303-1-6
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 27, ausgegeben zu Bonn am 26. Juli 2022
1191
Verordnung
über den Betrieb eines Videokommunikationssystems für notarielle Urkundstätigkeiten
(NotViKoV)1
Vom 22. Juli 2022
Auf Grund des § 78p Absatz 3 der Bundesnotarord
nung, der zuletzt durch Artikel 2 Nummer 3 Buch
stabe b des Gesetzes vom 15. Juli 2022 (BGBl. I
S. 1146) neu gefasst worden ist, verordnet das Bun
desministerium der Justiz im Einvernehmen mit dem
Bundesministerium des Innern und für Heimat:
§1
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet:
1. ,,Vorgang" einen in dem Videokommunikationssys
tem gespeicherten Datensatz zu einer Urkundstätig
keit;
2. ,,Amtsperson" einen Notar, einen Notariatsverwalter
oder eine Notarvertretung;
3. ,,Beteiligter"
a) im Fall der Beurkundung von Willenserklärungen
mittels Videokommunikation (§§ 16a bis 16e des
Beurkundungsgesetzes) einen Erschienenen im
Sinne des § 6 Absatz 2 des Beurkundungsgeset
zes und
b) im Fall der Beglaubigung einer qualifizierten elek
tronischen Signatur mittels Videokommunikation
(§ 40a des Beurkundungsgesetzes) eine Person,
welche die qualifizierte elektronische Signatur
anerkennt;
4. ,,hinzugezogene Person" eine Person, deren Zuzie
hung zu einer Urkundstätigkeit nach dem Beurkun
dungsgesetz vorgesehen ist;
5. ,,Dritter" eine Person, die eine Urkundstätigkeit auf
Veranlassung eines Beteiligten begleitet, ohne
selbst Beteiligter oder hinzugezogene Person zu
sein;
6. ,,Nutzer" eine Person, die das Videokommunika
tionssystem als Beteiligter, hinzugezogene Person
oder Dritter nutzt;
7. ,,Nutzerdaten" folgende Daten zu einem Nutzer:
e) akademische Grade und Ehrengrade sowie die
Bezeichnung als Professor,
f) Tag der Geburt,
g) Ort der Geburt,
h) Anschriften,
i)
Staatsangehörigkeit,
j)
Familienstand,
k) den Nutzer betreffende Eintragungen in einem
öffentlichen Register,
l)
Nutzername,
m) De-Mail-Adressen oder vergleichbare Adressen
eines Zustelldienstes eines anderen Mitglied
staates der Europäischen Union oder eines
anderen Vertragsstaates des Abkommens über
den Europäischen Wirtschaftsraum nach der
Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014
über elektronische Identifizierung und Vertrauens
dienste für elektronische Transaktionen im Bin
nenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie
1999/93/EG (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 73;
L 23 vom 29.1.2015, S. 19; L 155 vom 14.6.2016,
S. 44),
n) E-Mail-Adressen,
o) Telefon- und Mobilfunknummern,
p) Telefaxnummern und
q) bezüglich eines vom Nutzer verwendeten elek
tronischen Identitätsnachweises oder Identifizie
rungsmittels nach § 16c Satz 1 des Beurkun
dungsgesetzes
aa) die Dokumentenart,
bb) der letzte Tag der Gültigkeitsdauer sowie
cc) das dienste- und kartenspezifische Kennzei
chen oder eine andere eindeutige Kennung;
8. ,,Sachverhaltsdaten" Daten zu den Einzelheiten
einer Urkundstätigkeit einschließlich der dafür rele
vanten oder zu prüfenden personenbezogenen
Daten und Verfahrensinformationen.
a) Familienname,
b) Geburtsname,
c) Vornamen,
d) Anrede,
1
Diese Verordnung dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1151
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur
Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 im Hinblick auf den Einsatz
digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht (ABl. L 186
vom 11.7.2019, S. 80).
