Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1951  Nr. 40 vom 13.08.1951  - Seite 499 bis 504 - Kündigungsschutzgesetz (KSchG)

Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Bundesgesetzblatt 499 Teil I 1951 Ausgegeben zu Bonn am 13. August 1951 Nr. 40 Tag Inhalt: Seite 10. 8. 51 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)............................. 499 10. 8. 51 Gesetz über die Gewährung von Zulagen in den gesetzlichen Rentenversicherungen und über Änderungen des Gemeinlastverfahrens (Rentenzulagengesetz – RZG –).......... 505 10. 8. 51 Gesetz über die einstweilige Gewährung einer Teuerungszulage zur Abgeltung von Preiserhöhungen bei Grundnahrungsmitteln (Teuerungszulagengesetz)............, . 507 10. 8. 51 Übergangsgesetz zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung der Bank deutscher Länder 509 10. 8. 51 Gesetz über die Verteilung des erzielten Reingewinns der Bank deutscher Länder in den Geschäftsjahren 1950 und 1951.............................. 510 10. 8. 51 Zweites Gesetz zur Änderung des Soforthilfegesetzes.........,.......... 510 9. 8. 51 Erste Rechtsverordnung zur Durchführung des Heimarbeitsgesetzes............. 511 Hinweis auf Verkündungen im Bundesanzeiger....................... 512 Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Vom 10. August 1951. Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: ERSTER ABSCHNITT Allgemeiner Kündigungsschutz § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen (1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, der länger als sechs Monate ohne Unterbrechung in demselben Betrieb oder Unternehmen beschäftigt ist und das 20. Lebensjahr vollendet hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. (2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betriebe entgegenstehen, bedingt ist. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen. (3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat. Das gilt nicht, wenn betriebstechnische, wirtschaftliche oder sonstige berechtigte betriebliche Bedürfnisse die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer bestimmter Arbeitnehmer bedingen und damit der Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten entgegenstehen. Bei der Auswahl darf innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes die kürzere Dauer der Betriebszugehörigkeit eines Vertriebenen oder Heimkehrers zu dessen Nachteil nur insoweit berücksichtigt werden, als es sich um den Vergleich mit einem anderen, länger beschäftigten Vertriebenen oder Heimkehrer handelt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne der Sätze 1 und 3 dieses Absatzes erscheinen lassen. § 2 Kündigungseinspruch Hält der Arbeitnehmer eine Kündigung für sozial ungerechtfertigt, so kann er binnen einer Woche nach der Kündigung Einspruch beim Betriebsrat einlegen. Erachtet der Betriebsrat den Einspruch für begründet, so hat er zu versuchen, eine Verständigung mit dem Arbeitgeber herbeizuführen. Er hat seine Stellungnahme zu dem Einspruch dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber auf Verlangen schriftlich mitzuteilen. § 3 Anrufung des Arbeitsgerichts Will ein Arbeitnehmer geltend machen, daß eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, so muß er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 2),, so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrates beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichtes erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab. 500 Bundesgesetzblatt, §4 Zulassung verspäteter Klagen (1) War ein Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung zu erheben, so ist auf seinen Antrag (\ie Klage nachträglich zuzulassen. (2) Mit dein Antrag ist die Klageerhebung zu verbinden; ist die Klage bereits eingereicht, so ist auf sie im Antrag Bezug zu nehmen. Der Antrag muß ferner die Angabe der die nachträgliche Zulassung begründenden Tatsachen und der Mittel für deren Glaubhaftmachung enthalten. (3) Der Antrag ist nur innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses zulässig. Nach Ablauf von