Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1968  Nr. 40 vom 25.06.1968  - Seite 661 bis 664 - Gesetz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes

Gesetz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes Jl3 IJLiliJLf3lS^\^iS\3 \JL JJJLcllL 661 Teill Z1997A 1968 Ausgegeben zu Bonn am 25. Juni 1968 Nr. 40 Tag Inhalt Seite 19. 6. 68 Gesetz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes ................................................................................ 661 ISundesijesilzbl. III 301-2, 303-8 19. 6. 68 Verordnung über Saatgut von Gräsern und landwirtschaftlichen Leguminosen (Gräser- und Leguminosensaatgutverordnung)........................................................ 665 19. 6. 68 Verordnung über Pflanzgut von Ertragsreben und Unterlagsreben (Rebenpflanzgutverordnung) 680 19. 6. 68 Vorordnung über Gemüsesaatgut (Gemüsesaatgutverordnung) ............................ 690 19. 6. 68 Verordnung über die Gleichsleilung von Anerkennungen und Zulassungen von Saatgut (GlekhsUülungsverordnung) ............................................................ 703 Gesetz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes Vom 19. Juni 1968 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: Erster Abschnitt Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe § 1 Bildung des Gemeinsamen Senats (1) Zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der in Artikel 95 Abs. 1 des Grundgesetzes genannten obersten Gerichtshöfe des Bundes wird ein Gemeinsamer Senat dieser obersten Gerichtshöfe gebildet. (2) Der Gemeinsame Senat hat seinen Sitz in Karlsruhe. § 2 Zuständigkeit (1) Der Gemeinsame Senat entscheidet, wenn ein oberster Gerichtshof in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats abweichen will. (2) Sind nach den Gerichtsverfassungs- oder Verfahrensgesetzen der Große Senat oder die Vereinigten Großen Senate eines obersten Gerichtshofs anzurufen, so entscheidet der Gemeinsame Senat erst, wenn der Große Senat oder die Vereinigten Großen. Senate von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats abweichen wollen. § 3 Zusammensetzung (1) Der Gemeinsame Senat besteht aus 1. den Präsidenten der obersten Gerichtshöfe, 2. den Präsidenten der beteiligten Senate und 3. je einem weiteren Richter der beteiligten Senate. (2) Führt der Präsident eines obersten Gerichtshofs den Vorsitz in einem beteiligten Senat, so wirken außer ihm zwei weitere Richter des beteiligten Senats in dem Gemeinsamen Senat mit. (3) Bei Verhinderung des Präsidenten eines obersten Gerichtshofs tritt sein Vertreter im Großen Senat, bei Verhinderung des Präsidenten eines beteiligten Senats sein Vertreter im Vorsitz an seine Stelle. (4) Die zu entsendenden Richter (Absatz 1 Nr. 3 und Absatz 2) und ihre Vertreter werden von den Präsidien der obersten Gerichtshöfe für die Dauer von zwei Geschäftsjahren bestimmt. 662 Bundesgesetzblatt, Ja § 4 Beteiligte Senate (1) Beteiligt sind der vorlegende Senat und der Senat des obersten Gerichtshofs, von dessen Entscheidung der vorlegende Senat abweichen will. Ist der Senat des anderen obersten Gerichtshofs bei Eingang des Vorlegungsbeschlusses für die Rechtsfrage nicht mehr zuständig, so tritt der nach der Geschäftsverteilung nunmehr zuständige Senat an seine Stelle. Haben mehrere Senate des anderen obersten Gerichtshofs über die Rechtsfrage abweichend entschieden, so ist der Senat beteiligt, der als letzter entschieden hat, sofern nach der Geschäftsverteilung nicht ein anderer Senat bestimmt ist. (2) Wird die Rechtsfrage von dem Großen Senat eines obersten Gerichtshofs vorgelegt oder will der vorlegende Senat von der Entscheidung des Großen Senats eines anderen obersten Gerichtshofs abweichen, so ist der Große Senat der beteiligte Senat. Entsprechendes gilt für die Vereinigten Großen Senate eines obersten Gerichtshofs. § 5 Vorsitz Den Vorsitz führt der lebensälteste Präsident der nichtbeteiligten obersten Gerichtshöfe. Er wird bei der Leitung der