Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1968  Nr. 33 vom 30.05.1968  - Seite 481 bis 502 - Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG)

Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) Bundesgesetzblatt 481 Teil I Z1997A 1968 Ausgegeben zu Bonn am 30. Mai 1968 Nr. 33 Tag Inhalt 24. 5. 68 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG)......................... Bundescjoselzbl. III 454-1 24. 5. 68 Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (EGOWiG) Seite 481 503 Bundesqcsctzbl. III 450-2, 312-2, 9231-1, 111-1, 1132-1, 12-2, 190-1, 2031-1, 210-2, 2121-2, 2121-50-1, 2121-6, 2121-7 2125-1, 2125-2, 2125-3, 2125-4, 2125-5, 2125-6, 2125-9, 2125-10, 2126-1, 2126-2, 2126-4, 2101-1, 2161-3, 2170-1, 2180-4 224-2, 29-1, 303-8, 303-12, 310-4, 311-1, 311-4, 312-5, 360-1, 365-1, 368-1, 451-1, 453-4, 453-5, 453-8, 453-11, 50-1, 52-2 53-3, 54-1, 54-2, 55-2, 610-10, 613-5-1, 702-1, 703-1, 7110-1, 7126-1, 7126-2, 7141-2, 7141-3, 7141-4, 7142-1, 7400-1 750-9, 751-1, 753-1, 753-6,7610-1,7628-1,7628-2,7815-1,7820-1, 7821-1, 7823-2, 7831-1, 7832-1, 7833-1, 7841-1, 7841-2 7841-3, 7841-4, 7841-5, 7842-1, 7842-2, 7842-5, 7842-5-3, 7843-1, 7843-4, 7844-1, 7845-1, 7846-1, 7849-1, 790-1, 790-3 790-5, 792-1, 793-4, 793-5-1, 8050-20, 8051-1, 8052-1, 8053-2, 810-1, 811-1, 820-1, 821-1, 9020-1, 9022-6, 911-1, 9240-1 9241-1, 925-1, 925-2, 930-1, 9500-4, 9511-6, 9513-1, 9515-1, 9517-1, 96-1, 454-1, 612-13 (auch 2125-7), 213-1, 2182-1 402-5, 4123-1, 4130-1, 453-7, 453-10, 703-3, 704-1, 704-2, 7100-1, 7120-1, 7620-1, 7631-1, 8050-1, 8050-8, 8051-1-1 9501-11, 9502-7 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) Vom 24. Mai 1968 Inhaltsübersicht § Erster Teil Allgemeine Vorschriften Erster Abschnitt Geltungsbereich Begriffsbestimmung ............................... 1 Sachliche Geltung ................................. 2 Zeitliche Geltung ................................. 3 Räumliche Geltung ................................ 4 Zweiter Abschnitt Grundlagen der Ahndung Vorsatz und Fahrlässigkeit........................ 5 Irrtum........................................... 6 Verantwortlichkeit ................................ 7 Versuch .......................................... 8 Beteiligung....................................... 9 Handeln für einen anderen........................ 10 482 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1968, Teil I Notwehr Redi 1.1 eil igen der Notstand § 11 12 Dritter Abschnitt Geldbuße Höhe der Geldbuße ............................... 13 Zahlungserleichterungen........................... 14 Vierter Abschnitt Zusammentreffen mehrerer Gesetzesyerletzungen Tateinheit ........................................ 15 Tatmehrheit ...................................... 16 Zusammentreffen von Straftat und Ordnungswidrigkeit........................ 17 Fünfter Abschnitt Einziehung Voraussetzungen der Einziehung .................. 18 Erweiterte Voraussetzungen der Einziehung ....... 19 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ................ 20 Einziehung des Wertersatzes ...................... 21 Wirkung der Einziehung ......................... 22 Selbständige Anordnung .......................... 23 Entschädigung .................................... 24 Sondervorschrift für Organe und Vertreter ........ 25 Sechster Abschnitt Geldbuße gegen juristische Personen und Personenvereinigungen 26 Siebenter Abschnitt Verjährung Verfolgungsverjäbrung ........................... 27 Ruhen der Verfolgungsverjährung ................. 28 Unterbrechung der Verfolgungsverjährung ......... 29 Vollstreckungsverjährung ......................... 30 Achter Abschnitt Einzelne Ordnungswidrigkeiten Vollrausch ....................................... 31 Verletzung der Aufsichtspflicht gegenüber Kindern und Jugendlichen .............................. 32 Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen .............................. 33 Gemeinsame Vorschrift ........................... 34 Zweiter Teil Bußgeldverfahren Erster Abschnitt Zuständigkeit zur Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten Verfolgung und Ahndung durch die Verwaltungsbehörde .................. 35 Sachliche Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde . . 36 örtliche Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde .... 37 Zusammenhängende Ordnungswidrigkeiten ........ 38 Mehrfache Zuständigkeit .......................... 39 Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft .......... 40 Abgabe an die Staatsanwaltschaft ................. 41 Übernahme durch die Staatsanwaltschaft .......... 42 Abgabe an die Verwaltungsbehörde ............... 43 Bindung der Verwaltungsbehörde ................. 44 Zuständigkeit des Gerichts ........................ 45 Zweiter Abschnitt Allgemeine Verfahrensvorschriften Anwendung der Vorschriften über das Strafverfahren 46 Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ............ 47 Zeugen .......................................... 48 Akteneinsicht der Verwaltungsbehörde ............ 49 Bekanntmachung von Maßnahmen der Verwaltungsbehörde ........................ 50 Verfahren bei Zustellungen der Verwaltungsbehörde 51 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand............ 52 Dritter Abschnitt Vorverfahren I. Allgemeine Vorschriften Aufgaben der Polizei ............................. 53 Festnahme ....................................... 54 Anhörung des Betroffenen ........................ 55 II. Verwarnungsverfahren Verwarnung durch die Verwaltungsbehörde ........ 56 Verwarnung durch Beamte des Außen-und Polizeidienstes ............................. 57 Ermächtigung zur Erteilung der Verwarnung ....... 58 III. Verfahren derVerwaltungsbehörde Zeugen und Sachverständige ...................... 59 Bestellung eines Verteidigers ..................... 60 Abschluß der Ermittlungen ........................ 61 Rechtsbehelf gegen Maßnahmen der Verwaltungsbehörde ........................ 62 Nr. 33 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. Mai 1968 483 § IV. V e r I a h r e n d e r S I a a I. s a n w a 11 s c h a f t Beteiligung der Verwaltungsbehörde .............. 63 Erstreckung der offen fliehen Klage auf die Ordnungswidrigkeil...................... 64 Vierter Abschnitt Bußgeldbescheid Allgemeines ...................................... 65 InhalI des Bußgeldbescheides ...................... 66 Fünfter Abschnitt Einspruch und gerichtliches Verfahren f. Einspruch Form und Frist ................................... 67 Zuständiges Gericht .............................. 68 Abgabe an die Staatsanwaltschaft ................. 69 Unzulässiger Einspruch . .......................... 70 II. Haupt verfahren Hauptverhandlung ................................ 71 Entscheidung durch Beschluß ...................... 72 Anwesenheit des Betroffenen in der Hauptverhandlung ....................... 73 Verfahren bei Abwesenheit ....................... 74 Teilnahme der Staatsanwaltschaft an der Hauptverhandlung ...................... 75 Beteiligung der Verwaltungsbehörde .............. 76 Rücknahme der Klage und des Einspruchs .......... 77 Weitere Verfahrensvereinfachungen ............... 78 III. Rechtsmittel Rechtsbeschwerde ................................. 79 Zulassung der Rechtsbeschwerde................... 80 Sechster Abschnitt Bußgeld- und Strafverfahren Übergang vom Bußgeld- zum Strafverfahren........ 81 Bußgelderkenntnis im Strafverfahren .............. 82 Verfahren bei Ordnungswidrigkeiten und Straftaten 83 Siebenter Abschnitt Rechtskraft und Wiederaufnahme des Verfahrens Wirkung der Rechtskraft .......................... 84 Wiederaufnahme des Verfahrens .................. 85 Aulhebung des Bußgeldbescheides im Strafverfahren 86 Achter Abschnitt Verfahren bei Anordnung von Nebenfolgen Einziehungsverfahren............................. 87 Festsetzung der Geldbuße gegen juristische Personen und Personenvereinigungen Neunter Abschnitt Vollstreckung der Bußgeldentscheidungen Vollstreckbarkeit der Bußgeldentscheidungen ...... 89 Vollstreckung des Bußgeldbescheides .............. 90 Vollstreckung der gerichtlichen Bußgeldentscheidung 91 Vollstreckungsbehörde ............................ 92 Zahlungserleichterungen .......................... 93 Verrechnung von Teilbeträgen .................... 94 Beitreibung der Geldbuße ......................... 95 Anordnung von Erzwingungshaft .................. 96 Vollstreckung der Erzwingungshaft ................ 97 Votlstreckung gegen Jugendliche und Heranwachsende ........................... 98 Vollstreckung gegen juristische Personen und Personenvereinigungen ..................... 99 Nachträgliche Entscheidungen über die Einziehung . . 100 Vollstreckung in den Nachlaß ..................... 101 Nachträgliches Strafverfahren ..................... 102 Gerichtliche Entscheidung ......................... 103 Verfahren bei gerichtlicher Entscheidung .......... 104 Zehnter Abschnitt Kosten I. Verfahren der Verwaltungsbehörde Kostenentscheidung ............................... 105 Kostenfestsetzung ................................ 106 Gebühren und Auslagen .......................... 107 Rechtsbehelf und Vollstreckung ................... 108 II. Gerichtliches Verfahren Kosten bei Rücknahme und Verwerfung des Einspruchs ................. 109 Dritter Teil Schlußvorschriften Einschränkung von Grundrechten .................. HO Berlin-Klausel ..................................... 111 Inkrafttreten ..................................... 112 484 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1968, Teil I Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: Erster Teil Allgemeine Vorschriften Erster Abschnitt Geltungsbereich § 1 Begriffsbestimmung (1) Eine Ordnungswidrigkeit ist eine rechtswidrige und vorwerfbare Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes verwirklicht, das die Ahndung mit einer Geldbuße zuläßt. (2) Eine mit Geldbuße bedrohte Handlung ist eine rechtswidrige Handlung, die den Tatbestand eines Gesetzes im Sinne des Absatzes 1 verwirklicht, auch wenn sie nicht vorwerfbar begangen ist. § 2 Sachliche Geltung Dieses Gesetz gilt für Ordnungswidrigkeiten nach Bundesrecht und nach Landesrecht. § 3 Zeitliche Geltung (1) Eine Handlung kann als Ordnungswidrigkeit nur geahndet werden, wenn die Möglichkeit der Ahndung gesetzlich bestimmt war, bevor die Handlung begangen wurde. (2) Die Geldbuße bestimmt sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Handlung gilt. Bei Verschiedenheit der Gesetze von der Zeit der begangenen Handlung bis zu deren Ahndung ist das mildeste Gesetz anzuwenden. (3) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit erlassen ist, ist auf die während seiner Geltung begangenen Ordnungswidrigkeiten auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. (4) Für Nebenfolgen einer Ordnungswidrigkeit gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend. § 4 Räumliche Geltung (1) Wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, können nur Ordnungswidrigkeiten geahndet werden, die im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes oder außerhalb dieses Geltungsbereiches auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug begangen werden. (2) Eine Ordnungswidrigkeit ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln sollen, oder an dem der Erfolg eingetreten ist oder eintreten sollte. Zweiter Abschnitt Grundlagen der Ahndung § 5 Vorsatz und Fahrlässigkeit Als Ordnungswidrigkeit kann nur vorsätzliches