Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1969  Nr. 56 vom 10.07.1969  - Seite 717 bis 742 - Zweites Gesetz zur Reform des Strafrechts (2. StrRG)

Zweites Gesetz zur Reform des Strafrechts (2. StrRG) Bundesgesetz 717 Teil I Z1997A 1969 Ausgegeben zu Bonn am lO.Juli 1969 Nr. 56 Tag Inhalt Seite 4. 7. 69 Zweites Gesetz zur Reform des Strafrechts (2. StrRG)..................................... 717 Biindcstjosotzbl. III 450-2 1.7.69 Vierte Verordnung zur Änderung der Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft) .................................................•. • . 743 Bundesgesetzbl. III 9240-2 3. 7. 69 Anordnung zur Durchführung der Bundesdisziplinarordnung für den Bundesgrenzschutz..... 744 4. 7. 69 Bekanntmachung über den Schutz von Erfindungen, Mustern und Warenzeichen auf Aus- stellungen ............................................................................. 745 Hinweis auf andere Verkündungsblätter Bundesgesetzblatt II Nr. 43 ............................................................. 746 Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaften...................................... 746 Zweites Gesetz zur Reform des Strafrechts (2. StrRG) Vom 4. Juli 1969 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Änderung des Strafgesetzbuches Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 1083, 1954 I S. 33), zuletzt geändert durch das Erste Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 25. Juni 1969 (Bundesgesetzbl. I S. 645), wird wie folgt geändert: 1. Die Einleitenden Bestimmungen und der Erste Teil werden durch folgenden Allgemeinen Teil ersetzt: "Allgemeiner Teil Erster Abschnitt Das Strafgesetz Erster Titel Geltungsbereich § 1 Keine Strafe ohne Gesetz Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. § 2 Zeitliche Geltung (1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt. (2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt. (3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden. (4) Ein Gesetz, das nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es wegen Ablaufs dieser Zeit außer Kraft getreten ist. (5) Für Verfall, Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend. (6) über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt. Jedoch gelten für die Anordnung und die Dauer der Unterbringung in der sozialtherapeutischen Anstalt in den Fällen des § 65 Abs. 1 und 2 und der Sicherungsverwahrung sowie der Führungsaufsicht die Absätze 1 bis 3 entsprechend. 718 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1969, Teil I § 3 Geltung für Inianistaten Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Inland begangen werden. § 4 Geltung für Taten auf deutschen Schiffen und Luftfahrzeugen Das deutsche Strafrecht gilt, unabhängig vom Recht des Tatorts, für Taten, die auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug im Ausland begangen werden. § 5 Auslandstaten gegen inländische Rechtsgüter Das deutsche Strafrecht gilt, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden: 1. Taten des Friedensverrats nach § 80, des Hochverrats, der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates in den Fällen der §§90 und 90 a Abs. 2, des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit sowie Taten gegen die Landesverteidigung in den Fällender §§ 109, 109 e, 109 f und 109 g; 2. Taten der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates in den Fällen der §§ 89, 90a Abs. 1 und § 90 b und Taten gegen die Landesverteidigung in den Fällen der §§ 109 a bis 109 d und 109 h, wenn der Täter Deutscher ist und seine Lebensgrundlage im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes hat; 3. Taten der Verschleppung (§ 234 a) und der politischen Verdächtigung (§ 241 a), wenn die Tat sich gegen einen Deutschen richtet, der im Inland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat; 4. Bruch von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen eines im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes liegenden Betriebs, eines Unternehmens, das dort seinen Sitz hat, oder eines Unternehmens mit Sitz im Ausland, das von einem Unternehmen mit Sitz im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes abhängig ist und mit diesem einen Konzern bildet; 5. Unzucht in den Fällen des § 174 Nr. 1, des § 175 Abs. 1 Nr. 1 und des § 176 Abs. 1 Nr. 3, wenn der Täter und der, gegen den die Tat begangen wird, zur Zeit der Tat Deutsche sind und ihre Lebensgrundlage im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes haben; 6. Abtreibung, wenn der Täter zur Zeit der Tat Deutscher ist und seine Lebensgrundlage im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes hat; 7. Meineid, falsche uneidliche Aussage und vorsätzliche falsche Versicherung an Eides Statt in einem Verfahren, das im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes bei einem Gericht oder einer anderen deutschen Stelle anhängig ist, die zur Abnahme von Eiden oder eidesstattlichen Versicherungen zuständig ist; 8. Taten, die der deutsche Träger eines deutschen staatlichen Amtes oder ein Soldat der Bundeswehr während eines dienstlichen Aufenthalts oder in Beziehung auf den Dienst begeht; 9. Taten, die ein Ausländer als Träger eines deutschen staatlichen Amtes begeht; 10. Taten, die jemand gegen den Träger eines deutschen staatlichen Amtes oder einen Soldaten der Bundeswehr während der Ausübung ihres Dienstes oder in Beziehung auf ihren Dienst begeht. § 6 Auslandstaten gegen international geschützte Rechtsgüter Das deutsche Strafrecht gilt weiter, unabhängig vom Recht des Tatorts, für folgende Taten, die im Ausland begangen werden: 1. Völkermord; 2. Sprengstoffverbrechen; 3. Kinderhandel und Frauenhandel; 4. unbefugter Vertrieb von Betäubungsmitteln; 5. Handel mit unzüchtigen Veröffentlichungen; 6. Münzverbrechen und Münzvergehen; 7. Taten, die auf Grund eines für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen zwischenstaatlichen Abkommens auch dann zu verfolgen sind, wenn sie im Ausland begangen werden. § 7 Geltung für Auslandstaten in anderen Fällen (1) Das deutsche Straf recht gilt für Taten, die im Ausland gegen einen Deutschen begangen werden, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt. (2) Für andere Taten, die im Ausland begangen werden, gilt das deutsche Strafrecht, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt und wenn der Täter 1. zur Zeit der Tat Deutscher war oder es nach der Tat geworden ist oder 2. zur Zeit der Tat Ausländer war, im Inland betroffen und, obwohl das Auslieferungsgesetz seine Auslieferung nach Art der Tat zuließe, nicht ausgeliefert wird, weil ein Auslieferungsersuchen nicht gestellt oder abgelehnt wird oder die Auslieferung nicht ausführbar ist. § 8 Zeit der Tat Eine Tat ist zu der Zeit begangen, zu welcher der Täter oder der Teilnehmer gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen. Wann der Erfolg eintritt, ist nicht maßgebend. Nr. 56 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 10. Juli 1969 719 § 9 Ort der Tat (1) Eine Tal. ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte. (2) Die Teilnahme ist sowohl an dem Ort begangen, an dem die Tat begangen ist, als auch an jedem Ort, an dem der Teilnehmer gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem nach seiner Vorstellung die Tat begangen werden sollte. Hat der Teilnehmer an einer Auslandstat im Inland gehandelt, so gilt für die Teilnahme das deutsche Strafrecht, auch wenn die Tat nach dem Recht des Tatorts nicht mit Strafe bedroht ist. § 10 Sondervorschriften für Jugendliche und Heranwachsende Für Taten von Jugendlichen und Heranwachsenden gilt dieses Gesetz nur, soweit im Jugendgerichtsgesetz nichts anderes bestimmt ist. Zweiter Titel Sprachgebrauch § 11 Personen- und Sachbegriffe (1) Im Sinne dieses Gesetzes ist 1. Angehöriger: wer zu den folgenden Personen gehört: a) Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, der Ehegatte, der Verlobte, Geschwister, Ehegatten der Geschwister, Geschwister der Ehegatten, und zwar auch dann, wenn die Beziehung durch eine uneheliche Geburt vermittelt wird oder wenn die Ehe, welche die Beziehung begründet hat, nicht mehr besteht, b) Personen, die miteinander durch Annahme an Kindes Statt verbunden sind, c) Pflegeeltern und Pflegekinder; 2. Unternehmen einer Tat: deren Versuch und deren Vollendung; 3. Behörde: auch ein Gericht; 4. Maßnahme: jede Maßregel der Besserung und Sicherung, der Verfall, die Einziehung und die Unbrauchbarmachung; 5. Entgelt: jede in einem Vermögensvorteil bestehende Gegenleistung. (2) Vorsätzlich im Sinne dieses Gesetzes ist eine Tat auch dann, wenn sie einen gesetzlichen Tatbestand verwirklicht, der hinsichtlich der Handlung Vorsatz voraussetzt, hinsichtlich einer dadurch verursachten besonderen Folge jedoch Fahrlässigkeit ausreichen läßt. (3) Den Schriften stehen