Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1957  Nr. 11 vom 30.03.1957  - Seite 306 bis 307 - Einführungsgesetz zum Wehrstrafgesetz

Einführungsgesetz zum Wehrstrafgesetz 306 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1957, Teil I Einführungsgesetz zum Wehrstrafgesetz. Vom 30. März 1957. Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Änderung des Jugendgerichtsgesetzes Das Jugendgerichtsgesetz wird wie folgt geändert und ergänzt: 1. Nach § 112 werden folgende Vorschriften eingefügt: "Vierter Teil Sondervorschriften für Soldaten der Bundeswehr § 112a Anwendung des Jugendstrafrechts Das Jugendstraf recht (§§3 bis 32, 105) gilt für die Dauer des Wehrdienstverhältnisses eines Jugendlichen oder Heranwachsenden mit folgenden Abweichungen: 1. Schutzaufsicht und Fürsorgeerziehung dürfen nicht angeordnet werden. 2. Bedarf der Jugendliche oder Heranwachsende nach seiner sittlichen oder geistigen Entwicklung besonderer erzieherischer Einwirkung, so kann der Richter Erziehungshilfe durch den Disziplinarvorgesetzten als Erziehungsmaßregel anordnen. 3. Bei der Erteilung von Weisungen und der Auferlegung besonderer Pflichten soll der Richter die Besonderheiten des Wehrdienstes berücksichtigen. Weisungen und besondere Pflichten, die bereits erteilt oder auferlegt sind, soll er diesen Besonderheiten anpassen. 4. Als ehrenamtlicher Bewährungshelfer kann ein Soldat bestellt werden. Er untersteht bei der Bewährungsaufsicht (§ 25 Satz 1) nicht den Anweisungen des Richters. 5. Von der Überwachung durch einen Bewährungshelfer, der nicht Soldat ist, sind Angelegenheiten ausgeschlossen, für welche die militärischen Vorgesetzten des Jugendlichen oder Heranwachsenden zu sorgen haben. Maßnahmen des Disziplinarvorgesetzten haben den Vorrang. § 112b Erziehungshilfe durch den Disziplinarvorgesetzten (1) Hat der Richter Erziehungshilfe (§ 112 a Nr. 2) angeordnet, so sorgt der nächste Disziplinarvorgesetzte dafür, daß der Jugendliche oder Heranwachsende, auch außerhalb des Dienstes, überwacht Und betreut wird. (2) Zu diesem Zweck werden dem Jugendlichen oder Heranwachsenden Pflichten und Beschränkungen auferlegt, die sich auf den Dienst, die Freizeit, den Urlaub und die Auszahlung der Besoldung beziehen können. Das Nähere wird durch Rechtsverordnung (§115 Abs. 3) geregelt. (3) Die Erziehungshilfe dauert so lange, bis ihr Zweck erreicht ist. Sie endet jedoch spätestens, wenn sie ein Jahr gedauert hat oder wenn der Soldat zweiundzwanzig Jahre alt oder aus dem Wehrdienst entlassen wird. (4) Die Erziehungshilfe kann auch neben Jugendstrafe angeordnet werden. § H2c . Vollstreckung und Vollzug (1) Der Vollstreckungsleiter erklärt die Erziehungsmaßregel nach § 112 a Nr. 2 für erledigt, wenn ihr Zweck erreicht ist. (2) Der Vollstreckungsleiter sieht davon ab, Jugendarrest, der wegen einer vor Beginn des Wehrdienstverhältnisses begangenen Tat verhängt ist, gegenüber Soldaten der Bundeswehr zu vollstrecken, wenn die Besonderheiten des Wehrdienstes es erfordern und ihnen nicht durch einen Aufschub der Vollstreckung Rechnung getragen werden kann. (3) Die Entscheidungen des Vollstreckungsleiters nach den Absätzen 1 und 2 sind jugendrichterliche Entscheidungen im Sinne des § 83. (4) Jugendarrest wird während der Dauer des Wehrdienstverhältnisses von den Behörden der Bundeswehr vollzogen. Er darf nicht verschärft werden. § 112d Anhörung des Disziplinarvorgesetzten Bevor der Richter oder der Vollstreckungsleiter einem Soldaten der Bundeswehr Weisungen erteilt oder besondere Pflichten auferlegt, die Erziehungsmaßregel nach § 112 a Nr. 2 anordnet oder für erledigt erklärt, von der Vollstreckung des Jugendarrestes nach § 112 c Abs. 2 Nr. 11 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. März 1957 307 absieht oder einen Soldaten als Bewährungshelfer bestellt, soll er den nächsten Disziplinarvorgesetzten des Jugendlichen oder Heranwachsenden hören. § 112e Verfahren vor Gerichten, die für allgemeine Strafsachen zuständig sind In Verfahren gegen Jugendliche oder Heranwachsende vor den für allgemeine Strafsachen zuständigen Gerichten (§ 104) sind die §§ 112 a, 112b und 112d anzuwenden." 