Handeln geahndet werden, außer wenn das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Geldbuße bedroht. § 6 Irrtum (1) Wenn jemand bei Begehung einer Ordnungswidrigkeit das Vorhandensein von Tatumständen nicht kannte, welche zum gesetzlichen Tatbestand gehören, so sind ihm diese Umstände nicht zuzurechnen. (2) Bei der Ahndung fahrlässig begangener Handlungen gilt Absatz 1 nur insoweit, als die Unkenntnis selbst nicht auf Fahrlässigkeit beruht. (3) Handelt der Täter ohne das Bewußtsein, etwas Unerlaubtes zu tun, namentlich weil er das Bestehen oder die Anwendbarkeit einer Rechtsvorschrift nicht kennt, und ist ihm dies nicht vorzuwerfen, so handelt er nicht ordnungswidrig. § 7 Verantwortlichkeit (1) Ein Kind kann nicht ordnungswidrig handeln. Ein Jugendlicher handelt nur unter den Voraussetzungen des § 3 Satz 1 des Jugendgerichtsgesetzes ordnungswidrig. (2) Ordnungswidrig handelt nicht, wer zur Zeit der Handlung wegen Bewußtseinsstörung, wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit oder wegen Geistesschwäche unfähig ist, das Unerlaubte der Handlung einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. (3) Ein Taubstummer handelt nicht ordnungswidrig, wenn er in der geistigen Entwicklung zurückgeblieben und deshalb unfähig ist, das Unerlaubte der Handlung einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. § 8 Versuch (1) Wer den Entschluß, eine Ordnungswidrigkeit zu begehen, durch Handlungen, welche einen Anfang der Ausführung dieser Ordnungswidrigkeit enthalten, betätigt hat, hat die Ordnungswidrigkeit, wenn sie nicht zur Vollendung gekommen ist, versucht. Der Versuch kann jedoch nur dann geahndet werden, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. (2) Der Versuch als solcher wird nicht geahndet, wenn der Täter 1. die Ausführung der beabsichtigten Handlung aufgegeben hat, ohne daß er an dieser Ausführung durch Umstände gehindert worden ist, welche von seinem Willen unabhängig waren, oder Nr. 33 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. Mai 1968 485 2. zu einer Zeit, zu welcher die Handlung noch nicht entdeckt war, den Eintritt des zur Vollendung der Ordnungswidrigkeit gehörigen Erfolges durch eigene Tätigkeit abgewendet hat. § 9 Beteiligung (1) Beteiligen sich mehrere an einer Ordnungswidrigkeit, so handelt jeder von ihnen ordnungswidrig. Dies gilt auch dann, wenn besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale), welche die Möglichkeit der Ahndung begründen, nur bei einem Beteiligten vorliegen. (2) Die Beteiligung kann nur dann geahndet werden, wenn die mit Geldbuße bedrohte Handlung begangen oder in den Fällen, in denen auch der Versuch geahndet werden kann, wenigstens versucht wird. (3) Handelt einer der Beteiligten nicht vorwerfbar, so wird dadurch die Möglichkeit der Ahndung bei den anderen nicht ausgeschlossen. Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Möglichkeit der Ahndung ausschließen, so gilt dies nur für den Beteiligten, bei dem sie vorliegen. (4) Bestimmt das Gesetz, daß eine Handlung, die sonst eine Ordnungswidrigkeit wäre, bei besonderen persönlichen Merkmalen des Täters eine Straftat ist, so gilt dies nur für den Beteiligten, bei dem sie vorliegen. § 10 Handeln für einen anderen (1) Handelt jemand 1. als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs, 2. als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft oder 3. als gesetzlicher Vertreter eines anderen, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Merkmale (§ 9 Abs. 1 Satz 2) die Möglichkeit der Ahndung begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen. (2) Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebes oder einem sonst dazu Befugten 1. beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder 2. ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Pflichten zu erfüllen, die den Inhaber des Betriebes treffen, und handelt er auf Grund dieses Auftrages, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Merkmale die Möglichkeit der Ahndung begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Inhaber des Betriebes vorliegen. Dem Betrieb im Sinne des Satzes 1 steht das Unternehmen gleich. Handelt jemand auf Grund eines entsprechenden Auftrages für eine Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so ist Satz 1 sinngemäß anzuwenden. (3) Die Absätze 1 und 2 sind auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist. § 11 Notwehr (1) Ordnungswidrig handelt nicht, wer eine Handlung begeht, die durch Notwehr geboten ist. (2) Notwehr ist diejenige Verteidigung, welche erforderlich ist, um einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden. (3) Die Überschreitung der Notwehr wird nicht geahndet, wenn der Täter in Bestürzung, Furcht oder Schrecken über die Grenzen der Verteidigung hinausgegangen ist. § 12 Rechtfertigender Notstand Ordnungswidrig handelt nicht, wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut handelt, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Handlung ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden. Dritter Abschnitt Geldbuße § 13 Höhe der Geldbuße (1) Die Geldbuße beträgt mindestens fünf Deutsche Mark und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens tausend Deutsche Mark. (2) Droht das Gesetz für vorsätzliches und fahrlässiges Handeln Geldbuße an, ohne im Höchstmaß zu unterscheiden, so kann fahrlässiges Handeln im Höchstmaß nur mit der Hälfte des angedrohten Höchstbetrages der Geldbuße geahndet werden. (3) Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters kommen in Betracht; bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben sie jedoch unberücksichtigt. (4) Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reicht das gesetzliche Höchstmaß hierzu nicht aus, so kann es überschritten werden. 486 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1968, Teil I § 14 Zahlungserleichterungen Ist dem Betroffenen nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten, die Geldbuße sofort zu zahlen, so wird ihm eine Zahlungsfrist bewilligt oder gestattet, die Geldbuße in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen. Dabei kann angeordnet werden, daß die Vergünstigung, die Geldbuße in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen, entfällt, wenn der Betroffene einen Teilbetrag nicht rechtzeitig zahlt. Vierter Abschnitt Zusammentreffen mehrerer Gesetzes Verletzungen § 15 Tateinheit (1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Gesetze, nach denen sie als Ordnungswidrigkeit geahndet werden kann, oder ein solches Gesetz mehrmals, so wird nur eine einzige Geldbuße festgesetzt. (2) Sind mehrere Gesetze verletzt, so wird die Geldbuße nach dem Gesetz bestimmt, das die höchste Geldbuße androht. Auf die in dem anderen Gesetz angedrohten Nebenfolgen kann erkannt werden. § 16 Tatmehrheit Sind mehrere Geldbußen verwirkt, so wird jede gesondert festgesetzt. § 17 Zusammentreffen von Straftat und Ordnungswidrigkeit (1) Ist eine Handlung gleichzeitig Straftat und Ordnungswidrigkeit, so wird nur das Strafgesetz angewendet. Auf die in dem anderen Gesetz angedrohten Nebenfolgen kann erkannt werden. (2) Im Falle des Absatzes 1 kann die Handlung jedoch als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, wenn eine Strafe nicht verhängt wird. Fünfter Abschnitt Einziehung § 18 Voraussetzungen der Einziehung (1) Als Nebenfolge einer Ordnungswidrigkeit dürfen Gegenstände nur eingezogen werden, soweit das Gesetz es ausdrücklich zuläßt. (2) Die Einziehung ist. nur zulässig, wenn 1. die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter gehören oder zustehen oder 2. die Gegenstände nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, daß sie der Begehung von Hand- lungen dienen werden, die mit Strafe oder mit Geldbuße bedroht sind. (3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Nr. 2 ist die Einziehung der Gegenstände auch zulässig, wenn der Täter eine mit Geldbuße bedrohte Handlung begangen hat. $ 19 Erweiterte Voraussetzungen der Einziehung Verweist das Gesetz auf diese Vorschrift, so dürfen die Gegenstände abweichend von § 18 Abs. 2 Nr. 1 auch dann eingezogen werden, wenn derjenige, dem sie zur Zeit der Entscheidung gehören oder zustehen, 1. wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, daß die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Handlung oder ihrer Vorbereitung gewesen ist, oder 2. die Gegenstände in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zugelassen hätten, in verwerflicher Weise erworben hat. § 20 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1) Die Einziehung darf in den Fällen des § 18 Abs. 2 Nr. 1 und des § 19 nicht angeordnet werden, wenn sie zur Bedeutung der begangenen Handlung und zum Vorwurf, der den von der Einziehung betroffenen Täter oder in den Fällen des § 19 den Dritten trifft, außer Verhältnis steht. (2) In den Fällen der §§18 und 19 wird angeordnet, daß die Einziehung vorbehalten bleibt, und eine weniger einschneidende Maßnahme getroffen, wenn der Zweck der Einziehung auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, 1. die Gegenstände unbrauchbar zu machen, 2. an den Gegenständen bestimmte Einrichtungen oder Kennzeichen zu beseitigen oder die Gegenstände sonst zu ändern oder 3. über die Gegenstände in bestimmter Weise zu verfügen. Wird die Anweisung befolgt, so wird der Vorbehalt der Einziehung aufgehoben; andernfalls wird die Einziehung nachträglich angeordnet. (3) Die Einziehung kann auf einen Teil der Gegenstände beschränkt werden. § 21 Einziehung des Wertersatzes (1) Hat der Täter den Gegenstand, der ihm zur Zeit der Handlung gehörte oder zustand und dessen Einziehung hätte angeordnet werden können, vor der Anordnung der Einziehung verwertet, namentlich veräußert oder verbraucht, oder hat er die Einziehung des Gegenstandes sonst vereitelt, so kann die Einziehung eines Geldbetrages gegen den Täter bis zu der Höhe angeordnet werden, die dem Wert des Gegenstandes entspricht. Nr. 33 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. Mai 1968 487 (2)) Eine solche Anordnung kann auch neben der Einziehung eines Gegenstandes oder an deren Stelle getroffen werden, wenn ihn der Täter vor der Anordnung der Einziehung mit dem Recht eines Dritten belastet hat, dessen Erlöschen ohne Entschädigung nicht angeordnet werden kann oder im Falle der Einziehung nicht angeordnet, werden könnte (§ 22 Abs. 2, § 24); wird die Anordnung neben der Einziehung getroffen, so bemißt sich die Höhe des Wertersatzes nach dem Wert der Belastung des Gegenstandes. (3) Der Wert des Gegenstandes und der Belastung kann geschätzt werden. (4) Ist die Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes nicht ausführbar oder unzureichend, weil nach der Anordnung eine der in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichneten Voraussetzungen eingetreten oder bekanntgeworden ist, so kann die Einziehung des Wertersatzes nachträglich angeordnet werden. (5) Für die Bewilligung von Zahlungserleichterungen gilt § 14. § 22 Wirkung der Einziehung (1) Wird ein Gegenstand eingezogen, so geht das Eigentum an der Sache oder das eingezogene Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat oder, soweit das Gesetz dies bestimmt, auf die Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts über, deren Organ oder Stelle die Einziehung angeordnet hat. (2) Rechte Dritter an dem Gegenstand bleiben bestehen. Das Erlöschen dieser Rechte wird jedoch angeordnet, wenn die Einziehung darauf gestützt wird, daß die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Nr. 