Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1960  Nr. 33 vom 04.07.1960  - Seite 478 bis 478 - Sechstes Strafrechtsänderungsgesetz

Sechstes Strafrechtsänderungsgesetz 478 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1960, Teil I Sechstes Strafrechtsänderungsgesetz Vom 30. Juni 1960 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Änderung des Strafgesetzbuches Das Strafgesetzbuch wird wie folgt geändert: 1. Als § 96a wird folgende Vorschrift eingefügt: "§ 96a (1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder in von ihm verbreiteten Schriften, Schallaufnahmen, Abbildungen oder Darstellungen Kennzeichen 1. einer Partei, die gemäß Artikel 21 Abs. 2 des Grundgesetzes vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt ist, 2. einer Vereinigung, die gemäß Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes unanfechtbar verboten ist, oder 3. einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation verwendet, wird mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft. Ausgenommen ist eine Verwendung von Kennzeichen im Rahmen der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen und ähnlicher Zwecke. (2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind insbesondere Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. (3) § 96 Abs. 3 gilt entsprechend." 2. § 130 erhält folgende Fassung: "§ 130 Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, die Menschenwürde anderer dadurch angreift, daß er 1. zum Haß gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt, 2. zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder 3. sie beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. Daneben kann auf Geldstrafe erkannt werden." 3. Dem § 189 wird folgender Absatz 3 hinzugefügt: "(3) Hat. der Verstorbene Antragsberechtigte im Sinne des Absatzes 2 nicht hinterlassen oder sind sie vor Ablauf der Antragsfrist gestorben, so entfällt das Erfordernis des Strafantrages, wenn der Verstorbene sein Leben als Opfer einer Gewalt- und Willkürherrschaft verloren hat und die Verunglimpfung damit zusammenhängt." Artikel 2 Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes *) In § 74 a Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes werden die Worte "der Staatsgefährdung (§§ 90 bis 97 des Strafgesetzbuches)" durch die Worte "der Staatsgefährdung in den Fällen der §§ 90 bis 95, 96 Abs. 3, des § 96 a Abs. 3 und des § 97 des Strafgesetzbuches" ersetzt. Artikel 3 Änderung des Versammlungsgesetzes Das Versammlungsgesetz vom 24. Juli 1953 (Bun-desgesetzbl. I S. 684) wird wie folgt geändert: 1. § 4 wird gestrichen. 2. § 28 erhält folgende Fassung: "§ 28 Wer der Vorschrift des § 3 zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft." Artikel 4 Land Berlin Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Artikel 5 Aufhebung von Landesgesetzen Es werden aufgehoben: 1. das bayerische Gesetz Nr. 14 gegen Rassenwahn und Völkerhaß vom 13. März 1946 (Bereinigte Sammlung des bayerischen Landesrechts III S. 149), 2. das bayerische Gesetz gegen die Verwendung von Kennzeichen verbotener Organisationen vom 27. März 1952 (Bereinigte Sammlung des bayerischen Landesrechts I S. 434). Artikel 6 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt einen Monat nach seiner Verkündung in Kraft. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 30. Juni 1960 Der Bundespräsident Lübke Der Stellvertreter des Bundeskanzlers Ludwig Erhard Der Bundesminister der Justiz Schäffer *) Bundesgesetzbl. III 300–2