sechs Monaten vom Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann der Antrag nicht mehr gestellt werden. (4) über den Antrag entscheidet das Arbeitsgericht durch Beschluß. Gegen diesen ist die sofortige Beschwerde zulässig. § 5 Verlängerte Anmiungsfrist Hai ein Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung aus anderen als den in § 1 Abs. 2 und 3 bezeichneten Gründen im Klagewege geltend gemacht, daß eine rechtswirksame Kündigung nicht vorliege, so kann er in diesem Verfahren bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz auch die Unwirksamkeit der Kündigung gemäß § l Abs. 2 und 3 geltend machen. Das Gericht soll ihn hierauf hinweisen. §6 Wirksam werden der Kündigung Wird die Rechtsunwirksamkeit einer sozial ungerechtfertigten Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 3 Satz 1, §§ 4 und 5), so gilt die Kündigung, wenn sie nicht aus anderem Grunde rechtsunwirksam ist, als von Anfang an rechts wirksam. § ? Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Arbeitsgerichts; Abfindung des Arbeitnehmers (1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat auf seinen Antrag das Arbeitsgericht das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Arbeitsgericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn er die Auflösung des Arbeitsverhältnisses aus Gründen verlangt, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht erwarten lassen. Der Antrag des Arbeitgebers ist jedoch abzulehnen, wenn der Arbeitnehmer die Unrichtigkeit dieser Gründe in wesentlichen Punk- ugang 1951, Teil I ten beweist oder wenn die Kündigung offensichtlich willkürlich oder aus nichtigen Gründen unter Mißbrauch der Machtstellung des Arbeitgebers im Betrieb erfolgt ist. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen. (2) Das Arbeitsgericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte. §8 Höhe der Abfindung (1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monats Verdiensten festzusetzen. Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei regelmäßiger betriebsüblicher Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 7 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht. (2) Bei der Festsetzung der Abfindung hat das Gericht insbesondere die Dauer der Betriebszuge- hörigkeit des Arbeitnehmers sowie die wirtschaftliche Lage des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers angemessen zu berücksichtigen. § 9 Anrechnung auf entgangenen Zwischenverdienst Besteht nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts das Arbeitsverhältnis fort, so muß sich der Arbeitnehmer auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, anrechnen lassen, a) was er durch anderweitige Arbeit verdient hat, b) was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen, c) was ihm an öffentlich-rechtlichen Leistungen infolge Arbeitslosigkeit aus der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung, der Arbeitslosenfürsorge oder der öffentlichen Fürsorge für die Zwischenzeit gezahlt worden ist. Diese Beträge hat der Arbeitgeber der Stelle zu erstatten, die sie geleistet hat. § 10 Neues Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers; Auflösung des alten Arbeitsverhältnisses Besteht nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts das Arbeitsverhältnis fort, ist jedoch der Arbeitnehmer inzwischen ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen, so kann er binnen einer Woche nach der Rechtskraft des Urteils durch Erklärung gegenüber dem alten Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei diesem verweigern. Die Frist wird auch durch eine vor ihrem Ablauf zur Post gegebene schriftliche Erklärung gewahrt. Mit dem Zugang der Erklärung erlischt das Arbeitsverhält- Nr. 40 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 13. August 1951 501 nis. Macht der Arbeitnehmer von seinem Verweigerungsrecht Gebrauch, so ist ihm entgangener Verdienst nur für die Zeit zwischen der Entlassung und dem Tage des Eintritts in das neue Arbeitsverhältnis zu gewähren. § 9 find ei entsprechende Anwendung. § 11 Verhältnis zu sonstigen Kündigungen (1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 3 Satz 1 und der §§ 4 bis 6 geltend gemacht werden. Stellt das Gericht fest, daß die außerordentliche Kündigung unbegründet ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat auf seinen Antrag das Arbeitsgericht das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung zu verurteilen; die Vorschriften des § 7 Abs. 2 und der §§8 bis 10 gelten entsprechend. (2) Eine unwirksame fristlose Kündigung gilt im Zweifel nicht als Kündigung für den nächsten zulässigen Kündigungszeitpunkt. Ist sie gleichwohl als Kündigung für den nächsten zulässigen Kündigungszeitpunkt anzusehen, so sind die Vorschriften der §§1 bis 10 anzuwenden. (3) Verstößt eine Kündigung gegen die guten Sitten, so kann der Arbeitnehmer ihre Nichtigkeit unabhängig von den Vorschriften dieses Gesetzes geltend machen. Erhebt er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage auf Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so finden die Vorschriften des § 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 und der §§ 8 bis 10 entsprechende Anwendung; die Vorschriften des § 4 über Zulassung verspäteter Klagen und des § 5 über verlängerte Anrufungsfrist gelten gleichfalls entsprechend. (4) Im übrigen finden die Vorschriften dieses Abschnitts auf eine Kündigung, die bereits aus anderen als den in § 1 Abs. 2 und 3 bezeichneten Gründen rechtsunwirksam ist, keine Anwendung, § 12 Angestellte in leitender Stellung Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten nicht a) in Betrieberi einer juristischen Person tür die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist, b) in Betrieben einer Personengesamtheit für die durch Gesetz, Satzung oder Geseil-schaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen, c) für Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind, ZWEITER ABSCHNITT Kündigungsschutz der Betriebsrats-mit glieder § 13 Unzulässigkeit der Kündigung (1) Die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ist unzulässig, es sei denn, daß ein Grund vorliegt, der den Arbeitgeber nach dem Gesetz zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt. (2) Wird der Betrieb stillgelegt, so ist die Kündigung der Betriebsratsmitglieder frühestens zum Zeitpunkt der Stillegung zulässig, es sei denn, daß ihre Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt durch zwingende betriebliche Erfordernisse bedingt ist. (3) Wird ein Betriebsratsmitglied in einer Betriebsabteilung beschäftigt, die stillgelegt wird, so ist es in eine andere Betriebsabteilung zu übernehmen. Ist dies aus betrieblichen Gründen nicht möglich, so findet auf seine Kündigung die Vorschrift des Absatzes 2 über die Kündigung bei Stillegung des Betriebes sinngemäß Anwendung. § 14 Neues Arbeitsverhältnis des Betriebsratsmitglieds; Auflösung des alten Arbeitsverhältnisses Stellt das Gericht die Unwirksamkeit der Kündigung eines Betriebsratsmitglieds fest, so kann das Betriebsratsmitglied, falls es inzwischen ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen ist, binnen einer Woche nach Rechtskraft des Urteils durch Erklärung gegenüber dem alten Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung bei diesem verweigern. Im übrigen finden die Vorschriften des § 9 und des § 10 Sätze 2 bis 4 entsprechende Anwendung. DRITTER ABSCHNITT Kündigungsschutz bei Massenentlassungen § 15 Anzeigepflicht (1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitsamt unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats schriftlich Anzeige zu erstatten, bevor er a) in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 50 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer, b) in Betrieben mit in der Regel mindestens 50 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer, c) in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 50 Arbeitnehmer innerhalb von vier Wochen entläßt. (2) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berech- 502 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1951, Teil I