2 vorliegen. Das Erlöschen des Rechtes eines Dritten kann auch dann angeordnet werden, wenn diesem eine Entschädigung nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 nicht zu gewähren ist. (3) Vor der Rechtskraft wirkt die Anordnung der Einziehung als Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Die gleiche Wirkung hat die Anordnung des Vorbehalts der Einziehung, auch wenn sie noch nicht rechtskräftig ist. § 23 Selbständige Anordnung (1) Kann wegen der Ordnungswidrigkeit aus tatsächlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt oder eine Geldbuße gegen eine bestimmte Person nicht festgesetzt werden, so kann die Einziehung des Gegenstandes oder des Wertersatzes selbständig angeordnet werden, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme zugelassen ist, im übrigen vorliegen. (2) In den Fällen des § 18 Abs. 2 Nr. 2 oder Abs. 3 ist Absatz 1 auch dann anzuwenden, wenn aus rechtlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt werden kann und das Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Einziehung darf jedoch nicht angeordnet werden, wenn Antrag oder Ermächtigung fehlen. (3) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn nach § 47 die Verfolgungsbehörde von der Verfolgung der Ordnungswidrigkeit absieht oder das Gericht das Verfahren einstellt. § 24 Entschädigung (1) Stand das Eigentum an der Sache oder das eingezogene Recht zur Zeit der Rechtskraft der Entscheidung über die Einziehung einem Dritten zu oder war der Gegenstand mit dem Recht eines Dritten belastet, das durch die Entscheidung erloschen oder beeinträchtigt ist, so wird der Dritte unter Berücksichtigung des Verkehrswertes angemessen in Geld entschädigt. Die Entschädigungspflicht trifft den Staat oder die Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts, auf die das Eigentum an der Sache oder das eingezogene Recht übergegangen ist. (2) Eine Entschädigung wird nicht gewährt, wenn 1. der Dritte wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, daß die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Handlung oder ihrer Vorbereitung gewesen ist, 2. der Dritte den Gegenstand oder das Recht an dem Gegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zulassen, in verwerflicher Weise erworben hat oder 3. es nach den Umständen, welche die Einziehung begründet haben, auf Grund von Rechtsvorschriften außerhalb des Ordnungswidrigkeitenrechts zulässig wäre, den Gegenstand dem Dritten ohne Entschädigung dauernd zu entziehen. (3) In den Fällen des Absatzes 2 kann eine Entschädigung gewährt werden, soweit es eine unbillige Härte wäre, sie zu versagen. § 25 Sondervorschrift für Organe und Vertreter (1) Hat jemand 1. als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs, 2. als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied eines solchen Vorstandes oder 3. als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft eine Handlung vorgenommen, die ihm gegenüber unter den übrigen Voraussetzungen der §§ 18 bis 21 und 24 die Einziehung eines Gegenstandes oder des Wertersatzes zulassen oder den Ausschluß der Entschädigung begründen würde, so wird seine Handlung bei Anwendung dieser Vorschriften dem Vertretenen zugerechnet. (2) § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Sechster Abschnitt § 26 (1) Hat jemand als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines Geldbuße gegen juristische Personen und Personenvereinigungen 488 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1968, Teil I solchen Organs, als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied eines solchen Vorstandes oder als verlretungsberechtigter Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen, durch die 1. Pflichten, welche die juristische Person oder die Personenvereinigung treffen, verletzt worden sind, oder 2. die juristische Person oder die Personenvereinigung bereichert worden ist oder werden sollte, so kann gegen diese als Nebenfolge der Straftat oder Ordnungswidrigkeit eine Geldbuße festgesetzt werden. (2) Die Geldbuße beträgt 1. im Falle einer vorsätzlichen Straftat bis zu hunderttausend Deutsche Mark, 2. im Falle einer fahrlässigen Straftat bis zu fünfzigtausend Deutsche Mark. Im Falle einer Ordnungswidrigkeit bestimmt sich das Höchstmaß der Geldbuße nach dem für die Ordnungswidrigkeit angedrohten Höchstmaß der Geldbuße. (3) § 13 Abs. 4 und § 14 gelten entsprechend. (4) Kann wegen der Straftat oder Ordnungswidrigkeit aus tatsächlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt oder eine Geldbuße gegen eine bestimmte Person nicht festgesetzt werden, so kann gegen die juristische Person oder die Personenvereinigung eine Geldbuße selbständig festgesetzt werden, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 im übrigen vorliegen. Dasselbe gilt, wenn das Gericht von Strafe absieht oder das Verfahren nach einer Vorschrift eingestellt wird, die dies nach dem Ermessen der Verfolgungsbehörde oder des Gerichts oder im Einvernehmen beider zuläßt. Siebenter Abschnitt Verjährung § 27 Verf ol gungs ver j ährung (1) Durch die Verjährung werden die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und die Anordnung von Nebenfolgen ausgeschlossen. (2) Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten verjährt, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, 1. in drei Jahren bei Ordnungswidrigkeiten, die mit Geldbuße im Höchstmaß von mehr als dreißigtausend Deutsche Mark bedroht sind, 2. in zwei Jahren bei Ordnungswidrigkeiten, die mit Geldbuße im Höchstmaß von mehr als dreitausend bis zu dreißigtausend Deutsche Mark bedroht sind, 3. in einem Jahr bei Ordnungswidrigkeiten, die mit Geldbuße im Höchstmaß von mehr als tausend bis zu dreitausend Deutsche Mark bedroht sind, 4. in sechs Monaten bei den übrigen Ordnungswidrigkeiten. (3) Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an welchem die Handlung begangen ist, ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des eingetretenen Erfolges. § 28 Ruhen der Verf olgungs ver jährung (1) Die Verjährung ruht während der Zeit, in welcher auf Grund gesetzlicher Vorschrift die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann. Ist der Beginn oder die Fortsetzung eines Bußgeldverfahrens von einer Vorfrage abhängig, über die in einem anderen Verfahren entschieden werden muß, so ruht die Verjährung bis zu dessen Beendigung. (2) Ist zur Verfolgung der Ordnungswidrigkeit ein Antrag oder eine Ermächtigung erforderlich, so wird der Lauf der Verjährung durch den Mangel des Antrags oder der Ermächtigung nicht gehindert. § 29 Unterbrechung der Verf olgungs ver jährung (1) Die Verjährung wird unterbrochen durch 1. die erste Vernehmung des Betroffenen oder die Bekanntgabe, daß gegen ihn das Ermittlungsverfahren eingeleitet ist, 2. die erste Beauftragung eines Sachverständigen, wenn vorher der Betroffene vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben ist, 3. jede Anordnung, die nach vorläufiger Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Betroffenen zur Ermittlung seines Aufenthalts oder Sicherung von Beweisen ergeht, 4. jedes Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen, 5. die gesetzlich bestimmte Anhörung einer anderen Behörde vor Abschluß der Ermittlungen, 6. den Bußgeldbescheid, 7. die Erhebung der öffentlichen Klage oder die Stellung des ihr entsprechenden Antrags im selbständigen Verfahren und 8. jede richterliche Handlung, die zur Verfolgung der Tat gegen den Täter gerichtet ist. (2) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem Tag, an dem die Ordnungswidrigkeit begangen ist, das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist, mindestens aber ein Jahr verstrichen ist, ohne daß bis zu diesem Zeitpunkt eine Bußgeldentscheidung ergangen ist. (3) Die Unterbrechung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Handlung bezieht. Die Unterbrechung tritt in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 bis 5, 7 und 8 auch dann ein, wenn die Handlung auf die Verfolgung der Tat als Straftat gerichtet ist. § 30 Vollstreckungs ver j ährung (1) Die Vollstreckung der Geldbuße wird durch die Verjährung ausgeschlossen. Die Vollstreckung Nr. 33 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. Mai 1968 489 verjährt in zwei Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an dem die Bußgeldentscheidung rechtskräftig geworden ist. (2) Jede auf Vollstreckung der Geldbuße gerichtete Handlung der Vollstreckungsbehörde (§ 92) unterbricht die Verjährung. Nach der Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. (3) Die Verjährung ruht, solange eine Zahlungserleichterung bewilligt ist. (4) Für Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten, gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend. Achter Abschnitt Einzelne Ordnungswidrigkeiten § 31 Vollrausch (1) Wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch alkoholische Getränke oder andere Rauschmittel in einen Rausch versetzt, handelt ordnungswidrig, wenn er in diesem Zustand eine mit Geldbuße bedrohte Handlung begeht und ihretwegen gegen ihn keine Geldbuße festgesetzt werden kann, weil er infolge des Rausches nicht vorwerfbar gehandelt hat oder weil dies nicht auszuschließen ist. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden. Die Geldbuße darf nicht höher sein als die Geldbuße, die für die im Rausch begangene Handlung angedroht ist. § 32 Verletzung der Aufsichtspflicht gegenüber Kindern und Jugendlichen (1) Ordnungswidrig handelt, wer leichtfertig durch Verletzung der Pflicht zur Aufsicht über ein Kind oder einen Jugendlichen, für die ihm die Personensorge obliegt oder die seiner Erziehung anvertraut sind, dazu beiträgt, daß der Schutzbefohlene vorsätzlich eine mit Geldbuße bedrohte Handlung begeht. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit der Hälfte des für die Handlung des Schutzbefohlenen angedrohten Höchstbetrages der Geldbuße geahndet werden, jedoch nicht mit einer höheren Geldbuße als tausend Deutsche Mark. § 33 Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen (1) Wer als Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterläßt, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber als solchen treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist, handelt ordnungswidrig, wenn eine solche Zuwiderhandlung begangen wird, die durch gehörige Aufsicht hätte verhindert werden können, Zu den erforderlichen Aufsichtsmaßnahmen gehört auch die Bestellung, sorgfältige Auswahl und Überwachung von Aufsichtspersonen. (2) Dem Inhaber eines Betriebes oder Unternehmens stehen gleich 1. sein gesetzlicher Vertreter, 2. die Mitglieder des zur gesetzlichen Vertretung berufenen Organs einer juristischen Person sowie die vertretungsberechtigten Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft, 3. Personen, die beauftragt sind, den Betrieb oder das Unternehmen ganz oder zum Teil zu leiten, soweit es sich um Pflichten handelt, für deren Erfüllung sie verantwortlich sind. (3) Betrieb oder Unternehmen im Sinne der Absätze 1 und 2 ist auch das öffentliche Unternehmen. (4) Die Ordnungswidrigkeit kann, wenn die Pflichtverletzung mit Strafe bedroht ist, mit einer Geldbuße bis zu hunderttausend Deutsche Mark geahndet werden. Ist die Pflichtverletzung mit Geldbuße bedroht, so bestimmt sich das Höchstmaß der Geldbuße wegen der Aufsichtspflichtverletzung nach dem für die Pflichtverletzung angedrohten Höchstmaß der Geldbuße. § 34 Gemeinsame Vorschrift (1) In den Fällen der §§ 31 bis 33 wird die