Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1952  Nr. 54 vom 17.12.1952  - Seite 801 bis 803 - Gesetz über den Kapitalverkehr

Gesetz über den Kapitalverkehr Bundesges 801 Teill 1952 Ausgegeben zu Bonn am 17. Dezember 1952 Nr. 54 Tag Inhalt: 15. 12. 52 Gesetz über den Kapitalverkehr............. 15. 12. 52 Gesetz zur Aufhebung der Dividendenabgabeverordnung . Seite ...... . . 801 ........ 804 Gesetz über den Kapitalverkehr. Vom 15. Dezember 1952. Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: § 1 (1) Die erstmalige Begebung von a) Schuldurkunden, die zur Verwendung am Kapitalmarkt geeignet sind, insbesondere von Teilschuldverschreibungen auf den Inhaber oder an Order und Zertifikaten von Investmentgesellschaften, b) Aktien, Zwischenscheinen und Genußscheinen, wenn sie gegen Zahlung eines Geldbetrages oder gegen ganz oder überwiegend in Geldforderungen oder Wertpapieren bestehenden Sacheinlagen ausgegeben werden, bedarf der Genehmigung. (2) Die Begebung ist rechtswirksam, auch wenn eine Genehmigung nicht erteilt ist. Dies gilt nicht für Schuldverschreibungen auf den Inhaber im Sinne des § 793 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. § 2 Zur Begebung von Aktien und Zwischenscheinen ist eine Genehmigung nicht erforderlich, wenn ihr Nennbetrag eine Million Deutsche Mark oder einschließlich der seit dem 7. September 1949 genehmigungsfrei begebenen Aktien oder Zwischenscheine zwei Millionen Deutsche Mark nicht erreicht. § 3 (1) Über Anträge auf Erteilung der Genehmigung entscheidet der Bundesminister für Wirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen. Falls dieses Einvernehmen nicht hergestellt ist, entscheidet die Bundesregierung. (2) Die Anträge sind bei der zuständigen Behörde des Landes, in dem der Antragsteller seinen Sitz oder seine gewerbliche Niederlassung hat, einzureichen. Diese legt die Anträge mit ihrer Stellungnahme dem Bundesminister für Wirtschaft vor. § 4 (1) Der Bundesminister für Wirtschaft hat vor seiner Entscheidung ein Gutachten des Ausschusses für Kapitalverkehr einzuholen. Der Ausschuß erstattet sein Gutachten mit der einfachen Mehrheit der anwesenden Mitglieder. (2) Der Ausschuß wird bei dem Bundesminister für Wirtschaft errichtet und besteht aus je einem Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft als Vorsitzenden, des Bundesministeriums der Finanzen, der Bank deutscher Länder, der Kreditanstalt für Wiederaufbau und drei Vertretern der Länder, die vom Bundesrat bestellt werden. (3) Beabsichtigt der Bundesminister für Wirtschaft, eine von der Stellungnahme der zuständigen Landesbehörde und dem Gutachten des Ausschusses für Kapitalverkehr abweichende Entscheidung zu treffen, so gibt er zuvor der Landesbehörde unter Mitteilung der Gründe Gelegenheit zur weiteren Stellungnahme. § 5 (1) Der Ausschuß für Kapitalverkehr kann zu seinen Beratungen Sachverständige, insbesondere aus den Kreisen der Kreditwirtschaft, hinzuziehen. (2) An den Beratungen kann ein Vertreter der zuständigen Behörde des Landes, in dem der Antragsteller seinen Sitz oder seine gewerbliche Niederlassung hat, teilnehmen. (3) An der Beratung über die Förderungswürdigkeit von Kommunalschuldverschreibungen nimmt ein Vertreter des Bundesministeriums des Innern als Sachverständiger teil. § 6 (1) Genehmigungen sollen erteilt werden, wenn die beantragte Emission mit dem Ziele in Einklang steht, die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu steigern. 