§2
Technische Zugangsberechtigung
zum Videokommunikationssystem
(1) Eine technische Zugangsberechtigung zum Video
kommunikationssystem ist einzuräumen:
1. dem Notar,
2. dem Notariatsverwalter,
3. der Notarvertretung sowie
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4. Personen, die beabsichtigen, das Videokommunika
tionssystem als Beteiligter, hinzugezogene Person
oder Dritter zu nutzen.
(2) Personen, die bei einer Amtsperson beschäftigt
sind, kann eine technische Zugangsberechtigung ein
geräumt werden. Technische Zugangsberechtigungen
nach Satz 1 können in ihrem Umfang eingeschränkt
werden.
(3) Für körperliche Zugangsmittel und Wissens
daten, die die in den Absätzen 1 und 2 genannten
Personen für den Zugang zum Videokommunikations
system verwenden, gilt § 5 Absatz 3 bis 5 der Verord
nung über die Führung notarieller Akten und Verzeich
nisse entsprechend.
§3
Einräumung der
technischen Zugangsberechtigung
(1) Die technische Zugangsberechtigung nach § 2
Absatz 1 Nummer 1 und 2 ist durch die Notarkammer
einzuräumen.
(2) Die technische Zugangsberechtigung nach § 2
Absatz 1 Nummer 3 soll durch die zu vertretende
Amtsperson eingeräumt werden. Wird die technische
Zugangsberechtigung nicht durch die zu vertretende
Amtsperson eingeräumt, so ist sie durch die Notar
kammer einzuräumen.
(3) Die technische Zugangsberechtigung nach § 2
Absatz 1 Nummer 4 ist durch die Bundesnotarkammer
einzuräumen. Bei Beteiligten und hinzugezogenen Per
sonen setzt die Einräumung der technischen Zugangs
berechtigung eine Registrierung unter Nachweis der
Identität mittels eines elektronischen Identitätsnach
weises oder Identifizierungsmittels nach § 16c Satz 1
des Beurkundungsgesetzes voraus. Bei Verwendung
eines elektronischen Identitätsnachweises nach § 16c
Satz 1 Nummer 1 des Beurkundungsgesetzes sind
folgende Daten auszulesen und als Nutzerdaten zu
speichern:
1. Familienname,
2. Geburtsname,
3. Vornamen,
4. Doktorgrad,
5. Tag der Geburt,
6. Ort der Geburt,
7. Anschrift,
8. Staatsangehörigkeit,
9. Dokumentenart,
10. letzter Tag der Gültigkeitsdauer und
11. dienste- und kartenspezifische Kennzeichen.
Bei Verwendung eines elektronischen Identifizierungs
mittels nach § 16c Satz 1 Nummer 2 des Beurkun
dungsgesetzes sind die in Satz 3 Nummer 1 bis 10
genannten Daten sowie die eindeutige Kennung aus
zulesen und als Nutzerdaten zu speichern, soweit sie
in dem Datensatz des elektronischen Identifizierungs
mittels enthalten sind.
(4) Die technische Zugangsberechtigung nach § 2
Absatz 2 Satz 1 ist von der Amtsperson einzuräumen,
bei der die Person beschäftigt ist. Diese Amtsperson
kann den bei ihr beschäftigten Personen auch die
Befugnis einräumen, weitere technische Zugangsbe
rechtigungen nach § 2 Absatz 2 Satz 1 zu erteilen.
Befugnisse nach Satz 2 können in ihrem Umfang ein
geschränkt werden. Der beschäftigenden Amtsperson
im Sinne dieses Absatzes steht deren Notarvertretung
gleich.