Ordnungswidrigkeit nur auf Antrag oder mit Ermächtigung verfolgt, wenn die im Rausch begangene Handlung, die Handlung des Schutzbefohlenen oder die Pflichtverletzung nur auf Antrag oder mit Ermächtigung verfolgt werden könnte. (2) Für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach den §§ 31 bis 33 gelten auch die Verfahrensvorschriften entsprechend, die bei der Verfolgung der im Rausch begangenen Handlung, der Handlung des Schutzbefohlenen oder der Pflichtverletzung anzuwenden sind oder im Falle des § 33 dann anzuwenden wären, wenn die mit Strafe bedrohte Pflichtverletzung nur mit Geldbuße bedroht wäre. Zweiter Teil Bußgeldverfahren Erster Abschnitt Zuständigkeit zur Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten § 35 Verfolgung und Ahndung durch die Verwaltungsbehörde (1) Für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ist die Verwaltungsbehörde zuständig, soweit nicht hierzu nach diesem Gesetz die Staatsanwaltschaft oder an ihrer Stelle für einzelne Verfolgungshandlungen der Richter berufen ist. 490 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1968, Teil I (2) Die Verwaltungsbehörde ist auch für die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten zuständig, soweit nicht hierzu nach diesem Gesetz das Gericht berufen ist. § 36 Sachliche Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde (1) Sachlich zuständig ist 1. die Verwaltungsbehörde, die durch Gesetz bestimmt wird, 2. mangels einer solchen Bestimmung a) die fachlich zuständige oberste Landesbehörde oder b) der fachlich zuständige Bundesminister, soweit das Gesetz von Bundesbehörden ausgeführt wird. (2) Die Landesregierung kann die Zuständigkeit nach Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe a durch Rechtsverordnung auf eine andere Behörde oder sonstige Stelle übertragen. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf die oberste Landesbehörde übertragen. (3) Der nach Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe b zuständige Bundesminister kann seine Zuständigkeit durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, auf eine andere Behörde oder sonstige Stelle übertragen. § 37 örtliche Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde (1) örtlich zuständig ist die Verwaltungsbehörde, in deren Bezirk 1. die Ordnungswidrigkeit begangen oder entdeckt worden ist oder 2. der Betroffene zur Zeit der Einleitung des Bußgeldverfahrens seinen Wohnsitz hat. (2) Ändert sich der Wohnsitz des Betroffenen nach Einleitung des Bußgeldverfahrens, so ist auch die Verwaltungsbehörde örtlich zuständig, in deren Bezirk der neue Wohnsitz liegt. (3) Hat der Betroffene im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes keinen Wohnsitz, so wird die Zuständigkeit auch durch den gewöhnlichen Aufenthaltsort bestimmt. (4) Ist die Ordnungswidrigkeit auf einem deutschen Schiff außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen worden, so ist auch die Verwaltungsbehörde örtlich zuständig, in deren Bezirk der Heimathafen oder der Hafen im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes liegt, den das Schiff nach der Tat zuerst erreicht. Satz 1 gilt, entsprechend für deutsche Luftfahrzeuge. § 38 Zusammenhängende Ordnungswidrigkeiten Bei zusammenhängenden Ordnungswidrigkeiten, die einzeln nach § 37 zur Zuständigkeit verschiedener Verwaltungsbehörden gehören würden, ist jede dieser Verwaltungsbehörden zuständig. Zwischen mehreren Ordnungswidrigkeiten besteht ein Zusammenhang, wenn jemand mehrerer Ordnungswidrigkeiten beschuldigt wird oder wenn hinsichtlich derselben Tat mehrere Personen einer Ordnungswidrigkeit beschuldigt werden. § 39 Mehrfache Zuständigkeit (1) Sind nach den §§ 36 bis 38 mehrere Verwaltungsbehörden zuständig, so gebührt der Vorzug der Verwaltungsbehörde, die wegen der Tat den Betroffenen zuerst vernommen hat, ihn durch die Polizei zuerst hat vernehmen lassen oder der die Akten von der Polizei nach der Vernehmung des Betroffenen zuerst übersandt worden sind. Diese Verwaltungsbehörde kann in den Fällen des § 38 das Verfahren wegen der zusammenhängenden Tat wieder abtrennen. (2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 kann die Verfolgung und Ahndung jedoch einer anderen der zuständigen Verwaltungsbehörden durch eine Vereinbarung dieser Verwaltungsbehörden übertragen werden, wenn dies zur Beschleunigung oder Vereinfachung des Verfahrens oder aus anderen Gründen sachdienlich erscheint. Sind mehrere Verwaltungsbehörden sachlich zuständig, so soll die Verwaltungsbehörde, der nach Absatz 1 Satz 1 der Vorzug gebührt, die anderen sachlich zuständigen Verwaltungsbehörden spätestens vor dem Abschluß der Ermittlungen hören. (3) Kommt eine Vereinbarung nach Absatz 2 Satz 1 nicht zustande, so entscheidet auf Antrag einer der beteiligten Verwaltungsbehörden 1. die gemeinsame nächsthöhere Verwaltungsbehörde, 2. wenn eine gemeinsame höhere Verwaltungsbehörde fehlt, das nach § 68 zuständige gemeinsame Gericht und, 3. wenn nach § 68 verschiedene Gerichte zuständig wären, das für diese Gerichte gemeinsame obere Gericht. (4) In den Fällen der Absätze 2 und 3 kann die Übertragung in gleicher Weise wieder aufgehoben werden. § 40 Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft Im Strafverfahren ist die Staatsanwaltschaft für die Verfolgung der Tat auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Ordnungswidrigkeit zuständig. § 41 Abgabe an die Staatsanwaltschaft (1) Die Verwaltungsbehörde gibt die Sache an die Staatsanwaltschaft ab, wenn Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, daß die Tat eine Straftat ist. (2) Sieht die Staatsanwaltschaft davon ab, ein Strafverfahren einzuleiten, so gibt sie die Sache an die Verwaltungsbehörde zurück. Nr. 33 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. Mai 1968 491 § 42 Übernahme durch die Staatsanwaltschaft (1) Die Staatsanwaltschalt kann bis zum Erlaß des Bußgeldbescheides die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit übernehmen, wenn sie eine Straftat verfolgt, die mit der Ordnungswidrigkeit zusammenhängt. Zwischen einer Straftat und einer Ordnungswidrigkeit besieht ein Zusammenhang, wenn jemand sowohl einer Straftat als auch einer Ordnungswidrigkeit oder wenn hinsichtlich derselben Tat eine Person einer Straftat und eine andere einer Ordnungswidrigkeit beschuldigt wird. (2) Die Staatsanwaltschaft soll die Verfolgung nur übernehmen, wenn dies zur Beschleunigung des Verfahrens oder wegen des Sachzusammenhangs oder aus anderen Gründen für die Ermittlungen oder die Entscheidung sachdienlich erscheint. § 43 Abgabe an die Verwaltungsbehörde (1) Stellt die Staatsanwaltschaft in den Fällen des § 40 das Verfahren nur wegen der Straftat ein oder übernimmt sie in den Fällen des § 42 die Verfolgung nicht, sind aber Anhaltspunkte dafür vorhanden, daß die Tat als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden kann, so gibt sie die Sache an die Verwaltungsbehörde ab. (2) Hat die Staatsanwaltschaft die Verfolgung übernommen, so kann sie die Sache an die Verwaltungsbehörde abgeben, solange das Verfahren noch nicht bei Gericht anhängig ist; sie hat die Sache abzugeben, wenn sie das Verfahren nur wegen der zusammenhängenden Straftat einstellt. § 44 Bindung der Verwaltungsbehörde Die Verwaltungsbehörde ist an die Entschließung der Staatsanwaltschaft gebunden, ob eine Tat als Straftat verfolgt wird oder nicht. § 45 Zuständigkeit des Gerichts Verfolgt die Staatsanwaltschaft die Ordnungs-, Widrigkeit mit einer zusammenhängenden Straftat, so ist für die Ahndung der Ordnungswidrigkeit das Gericht zuständig, das für die Strafsache zuständig ist. Zweiter Abschnitt Allgemeine Verfahrensvorschriften § 46 Anwendung der Vorschriften über das Strafverfahren (1) Für das Bußgeldverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes. (2) Die Verfolgungsbehörde hat, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten. (3) Anstaltsunterbringung, Verhaftung und Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen sowie Auskunftsersuchen über Umstände, die dem Post- und Fernmeldegeheimnis unterliegen, sind unzulässig. Ein Klageerzwingungsverfahren findet nicht statt. (4) § 81 a Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß nur die Entnahme von Blutproben und andere geringfügige Eingriffe zulässig sind. (5) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende kann von der Heranziehung der Jugendgerichtshilfe (§ 38 des Jugendgerichtsgesetzes) abgesehen werden, wenn ihre Mitwirkung für die sachgemäße Durchführung des Verfahrens entbehrlich ist. § 47 Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten (1) Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde. Solange das Verfahren bei ihr anhängig ist, kann sie es einstellen. (2) Ist das Verfahren bei Gericht anhängig und hält dieses eine Ahndung nicht für geboten, so kann es das Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft in jeder Lage einstellen. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. § 48 Zeugen (1) Zeugen werden nur vereidigt, wenn es das Gericht wegen der ausschlaggebenden Bedeutung der Aussage oder zur Herbeiführung einer wahren Aussage für notwendig hält. (2) Die Haft zur Erzwingung des Zeugnisses (§ 70 Abs. 2 der Strafprozeßordnung) darf sechs Wochen nicht übersteigen. § 49 Akteneinsicht der Verwaltungsbehörde Ist die Staatsanwaltschaft Verfolgungsbehörde, so ist die sonst zuständige Verwaltungsbehörde befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder im gerichtlichen Verfahren vorzulegen wären, einzusehen sowie sichergestellte und beschlagnahmte Gegenstände zu besichtigen. Die Akten werden der Verwaltungsbehörde auf Antrag zur Einsichtnahme übersandt. § 50 Bekanntmachung von Maßnahmen der Verwaltungsbehörde (1) Anordnungen, Verfügungen und sonstige Maßnahmen der Verwaltungsbehörde werden der Person, an die sich die Maßnahme richtet, formlos bekanntgemacht. Ist gegen die Maßnahme ein befristeter Rechtsbehelf zulässig, so wird sie in einem Bescheid durch Zustellung bekanntgemacht. 