2. Der bisherige Vierte Teil des Gesetzes wird Fünfter Teil. 3. Dem § 115 wird folgender Absatz hinzugefügt: "(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung des § 112 b Abs. 2 Vorschriften über Art, Umfang und Dauer der Pflichten und Beschränkungen zu erlassen, die dem Jugendlichen oder Fleranwachsenden hinsichtlich des Dienstes, der Freizeit, des Urlaubs und der Auszahlung der Besoldung auferlegt werden oder durch den nächsten Disziplinarvorgesetzten auferlegt werden können." Artikel 2 Änderung des Straftilgungsgesetzes § 7 Abs. 1 des Gesetzes über beschränkte Auskunft aus dem Strafregister und die Tilgung von Strafvermerken (Straftilgungsgesetz) vom 9. April 1920 (Reichsgesetzbl. S. 507) in der Fassung des Gesetzes vom 24. November 1933 (Reichsgesetzbl. I S. 1000) erhält folgende Fassung: "Die Frist, nach deren Ablauf ein Vermerk zu tilgen ist, beträgt 1. fünf Jahre, wenn auf Geldstrafe, auf Haft, auf Strafarrest von höchstens drei Monaten oder auf Gefängnis oder Einschließung von höchstens einer Woche, allein oder in Verbindung miteinander oder mit Nebenstrafen, erkannt worden ist, mit Ausnahme der Fälle, in denen eine Maßregel der Sicherung und Besserung angeordnet oder auf die Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt worden ist; 2. zehn Jahre in allen übrigen Fällen." Artikel 3 Änderung der Strafregisterverordnung § 4 Abs. 1 der Strafregisterverordnung in der Fassung der Verordnung vom 17. Februar 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 137) erhält folgende Fassung: "Ist auf Gefängnis, Einschließung oder Strafarrest von mehr als drei Monaten oder neben einer Strafe auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte oder einzelner Rechte oder Fähigkeiten oder auf eine Maßregel der Sicherung und Besserung oder auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt, so ist dem Strafregister der Tag mitzuteilen, an dem die Strafe oder bei bedingtem Erlaß des Strafrestes der nicht erlassene Teil der Strafe verbüßt oder die anstelle einer Freiheitsstrafe oder des Restes einer Freiheitsstrafe auferlegte Geldstrafe bezahlt ist." Artikel 4 Vormilitärische Straftaten Ist wegen einer vor Beginn des Wehrdienstes begangenen Straftat die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder bedingte Entlassung angeordnet (§§ 23 bis 26 des Strafgesetzbuches), so gelten für die Dauer des Wehrdienstverhältnisses eines Soldaten der Bundeswehr folgende besonderen Vorschriften: 1. Bewährungsauflagen (§ 24 des Strafgesetzbuches) sollen die Besonderheiten des Wehrdienstes berücksichtigen. Bewährungsauflagen, die bereits angeordnet sind, soll der Richter diesen Besonderheiten anpassen. 2. Als ehrenamtlicher Bewährungshelfer (§ 24 Abs. 1 Nr. 6 des Strafgesetzbuches) kann ein Soldat bestellt werden. Er untersteht bei der Überwachung des Verurteilten nicht den Anweisungen des Gerichts. 3. Von der Überwachung durch einen Bewährungshelfer, der nicht Soldat ist, sind Angelegenheiten ausgeschlossen, für welche die militärischen Vorgesetzten des Verurteilten zu sorgen haben. Maßnahmen des Disziplinarvorgesetzten haben den Vorrang. Artikel 5 Vollzug von Freiheitsstrafen an Soldaten der Bundeswehr (1) Strafarrest, Gefängnis bis zu einem Monat und Haft werden an Soldaten der Bundeswehr von deren Behörden vollzogen. Dabei sind Gefängnis und Haft wie Strafarrest zu vollziehen. (2) Auf Ersuchen der Vollstreckungsbehörde können auch andere Freiheitsstrafen, die sechs Monate nicht übersteigen, an Soldaten der Bundeswehr von deren Behörden vollzogen werden. Artikel 6 Übergangsvorschriften (1) Artikel 5 ist nur anzuwenden, soweit die erforderlichen Vollzugseinrichtungen in der Bundeswehr vorhanden sind. Der Bundesminister für Verteidigung stellt dies jeweils in einer Bekanntmachung fest, die im Bundesanzeiger veröffentlicht wird. (2) Dasselbe gilt für die Anwendung des § 9 Abs. 2 Satz 2 des Wehrstrafgesetzes und des § 112 c Abs. 4 des Jugendgerichtsgesetzes.