§4
Wegfall und Entziehung
der technischen Zugangsberechtigung
(1) Die Bundesnotarkammer hat im Zusammenwir
ken mit den Notarkammern sicherzustellen, dass eine
technische Zugangsberechtigung endet, wenn
1. im Fall des § 2 Absatz 1 Nummer 1 und 2 das Amt
erlischt oder der Amtssitz in einen anderen Amts
gerichtsbezirk verlegt wird,
2. im Fall des § 2 Absatz 1 Nummer 3 die Vertretung
endet und
3. im Fall des § 2 Absatz 2 das Amt der beschäftigen
den Amtsperson erlischt oder deren Amtssitz in
einen anderen Amtsbereich verlegt wird.
(2) Die Bundesnotarkammer hat sicherzustellen,
dass eine technische Zugangsberechtigung im Fall
des § 2 Absatz 1 Nummer 4 endet, sobald die zu
dem Nutzer gespeicherten Nutzerdaten nach § 14 Ab
satz 2 Satz 5 zu löschen sind.
(3) Im Fall einer ständigen Vertretung soll die tech
nische Zugangsberechtigung nach § 2 Absatz 1 Num
mer 3 durch die nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 oder 2
zugangsberechtigten Person vorübergehend entzogen
werden, solange keine Amtsbefugnis nach § 44 Ab
satz 1 Satz 1 der Bundesnotarordnung besteht.
(4) Eine technische Zugangsberechtigung nach § 2
Absatz 2 kann jederzeit durch die beschäftigende
Amtsperson oder eine von dieser dazu ermächtigte
Person entzogen werden. § 3 Absatz 4 Satz 4 gilt ent
sprechend.
(5) Wird der Notar vorläufig seines Amtes enthoben,
so hat ihm die Notarkammer die technische Zugangs
berechtigung zu entziehen. Weitere technische Zu
gangsberechtigungen und Befugnisse im Sinne des
§ 2 Absatz 2 und des § 3 Absatz 4 Satz 2 bleiben hier
von unberührt. Sie können von dem Notar nicht mehr
geändert oder widerrufen werden.
(6) Die Bundesnotarkammer kann einer Amtsper
son, einer bei dieser beschäftigten Person oder einem
Nutzer die technische Zugangsberechtigung vorüber
gehend entziehen, wenn die Gefahr einer missbräuch
lichen Verwendung besteht. Wenn die technische Zu
gangsberechtigung einer in § 2 Absatz 1 Nummer 1
bis 3 oder Absatz 2 Satz 1 genannten Person einge
räumt wurde, kann die vorübergehende Entziehung der
technischen Zugangsberechtigung nach Satz 1 auch
durch die Notarkammer erfolgen. Die vorübergehende
Entziehung in den Fällen der Sätze 1 und 2 ist unver
züglich zu beenden, wenn die Gefahr einer miss
bräuchlichen Verwendung nicht mehr besteht.
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§5
1193
Vorgang
2. Nutzern den Zugriff auf den Vorgang zu entziehen
und
(1) In einem Vorgang dürfen zu einer Urkundstätig
keit folgende Daten zusammengefasst werden:
3. bei ihr beschäftigten Personen die Befugnisse nach
den Nummern 1 und 2 einzuräumen.
1. Nutzerdaten solcher Nutzer, die Zugriff auf den Vor
gang haben oder hatten,
(6) Die Bundesnotarkammer hat sicherzustellen,
dass Nutzerdaten innerhalb eines Vorgangs nur für fol
gende Personen einsehbar sind:
2. Sachverhaltsdaten und
3. elektronische Dokumente.
1. die befasste Amtsperson,
(2) Die Bundesnotarkammer hat sicherzustellen,
dass ausschließlich folgende Personen Zugriff auf einen
Vorgang haben:
2. bei der befassten Amtsperson beschäftigte Perso
nen, denen eine technische Zugangsberechtigung
eingeräumt worden ist, sowie
1. die Amtsperson, die den Vorgang erstellt hat oder
auf Veranlassung eines Nutzers mit dem Vorgang
befasst ist (befasste Amtsperson),
3. den betroffenen Nutzer.