492 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1968, Teil I (2) Bei der Bekanntmachung eines Bescheides der Verwaltungsbehörde, der durch einen befristeten Rechtsbehelf angefochten werden kann, ist die Person, an die sich die Maßnahme richtet, über die Möglichkeit der Anfechtung und die dafür vorgeschriebene Frist und Form zu belehren. § 51 Verfahren bei Zustellungen der Verwaltungsbehörde (1) Für das Zustellungsverfahren der Verwaltungsbehörde gelten die Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes vom 3. Juli 1952 (Bundes-gesetzbl. I S. 379) in der jeweils geltenden Fassung, wenn eine Verwaltungsbehörde des Bundes den Bescheid erlassen hat, sonst die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften, soweit die Absätze 2 bis 5 nichts anderes bestimmen. (2) Der Bescheid wird dem Betroffenen zugestellt und, wenn er einen gesetzlichen Vertreter hat, diesem mitgeteilt. (3) Der gewählte Verteidiger, dessen Vollmacht sich bei den Akten befindet, sowie der bestellte Verteidiger gelten als ermächtigt, Zustellungen für den Betroffenen in Empfang zu nehmen. Wird der Bescheid dem Verteidiger nach Satz 1 zugestellt, so wird der Betroffene hiervon zugleich unterrichtet; dabei erhält er formlos eine Abschrift des Bescheides. Wird der Bescheid dem Betroffenen zugestellt, so wird der Verteidiger hiervon zugleich unterrichtet, auch wenn eine Vollmacht bei den Akten nicht vorliegt; dabei erhält er formlos eine Abschrift des Bescheides. (4) Wird die für den Beteiligten bestimmte Zustellung an mehrere Empfangsberechtigte bewirkt, so richtet sich die Berechnung einer Frist nach der zuletzt bewirkten Zustellung. (5) § 7 Abs. 1 und § 9 des Verwaltungszustellungsgesetzes und die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften sind nicht anzuwenden. Hat der Betroffene einen Verteidiger, so sind auch § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes und die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften nicht anzuwenden. § 52 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Für den befristeten Rechtsbehelf gegen den Bescheid der Verwaltungsbehörde gelten die §§ 44 bis 47 der Strafprozeßordnung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entsprechend. Das Gesuch um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist bei der Verwaltungsbehörde anzubringen, über das Gesuch und den Aufschub der Vollstreckung entscheidet das nach § 68 zuständige Gericht. Dritter Abschnitt Vorverfahren I. Allgemeine Vorschriften § 53 Aufgaben der Polizei Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes haben nach pflichtgemäßem Ermessen Ordnungs- widrigkeiten zu erforschen und dabei alle unaufschiebbaren Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten. Sie haben bei der Erforschung von Ordnungswidrigkeiten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, dieselben Rechte und Pflichten wie bei der Verfolgung von Straftaten. Ihre Akten übersenden sie unverzüglich der Verwaltungsbehörde, in den Fällen des Zusammenhangs (§ 42) der Staatsanwaltschaft. § 54 Festnahme (1) Begeht jemand eine mit Geldbuße bedrohte Handlung und wird er auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so sind die Beamten des Polizeidienstes befugt, ihn festzunehmen, wenn seine Person nicht sofort festgestellt werden kann. Die Befugnis hierzu steht auch den Angehörigen der Verwaltungsbehörde bei solchen Ordnungswidrigkeiten zu, mit deren Ermittlung sie im Außendienst betraut sind. (2) Die Person des Festgenommenen ist unverzüglich festzustellen. Sofort nach dieser Feststellung, spätestens jedoch am Tage nach der Festnahme, ist er freizulassen. § 55 Anhörung des Betroffenen (1) § 163 a Abs. 1 der Strafprozeßordnung ist mit der Einschränkung anzuwenden, daß es genügt, wenn dem Betroffenen Gelegenheit gegeben wird, sich zu der Beschuldigung zu äußern. (2) Der Betroffene braucht nicht darauf hingewiesen zu werden, daß er auch schon vor seiner Vernehmung einen von ihm zu wählenden Verteidiger befragen kann. II. Verwarnungsverfahren § 56 Verwarnung durch die Verwaltungsbehörde (1) Bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten kann die Verwaltungsbehörde den Betroffenen verwarnen und ein Verwarnungsgeld von zwei bis zwanzig Deutsche Mark erheben. Sie soll eine solche Verwarnung erteilen, wenn eine Verwarnung ohne Verwarnungsgeld unzureichend ist. (2) Die Verwarnung nach Absatz 1 Satz 1 ist nur wirksam, wenn der Betroffene nach Belehrung über sein Weigerungsrecht mit ihr einverstanden ist und das Verwarnungsgeld entsprechend der Bestimmung der Verwaltungsbehörde entweder sofort zahlt oder innerhalb einer Frist, die eine Woche betragen soll, bei der hierfür bezeichneten Stelle oder bei der Post zur Überweisung an diese Stelle einzahlt. Eine solche Frist soll bewilligt werden, wenn der Betroffene das Verwarnungsgeld nicht sofort zahlen kann oder wenn es höher ist als fünf Deutsche Mark. (3) über die Verwarnung nach Absatz 1 Satz 1, die Höhe des Verwarnungsgeldes und die Zahlung Nr. 33 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. Mai 1968 493 oder die etwa bestimmte Zahlungsfrist wird eine Bescheinigung erteilt. Kosten (Gebühren und Auslagen) werden nicht erhoben. (4) Ist die Verwarnung nach Absatz 1 Satz 1 wirksam, so kann die Tat nicht mehr als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden. § 57 Verwarnung durch Beamte des Außen- und Polizeidienstes (1) Personen, die ermächtigt sind, die Befugnis nach § 56 für die Verwaltungsbehörde im Außendienst wahrzunehmen, haben sich entsprechend auszuweisen. (2) Die Befugnis nach § 56 steht auch den hierzu ermächtigten Beamten des Polizeidienstes zu, die eine Ordnungswidrigkeit entdecken oder im ersten Zugriff verfolgen und sich durch ihre Dienstkleidung oder in anderer Weise ausweisen. § 58 Ermächtigung zur Erteilung der Verwarnung (1) Die Ermächtigung nach § 57 Abs. 2 erteilt die oberste Dienstbehörde des Beamten oder die von ihr bestimmte Stelle. Die oberste Dienstbehörde soll sich wegen der Frage, bei welchen Ordnungswidrigkeiten Ermächtigungen erteilt werden sollen, mit der zuständigen Behörde ins Benehmen setzen. Zuständig ist bei Ordnungswidrigkeiten, für deren Verfolgung und Ahndung eine Verwaltungsbehörde des Bundes zuständig ist, der fachlich zuständige Bundesminister, sonst die fachlich zuständige oberste Landesbehörde. (2) Soweit bei bestimmten Ordnungswidrigkeiten im Hinblick auf ihre Häufigkeit und Gleichartigkeit eine möglichst gleichmäßige Behandlung angezeigt ist, sollen allgemeine Ermächtigungen an Verwaltungsangehörige und Beamte des Polizeidienstes zur Erteilung einer Verwarnung nähere Bestimmungen darüber enthalten, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen die Verwarnung erteilt und in welcher Höhe das Verwarnungsgeld erhoben werden soll. III. Verfahren der Verwaltungsbehörde § 59 Zeugen und Sachverständige (1) Zeugen und Sachverständige sind verpflichtet, auf Ladung der Verwaltungsbehörde zu erscheinen und zur Sache auszusagen oder ihr Gutachten zu erstatten. (2) In den Fällen der §§ 51, 70 und 77 der Strafprozeßordnung kann die Verwaltungsbehörde gegen den Zeugen oder den Sachverständigen Ordnungsstrafen in Geld festsetzen. Neben der Ordnungsstrafe können ihm die durch die unberechtigte Weigerung oder das unberechtigte Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt werden. (3) Für die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen entsprechend. § 60 Bestellung eines Verteidigers Ist die Mitwirkung eines Verteidigers im Verfahren der Verwaltungsbehörde geboten (§ 140 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 in Verbindung mit § 141 Abs. 3 Satz 1 der Strafprozeßordnung), so bestellt die Verwaltungsbehörde den Verteidiger. § 61 Abschluß der Ermittlungen Sobald die Verwaltungsbehörde die Ermittlungen abgeschlossen hat, vermerkt sie dies in den Akten, wenn sie die weitere Verfolgung der Ordnungswidrigkeit erwägt. § 62 Rechtsbehelf gegen Maßnahmen der Verwaltungsbehörde (1) Gegen Anordnungen, Verfügungen und sonstige Maßnahmen, die von der Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren getroffen werden, können der Betroffene und andere Personen, gegen die sich die Maßnahme richtet, gerichtliche Entscheidung beantragen. Dies gilt nicht für Maßnahmen, die nur zur Vorbereitung der Entscheidung, ob ein Bußgeldbescheid erlassen oder das Verfahren eingestellt wird, getroffen werden und keine selbständige Bedeutung haben. (2) über den Antrag entscheidet das nach § 68 zuständige Gericht. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309 und 311a der Strafprozeßordnung über das Beschwerdeverfahren gelten sinngemäß. Die Entscheidung des Gerichts ist nicht anfechtbar, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. IV. Verfahren der Staatsanwaltschaft § 63 Beteiligung der Verwaltungsbehörde (1) Hat die Staatsanwaltschaft die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit übernommen (§ 42), so haben die mit der Ermittlung von Ordnungswidrigkeiten betrauten Angehörigen der sonst zuständigen Verwaltungsbehörde dieselben Rechte und Pflichten wie die Beamten des Polizeidienstes im Bußgeldverfahren. Die sonst zuständige Verwaltungsbehörde kann Beschlagnahmen, Notveräußerungen, Durchsuchungen und Untersuchungen nach den für Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft geltenden Vorschriften der Strafprozeßordnung anordnen. (2) Der sonst zuständigen Verwaltungsbehörde sind die Anklageschrift und der Antrag auf Erlaß eines Strafbefehls mitzuteilen, soweit sie sich auf eine Ordnungswidrigkeit beziehen. 494 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1968, Teil I (3) Erwägt die Staatsanwaltschaft, das Verfahren einzustellen, so hat sie die sonst zuständige Verwaltungsbehörde zu hören. Sie kann davon absehen, wenn für die Entschließung die besondere Sachkunde der Verwaltungsbehörde entbehrt werden kann. § 64 Erstreckung der öffentlichen Klage auf die Ordnungswidrigkeit Erhebt, die Staatsanwaltschaft in den Fällen des § 42 wegen der Straftat die öffentliche Klage, so erstreckt sie diese auf die Ordnungswidrigkeit, sofern die Ermittlungen hierfür genügenden Anlaß bieten. Vierter Abschnitt Bußgeldbescheid § 65 Allgemeines Die Ordnungswidrigkeit wird, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, durch Bußgeldbescheid geahndet. § 66 Inhalt des Bußgeldbescheides (1) Der Bußgeldbescheid enthält 1. die Angaben zur Person des Betroffenen und etwaiger Nebenbeteiligter, 2. den Namen und die Anschrift des Verteidigers, 3. die Bezeichnung der Tat, die dem Betroffenen zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Ordnungswidrigkeit und die angewendeten Bußgeldvorschriften, 4. die Beweismittel, 5. die Geldbuße und die Nebenfolgen. (2) Der Bußgeldbescheid enthält ferner 1. den Hinweis, daß a) der Bußgeldbescheid rechtskräftig und vollstreckbar wird, wenn kein Einspruch nach § 67 eingelegt wird, b) das Gericht bei einem Einspruch auf Grund einer Hauptverhandlung über die Beschuldigung entscheidet, ohne an den im Bußgeldbescheid enthaltenen Ausspruch gebunden zu sein, daß es jedoch auch durch Beschluß entscheiden kann, wenn der Betroffene und die Staatsanwaltschaft diesem Verfahren nicht widersprechen, 2. die Aufforderung an den Betroffenen, spätestens zwei Wochen nach Rechtskraft oder einer etwa bestimmten späteren Fälligkeit (§ 14) a) die Geldbuße oder die bestimmten Teilbeträge an die zuständige Kasse zu zahlen oder b) im Falle der Zahlungsunfähigkeit der Vollstreckungsbehörde (§ 92) schriftlich oder zur Niederschrift darzutun, warum ihm die fristgemäße Zahlung nach seinen wirtschaftlichen VerhälLuissen nicht zuzumuten ist, und 3. die Belehrung, daß Erzwingungshaft (§ 96) angeordnet werden kann, wenn der Betroffene seiner Pflicht nach Nummer 2 nicht genügt. (3) über die Angaben nach Absatz 1 Nr. 3 und 4 hinaus braucht der Bußgeldbescheid nicht begründet zu werden. Fünfter Abschnitt Einspruch und gerichtliches Verfahren I. Einspruch § 67 Form und Frist Der Betroffene kann gegen den Bußgeldbescheid innerhalb einer Woche nach Zustellung schriftlich oder zur Niederschrift bei der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, Einspruch einlegen. Die §§ 297 bis 300 und 302 der Strafprozeßordnung über Rechtsmittel gelten entsprechend. § 68 Zuständiges Gericht (1) Bei einem Einspruch gegen den Bußgeldbescheid entscheidet das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Verwaltungsbehörde ihren Sitz hat. Der Amtsrichter entscheidet allein. (2) Im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende ist der Jugendrichter zuständig. (3) Sind in dem Bezirk der Verwaltungsbehörde eines Landes mehrere Amtsgerichte vorhanden, so kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung die Zuständigkeit des Amtsgerichts abweichend von Absatz 1 danach bestimmen, in welchem Bezirk 1. die Ordnungswidrigkeit oder eine der Ordnungswidrigkeiten begangen worden ist (Begehungsort) oder 2. der Betroffene im Zeitpunkt des Einspruchs seinen Wohnsitz hat (Wohnort), soweit es mit Rücksicht auf die große Zahl von Verfahren sowie die weite Entfernung zwischen Bege-hungs- oder Wohnort und dem Sitz des nach Absatz 1 zuständigen Amtsgerichts sachdienlich erscheint, die Verfahren auf mehrere Amtsgerichte aufzuteilen; § 37 Abs. 3 gilt entsprechend. Der Bezirk, von dem die Zuständigkeit des Amtsgerichts nach Satz 1 abhängt, kann die Bezirke mehrerer Amtsgerichte umfassen. Die Landesregierung kann die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen. § 69 Abgabe an die Staatsanwaltschaft (1) Die Verwaltungsbehörde übersendet die Akten nach Einspruch an die Staatsanwaltschaft, die sie dem Amtsrichter vorlegt. Bis zur Übersendung der Akten kann die Verwaltungsbehörde den Bußgeldbescheid zurücknehmen. (2) Die Aufgaben der Verfolgungsbehörde gehen auf die Staatsanwaltschaft über, sobald die Akten bei ihr eingehen. Nr. 33 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. Mai 1968 495 § 70 Unzulässiger Einspruch (1) Ist der Einspruch nicht rechtzeitig oder nicht in der vorgeschriebenen Form eingelegt, so verwirft ihn das Gericht als unzulässig. (2) Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde zulässig. II. Hauptverfahren § 71 Hauptverhandlung Das Verfahren nach zulässigem Einspruch richtet sich, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung, die nach zulässigem Einspruch gegen einen Strafbefehl gelten. § 72 Entscheidung durch Beschluß (1) Hält das Gericht eine Hauptverhandlung nicht für erforderlich, so kann es durch Beschluß entscheiden, wenn der Betroffene und die Staatsanwaltschaft diesem Verfahren nicht widersprechen. Das Gericht weist sie zuvor auf die Möglichkeit eines solchen Verfahrens und des Widerspruchs hin und gibt ihnen Gelegenheit, sich zu äußern. (2) Das Gericht entscheidet darüber, ob der Betroffene freigesprochen, gegen ihn eine Geldbuße festgesetzt, eine Nebenfolge angeordnet oder das Verfahren eingestellt wird. Das Gericht darf von der im Bußgeldbescheid getroffenen Entscheidung nicht zum Nachteil des Betroffenen abweichen. (3) Wird eine Geldbuße festgesetzt, so gibt der Beschluß die Ordnungswidrigkeit und die angewendeten Bußgeldvorschriften an. Die Begründung des Beschlusses enthält die für erwiesen erachteten Tatsachen, in denen das Gericht die gesetzlichen Merkmale der Ordnungswidrigkeit sieht. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Ferner sind die Umstände anzuführen, die für die Zumessung der Geldbuße und die Anordnung einer Nebenfolge bestimmend sind. (4) Wird der Betroffene freigesprochen, so muß die Begründung ergeben, ob der Betroffene für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die als erwiesen angenommene Tat nicht als Ordnungswidrigkeit angesehen worden ist. § 73 Anwesenheit des Betroffenen in der Hauptverhandlung (1) Der Betroffene ist zum Erscheinen in der Hauptverhandlung nicht verpflichtet. (2) Das Gericht kann jedoch zur Aufklärung des Sachverhalts das persönliche Erscheinen des Betroffenen anordnen. (3) Das Gericht kann auch die Vernehmung des Betroffenen durch einen ersuchten Richter anordnen. Von dem zum Zweck der Vernehmung anberaumten Termin sind die Staatsanwaltschaft und der Verteidiger zu benachrichtigen; ihrer Anwesenheit bei der Vernehmung bedarf es nicht. Das Protokoll über die Vernehmung ist in der Hauptverhandlung zu verlesen. (4) Hat das Gericht das persönliche Erscheinen des Betroffenen nicht angeordnet, so kann er sich durch einen schriftlich bevollmächtigten Verteidiger vertreten lassen. § 74 Verfahren bei Abwesenheit (1) Bleibt der Betroffene in der Hauptverhandlung aus, ohne daß sein persönliches Erscheinen oder seine richterliche Vernehmung angeordnet ist, und ist er auch nicht durch einen Verteidiger vertreten, so wird der wesentliche Inhalt seiner früheren Vernehmung und etwaiger schriftlicher oder protokollarischer Erklärungen, die er zur Sache abgegeben hat, bekanntgegeben oder festgestellt, daß er sich nicht geäußert hat, obwohl ihm dazu Gelegenheit gegeben war. (2) Bleibt der Betroffene, dessen persönliches Erscheinen angeordnet ist, ohne genügende Entschuldigung aus, so kann das Gericht den Einspruch ohne Beweisaufnahme durch Urteil verwerfen. Verwirft das Gericht den Einspruch nicht, so ordnet es die Vorführung des Betroffenen an oder verfährt nach Absatz 1. (3) Der Betroffene ist in der Ladung über die Absätze 1 und 2 zu belehren. (4) Hat die Hauptverhandlung nach den Absätzen 1 oder 2 ohne den Betroffenen stattgefunden, so gilt § 235 der Strafprozeßordnung entsprechend. Wird der Einspruch verworfen, so kann ein Betroffener, dem gegen den Ablauf der Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt worden war, sie nicht mehr gegen das Urteil beanspruchen. § 75 Teilnahme der Staatsanwaltschaft an der Hauptverhandlung (1) Die Staatsanwaltschaft ist zur Teilnahme an der Hauptverhandlung nicht verpflichtet. Das Gericht macht der Staatsanwaltschaft Mitteilung, wenn es ihre Mitwirkung für angemessen hält. (2) Nimmt die Staatsanwaltschaft an der Hauptverhandlung nicht teil, so bedarf es ihrer Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens (§ 47 Abs. 2) und zur Rücknahme des Einspruchs (§ 77 Abs. 2) in der Hauptverhandlung nicht. § 76 Beteiligung der Verwaltungsbehörde (1) Das Gericht gibt der Verwaltungsbehörde Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind. Dies gilt auch, wenn das Gericht erwägt, das Verfahren nach § 47 Abs. 2 einzustellen. Der Termin zur Hauptverhandlung wird der Verwaltungsbehörde mitgeteilt. Ihr Vertreter erhält in der Hauptverhandlung auf Verlangen das Wort. (2) Das Gericht kann davon absehen, die Verwaltungsbehörde nach Absatz 1 zu beteiligen, wenn ihre besondere Sachkunde für die Entscheidung entbehrt werden kann. 496 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1968, Teil I (3) Das Urteil und andere das Verfahren abschließende Entscheidungen sind der Verwaltungsbehörde mitzuteilen. § 77 Rücknahme der Klage und des Einspruchs (1) Die Klage und der Einspruch können bis zur Verkündung des Urteils im ersten Rechtszuge oder bis zum Erlaß des Beschlusses nach § 72 zurückgenommen werden. (2) Nach Beginn der Hauptverhandlung ist die Rücknahme der Klage nur mit Zustimmung des Betroffenen, die Rücknahme des Einspruchs nur mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft zulässig. (3) Erwägt die Staatsanwaltschaft, die Klage zurückzunehmen, so gilt § 63 Abs. 3 entsprechend. § 78 Weitere Verfahrensvereinfachungen (1) Das Gericht bestimmt, unbeschadet des § 244 Abs. 2 der Strafprozeßordnung, den Umfang der Beweisaufnahme. (2) § 273 Abs. 2 der Strafprozeßordnung ist nicht anzuwenden. (3) Im Verfahren gegen Jugendliche gilt § 78 Abs. 3 des Jugendgerichtsgesetzes entsprechend. (4) Wird gegen einen Jugendlichen oder Heranwachsenden eine Geldbuße festgesetzt, so kann der Jugendrichter zugleich eine Vollstreckungsanordnung nach § 98 Abs. 1 treffen. III. Rechtsmittel § 79 Rechtsbeschwerde (1) Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 ist Rechtsbeschwerde zulässig, wenn 1. gegen den Betroffenen eine Geldbuße von mehr als zweihundert Deutsche Mark festgesetzt worden ist, 2. eine Nebenfolge angeordnet worden ist, es sei denn, daß es sich um eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art handelt, deren Wert im Urteil oder im Beschluß nach § 72 auf nicht mehr als zweihundert Deutsche Mark festgesetzt worden ist, 3. der Betroffene wegen einer Ordnungswidrigkeit freigesprochen oder das Verfahren eingestellt worden ist und wegen der Tat im Bußgeldbescheid oder im Strafbefehl eine Geldbuße von mehr als fünfhundert Deutsche Mark festgesetzt oder eine solche Geldbuße von der Staatsanwaltschaft beantragt worden war, 4. der Einspruch durch Urteil als unzulässig verworfen worden ist oder 5. durch Beschluß nach § 72 entschieden worden ist, obwohl der Beschwerdeführer diesem Verfahren widersprochen hatte. Gegen das Urteil ist die Rechtsbeschwerde ferner zulässig, wenn sie zugelassen wird (§ 80). (2) Hat das Urteil oder der Beschluß nach § 72 mehrere Taten zum Gegenstand und sind die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 oder des Satzes 2 nur hinsichtlich einzelner Taten gegeben, so ist die Rechtsbeschwerde nur insoweit zulässig. (3) Für die Rechtsbeschwerde und das weitere Verfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Revision entsprechend. (4) Die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde beginnt mit der Zustellung des Beschlusses nach § 72 oder des Urteils, wenn es in Abwesenheit des Beschwerdeführers verkündet ist. (5) Das Beschwerdegericht entscheidet durch Beschluß. Richtet sich die Rechtsbeschwerde gegen ein Urteil, so kann das Beschwerdegericht auf Grund einer Hauptverhandlung durch Urteil entscheiden. (6) Hebt das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung auf, so kann es abweichend von § 354 Abs. 1, 2 der Strafprozeßordnung in der Sache selbst entscheiden oder sie an das Amtsgericht, dessen Entscheidung aufgehoben wird, oder an ein anderes Amtsgericht desselben Landes zurückverweisen. § 80 Zulassung der Rechtsbeschwerde (1) Das Beschwerdegericht läßt die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 1 Satz 2 auf Antrag zu, wenn es geboten ist, die Nachprüfung der Entscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. (2) Für den Zulassungsantrag gelten die Vorschriften über die Einlegung der Rechtsbeschwerde entsprechend. Der Antrag gilt als vorsorglich eingelegte Rechtsbeschwerde. Die Vorschriften über die Anbringung der Beschwerdeanträge und deren Begründung (§§ 344, 345 der Strafprozeßordnung) sind zu beachten. Bei der Begründung der Beschwerdeanträge soll der Antragsteller zugleich angeben, aus welchen Gründen die in Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. § 35 a der Strafprozeßordnung gilt entsprechend. (3) Das Beschwerdegericht entscheidet über den Antrag durch Beschluß. Die §§ 346 bis 348 der Strafprozeßordnung gelten entsprechend.. Der Beschluß, durch den der Antrag verworfen wird, bedarf keiner Begründung, wenn das Beschwerdegericht den Antrag einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet. Wird der Antrag verworfen, so gilt die Rechtsbeschwerde als zurückgenommen. Sechster Abschnitt Bußgeld- und Strafverfahren § 81 Übergang vom Bußgeld- zum Strafverfahren (1) Das Gericht ist im Bußgeldverfahren an die Beurteilung der Tat als Ordnungswidrigkeit nicht gebunden. Jedoch darf es auf Grund eines Strafgesetzes nur entscheiden, wenn der Betroffene zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist. Nr. 33 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. Mai 1968 497 (2) Der Betroffene wird auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder von Amts wegen hingewiesen. Mit diesem Hinweis erhält er die Rechtsstellung des Angeklagten. Die Verhandlung wird unterbrochen, wenn das Gericht es für erforderlich hält oder wenn der Angeklagte es beantragt, über sein Recht, die Unterbrechung zu beantragen, wird der Angeklagte belehrt. (3) In dem weiteren Verfahren sind die besonderen Vorschriften dieses Gesetzes nicht mehr anzuwenden. Jedoch kann die bisherige Beweisaufnahme, die in Anwesenheit des Betroffenen stattgefunden hat, auch dann verwertet werden, wenn sie nach diesen Vorschriften durchgeführt worden ist. § 82 Bußgelderkenntnis im Strafverfahren (1) Im Strafverfahren beurteilt das Gericht die in der Anklage bezeichnete Tat zugleich unter dem rechtlichen Gesichtspunkt einer Ordnungswidrigkeit. (2) Läßt das Gericht die Anklage zur