Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1953  Nr. 59 vom 11.09.1953  - Seite 1322 bis 1324 - Gesetz über den Vertrieb von Blindenwaren

Gesetz über den Vertrieb von Blindenwaren 1322 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I Versicherung der Angestellten durch die in den §§ 1 und 2 getroffene Regelung außerstande gesetzt werden, Beträge zur Förderung des sozialen Wohnungsbaues in dem Umfange zur Verfügung zu stellen, wie sie in den vergangenen Jahren bereitgestellt worden sind, und soweit dadurch die Erfüllung des Zieles des § 1 des Ersten Wohnungsbaugesetzes vom 24. April 1950 (Bundesgesetzbl. S. 83) beeinträchtigt wird, soll die Bundesregierung die entsprechenden Maßnahmen zur Deckung dieses Ausfalls in die Wege leiten. § 5 Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Uberleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: § 1 Unter Hinweis auf die Beschäftigung von Blinden oder die Fürsorge für Blinde dürfen 1. auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten, 2. ohne vorherige Bestellung von Haus zu Haus nur Blindenwaren (§ 2) und Zusatzwaren (§ 6) feilgehalten oder Bestellungen auf Blindenwaren und Zusatzwaren gesucht werden. § 2 Der Bundesminister für Wirtschaft bestimmt durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates nicht bedarf, die Arten der Waren, die als Blindenwaren anzusehen sind. Diese Waren müssen in ihren wesentlichen, das Erzeugnis bestimmenden Arbeiten von Blinden hergestellt sein. § 3 (1) Blindenwaren dürfen nach § 1 nur vertrieben werden, wenn sie mit der Bezeichnung der Stelle, die sie zuerst in Verkehr bringt, sowie mit dem Zeichen für Blindenwaren und mit dem Kleinhandelsverkaufspreis versehen sind. (2) Für die Abgabe von Blindenwaren an Großverbraucher unter dem Kleinhandelsverkaufspreis kann die oberste Landesbehörde von den Vorschriften des Absatzes 1 ganz oder teilweise Befreiung gewähren. § 4 (1) Das Zeichen für Blindenwaren (Anlage) ist eine Sonne mit drei nach unten gerichteten Strahlen, nach der zwei Hände greifen; darunter steht das Wort "Blindenarbeit". § 6 Dieses Gesetz tritt am 1. April 1953 in Kraft. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 4. September 1953. Der Bundespräsident Theodor Heuss Der Bundeskanzler Adenauer Der Bundesminister der Finanzen Schäffer Der Bundesminister für Arbeit Anton Storch (2) Soweit Waren nach § 1 vertrieben werden, dürfen andere Zeichen, auch wenn sie als Warenzeichen in die Zeichenrolle beim Patentamt eingetragen sind, zum Hinweis auf die Beschäftigung von Blinden oder die Fürsorge für Blinde nach Ablauf von sechs Monaten seit Inkrafttreten dieses Gesetzes nicht mehr verwandt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt können solche Zeichen an Stelle des Zeichens für Blindenwaren (Absatz 1) benutzt werden. (3) Das Zeichen für Blindenwaren darf nur benutzt werden von 1. Inhabern von Betrieben, in denen ausschließlich Blindenwaren hergestellt und in denen sehende Personen nur mit den notwendigen Hilfs- und Nebenarbeiten beschäftigt werden (Blindenwerkstätten), 2. Zusammenschlüssen von Blindenwerkstätten, welche die von den Blindenwerkstätten hergestellten Blindenwaren vertreiben, wenn sie von der.obersten Landesbehörde oder der von dieser bestimmten Behörde als Blindenwerkstatt oder als Zusammenschluß von Blindenwerkstätten anerkannt sind. (4) Vor der Anerkennung sind die Organisationen der Blinden und des Handwerkes zu hören. Die oberste Landesbehörde kann statt dessen das Gutachten eines aus vier Mitgliedern bestehenden Blin-denwarenvertriebsausschusses anfordern, den sie aus dem Kreise dieser Organisationen beruft. § 5 (1) Wer Blindenwaren nach § 1 vertreibt, bedarf eines Blindenwaren-Vertriebsausweises, aus dem hervorgeht, daß die Stelle, welche die Blindenwaren zuerst in. Verkehr bringt (Blindenwerkstatt oder Zusammenschluß von Blindenwerkstätten), zur Führung des Zeichens für Blindenwaren berechtigt ist. (2) Der Ausweis wird auf Antrag der Stelle, welche die Blindenwaren zuerst in Verkehr bringt, von der Gesetz über den Vertrieb von Blindenwaren. Vom 9. September 1953. Nr. 59 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 11. September 1953 1323 obersten Landesbehörde oder