Tonträger, Abbildungen und andere Darstellungen in denjenigen Vorschriften gleich, die auf diesen Absatz verweisen. § 12 Verbrechen und Vergehen (1) Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind. (2) Vergehen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder die mit Geldstrafe bedroht sind. (3) Milderungen oder Schärfungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder bei mildernden Umständen, minder schweren, besonders schweren oder ähnlichen allgemein umschriebenen Fällen vorgesehen sind, bleiben für die Einteilung außer Betracht. Zweiter Abschnitt Die Tat Erster Titel Grundlagen der Strafbarkeit § 13 Begehen durch Unterlassen (1) Wer es unterläßt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, ist nach diesem Gesetz nur dann strafbar, wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, daß der Erfolg nicht eintritt, und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht. (2) Die Strafe kann nach § 49 Abs. 1 gemildert werden. § 14 Handeln für einen anderen (1) Handelt jemand 1. als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs, 2. als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft oder 3. als gesetzlicher Vertreter eines anderen, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände (besondere persönliche Merkmale) die Strafbarkeit begründen, auch auf den Vertreter anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Vertretenen vorliegen. (2) Ist jemand von dem Inhaber eines Betriebes oder einem sonst dazu Befugten 1. beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten, oder 2. ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Pflichten zu erfüllen, die den Inhaber I des Betriebes treffen, 720 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1969, Teil I und handelt er auf Grund dieses Auftrages, so ist ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Merkmale die Strafbarkeit begründen, auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber bei dem Inhaber des Betriebes vorliegen. Dem Betrieb im Sinne des Satzes 1 steht das Unternehmen gleich. Handelt jemand auf Grund eines entsprechenden Auftrages für eine Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, so ist Satz 1 sinngemäß anzuwenden. (3) Die Absätze 1 und 2 sind auch dann anzuwenden, wenn die Rechtshandlung, welche die Vertretungsbefugnis oder das Auftragsverhältnis begründen sollte, unwirksam ist. § 15 Vorsätzliches und fahrlässiges Handeln Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht. § 16 Irrtum über Tatumstände (1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt. (2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den Tatbestand eines milderen Gesetzes verwirklichen würden, kann wegen vorsätzlicher Begehung nur nach dem milderen Gesetz bestraft werden. § 17 Verbotsirrtum Fehlt dem Täter bei Begehung der Tat die Einsicht, Unrecht zu tun, so handelt er ohne Schuld, wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte. Konnte der Täter den Irrtum vermeiden, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden. § 13 Schwerere Strafe bei besonderen Tatfolgen Knüpft das Gesetz an eine besondere Folge der Tat eine schwerere Strafe, so trifft sie den Täter oder den Teilnehmer nur, wenn ihm hinsichtlich dieser Folge wenigstens Fahrlässigkeit zur Last fällt. § 19 Schuldunfähigkeit des Kindes Das Kind ist schuldunfähig. §20 Schuldunfähigkeit wegen seelischer Störungen Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. §21 Verminderte Schuldfähigkeit Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden. Zweiter Titel Versuch §22 Begriffsbestimmung Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt. §23 Strafbarkeit des Versuchs (1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. (2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). (3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstands, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2). §24 Rücktritt (1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern. (2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird. Dritter Titel Täterschaft und Teilnahme §25 Täterschaft (1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. Nr. 56 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 10. Juli 1969 721 (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter). §26 Anstiftung Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat. §27 Beihilfe (1) Als Gehilfe wird bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. (2) Die Strafe für den Gehilfen richtet sich nach der Strafdrohung für den Täter. Sie ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern. §28 Besondere persönliche Merkmale (1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. (2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen. §29 Selbständige Strafbarkeit des Beteiligten Jeder Beteiligte wird ohne Rücksicht auf die Schuld des anderen nach seiner Schuld bestraft. §30 Versuch der Beteiligung (1) Wer einen anderen zu bestimmen versucht, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften, wird nach den Vorschriften über den Versuch des Verbrechens bestraft. Jedoch ist die Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. § 23 Abs. 3 gilt entsprechend. (2) Ebenso wird bestraft, wer sich bereit erklärt, wer das Erbieten eines anderen annimmt oder wer mit einem anderen verabredet, ein Verbrechen zu begehen oder zu ihm anzustiften. §31 Rücktritt vom Versuch der Beteiligung (1) Nach § 30 wird nicht bestraft, wer freiwillig 1. den Versuch aufgibt, einen anderen zu einem Verbrechen zu bestimmen, und eine etwa bestehende Gefahr, daß der andere die Tat begeht, abwendet, 2. nachdem er sich zu einem Verbrechen bereit erklärt hatte, sein Vorhaben aufgibt oder, 3. nachdem er ein Verbrechen verabredet oder das Erbieten eines anderen zu einem Verbrechen angenommen hatte, die Tat verhindert. (2) Unterbleibt die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden oder wird sie unabhängig von seinem früheren Verhalten begangen, so genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Tat zu verhindern. Vierter Titel Notwehr und Notstand §32 Notwehr (1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig. (2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden. §33 Überschreitung der Notwehr überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft. §34 Rechtfertigender Notstand Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden. §35 Entschuldigender Notstand (1) Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abzuwenden, handelt ohne Schuld. Dies gilt nicht, soweit dem Täter nach den Umständen, namentlich weil er die Gefahr selbst verursacht hat oder weil er in einem besonderen Rechtsverhältnis stand, zugemutet werden konnte, die Gefahr hinzunehmen; jedoch kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden, wenn der Täter nicht mit Rücksicht auf ein besonderes Rechtsverhältnis die Gefahr hinzunehmen hatte. (2) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig Umstände an, welche ihn nach Absatz 1 entschuldigen würden, so wird er nur dann bestraft, wenn er den Irrtum vermeiden konnte. Die Strafe ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern. 722 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1969, Teil I Fünfter Titel Straflosigkeit parlamentarischer Äußerungen und Berichte §36 Parlamentarische Äußerungen Mitglieder des Bundestages, der Bundesversammlung oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes dürfen zu keiner Zeit wegen ihrer Abstimmung oder wegen einer Äußerung, die sie in der Körperschaft oder in einem ihrer Ausschüsse getan haben, außerhalb der Körperschaft zur Verantwortung gezogen werden. Dies gilt nicht für verleumderische Beleidigungen. §37 Parlamentarische Berichte Wahrheitsgetreue Berichte über die öffentlichen Sitzungen der in § 36 bezeichneten Körperschaften oder ihrer Ausschüsse bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei. Dritter Abschnitt Rechtsfolgen der Tat Erster Titel Strafen -– Freiheitsstrafe ¦– §38 Dauer der Freiheitsstrafe (1) Die Freiheitsstrafe ist zeitig, wenn das Gesetz nicht lebenslange Freiheitsstrafe androht. (2) Das Höchstmaß der zeitigen Freiheitsstrafe ist fünfzehn Jahre, ihr Mindestmaß ein Monat. §39 Bemessung der Freiheitsstrafe Freiheitsstrafe unter einem Jahr wird nach vollen Wochen und Monaten, Freiheitsstrafe von längerer Dauer nach vollen Monaten und Jahren bemessen. – Geldstrafe – §40 Verhängung in Tagessätzen (1) Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens dreihundertsechzig volle Tagessätze. (2) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters. Ein Tagessatz wird auf mindestens zwei und höchstens tausend Deutsche Mark festgesetzt. (3) Die Einkünfte des Täters, sein Vermögen und andere Grundlagen für die Bemessung eines Tagessatzes können geschätzt werden. (4) In der Entscheidung