Hauptverhandlung nur unter dem rechtlichen Gesichtspunkt, einer Ordnungswidrigkeit zu, so sind in dem weiteren Verfahren die besonderen Vorschriften dieses Gesetzes anzuwenden. § 83 Verfahren bei Ordnungswidrigkeiten und Straftaten (1) Hat das Verfahren Ordnungswidrigkeiten und Straftaten zum Gegenstand und werden einzelne Taten nur als Ordnungswidrigkeiten verfolgt, so gelten für das Verfahren wegen dieser Taten auch § 46 Abs. 3, 4, die §§ 47 bis 49, 55, 76 bis 78, 79 Abs. 1 bis 3 sowie § 80. (2) Wird in den Fällen des Absatzes 1 gegen das Urteil, soweit es nur Ordnungswidrigkeiten betrifft, Rechtsbeschwerde und im übrigen Berufung eingelegt, so wird eine rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form eingelegte Rechtsbeschwerde, solange die Berufung nicht zurückgenommen oder als unzulässig verworfen ist, als Berufung behandelt. Die Beschwerdeanträge und deren Begründung sind gleichwohl in der vorgeschriebenen Form anzubringen und dem Gegner zuzustellen (§§ 344 bis 347 der Strafprozeßordnung); einer Zulassung nach § 79 Abs. 1 Satz 2 bedarf es jedoch nicht. Gegen das Berufungsurteil ist die Rechtsbeschwerde nach § 79 Abs. 1, 2, § 80 zulässig. (3) Hebt das Beschwerdegericht das Urteil auf, soweit es nur Ordnungswidrigkeiten betrifft, so kann es in der Sache selbst entscheiden. Siebenter Abschnitt Rechtskraft und Wiederaufnahme des Verfahrens § 84 Wirkung der Rechtskraft (1) Ist der Bußgeldbescheid rechtskräftig geworden oder hat das Gericht über die Tat als Ordnungs- widrigkeit oder als Straftat rechtskräftig entschieden, so kann dieselbe Tat nicht mehr als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden. (2) Das rechtskräftige Urteil über die Tat als Ordnungswidrigkeit steht auch ihrer Verfolgung als Straftat entgegen. Dem rechtskräftigen Urteil stehen der Beschluß nach § 72 und der Beschluß des Beschwerdegerichts über die Tat als Ordnungswidrigkeit gleich. § 85 Wiederaufnahme des Verfahrens • (1) Für die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftige Bußgeldentscheidung abgeschlossenen Verfahrens gelten die §§ 359 bis 373 a der Strafprozeßordnung entsprechend, soweit die nachstehenden Vorschriften nichts anderes bestimmen. (2) Die Wiederaufnahme des Verfahrens zugunsten des Betroffenen, die auf neue Tatsachen oder Beweismittel gestützt wird (§ 359 Nr. 5 der Strafprozeßordnung), ist nicht zulässig, wenn 1. gegen den Betroffenen lediglich eine Geldbuße bis zu zweihundert Deutsche Mark festgesetzt ist oder 2. seit Rechtskraft der Bußgeldentscheidung fünf Jahre verstrichen sind. Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend, wenn eine Nebenfolge vermögensrechtlicher Art angeordnet ist, deren Wert zweihundert Deutsche Mark nicht übersteigt. (3) Die Wiederaufnahme des Verfahrens zuungunsten des Betroffenen ist unter den Voraussetzungen des § 362 der Strafprozeßordnung nur zu dem Zweck zulässig, die Verurteilung nach einem Strafgesetz herbeizuführen. Zu diesem Zweck ist sie auch zulässig, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen geeignet sind, die Verurteilung des Betroffenen wegen eines Verbrechens zu begründen. (4) Im Wiederaufnahmeverfahren gegen den Bußgeldbescheid entscheidet das nach § 68 zuständige Gericht. Wird ein solches Wiederaufnahmeverfahren von dem Betroffenen beantragt oder werden der Verwaltungsbehörde Umstände bekannt, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens zulassen, so übersendet sie die Akten der Staatsanwaltschaft. § 69 Abs. 2 gilt entsprechend. § 86 Aufhebung des Bußgeldbescheides im Strafverfahren (1) Ist gegen den Betroffenen ein Bußgeldbescheid ergangen und wird er später wegen derselben Handlung in einem Strafverfahren verurteilt, so wird der Bußgeldbescheid insoweit aufgehoben. Dasselbe gilt, wenn es im Strafverfahren nicht zu einer Verurteilung kommt, jedoch die Feststellungen, die das Gericht in der abschließenden Entscheidung trifft, dem Bußgeldbescheid entgegenstehen. (2) Geldbeträge, die auf Grund des aufgehobenen Bußgeldbescheides gezahlt oder beigetrieben worden 2 498 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1968, Teil I sind, werden zunächst auf eine erkannte Geldstrafe, dann auf angeordnete Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten, und zuletzt auf die Kosten. des Strafverfahrens angerechnet. (3) Die Entscheidungen nach den Absätzen 1 und 2 werden in dem Urteil oder in der sonstigen ab-sch 1 ießenden Entscheidung getrofien. Achter Abschnitt Verfahren bei Anordnung von Nebenfolgen § 87 Einziehungsverfahren (1) Hat die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren über die Einziehung eines Gegenstandes zu entscheiden, so ist sie auch für die Anordnung der Verfahrensbeteiligung, die Beiordnung eines Rechtsanwalts oder einer anderen Person, die als Verteidiger bestellt werden darf, und die Entscheidung über die Entschädigung zuständig (§§ 431, 434 Abs. 2, § 436 Abs. 3 der Strafprozeßordnung). (2) Vom Erlaß des Bußgeldbescheides an hat der Einziehungsbeteiligte, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, die Befugnisse, die einem Betroffenen zustehen. Ihm wird der Bußgeldbescheid, in dem die Einziehung angeordnet wird, zugestellt. Zugleich wird er darauf hingewiesen, daß über die Einziehung auch ihm gegenüber entschieden ist. (3) Im selbständigen Verfahren wird die Einziehung in einem selbständigen Einziehungsbescheid angeordnet; § 66 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a und Abs. 3 gilt entsprechend. Der Einziehungsbescheid steht einem Bußgeldbescheid gleich. Zuständig ist die Verwaltungsbehörde, die im Falle der Verfolgung einer bestimmten Person zuständig wäre; örtlich zuständig ist auch die Verwaltungsbehörde, in deren Bezirk der Gegenstand sichergestellt worden ist. (4) Das Nachverfahren (§ 439 der Strafprozeßordnung) gegen einen Bußgeldbescheid ist bei der Verwaltungsbehörde zu beantragen, welche die Einziehung angeordnet hat. Die Entscheidung trifft das nach § 68 zuständige Gericht; § 69 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 gilt entsprechend. (5) Die Entscheidung des Gerichts über die Einziehung eines Gegenstandes, dessen Wert zweihundert Deutsche Mark nicht übersteigt, ist nicht anfechtbar. § 88 Festsetzung der Geldbuße gegen juristische Personen und Personenvereinigungen (1) Hat die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren als Nebenfolge der Tat des Betroffenen über die Festsetzung einer Geldbuße gegen eine juristi- sche Person oder eine Personenvereingung zu entscheiden (§ 26), so ist sie auch für die Anordnung der Verfahrensbeteiligung und die Beiordnung eines Rechtsanwalts oder einer anderen Person, die als Verteidiger bestellt werden darf, zuständig (§ 444 Abs. 1, § 434 Abs. 2 der Strafprozeßordnung). (2) Im selbständigen Verfahren setzt die Verwaltungsbehörde die Geldbuße in einem selbständigen Bußgeldbescheid fest. Zuständig ist die Verwaltungsbehörde, die im Falle der Verfolgung einer bestimmten Person zuständig wäre; örtlich zuständig ist auch die Verwaltungsbehörde, in deren Bezirk die juristische Person oder Personenvereinigung ihren Sitz oder eine Zweigniederlassung hat. (3) § 87 Abs. 2 Satz 1, 2 und Abs. 5 gilt entsprechend. Neunter Abschnitt Vollstreckung der Bußgeldentscheidungen § 89 Vollstreckbarkeit der Bußgeldentscheidungen Bußgeldentscheidungen sind vollstreckbar, wenn sie rechtskräftig geworden sind. § 90 Vollstreckung des Bußgeldbescheides (1) Der Bußgeldbescheid wird, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, nach den Vorschriften des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes vom 27. April 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 157) in der jeweils geltenden Fassung vollstreckt, wenn eine Verwaltungsbehörde des Bundes den Bußgeldbescheid erlassen hat, sonst nach den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften. (2) Die Geldbußen fließen, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, in die Bundeskasse, wenn eine Verwaltungsbehörde des Bundes den Bußgeldbescheid erlassen hat, sonst in die Landeskasse. Satz 1 gilt für Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten, entsprechend. (3) Ist die Einziehung einer Sache angeordnet worden, so wird die Anordnung dadurch vollstreckt, daß die Sache dem Betroffenen oder dem Ein-ziehüngsbeteiligten weggenommen wird. Wird die Sache bei diesen Personen nicht vorgefunden, so haben sie auf Antrag der Verwaftungsbehörde bei dem Amtsgericht den Offenbarungseid über den Verbleib der Sache zu leisten. § 883 Abs. 2, 3, §§ 899, 900 Abs. 1, 3, 5, §§ 901, 902, 904 bis 910, 913 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. (4) Absatz 1 gilt für die Vollstreckung einer nach § 59 Abs. 2 festgesetzten Ordnungsstrafe in Geld entsprechend. Nr. 33 Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. Mai 1968 499 § 91 Vollstreckung der gerichtlichen Bußgeldentscheidung Für die Vollstreckung der gerichtlichen Bußgeldentscheidung gelten die §§ 451 und 463 der Strafprozeßordnung, im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende auch § 82 Abs. 1, §§ 84 und 85 Abs. 3 des Jugendgerichtsgesetzes sinngemäß. § 92 Vollstreckungsbehörde Vollstrcckungsbehörde im Sinne der nachfolgenden Vorschriften dieses Abschnitts ist in den Fällen des § 90 die Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, sonst die Stelle, der nach § 91 die Vollstreckung obliegt. § 93 Zahlungserleichterungen (1) über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen (§ 14) entscheidet nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung die Vollstreckungsbehörde. (2) Die Vollstreckungsbehörde kann eine Entscheidung über Zahlungserleichterungen nachträglich ändern oder aufheben. Dabei darf sie von einer vorausgegangenen Entscheidung zum Nachteil des Betroffenen nur auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel abweichen. (3) Für Entscheidungen über Zahlungserleichterungen gilt § 66 Abs 2 Nr. 2, 3 sinngemäß. (4) Entfällt die Vergünstigung nach § 14 Satz 2, die Geldbuße in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen, so wird dies in den Akten vermerkt. Die Vollstrek-kungsbehörde kann dem Betroffenen erneut eine Zahlungserleichterung bewilligen. (5) Ergibt sich, daß dem Betroffenen nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen die Zahlung in absehbarer Zeit nicht möglich ist, so kann die Vollstrek-kungsbehörde anordnen, daß die Vollstreckung unterbleibt. § 94 Verrechnung von Teilbeträgen Teilbeträge werden, wenn der Betroffene bei der Zahlung keine Bestimmung trifft, zunächst auf die Geldbuße, dann auf die etwa angeordneten Nebenfolgen, die zu einer Geldzahlung verpflichten, und zuletzt auf die Kosten des Verfahrens angerechnet. § 95 Beitreibung der Geldbuße Die Geldbuße oder der Teilbetrag einer Geldbuße wird vor Ablauf von zwei Wochen nach Eintritt der Fälligkeit nur beigetrieben, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen erkennbar ist, daß sich der Betroffene der Zahlung entziehen will. § 96 Anordnung von Erzwingungshaft (1) Nach Ablauf der in § 95 bestimmten Frist kann das Gericht auf Antrag der Vollstreckungsbehörde oder, wenn ihm selbst die Vollstreckung obliegt, von Amts wegen Erzwingungshaft anordnen, wenn 1. die Geldbuße oder der bestimmte Teilbetrag einer Geldbuße nicht gezahlt ist, 2. der Betroffene seine Zahlungsunfähigkeit nicht dargetan hat (§ 66 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b), 3. er nach § 66 Abs. 2 Nr. 3 belehrt ist und 4. keine Umstände bekannt sind, welche seine