2. bei der befassten Amtsperson beschäftigte Perso
nen, soweit ihnen eine technische Zugangsberech
tigung eingeräumt worden ist, sowie
3. folgende Nutzer:
a) der Nutzer, der den Vorgang selbst erstellt hat,
b) der Nutzer, der die Erstellung durch eine Amts
person veranlasst hat, und
c) die Nutzer, denen der Zugriff eingeräumt worden
ist.
Die Befugnis, Nutzern den Zugriff auf einen Vorgang
einzuräumen (Satz 1 Nummer 3 Buchstabe c), haben
die nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 Buchstabe b zugriffs
berechtigten Personen.
(3) Geht die Zuständigkeit der befassten Amtsper
son für die Verwahrung ihrer Akten und Verzeichnisse
auf eine andere Amtsperson über, so soll die befasste
Amtsperson den Zugriff auf die Vorgänge, die sie er
stellt hat oder mit denen sie auf Veranlassung eines
Nutzers befasst ist, auf die andere Amtsperson über
leiten. Wird der anderen Amtsperson der Zugriff auf die
Vorgänge nach Satz 1 nicht durch die befasste Amts
person übergeleitet, so ist er durch die Notarkammer
einzuräumen. Die Einräumung erfolgt aufgrund eines
Beschlusses des Vorstands der Notarkammer. Kann
ein Beschluss des Vorstands nicht rechtzeitig herbei
geführt werden, so entscheidet der Präsident der
Notarkammer. In diesem Fall ist die Entscheidung des
Vorstands unverzüglich nachzuholen. Sobald der an
deren Amtsperson der Zugriff auf die Vorgänge nach
Satz 1 gewährt worden ist, gilt sie als die mit diesen
Vorgängen befasste Amtsperson.
Satz 1 gilt nicht für Nutzerdaten nach § 1 Nummer 7
Buchstabe a bis e sowie für in Sachverhaltsdaten oder
in elektronischen Dokumenten enthaltene personenbe
zogene Daten.
§6
Sicherungsmaßnahmen gegen Missbrauch
Die Bundesnotarkammer hat geeignete technische
und organisatorische Maßnahmen nach dem Stand
der Technik zur Verhinderung der missbräuchlichen
Einräumung, Überleitung, Entziehung oder Ausübung
von technischen Zugangsberechtigungen sowie von
Zugriffsmöglichkeiten auf Vorgänge zu treffen.
§7
Sichere informationstechnische Netze
Das Videokommunikationssystem ist für Amtsperso
nen und die bei diesen beschäftigten Personen nur
über solche informationstechnischen Netze zugäng
lich, die durch eine staatliche Stelle oder im Auftrag
einer staatlichen Stelle oder einer juristischen Person
des öffentlichen Rechts betrieben werden und die mit
dem Videokommunikationssystem gesichert verbun
den sind.
§8
Funktionen des
Videokommunikationssystems
(1) Das Videokommunikationssystem hat folgende
Funktionen zu ermöglichen:
1. die technische Abwicklung der Videokommunika
tion (§ 9),
(4) Für die Dauer des Bestehens der technischen
Zugangsberechtigung nach § 2 Absatz 1 Nummer 3
soll die zu vertretende Amtsperson der Notarvertretung
den Zugriff auf die Vorgänge einräumen, die die zu ver
tretende Amtsperson erstellt hat oder mit denen sie auf
Veranlassung eines Nutzers befasst ist. Wird der
Notarvertretung der Zugriff auf die Vorgänge nach
Satz 1 nicht durch die zu vertretende Amtsperson ein
geräumt, so ist er durch die Notarkammer einzuräu
men. Solange der Notarvertretung der Zugriff auf die
Vorgänge nach Satz 1 eingeräumt ist, gilt sie als mit
diesen Vorgängen befasste Amtsperson.