802 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1952, Teil I (2) Die von den zuständigen Stellen aufgestellten Investitionsprogramme sind zu beachten. (3) Die Genehmigung kann unter Auflagen erteilt werden. Von dieser Befugnis soll nur Gebrauch gemacht werden, um sicherzustellen, daß das in Absatz 1 angeführte Ziel erreicht wird. (4) § 3a Nr. 2 Buchstabe b und Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Förderung des Kapitalmarkts vom 15. Dezember 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 793) bleibt im übrigen unberührt. § 7 Die Genehmigung kann versagt werden, wenn Zinssatz, Ausgabe- und Rückzahlungsbedingüngen von den Bedingungen bei gleichartigen Wertpapieren wesentlich abweichen und bei einer Genehmigung eine nachhaltige Störung des Kurs- und Zinsgefüges am Kapitalmarkt zu befürchten wäre. §8 • • . Ablehnende Bescheide sowie Genehmigungen, die unter Auflagen erteilt werden, sind schriftlich zu" Jbegründen. §9 , Die Genehmigung wird ungültig, iwenn die Urkunden der in § 1 bezeichneten Art nicht innerhalb von neun Monaten nach Zugang des Genehmigungsbescheides zum Erwerb angeboten werden, es sei denn, daß in dem Bescheid eine längere Frist bestimmt ist, § 10 Für die Erteilung der Genehmigung hat der Antragsteller eine Verwaltungsgebühr von einem Viertel vom Tausend des Nennbetrages der zu begebenden Urkunden, höchstens eintausend Deutsche Mark, zu entrichten. Wird ein Antrag abgelehnt, beträgt die Gebühr ein Viertel dieses Satzes, höchstens zweihundertfünfzig Deutsche Mark. 1 §11 Die Genehmigung nach diesem Gesetz ersetzt die staatliche Genehmigung nach § 795 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. §12 (1) Der Bundesminister für Wirtschaft oder die Von ihm beauftragte Stelle kann jederzeit vom Antragsteller Auskünfte verlangen, die sich auf die Durchführung der Emission, insbesondere auf die Einhaltung von Auflagen im Sinne des § 6 Abs. 3 beziehen. (2) Auf Verlangen sind die Bücher, Belege und sonstigen Schriftstücke, deren Prüfung eine auskunftsberechtigte Stelle zur Ermittlung dieser Umstände für erforderlich hält, vorzulegen. (3) Die Auskunftspflicht besteht auch in den Fällen, in denen der Genehmigungsbescheid in der Zeit vom 7. September 1949 bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes zugegangen ist. t4) Die Auskunft ist kostenfrei zu erteilen. § 13 (1) Mit Geldbuße bis zu einhunderttausend Deutsche Mark kann belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. Urkunden der in § 1 bezeichneten Art ohne die nach. diesem Gesetz erforderliche Genehmigung begibt, 2. a) einer gemäß § 6 Abs. 3 dieses Gesetzes an eine Genehmigung geknüpften Auflage zuwiderhandelt, b) die Auskunft, zu der er nach § 12 Abs. 1 verpflichtet ist, unrichtig oder unvollständig oder nicht in der gesetzten Frist erteilt oder ganz oder teilweise verweigert, c) Bücher, Belege oder sonstige Schriftstücke, zu deren Vorlage er nach § 12 Abs. 2 verpflichtet ist, nicht in der gesetzten Frist oder nicht vollständig vorlegt, sofern die Genehmigung oder das Auskunftsverlangen ausdrücklich auf die Bußgeldbestimmungen dieses Gesetzes verweist. (2) Der Bundesminister für Wirtschaft bestimmt eine Bundesbehörde als Verwaltungsbehörde im Sinne des § 73 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten vom 25. März 1952 (Bundesgesetzbl. IS. 177) und nimmt die Befugnisse des § 66" des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten wahr. § 14 (1) Wenn gesetzliche Vertreter oder BevollmädiT tigte einer juristischen Person oder einer Personenvereinigung in