Zahlungsunfähigkeit ergeben. (2) Ergibt sich, daß dem Betroffenen nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten ist, den zu zahlenden Betrag der Geldbuße sofort zu entrichten, so bewilligt das Gericht eine Zahlungserleichterung oder überläßt die Entscheidung darüber der Vollstreckungsbehörde. Eine bereits ergangene Anordnung der Erzwingungshaft wird aufgehoben. (3) Die Dauer der Erzwingungshaft wegen einer Geldbuße darf sechs Wochen, wegen mehrerer in einer Bußgeldentscheidung festgesetzter Geldbußen drei Monate nicht übersteigen. Sie wird, auch unter Berücksichtigung des zu zahlenden Betrages der Geldbuße, nach Tagen bemessen und kann nachträglich nicht verlängert, jedoch abgekürzt werden. Wegen desselben Betrages darf die Erzwingungshaft nicht wiederholt werden. § 97 Vollstreckung der Erzwingungshaft (1) Für die Vollstreckung der Erzwingungshaft gilt § 451 der Strafprozeßordnung, im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende gelten auch § 82 Abs. 1, §§ 84 und 85 Abs. 3 des Jugendg.erichts-gesetzes sinngemäß. (2) Der Betroffene kann die Vollstreckung der Erzwingungshaft jederzeit dadurch abwenden, daß er den zu zahlenden Betrag der Geldbuße entrichtet. (3) Macht der Betroffene nach Anordnung der Er-zwingungshaft geltend, daß ihm nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten ist, den zu zahlenden Betrag der Geldbuße sofort zu entrichten, so wird dadurch die Vollziehung der Anordnung nicht gehemmt. Das Gericht kann jedoch die Vollziehung aussetzen. § 98 Vollstreckung gegen Jugendliche und Heranwachsende (1) Wird die gegen einen Jugendlichen festgesetzte Geldbuße auch nach Ablauf der in § 95 bestimmten Frist nicht gezahlt, so kann der Jugendrichter auf Antrag der Vollstreckungsbehörde oder, 500 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1968, Teil I wenn ihm selbst die Vollstreckung obliegt, von Amts wegen dem Jugendlichen auferlegen, an Stelle der Geldbuße 1. einer Arbeitsauflage nachzukommen, 2. den Schaden wiedergutzumachen, 3. bei einer Verletzung von Verkehrsvorschriften an einem Verkehrsunterricht teilzunehmen, 4. sonst eine bestimmte Leistung zu erbringen, wenn die Bewilligung einer Zahlungserleichterung, die Beitreibung der Geldbuße oder die Anordnung der Erzwingungshaft nicht möglich oder angebracht erscheint. Der Jugendrichter kann die Anordnungen nach Satz 1 nebeneinander treffen und nachträglich ändern. (2) Kommt der Jugendliche einer Anordnung nach Absatz 1 schuldhaft nicht nach und zahlt er auch nicht die Geldbuße, so kann Jugendarrest (§16 des Jugendgerichtsgesetzes) gegen ihn verhängt werden, wenn er entsprechend belehrt worden ist. Ist der Jugendarrest vollstreckt worden, so kann der Jugendrichter die Vollstreckung der Geldbuße für erledigt erklären. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die Vollstreckung der gegen einen Heranwachsenden festgesetzten Geldbuße. § 99 Vollstreckung gegen juristische Personen und Personenvereinigungen Für die Vollstreckung der Geldbuße gegen eine juristische Person oder eine Personenvereinigung gelten die §§ 93 bis 97 entsprechend. § 100 Nachträgliche Entscheidungen über die Einziehung (1) über die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes oder des Wertersatzes (§ 20 Abs. 2 Satz 3, § 21 Abs. 4) entscheidet 1. die Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, 2. bei einer gerichtlichen Bußgeldentscheidung das Gericht. (2) Gegen die nachträgliche Anordnung der Einziehung ist in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheides der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 62 zulässig. Gegen die Entscheidung des Gerichts ist sofortige Beschwerde zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes zweihundert Deutsche Mark übersteigt. § 101 Vollstreckung in den Nachlaß In den Nachlaß des Betroffenen darf eine Geldbuße nicht vollstreckt werden. § 102 Nachträgliches Strafverfahren (1) Wird nach Rechtskraft des Bußgeldbescheides wegen derselben Handlung die öffentliche Klage erhoben, so soll die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung des Bußgeldbescheides insoweit aussetzen. (2) Sind die Entscheidungen nach § 86 Abs. 1 und 2 im Strafverfahren unterblieben, so sind sie von dem Gericht nachträglich zu treffen. § 103 Gerichtliche Entscheidung (1) über Einwendungen gegen 1. die Zulässigkeit der Vollstreckung, 2. die von der Vollstreckungsbehörde nach den §§93 und 102 Abs. 1 getroffenen Anordnungen, 3. die sonst bei der Vollstreckung eines Bußgeldbescheides getroffenen Maßnahmen entscheidet das Gericht. (2) Durch Einwendungen nach Absatz 1 wird die Vollstreckung nicht gehemmt. Das Gericht kann jedoch die Vollstreckung aussetzen. § 104 Verfahren bei gerichtlicher Entscheidung (1) Die bei der Vollstreckung notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen (§§ 96, 97 Abs. 3, §§ 98, 99, 100 Abs. 1 Nr. 2, § 102 Abs. 2, § 103) werden erlassen 1. von dem nach § 68 zuständigen Gericht, wenn ein Bußgeldbescheid zu vollstrecken ist, 2. von dem Gericht des ersten Rechtszuges, im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende von dem Jugendrichter, dem die Vollstreckung obliegt, wenn eine gerichtliche Bußgeldentscheidung zu vollstrecken ist, 3. von dem Gericht des ersten Rechtszuges im Strafverfahren, wenn eine Entscheidung nach § 102 Abs. 2 zu treffen ist. (2) Ist für die Vollstreckung der Amtsrichter zuständig, so entscheidet in den Fällen des § 103 Abs. 1 Nr. 1, 2 die Strafkammer des Landgerichts. (3) Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung. Vor der Entscheidung ist den Beteiligten Gelegenheit zu geben, Anträge zu stellen und zu begründen. (4) Gegen die Anordnung der Erzwingungshaft, die Verhängung des Jugendarrestes und die nachträgliche Entscheidung über die Einziehung eines Gegenstandes, dessen Wert zweihundert Deutsche Mark übersteigt, oder die Einziehung eines entsprechenden Wertersatzes (§ 100 Abs. 1 Nr. 2) ist sofortige Beschwerde zulässig. In den übrigen Fällen ist die Entscheidung nicht anfechtbar. Nr. 33 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. Mai 1968 501 Zehnter Abschnitt Kosten I. Verfahren der Verwaltungsbehörde § 105 Kostenentscheidung (1) Im Verfahren der Verwaltungsbehörde gelten § 464 Abs. 1, 2, die §§ 464 a, 465, 466, 467 a Abs. 1, 3, § 469 Abs. 1, 2 sowie die §§ 470 und 472 b der Strafprozeßordnung sinngemäß, im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende femer § 74 des Jugendgerichtsgesetzes. (2) Die notwendigen Auslagen, die nach Absatz 1 in Verbindung mit § 465 Abs. 2, § 467 a Abs. 1, 3 sowie den §§ 470 und 472 b der Strafprozeßordnung die Staatskasse zu tragen hat, werden der Bundeskasse auferlegt, wenn eine Verwaltungsbehörde des Bundes das Verfahren durchführt, sonst der Landeskasse. § 106 Kostenfestsetzung (1) Die Höhe der Kosten und Auslagen, die ein Beteiligter einem anderen zu erstatten hatr wird auf Antrag durch die Verwaltungsbehörde festgesetzt. Dem Antrag sind eine Berechnung der dem Antragsteller entstandenen Kosten, eine zur Mitteilung an den anderen Beteiligten bestimmte Abschrift und die Belege zur Rechtfertigung der einzelnen Ansätze beizufügen. Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt es, daß er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich der einem Rechtsanwalt erwachsenen Auslagen an Post-, Telegrafen- und Fernsprechgebühren genügt die Versicherung des Rechtsanwalts, daß die Auslagen entstanden sind. (2) Für die Zwangsvollstreckung aus dem Kosten-festsetzungsbescheid gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen sinngemäß. Die Zwangsvollstreckung ist erst zulässig, wenn der Kostenfestsetzungsbescheid unanfechtbar geworden ist. Die vollstreckbare Ausfertigung wird vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des nach § 68 zuständigen Gerichts erteilt. § 107 Gebühren und Auslagen (1) Im Verfahren der Verwaltungsbehörde bemißt sich die Gebühr nach der Geldbuße, die gegen den Betroffenen im Bußgeldbescheid festgesetzt ist. (2) Als Gebühren werden erhoben bei der Festsetzung einer Geldbuße bis zu fünfzig Deutsche Mark drei Deutsche Mark, von mehr als fünfzig bis zu hundert Deutsche Mark fünf Deutsche Mark, von mehr als hundert Deutsche Mark fünf vom Hundert des Betrages der festgesetzten Geldbuße, jedoch höchstens zehntausend Deutsche Mark. (3) Als Auslagen werden erhoben 1. Telegrafen- und Fernschreibgebühren; 2. Postgebühren für Zustellungen; 3. Kosten, die durch öffentliche Bekanntmachung entstehen, mit Ausnahme der hierbei erwachsenen Postgebühren; 4. die nach dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen zu zahlenden Beträge; erhält ein Sachverständiger auf Grund des § 1 Abs. 3 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen keine Entschädigung, so ist der Betrag zu erheben, der ohne diese Vorschrift nach dem Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen zu zahlen wäre; 5. die bei Geschäften außerhalb der Dienststelle den Verwaltungsangehörigen auf Grund gesetzlicher Vorschriften gewährten Vergütungen (Reisekostenvergütung, Auslagenersatz) und die Kosten für die Bereitstellung von Räumen; 6. die Beträge, die anderen in- oder ausländischen Behörden, öffentlichen Einrichtungen oder Beamten zustehen, und zwar auch dann, wenn aus Gründen der Gegenseitigkeit, der Verwaltungsvereinfachung und dergleichen an die Behörden, Einrichtungen oder Beamten keine Zahlungen zu leisten sind; 7. die an Rechtsanwälte zu zahlenden Beträge; 8. die Kosten einer Beförderung von Personen sowie Beträge, die mittellosen Personen für die Reise zum Ort einer Vernehmung oder Untersuchung und für die Rückreise gewährt werden; 9. die Kosten für die Beförderung von Sachen, mit Ausnahme der hierbei erwachsenen Postgebühren, und die Verwahrung von Sachen; 10. die Kosten der Erzwingungshaft. § 108 Rechtsbehelf und Vollstreckung (1) Im Verfahren der Verwaltungsbehörde ist gegen 1. den selbständigen Kostenbescheid und den Kostenfestsetzungsbescheid (§ 106), 2. den Ansatz der Gebühren und Auslagen der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 62 zulässig. In den Fällen der Nummer 1 ist der Antrag innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheides zu stellen; gegen die Entscheidung des Gerichts ist sofortige Beschwerde zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes fünfzig Deutsche Mark übersteigt. (2) Für die Vollstreckung der Kosten des Bußgeldverfahrens gelten die §§89 und 90 Abs. 1 entsprechend. 502 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1968, Teil I II. Gerichtliches Verfahren § 109 Kosten bei Rücknahme und Verwerfung des Einspruchs Nimm!, der Betroffene den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurück oder wird sein Einspruch in der Hauptverhandlung durch Urteil verworfen, so trägt er auch die Kosten des gerichtlichen Verfahrens. Dritter Teil Schlußvorschriften § 110 Einschränkung von Grundrechten Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes), der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) werden nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschränkt. § 111 Berlin-Klausel Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. 1 S. 1) auch im Land Berlin. Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Uberleitungsgesetzes. § 112 Inkrafttreten Das Gesetz tritt am 1. Oktober 1968 in Kraft. § 68 Abs. 3 tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 24. Mai 1968 Der Bundespräsident Lübke Der Stellvertreter des Bundeskanzlers Brandt Der Bundesminister der Justiz Dr. Heinemann