2. die technische Abwicklung der Identitätsfeststellung
(§ 10),
(5) Die Bundesnotarkammer hat es der befassten
Amtsperson zu ermöglichen,
1. eine Funktion zur Suche nach solchen Notaren und
Notariatsverwaltern, in deren Amtsbereich sich einer
der in § 10a Absatz 3 Satz 1 der Bundesnotarord
nung genannten Orte befindet,
1. die Befugnis von Nutzern zur Zugriffseinräumung
nach Absatz 2 Satz 2 einzuschränken,
3. die Übermittlung von elektronischen Dokumenten
zur Durchsicht (§ 11) und
4. das Erstellen von qualifizierten elektronischen Sig
naturen (§ 12).
(2) Die Bundesnotarkammer kann über die Funktio
nen des Videokommunikationssystems nach Absatz 1
hinaus weitere Funktionen anbieten, die der Anbah
nung, der Vorbereitung, der Durchführung oder dem
Vollzug einer Urkundstätigkeit dienen, insbesondere
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2. eine Funktion für den Austausch elektronischer Do
kumente,
3. eine Funktion für das Senden und Empfangen elek
tronischer Nachrichten sowie
4. eine Funktion für das gemeinsame Betrachten von
in einem Videokommunikationsvorgang angezeigten
elektronischen Dokumenten.
(3) Die Gestaltung des Videokommunikations
systems einschließlich des Zugangs zu diesem soll
die Anforderungen der Barrierefreiheit im Sinne der
Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung berück
sichtigen.
pulationsfreiheit der ausgelesenen Daten sind nach
dem Stand der Technik zu prüfen. Von den ausgelese
nen Daten sind an die Amtsperson zu übermitteln:
1. das Lichtbild,
2. die Vornamen,
3. der Familienname,
4. der Tag der Geburt,
5. der ausstellende Staat und
6. die Dokumentenart.
Ausgelesene Daten, die nicht an die Amtsperson zu
übermitteln sind, sind unverzüglich zu löschen.
§9
Technische Abwicklung
der Videokommunikation
§ 11
Übermittlung
elektronischer Dokumente zur Durchsicht
(1) Das Videokommunikationssystem hat die tech
nische Abwicklung der Videokommunikation im Wege
der Bild- und Tonübertragung zu ermöglichen. Die
Übertragung wird nicht aufgezeichnet.
(1) Das Videokommunikationssystem hat die Über
mittlung elektronischer Dokumente durch die Amtsper
son an die Nutzer zur Durchsicht zu ermöglichen.
(2) Das Videokommunikationssystem hat der Amts
person die technische Leitung des Videokommunika
tionsvorgangs zu ermöglichen. Dazu gehört insbeson
dere die Möglichkeit, Nutzer von dem Videokommuni
kationsvorgang auszuschließen und den Videokommu
nikationsvorgang insgesamt zu beenden.
(2) Die Übermittlung zur Durchsicht gilt unabhängig
vom Ort der technischen Speicherung des elektroni
schen Dokuments als erfolgt, sobald der Nutzer den
vollständigen Inhalt des elektronischen Dokuments
durchsehen kann. Diese Anforderung ist insbesondere
erfüllt, wenn es dem Nutzer möglich ist, das elektroni
sche Dokument zu speichern.
§ 10
Technische Abwicklung
der Identitätsfeststellung
(1) Das Videokommunikationssystem hat die tech
nische Abwicklung der Identitätsfeststellung der Be
teiligten und hinzugezogener Personen durch die
Amtsperson nach Maßgabe der folgenden Absätze zu
ermöglichen.