werden Zahl und Höhe der Tagessätze angegeben. §41 Geldstrafe neben Freiheitsstrafe Hat der Täter in der Absicht gehandelt, sich zu bereichern, so kann neben einer Freiheitsstrafe eine sonst nicht oder nur wahlweise angedrohte Geldstrafe verhängt werden, wenn dies unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters zur Einwirkung auf ihn oder zur Verteidigung der Rechtsordnung angebracht ist. §42 Zahlungserleichterungen Ist dem Verurteilten nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten, die Geldstrafe sofort zu zahlen, so bewilligt ihm das Gericht eine Zahlungsfrist oder gestattet ihm, die Strafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen. Das Gericht kann dabei anordnen, daß die Vergünstigung, die Geldstrafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen, entfällt, wenn der Verurteilte einen Teilbetrag nicht rechtzeitig zahlt. §43 Ersatzfreiheitsstrafe An die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe tritt Freiheitsstrafe. Einem Tagessatz entspricht ein Tag Freiheitsstrafe. Das Mindestmaß der Ersatzfreiheitsstrafe ist ein Tag. – Nebenstrafe – §44 Fahrverbot (1) Wird jemand wegen einer Straftat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, zu einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe verurteilt, so kann ihm das Gericht für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen. (2) Darf der Täter nach den für den internationalen Kraftfahrzeugverkehr geltenden Vorschriften im Inland Kraftfahrzeuge führen, ohne daß ihm von einer deutschen Behörde ein Führerschein erteilt worden ist, so ist das Fahrverbot nur zulässig, wenn die Tat gegen Verkehrsvorschriften verstößt. (3) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft des Urteils wirksam. Für seine Dauer wird ein von einer deutschen Behörde erteilter Führerschein amtlich verwahrt. In ausländischen Fahrausweisen wird das Fahrverbot vermerkt. (4) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Fahrausweis zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tage an gerechnet, an dem dies geschieht. In die Verbotsfrist wird die Nr. 56 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 10. Juli 1969 723 Zeil; nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. – Nebenfolgen – §45 Verlust der Amtsfähigkeit, der Wählbarkeit und des Stimmrechts (1) Wer wegen eines Verbrechens zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird, verliert für die Dauer von fünf Jahren die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen. (2) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren die in Absatz 1 bezeichneten Fähigkeiten aberkennen, soweit das Gesetz es besonders vorsieht. (3) Mit dem Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden, verliert der Verurteilte zugleich die entsprechenden Rechtsstellungen und Rechte, die er innehat. (4) Mit dem Verlust der Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, verliert der Verurteilte zugleich die entsprechenden Rechtsstellungen und Rechte, die er innehat, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. (5) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer von zwei bis zu fünf Jahren das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen, soweit das Gesetz es besonders vorsieht. §45a Eintritt und Berechnung des Verlustes (1) Der Verlust der Fähigkeiten, Rechtsstellungen und Rechte wird mit der Rechtskraft des Urteils wirksam. (2) Die Dauer des Verlustes einer Fähigkeit oder eines Rechtes wird von dem Tage an gerechnet, an dem die Freiheitsstrafe verbüßt, verjährt oder erlassen ist. Ist neben der Freiheitsstrafe eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet worden, so wird die Frist erst von dem Tage an gerechnet, an dem auch die Maßregel erledigt ist. (3) War die Vollstreckung der Strafe, des Strafrestes oder der Maßregel zur Bewährung oder im Gnadenwege ausgesetzt, so wird in die Frist die Bewährungszeit eingerechnet, wenn nach deren Ablauf die Strafe oder der Strafrest erlassen wird oder die Maßregel erledigt ist. § 45b Wiederverleihung von Fähigkeiten und Rechten (1) Das Gericht kann nach § 45 Abs. 1, 2 verlorene Fähigkeiten und nach § 45 Abs. 5 verlorene Rechte wiederverleihen, wenn 1. der Verlust die Hälfte der Zeit, für die er dauern sollte, wirksam war und 2. zu erwarten ist, daß der Verurteilte künftig keine vorsätzlichen Straftaten mehr begehen wird. (2) In die Fristen wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Verurteilte auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Zweiter Titel Strafbemessung §46 Grundsätze der Strafzumessung (1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht: die Beweggründe und die Ziele des Täters, die Gesinnung, die aus der Tat spricht und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen. (3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden. §47 Kurze Freiheitsstrafe nur in Ausnahmefällen (1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen. (2) Droht das Gesetz Geldstrafe nicht oder nur neben Freiheitsstrafe an und kommt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht, so verhängt das Gericht eine Geldstrafe, wenn nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerläßlich ist. Das Mindestmaß der Geldstrafe bestimmt sich nach dem Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe; dabei entsprechen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe und dreißig Tagessätze einem Monat Freiheitsstrafe. §48 Rückfall (1) Begeht jemand, nachdem er 1. schon mindestens zweimal im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen einer vorsätzlichen Straftat zu Strafe verurteilt worden ist und 724 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1969, Teil I 2. wegen einer oder mehrerer dieser Taten für die Zeit von mindestens drei Monaten Freiheitsstrafe verbüßt hat, eine mit Freiheitsstrafe bedrohte vorsätzliche Straftat und ist ihm im Hinblick auf Art und Umstünde der Straftaten vorzuwerfen, daß er sich die früheren Verurteilungen nicht hat zur Warnung dienen lassen, so ist die Mindeststrafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten, wenn die Tat nicht ohnehin mit einer höheren Mindeststrafe bedroht ist. Das Höchstmaß der angedrohten Freiheitsstrafe bleibt unberührt. (2) Absatz 1 gilt nicht, wenn das Höchstmaß der für die neue Tat angedrohten Freiheitsstrafe weniger als ein Jahr beträgt. (3) Im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2. (4) Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind. In die Frist wird die Zeit nicht, eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. §49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe (1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. 2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. 3. Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß. 4. Ist das Mindestmaß einer Freiheitsstrafe nicht erhöht, Geldstrafe aber nicht oder nur neben der Freiheitsstrafe angedroht, so kann statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkannt werden. (2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen. §50 Zusammentreffen von Milderungsgründen Ein Umstand, der allein oder mit anderen Umständen die Annahme mildernder Umstände, eines minder schweren oder eines besonders leichten Falles begründet und der zugleich ein besonderer gesetzlicher Milderungsgrund nach § 49 ist, darf nur einmal berücksichtigt werden. §51 Anrechnung (1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist, (2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. (3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend. (4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen. (5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ lila der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich. Dritter Titel Strafbemessung bei mehreren Gesetzesverletzungen §52 Tateinheit (1) Verletzt dieselbe Straftat mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen. Nr. 56 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 10. Juli 1969 725 (3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen. (4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 4) muß oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze sie vorschreibt oder zuläßt. §53 Tatmehrheit (1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere zeitige Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft zeitige Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt. (3) § 52 Abs. 3, 4 gilt entsprechend. §54 Bildung der Gesamtstrafe (1) Die Gesamtstrafe wird durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt. (2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen. (3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe. §55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe (1) Die §§53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten. (2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 4), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden. Vierter Titel Strafaussetzung zur Bewährung §56 Strafaussetzung (1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind. (2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn besondere Umstände in der Tat und in der Persönlichkeit des Verurteilten vorliegen. (3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstrek-kung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet. (4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen. §56a Bewährungszeit (1) Das Gericht bestimmt die Dauer der Bewährungszeit. Sie darf fünf Jahre nicht überschreiten und zwei Jahre nicht unterschreiten. (2) Die Bewährungszeit beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung über die Strafaussetzung. Sie kann nachträglich bis auf das Mindestmaß verkürzt oder vor ihrem Ablauf bis auf das Höchstmaß verlängert werden. §56b Auflagen (1) Das Gericht kann dem Verurteilten Auflagen erteilen, die der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen. Dabei dürfen an den Verurteilten keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden. (2) Das Gericht kann dem Verurteilten auferlegen 1. nach Kräften den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, 2. einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen oder 3. sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen. 726 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1969, Teil I (3) Erbietet sich der Verurteilte zu angemessenen Leistungen, die der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen, so sieht das Gericht in der Regel von Auflagen vorläufig ab, wenn die Erfüllung des Anerbietens zu erwarten ist. § 56 c Weisungen (1) Das Gericht erteilt dem Verurteilten für die Dauer der Bewährungszeit Weisungen, wenn er dieser Hilfe bedarf, um keine Straftaten mehr zu begehen. Dabei dürfen an die Lebensführung des Verurteilten keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden. (2) Das Gericht kann den Verurteilten namentlich anweisen, 1. Anordnungen zu befolgen, die sich auf Aufenthalt, Ausbildung, Arbeit oder Freizeit oder auf die Ordnung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse beziehen, 2. sich zu bestimmten Zeiten bei Gericht oder einer anderen Stelle zu melden, 3. mit bestimmten Personen oder mit Personen einer bestimmten Gruppe, die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen, 4. bestimmte Gegenstände, die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen oder 5. Unterhaltspflichten nachzukommen. (3) Die Weisung, 1. sich einer Heilbehandlung oder einer Entziehungskur zu unterziehen oder 2. in einem geeigneten Heim oder einer geeigneten Anstalt Aufenthalt zu nehmen, darf nur mit Einwilligung des Verurteilten erteilt werden. (4) Macht der Verurteilte entsprechende Zusagen für seine künftige Lebensführung, so sieht das Gericht in der Regel von Weisungen vorläufig ab, wenn die Einhaltung der Zusagen zu erwarten ist. §56d Bewährungshilfe (1) Das Gericht unterstellt den Verurteilten für die Dauer der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers, wenn dies angezeigt ist, um ihn von Straftaten abzuhalten. (2) Eine Weisung nach Absatz 1 erteilt das Gericht in der Regel, wenn es eine Freiheitsstrafe von mehr als neun Monaten aussetzt und der Verurteilte noch nicht siebenundzwanzig Jahre alt ist. (3) Der Bewährungshelfer steht dem Verurteilten helfend und betreuend zur Seite. Er überwacht im Einvernehmen mit dem Gericht die Erfüllung der Auflagen und Weisungen sowie der Anerbieten und Zusagen. Er berichtet über die Lebensführung des Verurteilten in Zeitabständen, die das Gericht bestimmt. Gröbliche oder beharrliche Verstöße gegen Auflagen oder Weisungen teilt er dem Gericht mit. (4) Der Bewährungshelfer wird vom Gericht bestellt. Es kann ihm für seine Tätigkeit nach Absatz 3 Anweisungen erteilen. (5) Die Tätigkeit des Bewährungshelfers wird haupt- oder ehrenamtlich ausgeübt. §56e Nachträgliche Entscheidungen Das Gericht kann Entscheidungen nach den §§ 56 b bis 56 d auch nachträglich treffen, ändern oder aufheben. §56f Widerruf der Strafaussetzung (1) Das Gericht widerruft die Strafaussetzung, wenn der Verurteilte 1. in der Bewährungszeit eine Straftat begeht, 2. gegen Auflagen oder Weisungen gröblich oder beharrlich verstößt oder 3. sich der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers beharrlich entzieht und dadurch zeigt, daß die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat. (2) Das Gericht sieht jedoch von dem Widerruf ab, wenn es ausreicht, die Bewährungszeit zu verlängern (§ 56 a Abs. 2) oder weitere Auflagen oder Weisungen zu erteilen, namentlich den Verurteilten einem Bewährungshelfer zu unterstellen (§ 56 e). (3) Leistungen, die der Verurteilte zur Erfüllung von Auflagen, Anerbieten, Weisungen oder Zusagen erbracht hat, werden nicht erstattet. Das Gericht kann jedoch, wenn es die Strafaussetzung widerruft, Leistungen, die der Verurteilte zur Erfüllung von Auflagen nach § 56 b Abs. 2 Nr. 2, 3 oder entsprechende Anerbieten nach § 56 b Abs. 3 erbracht hat, auf die Strafe anrechnen. §56g Straferlaß (1) Widerruft das Gericht die Strafaussetzung nicht, so erläßt es die Strafe nach Ablauf der Bewährungszeit. § 56 f Abs. 3 Satz 1 ist anzuwenden. Das Gericht kann anordnen, daß über die Verurteilung nur noch beschränkt Auskunft erteilt wird. Nr. 56 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 10. Juli 1969 727 (2) Das Gericht kann den Straferlaß widerrufen, wenn der Verurteilte im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes wegen einer in der Bewährungszeit begangenen vorsätzlichen Straftat zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt wird. Der Widerruf ist nur innerhalb von einem Jahr nach Ablauf der Bewährungszeit und von sechs Monaten nach Rechtskraft der Verurteilung zulässig. § 56 f Abs. 3 gilt entsprechend. §57 Aussetzung des Strafrestes (1) Das Vollstreckungsgericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn 1. zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind, 2. verantwortet werden kann zu erproben, ob der Verurteilte außerhalb des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird, und 3. der Verurteilte einwilligt. Bei der Entscheidung sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten im Vollzug, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind. (2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe kann das Vollstreckungsgericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn 1. mindestens ein Jahr der Freiheitsstrafe verbüßt ist, 2. besondere Umstände in der Tat und in der Persönlichkeit des Verurteilten vorliegen und 3. die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind. (3) Die §§ 56 a bis 56 f sowie § 56g Abs. 1 Satz 1, 2, Abs. 2 gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat der Verurteilte mindestens ein Jahr seiner Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, so unterstellt ihn das Vollstreckungsgericht in der Regel für die Dauer der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers. (4) Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung angerechnet, so gelten sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3. (5) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist. §58 Gesamtstrafe und Strafaussetzung (1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, so ist für die Strafaussetzung nach § 56 die Höhe der Gesamtstrafe maßgebend. (2) Ist in den Fällen des § 55 Abs. 1 die Vollstreckung der in der früheren Entscheidung verhängten Freiheitsstrafe ganz oder für den Strafrest zur Bewährung ausgesetzt und wird auch die Gesamtstrafe zur Bewährung ausgesetzt, so verkürzt sich das Mindestmaß der neuen Bewährungszeit um die bereits abgelaufene Bewährungszeit, jedoch nicht auf weniger als ein Jahr. Wird die Gesamtstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt, so gilt § 56 f Abs. 3 entsprechend. Fünfter Titel Verwarnung mit Strafvorbehalt Absehen von Strafe §59 Voraussetzungen der Verwarnung mit Strafvorbehalt (1) Hat jemand Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen verwirkt, so kann das Gericht ihn neben dem Schuldspruch verwarnen, die Strafe bestimmen und die Verurteilung zu dieser Strafe vorbehalten, wenn 1. zu erwarten ist, daß der Täter künftig auch ohne Verurteilung zu Strafe keine Straftaten mehr begehen wird, 2. es im Hinblick auf besondere Umstände, die in der Tat und der Persönlichkeit des Täters liegen, angezeigt ist, ihn von der Verurteilung zu Strafe zu verschonen und 3. die Verteidigung der Rechtsordnung die Verurteilung zu Strafe nicht gebietet. § 56 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend. (2) Die Verwarnung mit Strafvorbehalt ist in der Regel ausgeschlossen, wenn der Täter während der letzten drei Jahre vor der Tat mit Strafvorbehalt verwarnt oder zu Strafe verurteilt worden ist. (3) Neben der Verwarnung kann auf Verfall, Einziehung oder Unbrauchbarmachung erkannt werden. Neben Maßregeln der Besserung und Sicherung ist die Verwarnung mit Strafvorbehalt nicht zulässig. §59a Bewährungszeit und Auflagen (1) Das Gericht bestimmt die Dauer der Bewährungszeit. Sie darf drei Jahre nicht überschreiten und ein Jahr nicht unterschreiten. (2) Für die Erteilung von Auflagen gelten die §§ 56 b und 56 e entsprechend. §59b Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe (1) Für die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe gilt § 56 f entsprechend. 