der von dieser bestimmten Behörde für die Dauer eines Kalenderjahres erteilt. (3) Die Erteilung des Blindenwaren-Vertriebsausweises ist abzulehnen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit der in Absatz 1 genannten Person hinsichtlich des Vertriebes von Blindenwaren dartun. (4) Für Blindenwerkstätten, in denen mehrere Blinde beschäftigt werden, und für Zusammenschlüsse von Blindenwerkstätten darf auf je zwei voll beschäftigte Blinde oder eine entsprechende Zahl nicht voll beschäftigter Blinder nicht mehr als ein Blindenwaren-Vertriebsausweis erteilt werden. Für jeden allein arbeitenden Blinden darf nur ein Ausweis erteilt werden. Die oberste Landesbehörde kann die Ausstellung einer größeren Zahl von Blindenwaren-Vertriebsausweisen im Einzelfall zulassen, wenn anderenfalls der Absatz von schnell und leicht herzustellenden Blindenwaren behindert würde. (5) Der Ausweis ist von der in Absatz 2 bezeichneten Behörde zurückzunehmen 1. auf Antrag der in Absatz 1 bezeichneten Stelle, 2. wenn Tatsachen vorliegen, welche die UnZuverlässigkeit des Ausweisinhabers hinsichtlich des Vertriebes von Blindenwaren dartun. § 6 (1) Der Bundesminister für Wirtschaft bestimmt durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Art und Menge der Waren, die – ohne Blindenwaren zu sein – mit Blindenwaren zusammen vertrieben werden dürfen (Zusatzwaren). Hierbei sollen nur solche Waren zugelassen werden, die im technischen Sinne Zubehör sind oder deren gleichzeitiger Vertrieb zur Förderung des Absatzes von Blindenwaren nicht entbehrt werden kann. Neben Blindenwaren dürfen jedoch Waren derselben Art nicht als Zusatzwaren zugelassen werden. (2) Zusatzwaren müssen auf Auftragsscheinen, Rechnungen oder Werbeschriften aller Art deutlich als nicht von Blinden hergestellte Waren kenntlich gemacht werden. (3) Neben Blindenwaren und Zusatzwaren dürfen Waren anderer Art nicht vertrieben werden. § 7 Der Bundesminister für Wirtschaft beruft im Einvernehmen mit dem Bundesminister des Innern zur Erstattung von Gutachten in grundsätzlichen Fragen des Vertriebes von Blindenwaren aus dem Kreise der Organisationen der Blinden und des Handwerkes einen aus vier Mitgliedern bestehenden Bundesausschuß für den Vertrieb von Blindenwaren. § 8 (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. beim Vertrieb von Blindenwaren gegen § 3 Abs. 1 oder § 4 Abs. 2 verstößt; 2. das Zeichen für Blindenwaren verwendet, ohne nach § 4 Abs. 3 dazu berechtigt zu sein; 3. Blindenwaren vertreibt, ohne im Besitz eines Blindenwaren-Vertriebsausweises nach § 5 Abs. 1 zu sein; 4. Waren, die nicht Blindenwaren oder Zusatzwaren sind, unter den Voraussetzungen des § 1 vertreibt; 5. einer nach § 6 erlassenen Rechtsvorschrift zuwiderhandelt, sofern diese Vorschrift ausdrücklich auf die Bußgeldbestimmung dieses Gesetzes verweist; 6. beim Vertrieb von Blindenwaren gegen § 6 Abs. 2 oder 3 verstößt. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit Geldbuße geahndet werden. (3) Die Einziehung nach den §§ 17 bis 26 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist zulässig. § 9 § 56 a Abs. 2 der Gewerbeordnung, die Verordnung zur Durchführung des § 56 a Abs. 2 der Gewerbeordnung vom 1. Oktober 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 868) in der Fassung der Verordnung vom 6. April 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 623) sowie die Anordnung über Art und Menge der Zusatzwaren beim Blinden-warenvertrieb und über Ausnahmen von der Verpflichtung zur Kennzeichnung von Blindenwaren vom 28. Oktober 1940 (Ministerialblatt des Reichswirtschaftsministers 1940 S. 505) werden aufgehoben. § 10 Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Rechtsverordnungen, die auf Grund der in diesem Gesetz enthaltenen Ermächtigung erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes. § 11 Dieses Gesetz tritt am Ersten des auf die Verkündung folgenden zweiten Monats in Kraft. Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 9. September 1953. Der Bundespräsident Theodor Heuss Der Bundeskanzler Adenauer Der Bundesminister für Wirtschaft Ludwig Erhard Der Bundesminister des Innern Dr. Lehr 1324 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I Anlage (zu § 4 Abs. 1)