Ausführung ihrer Obliegenheiten eine der in § 13 mit Geldbuße bedrohten Ordnungswidrigkeiten begehen, so haften neben ihnen die Vertretenen als Gesamtschuldner für Geldbußen, die diese Personen verwirken, sowie für Verfahrens- und Vollstreckungskosten, die ihnen auferlegt werden. (2) Die Haftung tritt nicht ein, wenn der Betroffene stirbt, bevor der Bußgeldbescheid ihm gegenüber rechtskräftig geworden ist. Erzwingungshaft kann an dem Betroffenen ganz oder zum Teil vollstreckt werden, ohne daß die juristische Person oder Per-sonenvereimgung, -die für die Geldbuße haftet, in Anspruch genommen wird • {3} Die Vertretenen sind zu Bußgeldverfahren zuzuziehen Sie können in dem Verfahren selbständigdie Rechte geltend machen, die dem Betroffenen zustehen (4) Im Bußgeldbescheid ist darüber zu erkennen, ob die Vertretenen für die Geldbuße sowie die Verfahrens- und Vollstreckungskosten haften. Ist die Zuziehung im Bußgeldverfahren unterblieben, so kann gegen die Vertretenen durch besonderen Bescheid erkannt werden Dieser Bescheid steht einem Bußgeldbescheid gleich. Nr. 54 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 17. Dezember 1952 803 § 15 (1) Die Vorschriften der §§ 1 bis 14 dieses Gesetzes finden keine Anwendung auf Schuldurkunden, die von der Bundesrepublik Deutschland, den Ländern, der Deutschen Bundespost, der Deutschen Bundesbahn und der Kreditanstalt für Wiederaufbau begeben werden. (2) Die Bundesregierung hat bei Begebung von Schuldverschreibungen der Deutschen Bundesbahn und von Schuldurkunden der Kreditanstalt für Wiederaufbau, der Bundesminister der Finanzen bei Begebung von a) Schuldscheindarlehen der Deutschen Bundesbahn, b) Schuldurkunden der Deutschen Bundespost, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Buchstabe a erfüllen, vor einer Entschließung den Ausschuß für Kapitalverkehr anzuhören. § 31 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 955), § 4 der Verordnung über die allgemeinen Rechts- und Ver Wartungsvorschriften für die Haushaltsgebarung und Vermögensverwaltung der Deutschen Reichspost vom 6. April 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 305) und § 11 Abs. 3 des Gesetzes über die Kreditanstalt für Wiederaufbau in der Fassung vom 22. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 65) bleiben im übrigen unberührt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 15. Dezember 1952. Der Bundespräsident Theodor Heuss Der Bundeskanzler Adenauer Der Bundesminister für Wirtschaft Ludwig Erhard Für den Bundesminister der Finanzen Der Bundesminister für den Marshallplan Blücher § 16 Vor Inkrafttreten dieses Gesetzes erteilte Genehmigungen werden am 1. Oktober 1953 ungültig, wenn die Urkunden der in § 1 bezeichneten Art nicht bis zu diesem Zeitpunkt zum Erwerb angeboten worden sind, es sei denn, daß in dem Genehmigungsbescheid eine andere Frist bestimmt ist. § 17 § 145 a des Strafgesetzbuchs tritt am Tage der Verkündung dieses Gesetzes außer Kraft. § 18 Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 des Gesetzes über die Stellung des Landes Berlin im Finanzsystem des Bundes (Drittes Überleitungsgesetz) vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Lande Berlin. § 19 Dieses Gesetz tritt am Tage der Verkündung in Kraft und tritt am 31. Dezember 1953 außer Kraft. Am Tage der Verkündung dieses Gesetzes tritt das Gesetz zur Verlängerung der Geltungsdauer des Gesetzes über den Kapitalverkehr vom 22. Oktober 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 713) außer Kraft.