728 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1969, Teil I (2) Wird der Verwarnte nicht zu der vorbehaltenen Strafe verurteilt, so stellt das Gericht nach Ablauf der Bewährungszeit fest, daß es bei der Verwarnung sein Bewenden hat. § 59 c Gesamtstrafe und Verwarnung mit Strafvorbehalt (1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, so sind bei der Verwarnung mit Strafvorbehalt für die Bestimmung der Strafe die §§ 53 bis 55 entsprechend anzuwenden. (2) Wird der Verwarnte wegen einer vor der Verwarnung begangenen Straftat nachträglich zu Strafe verurteilt, so sind die Vorschriften über die Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53 bis 55, 58) mit der Maßgabe anzuwenden, daß die vorbehaltene Strafe in den Fällen des § 55 einer erkannten Strafe gleichsteht. § 60 Absehen von Strafe Das Gericht sieht von Strafe ab, wenn die Folgen der Tat, die den Täter getroffen haben, so schwer sind, daß die Verhängung einer Strafe offensichtlich verfehlt wäre. Dies gilt nicht, wenn der Täter für die Tat eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr verwirkt hat. Sechster Titel Maßregeln der Besserung und Sicherung §61 Übersicht Maßregeln der Besserung und Sicherung sind 1. die Unterbringung in einer psychiatrischen Krankenanstalt, 2. die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt, 3. die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt, 4. die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung, 5. die Führungsaufsicht, 6. die Entziehung der Fahrerlaubnis, 7. das Berufsverbot. §62 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Eine Maßregel der Besserung und Sicherung darf nicht angeordnet werden, wenn sie zur Bedeutung der vom Täter begangenen und zu erwartenden Taten sowie zu dem Grad der von ihm ausgehenden Gefahr außer Verhältnis steht. – Freiheitsentziehende Maßregeln – §63 Unterbringung in einer psychiatrischen Krankenanstalt (1) Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einer psychiatrischen Krankenanstalt an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. (2) Das Gericht ordnet jedoch die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt an, wenn die Voraussetzungen des § 65 Abs. 3 vorliegen. §64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (1) Hat jemand den Hang, alkoholische Getränke oder andere Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird er wegen einer rechtswidrigen Tat, die er im Rausch begangen hat oder die auf seinen Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an, wenn die Gefahr besteht, daß er infolge seines Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. (2) Die Anordnung unterbleibt, wenn eine Entziehungskur von vornherein aussichtslos erscheint. §65 Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt (1) Das Gericht ordnet die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt neben der Strafe an, wenn 1. der Täter eine schwere Persönlichkeitsstörung aufweist und wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer zeitigen Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt wird, nachdem er wegen vorsätzlicher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist und wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens einem Jahr Strafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat, und die Gefahr besteht, daß er weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird, oder 2. der Täter wegen einer vorsätzlichen Straftat, die auf seinen Geschlechtstrieb zurückzuführen ist, zu einer zeitigen Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird und Nr. 56 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 10. Juli 1969 729 die Gefahr besteht, daß er im Zusammenhang mit seinem Geschlechtstrieb weiterhin erhebliche rechtswidrige Talen begehen wird. Die Unterbringung wird nur dann angeordnet, wenn nach dem Zustand des Täters die besonderen therapeutischen Mittel und sozialen Hilfen einer ärztlich geleiteten sozialtherapeutischen Anstalt zu seiner Resozialisierung angezeigt sind. (2) Wird jemand wegen einer vor Vollendung des siebenundzwanzigsten Lebensjahres begangenen vorsätzlichen Straftat zu zeitiger Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt, so ordnet das Gericht neben der Strafe die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt an, wenn 1. der Täter vor dieser Tat, aber nach Vollendung des sechzehnten Lebensjahres, zwei vorsätzliche mit Freiheitsstrafe bedrohte, erhebliche Straftaten begangen hat, derentwegen Fürsorgeerziehung angeordnet oder Freiheitsstrafe verhängt worden sind, 2. vor der letzten Tat mindestens für die Zeit von einem Jahr Fürsorgeerziehung in einem Heim durchgeführt oder Freiheitsstrafe vollzogen worden ist und 3. die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten die Gefahr erkennen läßt, daß er sich zum Hangtäter entwickeln wird. (3) Liegen bei einem Täter die Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 vor, so ordnet das Gericht statt der Unterbringung in einer psychiatrischen Krankenanstalt die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt an, wenn nach dem Zustand des Täters die besonderen therapeutischen Mittel und sozialen Hilfen dieser Anstalt zu seiner Resozialisierung besser geeignet sind als die Behandlung in einer psychiatrischen Krankenanstalt. (4) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und des Absatzes 2 gilt § 48 Abs. 3, 4 sinngemäß. In den Fällen des Absatzes 2 bleibt die Durchführung der Fürsorgeerziehung außer Betracht, wenn zwischen ihrer Aufhebung und der folgenden Tat mehr als zwei Jahre verstrichen sind; in die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. (5) Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine vorsätzliche Tat wäre. § 66 Unterbringung in der Sicherungsverwahrung (1) Wird jemand wegen einer nach Vollendung seines fünfundzwanzigsten Lebensjahres begangenen vorsätzlichen Straftat zu zeitiger Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so ordnet das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn 1. der Täter wegen vorsätzlicher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, 2. er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und 3. die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, daß er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, für die Allgemeinheit gefährlich ist (Hangtäter). (2) Hat jemand drei vorsätzliche Straftaten, davon wenigstens eine nach Vollendung des fünfundzwanzigsten Lebensjahres, begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu zeitiger Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der im Absatz 1 Nr. 3 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Nr. 1, 2) anordnen. (3) § 48 Abs. 3, 4 gilt sinngemäß. § 65 Abs. 5 ist anzuwenden. § 67 Reihenfolge der Vollstreckung (1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§63 bis 65 neben einer Freiheitsstrafe angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen. (2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. (3) Das Vollstreckungsgericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. (4) Wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen, so wird die Zeit des Vollzuges der Maßregel auf die Strafe angerechnet. (5) Wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen, so kann das Vollstreckungsgericht die Vollstreckung des Strafrestes auch dann nach § 57 Abs. 1 zur Bewährung aussetzen, wenn noch nicht zwei Drittel der verhängten Strafe durch die Anrechnung erledigt sind. Wird der Strafrest nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt; das Vollstreckungsgericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen. 730 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1969, Teil I § 67 a Überweisung in den Vollzug einer anderen Maßregel (1) Ist die Unterbringung in einer psychiatrischen Krankenanstalt, einer Entziehungsanstalt oder einer sozialtherapeutischen Anstalt angeordnet worden, so kann das Vollstreckungsgericht den Täter in den Vollzug einer der beiden anderen Maßregeln überweisen, wenn die Resozialisierung des Täters dadurch besser gefördert werden kann. (2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 kann das Vollstreckungsgericht auch einen