(2) Das Videokommunikationssystem hat die Durch
führung einer elektronischen Identifizierung anhand der
in § 16c Satz 1 des Beurkundungsgesetzes genannten
elektronischen Identitätsnachweise und Identifizie
rungsmittel zu ermöglichen. Zu diesem Zweck sind
folgende Daten auszulesen und zum Zweck der Iden
titätsfeststellung sowie zu deren Dokumentation an die
Amtsperson zu übermitteln:
1. bei Verwendung eines elektronischen Identitäts
nachweises nach § 16c Satz 1 Nummer 1 des Be
urkundungsgesetzes die in § 3 Absatz 3 Satz 3
Nummer 1 bis 8 genannten Daten und
2. bei Verwendung eines elektronischen Identifi
zierungsmittels nach § 16c Satz 1 Nummer 2 des
Beurkundungsgesetzes die in § 3 Absatz 3 Satz 3
Nummer 1 bis 8 genannten Daten, soweit sie in dem
Datensatz des elektronischen Identifizierungsmittels
enthalten sind.
(3) Das Videokommunikationssystem hat einen Licht
bildabgleich durch die Amtsperson zu ermöglichen.
Hierzu ist mit Zustimmung des Inhabers das elektro
nische Speicher- und Verarbeitungsmedium eines in
§ 16c Satz 2 des Beurkundungsgesetzes genannten
amtlichen Ausweises, Passes oder elektronischen Auf
enthaltstitels nach dem Stand der Technik auszulesen.
Die Echtheit und Gültigkeit des Ausweises, Passes
oder elektronischen Aufenthaltstitels sowie die Mani
§ 12
Erstellen qualifizierter
elektronischer Signaturen
(1) Das Videokommunikationssystem hat nach Maß
gabe der folgenden Absätze durch Einbindung einer
qualifizierten Signaturerstellungseinheit folgenden Per
sonen das Erstellen von qualifizierten elektronischen
Signaturen und das Versehen elektronischer Doku
mente mit diesen zu ermöglichen:
1. der Amtsperson,
2. den Beteiligten und
3. hinzugezogenen Personen.
(2) Die von einer Amtsperson mittels des Videokom
munikationssystems erstellte qualifizierte elektronische
Signatur muss den Vorgaben des § 33 der Bundes
notarordnung entsprechen.
(3) Die von einem Beteiligten oder einer hinzuge
zogenen Person mittels des Videokommunikationssys
tems erstellte qualifizierte elektronische Signatur muss
auf einem von der Bundesnotarkammer ausgestellten
qualifizierten Zertifikat für elektronische Signaturen be
ruhen. Dieses qualifizierte Zertifikat muss auf Dauer
prüfbar sein und auf der Grundlage eines der in § 16c
Satz 1 des Beurkundungsgesetzes genannten elektro
nischen Identitätsnachweise oder Identifizierungsmittel
ausgestellt werden. Die Erstellung der qualifizierten
elektronischen Signaturen im Fernsignaturverfahren
ist zu gewährleisten. Zur Ausstellung von qualifizierten
Zertifikaten und zur Erstellung von qualifizierten elek
tronischen Signaturen dürfen folgende Daten ausge
lesen werden:
1. bei Verwendung eines elektronischen Identitäts
nachweises nach § 16c Satz 1 Nummer 1 des Beur
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 27, ausgegeben zu Bonn am 26. Juli 2022
kundungsgesetzes die Daten nach § 3 Absatz 3
Satz 3;
2. bei Verwendung eines elektronischen Identifizie
rungsmittels nach § 16c Satz 1 Nummer 2 des Beur
kundungsgesetzes die Daten nach § 3 Absatz 3
Satz 4.
§ 13
Rechtsgrundlagen der Datenverarbeitung
(1) Soweit dies zur Registrierung eines Nutzers unter
Nachweis seiner Identität nach § 3 Absatz 3 erforder
lich ist, dürfen die nach § 3 Absatz 3 Satz 3 und 4 aus
gelesenen Daten verarbeitet werden.
(2) Soweit dies zur Verwaltung von Nutzerdaten, zur
Information von Nutzern oder zur Kommunikation mit
Nutzern erforderlich ist, dürfen Nutzerdaten verarbeitet
werden.
