetzt, ist die fahrzeugführende Person mittels eines geeigneten Interaktionskonzepts zur Aktivität aufzufordern. Sofern das Stehenbleiben des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion den umlaufenden Verkehr oder Dritte behindern würde, ist die Aufforderung durch einen entsprechenden Hinweis zu ergänzen. Die Aufforderung ist in ihrer Intensität fortlaufend zu steigern. Die Aufforderung kann beispielsweise durch Signaltöne in zunehmender Lautstärke oder durch Vibrationen mit zunehmender Intensität er folgen. Teil 5 Anforderungen an die Sicherheit im Bereich der Informationstechnologie 15. S i c h e r h e i t i n d e r I n f o r m a t i o n s t e c h n o l o g i e Die vom Hersteller zu erfüllenden Anforderungen bezüglich der Sicherheit im Bereich der Informations technologie sind den Anforderungen der jeweils geltenden Fassung der UN-Regelung Nr. 155 ­ Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung von Fahrzeugen hinsichtlich der Cybersicherheit und des Cybersicher heitsmanagementsystems (ABl. L 83 vom 9.3.2021, S. 30) mit Maßgabe des Folgenden zu entnehmen: Die Anforderungen der Nummern 1, 3, 4, 5.3.1 bis 5.3.5 entfallen. Das Sicherheitskonzept muss den Vorgaben der Artikel 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 entsprechen und eine Datenschutzfolgeabschätzung nach Artikel 35 der Verordnung (EU) 2016/679 beinhalten. 16. S i c h e r h e i t d e r F u n k v e r b i n d u n g e n Die Verbindungen sind so auszuführen, dass der Schutz gegen einen unerlaubten Zugriff auf die Verbindun gen die Vorgaben der Artikel 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679 umsetzt. Der Aufbau der Ver bindung und die Datenübertragung sind nach dem Stand der Technik mit der Nutzung offener und etablierter Standards zu sichern und zu verschlüsseln (beispielsweise mit TLS 1.3 wie in der Technische Richtlinie TR-02102-2 Kryptographische Verfahren: Empfehlungen und Schlüssellängen, herausgegeben vom Bundes amt für Sicherheit in der Informationstechnik im Januar 2020 und auf der Internetseite des Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik veröffentlicht7). 7 Zu beziehen über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, Postfach 200363, 53133 Bonn; dort archivmäßig gesichert, ferner zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung abrufbar: https://www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Publikationen/TechnischeRichtlinien/TR02102/BSI-TR-02102-2.pdf;jsessionid= 55C61697617F17382A64C6612D32125B.internet082?__blob=publicationFile&v=1 1007 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 Anlage 2 Datenspeicherung Während des Betriebs sind bei den in § 1g Absatz 2 des Straßenverkehrsgesetzes genannten Anlässen im Kraft fahrzeug mit autonomer Fahrfunktion folgende Daten zu erfassen. Daten Beispiel Dateiformat 1. Fahrzeugidentifizierungsnummer Alphanummerische Zeichen [A-Z; 0-9] Beispiel: AAAAAA654398GFRDE 2. Positionsdaten Breiten- und Längengrad [±ddd.ddddd, Angabe in ± Graden (°) und Dezimalgraden, 5 Nach kommastellen] Höhenangaben in Meter Ausgabe im Globalen Positionsbestimmungssystem ­ Austauschformat als Abfolge von Punkten, in denen eine Änderung der Fortbewegungs richtung erfolgt; Angabe des (Karten-)Bezugssystems. 