Täter, gegen den Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist, in den Vollzug einer der in Absatz 1 genannten Maßregeln überweisen. (3) Die Fristen für die Dauer der Unterbringung und die Überprüfung richten sich nach den Vorschriften, die für die vom erkennenden Gericht angeordnete Unterbringung gelten. § 67b Aussetzung durch das erkennende Gericht (1) Ordnet das Gericht die Unterbringung in einer psychiatrischen Krankenanstalt, einer Entziehungsanstalt oder einer sozialtherapeutischen Anstalt an, so setzt es zugleich deren Vollstreckung zur Bewährung aus, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel auch dadurch erreicht werden kann. Die Aussetzung unterbleibt, wenn der Täter noch Freiheitsstrafe zu verbüßen hat, die gleichzeitig mit der Maßregel verhängt und nicht zur Bewährung ausgesetzt wird. (2) Mit der Aussetzung tritt Führungsaufsicht ein. § 67c Späterer Beginn der Unterbringung (1) Wird eine Freiheitsstrafe vor einer zugleich angeordneten Unterbringung vollzogen, so prüft das Vollstreckungsgericht vor dem Ende des Vollzugs der Strafe, ob der Zweck der Maßregel die Unterbringung noch erfordert. Ist das nicht der Fall, so setzt es die Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus; mit der Aussetzung tritt Führungsaufsicht ein. (2) Hat der Vollzug der Unterbringung drei Jahre nach Rechtskraft ihrer Anordnung noch nicht begonnen und liegt ein Fall des Absatzes 1 oder des § 67 b nicht vor, so darf die Unterbringung nur noch vollzogen werden, wenn das Gericht es anordnet. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Das Gericht ordnet den Vollzug an, wenn der Zweck der Maßregel die Unterbringung noch erfordert. Ist der Zweck der Maßregel nicht erreicht, rechtfertigen aber besondere Umstände die Erwartung, daß er auch durch die Aussetzung erreicht werden kann, so setzt das Gericht die Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus; mit der Aussetzung tritt Führungsaufsicht ein. Ist der Zweck der Maßregel erreicht, so erklärt das Gericht sie für erledigt. § 67d Dauer der Unterbringung (1) Es dürfen nicht übersteigen die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt zwei Jahre, die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt nach § 65 Abs. 1, 2 fünf Jahre und die erste Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zehn Jahre. Die Fristen laufen vom Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen, so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzuges der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird. (2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist noch nicht abgelaufen, so setzt das Vollstreckungsgericht die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung aus, sobald verantwortet werden kann zu erproben, ob der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine rechtswidrigen Taten mehr begehen wird. Mit der Aussetzung tritt Führungsaufsicht ein. (3) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt. § 67e Überprüfung (1) Das Vollstreckungsgericht kann jederzeit prüfen, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen ist. Es muß dies vor Ablauf bestimmter Fristen prüfen. (2) Die Fristen betragen bei der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sechs Monate, in einer psychiatrischen Krankenanstalt oder einer sozialtherapeutischen Anstalt ein Jahr, in der Sicherungsverwahrung zwei Jahre. (3) Das Vollstreckungsgericht kann die Fristen kürzen. Es kann im Rahmen der gesetzlichen Prüfungsfristen auch Fristen festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag auf Prüfung unzulässig ist. (4) Die Fristen laufen vom Beginn der Unterbringung an. Lehnt das Gericht die Aussetzung ab, so beginnen die Fristen mit der Entscheidung von neuem. §67f Mehrfache Anordnung der gleichen Maßregel Ordnet das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in einer sozial- Nr. 56 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 10. Juli 1969 731 therapeutischen Anstalt nach § 65 Abs. 1, 2 an, so ist eine frühere Anordnung der gleichen Maßregel erledigt. §67g Widerruf der Aussetzung und Erledigung der Maßregel (1) Das Gericht widerruft die Aussetzung einer Unterbringung, wenn der Verurteilte 1. während der Dauer der Führungsaufsicht eine rechtswidrige Tat begeht, 2. gegen Weisungen gröblich oder beharrlich verstößt oder 3. sich der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers oder der Aufsichtsstelle beharrlich entzieht und sich daraus ergibt, daß der Zweck der Maßregel seine Unterbringung erfordert. (2) Das Gericht widerruft die Aussetzung einer Unterbringung nach den §§ 63, 64 und 65 Abs. 3 auch dann, wenn sich während der Dauer der Führungsaufsicht ergibt, daß von dem Verurteilten infolge seines Zustandes rechtswidrige Taten zu erwarten sind und deshalb der Zweck der Maßregel seine Unterbringung erfordert. (3) Das Gericht widerruft die Aussetzung ferner, wenn Umstände, die ihm während der Dauer der Führungsaufsicht bekannt werden und zur Versagung der Aussetzung geführt hätten, zeigen, daß der Zweck der Maßregel die Unterbringung des Verurteilten erfordert. (4) Die Dauer der Unterbringung vor und nach dem Widerruf darf insgesamt die gesetzliche Höchstfrist der Maßregel nicht übersteigen. (5) Mit dem Beschluß über die Aufhebung der Führungsaufsicht (§ 68 e) ist die Maßregel erledigt. Die Vorschriften über die Erledigung der Maßregel unter anderen Voraussetzungen (§ 67 c Abs. 2, § 67 d Abs. 3, § 67 f) bleiben unberührt. (6) Leistungen, die der Verurteilte zur Erfüllung von Weisungen erbracht hat, werden nicht erstattet. – Führungsaufsicht – §68 Voraussetzungen der Führungsaufsicht (1) Hat jemand 1. unter den Voraussetzungen des § 48 zeitige Freiheitsstrafe verwirkt oder 2. wegen einer Straftat, bei der das Gesetz Führungsaufsicht besonders vorsieht, zeitige Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verwirkt, so kann das Gericht neben der Strafe Führungsaufsicht anordnen, wenn die Gefahr besteht, daß er weitere Straftaten begehen wird. (2) Die Vorschriften über die Führungsaufsicht kraft Gesetzes (§§ 67 b, 67 c, 67 d Abs. 2, § 68 f) bleiben unberührt. § 68 a Aufsichtsstelle, Bewährungshelfer (1) Der Verurteilte untersteht einer Aufsichtsstelle. Im Benehmen mit ihr bestellt das Gericht dem Verurteilten einen Bewährungshelfer. (2) Aufsichtsstelle und Bewährungshelfer stehen dem Verurteilten helfend und betreuend zur Seite. Sie überwachen im Einvernehmen mit dem Gericht das Verhalten des Verurteilten und die Erfüllung der Weisungen. (3) Das Gericht kann der Aufsichtsstelle und dem Bewährungshelfer für ihre Tätigkeit nach Absatz 2 Anweisungen erteilen. § 68 b Weisungen (1) Das Gericht kann den Verurteilten für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen, 1. den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen, 2. sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, 3. bestimmte Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe, die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen, 4. bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die er nach den Umständen zu Straftaten mißbrauchen kann, 5. bestimmte Gegenstände, die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen, bei sich zu führen oder verwahren zu lassen, 6. Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen, die er nach den Umständen zu Straftaten mißbrauchen kann, 7. sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle oder einer bestimmten Dienststelle zu melden, 8. jeden Wechsel des Wohnorts oder des Arbeitsplatzes unverzüglich der Aufsichtsstelle zu melden oder 9. sich im Falle der Erwerbslosigkeit bei dem zuständigen Arbeitsamt oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden. Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen. 732 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1969, Teil I (2) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer der Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere Weisungen erteilen, namentlich solche, die sich auf Ausbildung, Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. § 56 c Abs. 3 ist anzuwenden. (3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung des Verurteilten keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden. § 68 c Dauer der Führungsaufsicht (1) Die Führungsaufsicht dauert mindestens zwei und höchstens fünf Jahre. Das Gericht kann die Höchstdauer abkürzen. (2) Die Führungsaufsicht beginnt mit der Rechtskraft der Anordnung. In ihre Dauer wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Verurteilte flüchtig ist, sich verborgen hält oder auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird. § 68 d Zuständigkeit, nachträgliche Entscheidungen (1) Anordnungen nach § 68 a Abs. 1, 3, §§ 68 b und 68 c Abs. 1 Satz 2 trifft in den Fällen der §§ 67 b, 67 c Abs. 2 Satz 4 und des § 68 Abs. 1 das erkennende Gericht oder das Vollstreckungsgericht; in den übrigen Fällen entscheidet das Vollstreckungsgericht. (2) Die in Absatz 1 bezeichneten Anordnungen können auch nachträglich getroffen, geändert oder aufgehoben werden. § 68 e Beendigung der Führungsaufsicht (1) Das Gericht hebt die Führungsaufsicht auf, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird. Die Aufhebung ist frühestens nach Ablauf der gesetzlichen Mindestdauer zulässig. (2) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag auf Aufhebung der Führungsaufsicht unzulässig ist. (3) Die Führungsaufsicht endet, wenn die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist und deren Vollzug beginnt. §68f Führungsaufsicht bei Nichtaussetzung des Strafrestes (1) Wird bei einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung oder im Gnadenwege nicht angeordnet oder wird die Aussetzung widerrufen, so tritt mit der Entlassung des Verurteilten aus dem Strafvollzug Führungsaufsicht ein. Dies gilt nicht, wenn 1. der Verurteilte anschließend zum Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung in einer Anstalt untergebracht wird, 2. nach anderen Vorschriften Führungsaufsieht angeordnet ist oder 3. die Strafe erlassen wird. (2) Ist zu erwarten, daß der Verurteilte auch ohne die Führungsaufsicht keine Straftaten mehr begehen wird, so ordnet das Vollstreckungsgericht an, daß die Maßregel entfällt. §68g Führungsaufsicht und Aussetzung zur Bewährung (1) Ist die Strafaussetzung oder Aussetzung des Strafrestes angeordnet oder das Berufsverbot zur Bewährung ausgesetzt und steht der Verurteilte wegen derselben oder einer anderen Tat zugleich unter Führungsaufsicht, so gelten für die Aufsicht und die Erteilung von Weisungen nur die §§ 68 a und 68 b. Die Führungsaufsicht endet nicht vor Ablauf der Bewährungszeit. (2) Sind die Aussetzung zur Bewährung und die Führungsaufsicht auf Grund derselben Tat angeordnet, so kann das Gericht jedoch bestimmen, daß die Führungsaufsicht bis zum Ablauf der Bewährungszeit ruht. Die Bewährungszeit wird dann in die Dauer der Führungsaufsicht nicht eingerechnet. (3) Wird nach Ablauf der Bewährungszeit die Strafe oder der Strafrest erlassen oder das Berufsverbot für erledigt erklärt, so endet damit auch eine wegen derselben Tat angeordnete Führungsaufsicht. – Entziehung der Fahrerlaubnis – §69 Entziehung der Fahrerlaubnis (1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeuges oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht. (2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen 1. der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315 c), 2. der Trunkenheit im Verkehr (§ 316), Nr. 56 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 10. Juli 1969 733 3. der Verkehrsflucht (§ 142), obwohl der Täter weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder 4. des Vollrausches (§ 330 a), der sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht, so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen. (3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils. Ein von einer deutschen Behörde erteilter Führerschein wird im Urteil eingezogen. § 69 a Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis (1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet. (2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird. (3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist. (4) War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ lila der Strafprozeßordnung), so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten. (5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten. (6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich. (7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist, so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre sechs Monate, in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend. § 69 b Internationaler Kraftiahrzeugverkehr (1) Darf der Täter nach den für den internationalen Kraftfahrzeugverkehr geltenden Vorschriften im Inland Kraftfahrzeuge führen, ohne daß ihm von einer deutschen Behörde ein Führerschein erteilt worden ist, so ist die Entziehung der Fahrerlaubnis nur zulässig, wenn die Tat gegen Verkehrsvorschriften verstößt. Die Entziehung hat in diesem Falle die Wirkung eines Verbots, während der Sperre im Inland Kraftfahrzeuge zu führen, soweit es dazu im innerdeutschen Verkehr einer Fahrerlaubnis bedarf. (2) In ausländischen Fahrausweisen werden die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Sperre vermerkt. – Berufsverbot – §70 Anordnung des Berufsverbots (1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er unter Mißbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten begangen hat, verurteilt, oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so kann ihm das Gericht die Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf Jahren verbieten, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und der Tat die Gefahr erkennen läßt, daß er bei weiterer Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges erhebliche rechtswidrige Taten der bezeichneten Art begehen wird. Das Berufsverbot kann für immer angeordnet werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht. (2) War dem Täter die Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes oder Gewerbezweiges vorläufig verboten, so verkürzt sich das Mindestmaß der Verbotsfrist um die Zeit, in der das vorläufige Berufsverbot wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten. (3) Solange das Verbot wirksam ist, darf der Täter den Beruf, den Berufszweig, das Gewerbe oder den Gewerbezweig auch nicht für einen anderen ausüben oder durch eine von seinen Weisungen abhängige Person für sich ausüben lassen. (4) Das Berufsverbot wird mit der Rechtskraft des Urteils wirksam. In die Verbotsfrist wird die Zeit eines wegen der Tat angeordneten vorläufigen Berufsverbots eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten. Die Zeit, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist, wird nicht eingerechnet. 734 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1969, Teil I § 70 a Aussetzung des Berufsverbots (1) Ergibt sich nach Anordnung des Berufsverbots Grund zu der Annahme, daß die Gefahr, der Täter werde erhebliche rechtswidrige Taten der in § 70 Abs. 1 bezeichneten Art begehen, nicht mehr besteht, so kann das Gericht das Verbot zur Bewährung aussetzen. (2) Die Anordnung ist frühestens zulässig, wenn das Verbot ein Jahr gedauert hat. In die Frist wird im Rahmen des § 70 Abs. 4 Satz 2 die Zeit eines vorläufigen Berufsverbots eingerechnet. Die Zeit, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist, wird nicht eingerechnet. (3) Wird das Berufsverbot zur Bewährung ausgesetzt, so gelten die §§ 56 a und 56 c bis 56 e entsprechend. Die Bewährungszeit verlängert sich jedoch um die Zeit, in der eine Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel vollzogen wird, die gegen den Verurteilten wegen der Tat verhängt oder angeordnet worden ist. § 70 b Widerruf der Aussetzung und Erledigung des Berufsverbots (1) Das Gericht widerruft die Aussetzung eines Berufsverbots, wenn der Verurteilte 1. während der Bewährungszeit unter Mißbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten eine rechtswidrige Tat begeht, 2. gegen eine Weisung gröblich oder beharrlich verstößt oder 3. sich der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers beharrlich entzieht und sich daraus ergibt, daß der Zweck des Berufsverbots dessen weitere Anwendung erfordert. (2) Das Gericht widerruft die Aussetzung des Berufsverbots auch dann, wenn Umstände, die ihm während der Bewährungszeit bekannt werden und zur Versagung der Aussetzung geführt hätten, zeigen, daß der Zweck der Maßregel die weitere Anwendung des Berufsverbots erfordert. (3) Die Zeit der Aussetzung des Berufsverbots wird in die Verbotsfrist nicht eingerechnet. (4) Leistungen, die der Verurteilte zur Erfüllung von Weisungen erbracht hat, werden nicht erstattet. (5) Nach Ablauf der Bewährungszeit erklärt das Gericht das Berufsverbot für erledigt. – Gemeinsame Vorschriften – §71 Selbständige Anordnung (1) Die Unterbringung in einer psychiatrischen Krankenanstalt, in einer Entziehungsanstalt oder in einer sozialtherapeutischen Anstalt kann das Gericht auch selbständig anordnen, wenn das Strafverfahren wegen Schuldunfähigkeit oder Verhandlungsunfähigkeit des Täters undurchführbar ist. (2) Dasselbe gilt für die Entziehung der Fahrerlaubnis und das Berufsverbot. §72 Verbindung von Maßregeln (1) Sind die Voraussetzungen für mehrere Maßregeln erfüllt, ist aber der erstrebte Zweck durch einzelne von ihnen zu erreichen, so werden nur sie angeordnet. Dabei ist unter mehreren geeigneten Maßregeln denen der Vorzug zu geben, die den Täter am wenigsten beschweren. (2) Im übrigen werden die Maßregeln nebeneinander