nung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet. (3) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht a) in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist, b) in Betrieben einer Personengesamtheit, die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen, c) Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind. § 16 Entlassungssperre (1) Entlassungen, die nach § 15 anzuzeigen sind, werden vor Ablauf eines Monats nach Eingang der Anzeige beim Arbeitsamt nur mit Zustimmung des Landesarbeitsamts wirksam; die Zustimmung kann auch rückwirkend bis zum Tage der Antragstellung erteilt werden. (2) Das Landesarbeitsamt kann im Einzelfall bestimmen, daß die Entlassungen nicht vor Ablauf von längstens zwei Monaten nach Eingang der Anzeige beim Arbeitsamt wirksam werden. (3) Soweit die Entlassungen nicht innerhalb eines Monats nach dem Zeitpunkt, zu dem sie nach den Absätzen 1 und 2 zulässig sind, durchgeführt werden, bedarf es unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 einer erneuten Anzeige. § 17 Zulässigkeit von Kurzarbeit (1) Ist der Arbeitgeber nicht in der Lage, die Arbeitnehmer bis zu dem in § 16 Abs. 1 und 2 bezeichneten Zeitpunkt voll zu beschäftigen, so kann das Landesarbeitsamt zulassen, daß der Arbeitgeber für die Zwischenzeit Kurzarbeit einführt. (2) Der Arbeitgeber ist im Falle der Kurzarbeit berechtigt, Lohn oder Gehalt der mit verkürzter Arbeitszeit beschäftigten Arbeitnehmer entsprechend zu kürzen; die Kürzung des Arbeitsentgelts wird jedoch erst von dem Zeitpunkt an wirksam, an dem das Arbeitsverhältnis nach den allgemeinen gesetzlichen oder den vereinbarten Bestimmungen enden würde. (3) Tarifvertragliche Bestimmungen über die Einführung, das Ausmaß und die Bezahlung von Kurzarbeit werden durch die Absätze 1 und 2 nicht berührt. § 18 Entscheidungen des Landesarbeitsamtes (1) Die Entscheidungen des Landesarbeitsamtes nach § 16 Abs. 1 und 2 trifft ein Ausschuß, der sich aus dem Präsidenten des Landesarbeitsamtes oder einem von ihm beauftragten Angehörigen des Landesarbeitsamtes als Vorsitzenden und je zwei Vertretern der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber und der öffentlichen Körperschaften zusammensetzt, die von dem Verwaltungsausschuß des Landesarbeitsamtes benannt werden. Der Ausschuß hat vor seiner Entscheidung den Arbeitgeber und den Betriebsrat anzuhören? er trifft seine Entscheidungen mit Stimmenmehrheit. (2) Dem Ausschuß sind, insbesondere vom Arbeitgeber und Betriebsrat, die von ihm für die Beurteilung des Falles erforderlich gehaltenen Auskünfte zu erteilen. Auf die nichtbeamteten Mitglieder der in § 18 Abs. 1 und 4 und § 19 bezeichneten Ausschüsse findet die Verordnung gegen Bestechung und Geheimnisverrat nichtbeamteter Personen in der Fassung vom 22. Mai 1943 (Reichs-gesetzbl. I S. 351) Anwendung. (3) Der Ausschuß hat sowohl das Interesse des Arbeitgebers als auch das der zu entlassenden Arbeitnehmer, das öffentliche Interesse und die Lage des gesamten Arbeitsmarktes unter besonderer Beachtung des Wirtschaftszweiges, dem der Betrieb angehört, zu berücksichtigen. Die Oberste Landesbehörde ist berechtigt, zwei Vertreter in den Ausschuß nach Absatz 1 mit beratender Stimme zu entsenden, wenn die Zahl der Entlassungen, für die nach § 15 Abs. 1 Anzeige erstattet ist, mindestens fünfzig beträgt. (4) Der beim Landesarbeitsamt nach Absatz 1 gebildete Ausschuß kann seine Befugnisse nach Absatz 1 bei Betrieben mit in der Regel weniger als 100 Arbeitnehmern ganz oder teilweise auf das örtlich zuständige Arbeitsamt übertragen. In diesem Falle werden die Entscheidungen von einem beim Arbeitsamt entsprechend den Vorschriften des Absatzes 1 zu bildenden Ausschuß getroffen. Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend. § 19 Entscheidungen der Hauptstelle der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung Für Betriebe, die zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr oder des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen gehören, trifft, wenn mehr als 500 Arbeitnehmer entlassen werden sollen, ein gemäß § 18 Abs. 1 bei der Hauptstelle der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zu bildender Ausschuß die Entscheidungen nach § 16 Abs. 1 und 2. Der zu ständige Bundesminister kann zwei Vertreter mit beratender Stimme in den Ausschuß entsenden. Die Anzeigen nach § 15 sind in diesem Falle an die Hauptstelle der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zu erstatten. Im übrigen gilt § 18 Abs. 1 bis 3 entsprechend. § 20 Ausnahmebetriebe (1) Auf Saisonbetriebe und Kampagne-Betriebe finden die Vorschriften dieses Abschnittes bei Ent- Nr.40 –Tag der Ausgabe: Bonn, den 13. August 1951 503 lassungen, die durch diese Eigenart der Betriebe bedingt sind, keine Anwendung. (2) Der Bundesminister für Arbeit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Vorschriften zu erlassen, welche Betriebe als Saisonbetriebe oder Kampagne-Betriebe im Sinne des Absatzes 1 gelten. VIERTER ABSCHNITT Schlußbestimmungen § 21 Geltungsbereich (1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts vorbehaltlich der Vorschriften des § 22 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der Lehrlinge beschäftigt werden. (2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen. Sie gelten nicht für Seeschiffe, Binnenschiffe und Luftfahrzeuge und ihre Besatzung. (3) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten nicht, wenn Entlassungen auf Baustellen aus Witterungsgründen vorgenommen werden. § 22 Anwendung des Gesetzes auf Betriebe der Schiffahrt und des Luftverkehrs (1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts finden nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 auf Arbeitsverhältnisse der Besatzung von Seeschiffen, Binnenschiffen und Luftfahrzeugen Anwendung. Als Betrieb im Sinne dieses Gesetzes gilt jeweils die Gesamtheit der Seeschiffe jder der Binnenschiffe eines Schiffahrtsbetriebs oder der Luftfahrzeuge eines Luftverkehrsbetriebs. (2) Dauert die erste Reise eines Besatzungsmitglieds im Dienste einer Reederei oder eines Luftverkehrsbetriebs länger als sechs Monate, so verlängert sich die Sechsmonatsfrist des § 1 Abs. 1 bis drei Tage nach Beendigung dieser Reise. (3) Die Klage auf Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist (§ 3), ist binnen drei Wochen, nachdem das Besatzungsmitglied zum Sitz des Betriebes zurückgekehrt ist, zu erheben, spätestens jedoch binnen sechs Wochen nach Zugang der Kündigung. Wivd die Kündigung während der Fahrt des Schiffes oder des Luftfahrzeuges ausgesprochen, so beginnt die sechswöchige Frist nicht vor dem Tage, an deai das Schiff oder das Luftfahrzeug einen deutschen Hafen oder Liegeplatz erreicht. An die Stelle der Dreiwochenfrist in § 5 treten die hier in den Sätzen 1 und 2 bestimmten Fristen. (4) Für Klagen der nach § 481 des Handelsgesetzbuchs zur Schiffsbesatzung gehörenden Personen auf Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist (§ 3), tritt an die Stelle des Arbeitsgerichts das Gericht, das füi Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis diesei Personen zuständig ist. Soweit in Vorschriften der Seemannsordnung für die Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis Zuständigkeiten des Seemannsamts begründet sind, finden die Vorschriften auf Streitigkeiten über Ansprüche aus diesem Gesetz keine Anwendung. (5) Der Kündigungsschutz des Ersten Abschnitts gilt, abweichend von § 12, auch für den Kapitän und die übrigen als leitende Angestellte im Sinne des § 12 anzusehenden Angehörigen der Besatzung. § 23 Kündigung in Arbeitskämpfen Die Vorschriften dieses Gesetzes finden keine Anwendung auf Kündigungen und Entlassungen, die lediglich als Maßnahmen in wirtschaftlichen Kämpfen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vorgenommen werden. § 24 Verpflichtung zur Meldung von Einstellungen und Entlassungen (1) Der Arbeitgeber hat die Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern binnen drei Tagen dem Arbeitsamt anzuzeigen, in dessen Bezirk der Betrieb (die Betriebsabteilung) liegt. Die Anzeigen für Arbeitnehmer, die zur Mitgliedschaft bei Orts-, Landoder Innungskrankenkassen verpflichtet sind, sowie für nichtkrankenversicherungspflichtige