3. Anzahl und Zeiten der Nutzung so wie der Aktivierung/Deaktivierung der autonomen Funktion Datum (Jahr:Monat:Tag), Zeit (Stunde:Minute:Sekunde), Beispiel: 2019-07-16, 05:25:12 4. Anzahl und Zeit der Freigabe von alternativen Fahrmanöver Anzahl, Einzelzeiten (Stunde:Minute:Sekunde) 5. Systemüberwachungsdaten (Beginn/ Ende) samt Softwarestand Alphanummerische Zeichen [A-Z; 0-9] samt Erklärung Beispiel: P0601 Motorsteuergerät ­ Speicher Prüfsummenfehler 6. Umwelt- und Wetterbedingungen Temperatur/°C, Helligkeit/Beleuchtungsstärke/lux, Stellung des Scheibenwischers an/aus 7. Vernetzung Vernetzungsparameter wie beispielsweise Übertragungslatenz und verfügbare Bandbreite 8. Name der aktivierten/deaktivierten passiven und aktiven Sicherheits systeme, Zustand, auslösende In stanz (System oder extern) Name des Systems, Zustand, Instanz Beispiel: Notbremssystem, aktiv, Systemfunktionsfähigkeit 9. Fahrzeugbeschleunigung in Längsund Querrichtung Nummerische Werte in Meter pro Sekunde zum Quadrat 10. Geschwindigkeit Nummerischer Wert in Meter pro Sekunde 11. Status der lichttechnischen Einrich tungen Beispiel: Blinken an/aus Tagfahrlicht an/aus 12. Spannungsversorgung des auto nomen Kraftfahrzeugs Nummerischer Wert in Volt 13. Von extern an das Fahrzeug ge sendete Befehle und Informationen Gesendetes Format der Befehle sowie Metadaten zu Informationen: Dateigröße, Dateiformat, Quelle, Ziel, Übertragungszeit 1008 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 Anlage 3 Dokumentationspflichten des Herstellers 1. Funktionale Beschreibung Ziel der funktionalen Beschreibung ist es, die technischen Grundlagen der Funktionen des Kraftfahrzeugs und die nötigen Bedingungen des sicheren Betriebs sowie die Umsetzung der Vorgaben des Datenschutzes und der Datensicherheit darzulegen. Die Systematik der funktionalen Beschreibung muss dem Stand der Technik entsprechen. Dies gilt als erfüllt, wenn die Vorgaben der ISO 26262-3:2018-12 Straßenfahrzeuge ­ Funktionale Sicherheit ­ Teil 3: Konzeptphase8 eingehalten werden. Die funktionale Beschreibung muss die folgenden Themen behandeln: 1.1 Betriebsbereich des Kraftahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion (zum Beispiel Personenbeförderung im Verkehr zwischen festgelegten Stationen), 1.2 Technische Beschreibung (Blockschaltbilder, Schnittstellen zu anderen Fahrzeugsystemen), 1.3 Beschreibung der geforderten Funktionen des Kraftfahrzeugs und der Systemzustände (zum Beispiel Fahrt mit aktivierter autonomer Funktion, sonstige Fahrmodi, risikominimaler Zustand), 1.4 Zum reibungslosen Betrieb nötige Umweltbedingungen (zum Beispiel Sichtbedingungen, Wetterbedingun gen, Fahrbahnzustand), 1.5 Normative oder prozedurale Anforderungen an den Betrieb (zum Beispiel Arbeits- und Gesundheitsschutz, interne Freigabeprozesse, digitales Rollen- und Rechtekonzept), 1.6 Systematik der Interaktion mit anderen Verkehrsteilnehmenden (zum Beispiel Reaktion auf nicht ein deutiges Verhalten, Warnzeichen, Handzeichen), 1.7 Anforderungen an die Verkehrsinfrastruktur zum reibungslosen Betrieb (zum Beispiel Funksignale von Schildern oder Ampeln) und 1.8 Umsetzung und Gewährleistung der Vorgaben zum Datenschutz und der Datensicherheit. 