(3) Soweit dies zur Durchführung der Suche nach
Notaren und Notariatsverwaltern nach § 8 Absatz 2
Nummer 1 erforderlich ist, dürfen folgende Daten ver
arbeitet werden:
1. die in das Notarverzeichnis eingetragenen Daten zu
einem Notar oder Notariatsverwalter, die nach § 9
der Notarverzeichnis- und -postfachverordnung ein
sehbar sind, sowie
2. Angaben zu den in § 10a Absatz 3 Satz 1 der Bun
desnotarordnung genannten Orten.
(4) Soweit dies zur Durchführung der Identitäts
feststellung durch eine Amtsperson nach § 10 ein
schließlich der Echtheits- und Gültigkeitsprüfung und
der Prüfung der Manipulationsfreiheit erforderlich ist,
dürfen folgende Daten verarbeitet werden:
1. zur Durchführung einer elektronischen Identifizie
rung die nach § 10 Absatz 2 Satz 2 ausgelesenen
Daten;
2. zur Durchführung eines Lichtbildabgleichs durch die
Amtsperson die nach § 10 Absatz 3 Satz 2 ausge
lesenen Daten.
(5) Soweit dies zur Übermittlung elektronischer
Dokumente durch die Amtsperson an Nutzer zur
Durchsicht nach § 11 erforderlich ist, dürfen elektroni
sche Dokumente verarbeitet werden.
(6) Soweit dies zur Ausstellung qualifizierter Zerti
fikate für elektronische Signaturen für Nutzer und zur
Ermöglichung der Erstellung qualifizierter elektroni
scher Signaturen durch Nutzer erforderlich ist, dürfen
die nach § 12 Absatz 3 Satz 4 ausgelesenen Daten ver
arbeitet werden.
(7) Soweit dies zur Anbahnung, zur Vorbereitung,
zur Durchführung oder zum Vollzug einer Urkundstätig
keit durch eine Amtsperson erforderlich ist, dürfen die
in einem Vorgang zusammengefassten Daten verarbei
tet werden.
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lauf des Kalenderjahres, in dem der Vorgang abge
schlossen worden ist. Ein Vorgang gilt in dem Zeit
punkt als abgeschlossen, in dem zuletzt Änderungen
in Bezug auf den Vorgang vorgenommen worden sind.
Sobald die Speicherfrist abgelaufen ist oder sämtliche
Nutzer, die nach § 5 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 Zugriff
auf den Vorgang haben, die Löschung verlangen, ist
die Zusammenfassung der Daten in dem Vorgang auf
zuheben und sind die Sachverhaltsdaten und die elek
tronischen Dokumente des betreffenden Vorgangs un
verzüglich zu löschen.
(2) Nutzerdaten dürfen für einen Zeitraum von zwei
Jahren gespeichert werden, um sie dem Nutzer zum
Zwecke der Nutzung des Videokommunikationssys
tems zugänglich zu machen. Diese Frist beginnt mit
dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem dem Nutzer
die technische Zugangsberechtigung eingeräumt wurde.
Die Frist beginnt erneut mit Ablauf des Kalenderjahres,
in dem die Nutzerdaten zuletzt in einem Vorgang zu
sammengefasst waren. Die Frist kann mit Zustimmung
des Nutzers um jeweils zwei Jahre verlängert werden.
Sobald die Speicherfrist abgelaufen ist oder der Nutzer
die Löschung verlangt, sind die Nutzerdaten unverzüg
lich zu löschen.