Angestellte, für die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung an Orts-, Land- oder Innungskrankenkassen entrichtet werden müssen, sind zusammen mit den An- und Abmeldungen für die Kranken- oder Arbeitslosenversicherung an die Krankenkassen zu richten. (2) Die Bundesregierung erläßt Vorschriften über Form und Inhalt der Anzeigen. Sie kann für einzelne Arbeitnehmergruppen Ausnahmen von der Anzeigepflicht nach Absatz 1 zulassen. (3) Ein Arbeitgeber oder, wenn der Arbeitgeber eine juristische Person ist, der zur gesetzlichen Vertretung Berechtigte, der vorsätzlich oder fahrlässig gegen die Vorschrift des Absatzes 1 verstößt, wird unbeschadet des § 530 der Reichsversicherungsordnung mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Deutsche Mark oder mit Haft bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des Direktors des Arbeitsamtes ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig. § 25 Bestimmungen über den Arbeitsplatzwechsel Es treten außer Kraft: die Verordnung über die Beschränkung des Arbeitsplatzwechsels vom 1. September 1939 (Reichsge- 504 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1951, Teil I setzbl. I S. 1685) nebst den dazu erlassenen Durchführungsverordnungen, Ziffer 16 der Anordnung des Badischen Arbeits-rninisteriums über den Arbeitseinsatz vom 3. August 1946 (Amtsblatt der Landesverwaltung Baden Französisches Besatzungsgebiet S. 57), § 9 Abs. 6 der Rechtsanordnung von Württembeig-Hohenzollern über den Arbeitseinsatz vom 27, August 1946 (Amtsblatt des Slaalssekretariats für das französisch besetzte Gebiet Württembergs und Ho-henzollerns S. 176), § 15 der Rundverfügung des Oberregierungspräsidiums Hessen-Pfalz über den Einsatz der Arbeitskräfte vom 15. Mai 1946 (Amll. Mitteilungen des Oberregierungspräsidiums Hessen-Pfalz S. 280), §§ 2 und 3 des Präsidialerlasses von Rheinland-Hessen-Nassau zur Lenkung der Arbeitsvermittlung sowie zur Verpflichtung von Arbeitskräften für besonders vordringliche Arbeiten innerhalb Rheinland-Hessen-Nassau vom 17. Mai 1946 (Amtsblatt für das Oberpräsidium Rheinland-Hessen-Nassau und für die Regierungen in Koblenz und Montabaur S. 130), Landesgesetz von Rheinland-Pfalz zur Sicherung der Arbeitsplätze vom 21. Juni 1948 (Gesetz- und Verordnungsblatt der Landesregierung Rheinland-Pfalz S. 241) in der Fassung des Landesgesetzes zur Änderung des Landesgesetzes zur Sicherung der Arbeitsplätze vom 10. Januar 1951 (Gesetz.- und Verordnungsblatt der Landesregierung Rheinland-Pfalz S. 2), §> 9 der Rechtsanordnung des Kreispräsidenten des Kreises Lindau über den Arbeitseinsatz vom 5. März 1947 (Amtsblatt des Bayerischen Kreises Lindau, Jahrgang 1947, Nr. 19). § 26 Inkrafttreten (1) Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich der Vorschrift des Absatzes 3 am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. Für Kündigungen, die Arbeitnehmern vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zugegangen sind, bleiben die bisherigen Vorschriften maßgebend. (2) Im übrigen treten die landesrechtlichen Vorschriften über den Schutz der Arbeitnehmer gegen sozial widrige Kündigungen und über den Kündigungsschutz der Betriebsratsmitglieder mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes außer Kraft. (3) Die Vorschriften dieses Gesetzes über den Kündigungsschutz bei Massenentlassungen sowie § 21 Abs. 2 und 3 und § 24 dieses Gesetzes treten, soweit darin der Hauptstelle der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung Aufgaben übertragen werden, mit der Errichtung der Bundesanstalt und, soweit darin den Landesarbeitsämtern und Arbeitsämtern Aufgaben übertragen werden, mit der Übernahme der einzelnen Landesarbeitsämter und Arbeitsämter durch die Bundesanstalt In Kraft. Mit diesem Zeitpunkt treten die landesrechtlichen Vorschriften über den Kündigungsschutz bei Mässenentlassuhgen außeT Kraft. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 10, August 1951. Der Bundespräsident Theodor Heuss DerSte live r treter des Bundeskanzlers Blücher Der Bundesminister für Arbeit Anton Storch