2. Betriebshandbuch Mit dem Ziel, den sicheren Betrieb des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion zu gewährleisten, soll das Betriebshandbuch die Bedienung, Wartung, Gesamtprüfung, Diagnose des Kraftfahrzeugs und die dem Datenschutz und der Datensicherheit dienenden Parameter detailliert darstellen. Zum Inhalt des Betriebshand buches gehören mindestens folgende Punkte: 2.1 Ein Rollen-Rechte-Pflichten-Konzept für die zum Betrieb nötigen Tätigkeiten, 2.2 Definition der erforderlichen Kompetenzen zur Ausübung der zum Betrieb nötigen Tätigkeiten, 2.3 Umfang, Ablauf, Zeitpunkte und Intervalle von Wartungsmaßnahmen, 2.4 Sicherheitshinweise im Sinne der Beachtung von Grenzwerten für die technischen Funktionen, 2.5 Entstörungs- oder Sicherheitsmaßnahmen, die im Falle einer Störung des Betriebs zu ergreifen sind, 2.6 Dokumente für Wartungs- und Reparaturmaßnahmen inklusive der nötigen Vorlagen, 2.7 Darstellung der dem Datenschutz und der Datensicherheit dienenden Funktionalitäten. 3. Sicherheitskonzept Die Dokumentation des Sicherheitskonzepts nach Anlage 1 Nummer 7.2 soll die Prüfung der funktionalen Sicherheit ermöglichen. 4. Sicherheit im Bereich der Informationstechnologie Die Dokumentation muss die Prüfung der Sicherheit im Bereich der Informationstechnologie ermöglichen und eine detaillierte Beschreibung in Bezug auf die Gewährleistung des Datenschutzes und der Datensicherheit enthalten, insbesondere hinsichtlich der Beachtung der Vorgaben der Artikel 24, 25 und 32 der Verordnung (EU) 2016/679. 8 Im Beuth Verlag GmbH, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin erschienen. Beim Deutschen Patent- und Markenamt in München archivmäßig gesichert niedergelegt. 1009 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 Artikel 2 Änderung der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr Die Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr vom 25. Januar 2011 (BGBl. I S. 98), die zuletzt durch Artikel 6 der Verordnung vom 18. März 2022 (BGBl. I S. 498) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. § 2 Absatz 1 wird wie folgt geändert: a) In Nummer 11 wird der Punkt durch ein Komma ersetzt. b) Folgende Nummern 12 und 13 werden angefügt: ,,12. die Kosten eines amtlich anerkannten Sachverständigen für den Kraftfahrzeugverkehr, eines tech nischen Dienstes mit Gesamtfahrzeugbefugnissen der jeweiligen Fahrzeugklassen oder einer anderen vom Kraftfahrt-Bundesamt beauftragten Stelle für die Begutachtung eines Kraftfahrzeugs mit auto matisierter oder autonomer Fahrfunktion einschließlich der Bewertung der informationstechnischen Sicherheit von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen, 13. die Kosten eines von der zuständigen Behörde beauftragten Gutachtens gemäß § 9 Absatz 3 Satz 1 der Autonome-Fahrzeuge-Genehmigungs-und-Betriebs-Verordnung." 2. Die Anlage wird wie folgt geändert: a) Nach der Gebührennummer 111.2.1 werden die folgenden Gebührennummern 111.3 bis 111.7 eingefügt: GebührenNummer Gegenstand Gebühr Euro ,,111.3 einer Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahr funktion 8 925,00 bis 89 240,00 111.4 einer Erprobungsgenehmigung für Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion 8 925,00 bis 89 240,00 111.5 einer Genehmigung einer nachträglichen Aktivierung einer auto nomen Fahrfunktion in bereits zugelassenen Kraftfahrzeugen nach Personal- und Sachaufwand je Stunde und Person 49,00 bis 129,00 111.6 einer Genehmigung einer nachträglichen Aktivierung einer auto matisierten Fahrfunktion in bereits zugelassenen Kraftfahrzeugen nach Personal- und Sachaufwand je Stunde und Person 49,00 bis 129,00 111.7 einer Erprobungsgenehmigung für automatisierte Fahrfunktionen nach Personal- und Sachaufwand je Stunde und Person 49,00 bis 129,00". b) Nach der Gebührennummer 112.3 werden die folgenden Gebührennummern 112.4 bis 112.8 eingefügt: GebührenNummer Gegenstand Gebühr Euro ,,112.4 zur Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunk tion 4 462,50 bis 44 620,00 112.5 zur Erprobungsgenehmigung für Kraftfahrzeuge mit autonomer Fahrfunktion 4 462,50 bis 44 620,00 112.6 einer Genehmigung einer nachträglichen Aktivierung einer auto nomen Fahrfunktion in bereits zugelassenen Kraftfahrzeugen nach Personal- und Sachaufwand je Stunde und Person 49,00 bis 129,00 112.7 einer Genehmigung einer nachträglichen Aktivierung einer auto matisierten Fahrfunktion in bereits zugelassenen Kraftfahrzeugen nach Personal- und Sachaufwand je Stunde und Person 49,00 bis 129,00 112.8 einer Erprobungsgenehmigung für automatisierte Fahrfunktionen nach Personal- und Sachaufwand je Stunde und Person 49,00 bis 129,00". c) Nach der Gebührennummer 400 wird folgender Unterabschnitt H eingefügt: GebührenNummer Gegenstand ,,H. 400a Autonome-Fahrzeuge-Genehmigungsund-Betriebs-Verordnung (AFGBV) Genehmigung des festgelegten Betriebsbereichs für Kraftfahr zeuge mit autonomer Fahrfunktion Gebühr Euro 1010 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 22, ausgegeben zu Bonn am 30. Juni 2022 GebührenNummer Gegenstand Gebühr Euro 400a.1 Prüfung eines Antrags zur Genehmigung eines festgelegten Be triebsbereichs für den Einsatz von Kraftfahrzeugen mit autonomer Fahrfunktion nach § 8 AFGBV einschließlich Begehung des Betriebsbereichs, Sachverhaltsaufklärung, Abstimmung mit zu beteiligenden Dritten, Prüfung der zugrundeliegenden Betriebs erlaubnis des Kraftfahrzeugs mit autonomer Fahrfunktion sowie Entscheidung über den Antrag hinsichtlich Erteilung, Änderung, Verlängerung, Ablehnung oder Aufhebung, einschließlich Ein tragung 790,60 bis 79 060,00 400a.2 Begutachtung und Prüfung von Nachträgen für einen festgeleg ten Betriebsbereich für bereits genehmigte festgelegte Betriebs bereiche sowie Nachprüfung der Erfüllung der Voraussetzungen der Genehmigung eines genehmigten festgelegten Betriebs bereichs nach Personal- und Sachaufwand je Stunde und Person 49,00 bis 129,00". Artikel 3 Änderung der Fahrzeug-Zulassungsverordnung Die Fahrzeug-Zulassungsverordnung vom 3. Februar 2011 (BGBl. I S. 139), die zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 12. Juli 2021 (BGBl. I S. 3091) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. In § 3 wird nach Absatz 1 folgender Absatz 1a eingefügt: ,,(1a) Die Zulassung von Fahrzeugen mit autonomer Fahrfunktion oder von Fahrzeugen zur Erprobung von automatisierten oder autonomen Fahrfunktionen richtet sich ergänzend nach den Vorschriften der Autonome-Fahrzeuge-Genehmigungs-und-Betriebs-Verordnung vom 24. Juni 2022 (BGBl. I S. 986) in der jeweils geltenden Fassung." 2. § 6 Absatz 7 wird wie folgt geändert: a) In Nummer 7 Buchstabe k wird das Wort ,,und" am Ende gestrichen. b) In Nummer 7 Buchstabe l wird der Punkt am Ende durch ein Semikolon ersetzt. c) Folgende Nummer 8 wird angefügt: ,,8. bei Fahrzeugen mit autonomen oder automatisierten Fahrfunktionen: a) die Nummer, die ausstellende Behörde und das Datum der Betriebserlaubnis, b) die Nummer, die ausstellende Behörde und das Datum der Erprobungsgenehmigung, c) die Nummer, die ausstellende Behörde und das Datum der Betriebsbereichsgenehmigung, d) Angaben zur Ausrüstung mit autonomen oder automatisierten Fahr- und Zusatzfunktionen." Artikel 4 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Der Bundesrat hat zugestimmt. Berlin, den 24. Juni 2022 Der Bundesminister für Digitales und Verkehr Volker Wissing