mündlichen Verhandlung sowie der Beratung und Abstimmung durch den lebensältesten der anwesenden Präsidenten der anderen obersten Gerichtshöfe, bei den übrigen Geschäften des Vorsitzenden durch seinen Vertreter im Großen Senat vertreten. § 6 Abstimmung Der Gemeinsame Senat entscheidet mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder. § 7 Vorrang der Amtsgeschäfte im Gemeinsamen Senat Die Tätigkeit im Gemeinsamen Senat geht der Tätigkeit an dem obersten Gerichtshof vor. § 8 Geschäftsstelle Für den Gemeinsamen Senat wird eine Geschäftsstelle eingerichtet. Das Nähere bestimmt der Bundesminister der Justiz. § 9 Rechts- und Amtshilfe Alle Gerichte und Verwaltungsbehörden leisten dem Gemeinsamen Senat Rechts- und Amtshilfe. ihrgang 1968, Teil I Zweiter Abschnitt Verfahrensvorschriften § io Grundsatz Soweit in den §§ 11 bis 17 nichts anderes bestimmt ist, gelten für das Verfahren vor dem Gemeinsamen Senat die Vorschriften für das Verfahren vor dem vorlegenden Senat entsprechend. § 11 Vorlegungsverfahren (1) Das Verfahren vor dem Gemeinsamen Senat wird durch einen Vorlegungsbeschluß eingeleitet. In diesem ist die Entscheidung des obersten Gerichtshofs, von der der vorlegende Senat abweichen will, zu bezeichnen. Der Beschluß ist zu begründen und den am Verfahren Beteiligten zuzustellen. (2) Die Senate, die Großen Senate oder die Vereinigten Großen Senate der obersten Gerichtshöfe holen die Entscheidung des Gemeinsamen Senats unmittelbar ein. Gleichzeitig ist das Verfahren vor dem vorlegenden Senat auszusetzen. § 12 Stellungnahmen der obersten Gerichtshöfe (1) Der Vorsitzende des Gemeinsamen Senats gibt den obersten Gerichtshöfen von dem Vorlegungsbeschluß Kenntnis. Die obersten Gerichtshöfe teilen dem Gemeinsamen Senat mit, ob, mit welchem Ergebnis und mit welcher Begründung sie die streitige Rechtsfrage bisher entschieden haben und welche damit zusammenhängenden Rechtsfragen zur Entscheidung anstehen. (2) Der Gemeinsame Senat kann einen obersten Gerichtshof ersuchen, seine Auffassung zu einer für die Entscheidung erheblichen Rechtsfrage darzulegen. Der ersuchte oberste Gerichtshof legt eine Äußerung des Senats vor, der nach der Geschäftsverteilung zur Entscheidung über die streitige Rechtsfrage zuständig ist oder, wenn nach der Geschäftsverteilung kein bestimmter Senat zuständig ist, vom Präsidium bestimmt wird. Auch ohne Ersuchen kann ein oberster Gerichtshof dem Gemeinsamen Senat eine Äußerung seines zuständigen Senats zu der Rechtsfrage vorlegen. (3) Der Vorsitzende des Gemeinsamen Senats teilt die eingegangenen Äußerungen den am Verfahren Beteiligten mit. § 13 Beteiligte am Verfahren (1) Die am Verfahren vor dem vorlegenden Senat Beteiligten sind auch am Verfahren vor dem Gemeinsamen Senat beteiligt. Sie sind in dem Vorlegungsbeschluß zu bezeichnen. (2) Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof kann sich am Verfahren auch beteiligen, wenn er nach den für einen beteiligten Senat gel- Nr. 40 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 25. Juni 1968 663 tenden Verfahrensvorschriften berechtigt ist, am Verfahren mitzuwirken. Der Vorsitzende des Gemeinsamen Senats gibt dem Generalbundesanwalt von solchen Verfahren Kenntnis. (3) Der Vorsitzende des Gemeinsamen Senats soll dem Generalbundesanwalt, auch wenn er am Verfahren nicht beteiligt ist, Gelegenheit zur Äußerung geben, wenn die vorgelegte Rechtsfrage für das Rechtsgebiet, für das der Generalbundesanwalt zuständig ist, Bedeutung hat. Die Äußerung ist den am Verfahren Beteiligten mitzuteilen. (4) Die Absätze 2 und 3 gelten für den Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht, den Bundesdisziplinaranwalt und den Bundeswehrdisziplinaranwalt entsprechend. § 14 Aufgabe der früheren Rechtsprechung Schließt sich der Senat des obersten Gerichtshofs, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, innerhalb eines Monats durch Beschluß der Rechtsauffassung des vorlegenden Senats an, so ist das Verfahren einzustellen. Die