§ 15
Datenschutz,
Daten- und Informationssicherheit und
Vertraulichkeit, Funktions- und Sicherheitskonzept
(1) Zum Schutz und zur Gewährleistung der Sicher
heit und Vertraulichkeit der mittels des Videokommuni
kationssystems erfolgenden Kommunikation, der damit
verbundenen Datenübermittlung sowie der gespei
cherten und zu speichernden Daten hat die Bundes
notarkammer insbesondere sicherzustellen, dass
1. die Anmeldung zum Videokommunikationssystem
durch die Amtsperson und durch die bei dieser be
schäftigten Personen mit mindestens zwei von
einander unabhängigen Sicherungsmitteln erfolgt,
2. die Datenübermittlung mittels des Videokommuni
kationssystems nach dem Stand der Technik ver
schlüsselt erfolgt und
3. die Zuverlässigkeit der mit dem technischen Betrieb
des Videokommunikationssystems befassten Per
sonen insbesondere gewährleistet ist, wenn für
diese die Möglichkeit zur Kenntnisnahme der mittels
des Videokommunikationssystems übermittelten
oder in dem System gespeicherten Daten besteht.
(2) Die Bundesnotarkammer hat ein Funktions- und
Sicherheitskonzept zu erstellen und umzusetzen. In
diesem sind die einzelnen technischen und organisato
rischen Maßnahmen festzulegen, die nach dem Stand
der Technik Folgendes gewährleisten:
1. den Datenschutz,
2. die Daten- und Informationssicherheit sowie
§ 14
Speicherung und Löschung von Daten
(1) In einem Vorgang zusammengefasste Daten dür
fen für einen Zeitraum von zwei Jahren gespeichert
werden, um sie den zugriffsberechtigten Personen
nach Maßgabe des § 5 zu Informationszwecken zu
gänglich zu machen. Diese Frist beginnt mit dem Ab
3. die Umsetzung der Vorgaben dieser Verordnung.
In dem Funktions- und Sicherheitskonzept sind zudem
die Mindestanforderungen an die zur Nutzung des
Videokommunikationssystems erforderliche technische
Ausstattung festzulegen. Das Funktions- und Sicher
heitskonzept und dessen Umsetzung sind durch die
Bundesnotarkammer regelmäßig zu überprüfen.
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(3) Die Bundesnotarkammer hat in dem Funktionsund Sicherheitskonzept geeignete technische und
organisatorische Maßnahmen festzulegen, um die Be
triebsbereitschaft des Videokommunikationssystems
zur Vornahme von Urkundstätigkeiten mittels Video
kommunikation zu gewährleisten. Bei der Festlegung
der folgenden Merkmale hat die Bundesnotarkammer
insbesondere zu berücksichtigen, welche Auswirkun
gen diese auf die Datenübermittlung und die Funk
tionsfähigkeit des Videokommunikationssystems so
wie auf seine Eignung zur Erfüllung der im Rahmen
von Urkundstätigkeiten bestehenden notariellen Amts
pflichten haben können:
8. Schnittstellen und
9. Speichermedien.
(4) Datenschutzrechtlich verantwortlich ist
1. die Bundesnotarkammer
a) für die technischen und organisatorischen Maß
nahmen der Datensicherheit und
b) für die mittels des Videokommunikationssystems
verarbeiteten Daten, soweit nicht nach Nummer 2
eine Amtsperson verantwortlich ist, sowie
2. die mit einem Vorgang befasste Amtsperson für die
in dem Vorgang zusammengefassten Daten.
(5) Personen nach Absatz 1 Nummer 3 sind befugt,
auf die mittels des Videokommunikationssystems
übermittelten oder in dem System gespeicherten Da
ten zuzugreifen, wenn dies zur Durchführung von War
tungsarbeiten oder zur Beseitigung von Störungen des
technischen Systems erforderlich ist.
1. Struktur,
2. technische Architektur,
3. Datenformate,
4. maximale Dateigrößen,
5. maximaler Datenumfang pro Vorgang,
§ 16
6. maximale Vorgangszahlen pro Zeiteinheit,
7. maximale Teilnehmerzahl,
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. August 2022 in Kraft.
Berlin, den 22. Juli 2022
Der Bundesminister der Justiz
Marco Buschmann