Frist beginnt mit dem Eingang des Vorlegungsbeschlusses bei dem obersten Gerichtshof, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll. Sie kann von dem Vorsitzenden des Gemeinsamen Senats verlängert werden. § 15 Gegenstand der Entscheidung (1) Der Gemeinsame Senat entscheidet auf Grund mündlicher Verhandlung nur über die Rechtsfrage. Mit Einverständnis der Beteiligten kann der Gemeinsame Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Findet keine mündliche Verhandlung statt, so ist vor der Entscheidung den am Verfahren Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben. (2) Die Entscheidung ist zu begründen und den Beteiligten zuzustellen. § 16 Wirkung der Entscheidung Die Entscheidung des Gemeinsamen Senats ist in der vorliegenden Sache für das erkennende Gericht bindend. § 17 Kosten (1) Das Verfahren vor dem Gemeinsamen Senat ist kostenfrei. (2) Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Dritter Abschnitt Schlußvorschriften § 18 Erweiterung der Revisions- und Vorlegungsgründe (1) Hat ein Gericht die Revision oder die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn es von einer Entscheidung eines obersten Gerichtshofs abweicht, so ist die Revision oder die Rechtsbeschwerde auch zuzulassen, wenn das Gericht von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats abweicht. Findet die Revision oder die Rechtsbeschwerde an einen obersten Gerichtshof bei einer Abweichung von dessen Entscheidung ohne Zulassung statt, so ist die Revision oder Rechtsbeschwerde auch bei einer Abweichung von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats zulässig. (2) Hat ein Gericht eine Sache einem obersten Gerichtshof vorzulegen, wenn es von dessen Entscheidung abweichen will, so hat das Gericht die Sache dem obersten Gerichtshof auch vorzulegen, wenn es von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats abweichen will. § 19 Änderung des Richterwahlgesetzes Das Richterwahlgesetz vom 25. August 1950 (Bundesgesetzbl. S. 368) wird wie folgt geändert: 1. § 1 erhält folgende Fassung: "§ 1 (1) Die Richter der obersten Gerichtshöfe des Bundes werden von dem zuständigen Bundesminister gemeinsam mit dem Richterwahlausschuß berufen und vom Bundespräsidenten ernannt. (2) Bei der Berufung eines Richters an einen obersten Gerichtshof wirkt der für das jeweilige Sachgebiet zuständige Bundesminister mit." 2. § 3 Abs. 1 erhält folgende Fassung: "(1) Mitglieder kraft Amtes im Ausschuß, der die Richter eines obersten Gerichtshofs wählt, sind die Landesminister, zu deren Geschäftsbereich die diesem obersten Gerichtshof im Instanzenzug untergeordneten Gerichte des Landes gehören." § 20 Änderung der Bundesrechtsanwaltsordnung § 172 Abs. 1 Satz 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung vom 1. August 1959 (Bundesgesetzbl. I S. 565), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Dezember 1964 (Bundesgesetzbl. I S. 1067), erhält folgende Fassung: "Die bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte dürfen nur vor dem Bundesgerichtshof, den anderen obersten Gerichtshöfen des Bundes, dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe und dem Bundesverfassungsgericht auftreten." § 21 Änderung von Bezeichnungen Soweit in anderen Gesetzen und in Verordnungen die Bezeichnung "oberes Bundesgericht" verwendet wird, tritt an ihre Stelle die Bezeichnung "oberster Gerichtshof des Bundes". 664 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1968, Teil I § 22 Berlin-Klausel Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl.] S. 1) auch im Land Berlin. § 23 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am ersten Tage des auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 19. Juni 1968 Der Bundespräsident Lübke Der Bundeskanzler Kiesinger Der Bundesminister der Justiz Dr. Heinemann Für den Bundesminister des Innern Der Bundesminister der Justiz Dr. Heinemann Der Bundesminister der Finanzen Strauß Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Hans Katzer