angeordnet, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt. (3) Werden mehrere freiheitsentziehende Maßregeln angeordnet, so bestimmt das Gericht die Reihenfolge der Vollstreckung. Vor dem Ende des Vollzugs einer Maßregel ordnet das Vollstreckungsgericht jeweils den Vollzug der nächsten an, wenn deren Zweck die Unterbringung noch erfordert. § 67 c Abs. 2 Satz 4, 5 ist anzuwenden. Siebenter Titel Verfall und Einziehung §73 Voraussetzungen des Verfalls (1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden und hat der Täter oder Teilnehmer für die Tat oder aus ihr einen Vermögensvorteil erlangt, so ordnet das Gericht dessen Verfall an. Dies gilt nicht, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung den aus der Tat erlangten Vermögensvorteil beseitigen oder mindern würde. (2) Die Anordnung des Verfalls erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen. Sie kann sich auch auf die Gegenstände erstrecken, die der Täter oder Teilnehmer durch die Veräußerung eines erlangten Gegenstandes oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder auf Grund eines erlangten Rechts erworben hat. (3) Hat der Täter oder Teilnehmer für einen anderen gehandelt und hat dadurch dieser den Vermögensvorteil erlangt, so richtet sich die Anordnung des Verfalls nach den Absätzen 1 und 2 gegen ihn. (4) Der Verfall eines Gegenstandes wird auch angeordnet, wenn er einem Dritten gehört oder zusteht, der den Vermögensvorteil für die Tat oder sonst in Kenntnis der Tatumstände gewährt hat. Nr. 56 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 10. Juli 1969 735 §73a Verfall des Wertersatzes Soweit der Verfall eines bestimmten Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grunde nicht möglich ist oder von dem Verfall eines Ersatzgegenstan-des nach § 73 Abs. 2 Satz 2 abgesehen wird, ordnet das Gericht den Verfall eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben dem Verfall eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt. §73b Schätzung Der Umfang des Erlangten und dessen Wert sowie die Höhe des Anspruchs, dessen Erfüllung den Vermögensvorteil beseitigen oder mindern würde, können geschätzt werden. §73c Härtevorschrift (1) Der Verfall wird nicht angeordnet, soweit er für den Betroffenen eine unbillige Härte wäre. Die Anordnung kann unterbleiben, soweit der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung in dem Vermögen des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist oder wenn das Erlangte nur einen geringen Wert hat. (2) Für die Bewilligung von Zahlungserleichterungen gilt § 42 entsprechend. §73d Wirkung des Verfalls (1) Wird der Verfall eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das verfallene Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über, wenn es dem von der Anordnung Betroffenen zu dieser Zeit zusteht. Rechte Dritter an dem Gegenstand bleiben bestehen. (2) Vor der Rechtskraft wirkt die Anordnung als Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuches. §74 Voraussetzungen der Einziehung (1) Ist eine vorsätzliche Straftat begangen worden, so können Gegenstände, die durch sie hervorgebracht oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind, eingezogen werden. (2) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn 1. die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen oder 2. die Gegenstände nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, daß sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden. (3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Nr. 2 ist die Einziehung der Gegenstände auch zulässig, wenn der Täter eine nur rechtswidrige Tat begangen hat. (4) Wird die Einziehung durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen, so gelten die Absätze 2 und 3 entsprechend. §74a Erweiterte Voraussetzungen der Einziehung Verweist das Gesetz auf diese Vorschrift, so dürfen die Gegenstände abweichend von § 74 Abs. 2 Nr. 1 auch dann eingezogen werden, wenn derjenige, dem sie zur Zeit der Entscheidung gehören oder zustehen, 1. wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, daß die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung gewesen ist, oder 2. die Gegenstände in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zugelassen hätten, in verwerflicher Weise erworben hat. §74b Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1) Ist die Einziehung nicht vorgeschrieben, so darf sie in den Fällen des § 74 Abs. 2 Nr. 1 und des § 74 a nicht angeordnet werden, wenn sie zur Bedeutung der begangenen Tat und zum Vorwurf, der den von der Einziehung betroffenen Täter oder Teilnehmer oder in den Fällen des § 74 a den Dritten trifft, außer Verhältnis steht. (2) Das Gericht ordnet in den Fällen der §§74 und 74 a an, daß die Einziehung vorbehalten bleibt, und trifft eine weniger einschneidende Maßnahme, wenn der Zweck der Einziehung auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommt namentlich die Anweisung, 1. die Gegenstände unbrauchbar zu machen, 2. an den Gegenständen bestimmte Einrichtungen oder Kennzeichen zu beseitigen oder die Gegenstände sonst zu ändern oder 3. über die Gegenstände in bestimmter Weise zu verfügen. Wird die Anweisung befolgt, so wird der Vorbehalt der Einziehung aufgehoben; andernfalls ordnet das Gericht die Einziehung nachträglich an. (3) Ist die Einziehung nicht vorgeschrieben, so kann sie auf einen Teil der Gegenstände beschränkt werden. 736 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1969, Teil I § 74 c Einziehung des Wertersatzes (1) Hat der Täler oder Teilnehmer den Gegenstand, der ihm zur Zeit der Tat. gehörte oder zustand und auf dessen Einziehung hätte erkannt werden können, vor der Entscheidung über die Einziehung verwertet, namentlich veräußert oder verbraucht, oder hat er die Einziehung des Gegenstandes sonst vereitelt, so kann das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages gegen den Täter oder Teilnehmer bis zu der Höhe anordnen, die dem Wert des Gegenstandes entspricht. (2) Eine solche Anordnung kann das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes oder an deren Stelle treffen, wenn ihn der Täter oder Teilnehmer vor der Entscheidung über die Einziehung mit dem Recht eines Dritten belastet hat, dessen Erlöschen ohne Entschädigung nicht angeordnet werden kann oder im Falle der Einziehung nicht angeordnet werden könnte (§ 74 e Abs. 2, § 74 f); trifft das Gericht die Anordnung neben der Einziehung, so bemißt sich die Höhe des Wertersatzes nach dem Wert der Belastung des Gegenstandes. (3) Der Wert des Gegenstandes und der Belastung kann geschätzt werden. (4) Für die Bewilligung von Zahlungserleichterungen gilt § 42. §74d Einziehung von Schriften und Unbrauchbarmachung (1) Schriften (§11 Abs. 3), die einen solchen Inhalt haben, daß jede vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis ihres Inhalts den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde, werden eingezogen, wenn mindestens ein Stück durch eine rechtswidrige Tat verbreitet oder zur Verbreitung bestimmt worden ist. Zugleich wird angeordnet, daß die zur Herstellung der Schriften gebrauchten oder bestimmten Vorrichtungen, wie Platten, Formen, Drucksätze, Druckstöcke, Negative oder Matrizen, unbrauchbar gemacht werden. (2) Die Einziehung erstreckt sich nur auf die Stücke, die sich im Besitz der bei ihrer Verbreitung oder deren Vorbereitung mitwirkenden Personen befinden oder öffentlich ausgelegt oder beim Verbreiten durch Versenden noch nicht dem Empfänger ausgehändigt worden sind. (3) Absatz 1 gilt entsprechend bei Schriften, die einen solchen Inhalt haben, daß die vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis ihres Inhalts nur bei Hinzutreten weiterer Tatumstände den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde. Die Einziehung und Unbrauchbarmachung werden jedoch nur angeordnet, soweit 1. die Stücke und die in Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Gegenstände sich im Besitz des Täters, Teilnehmers oder eines anderen be- finden, für den der Täter oder Teilnehmer gehandelt hat, oder von diesen Personen zur Verbreitung bestimmt sind und 2. die Maßnahmen erforderlich sind, um ein gesetzwidriges Verbreiten durch diese Personen zu verhindern. (4) Dem Verbreiten im Sinne der Absätze 1 bis 3 steht es gleich, wenn mindestens ein Stück durch Ausstellen, Anschlagen, Vorführen oder in anderer Weise allgemein zugänglich gemacht wird. (5) § 74 b Abs. 2, 3 gilt entsprechend. §74e Wirkung der Einziehung (1) Wird ein Gegenstand eingezogen, so geht das Eigentum an der Sache oder das eingezogene Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über. (2) Rechte Dritter an dem Gegenstand bleiben bestehen. Das Gericht ordnet jedoch das Erlöschen dieser Rechte an, wenn es die Einziehung darauf stützt, daß die Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 Nr. 2 vorliegen. Es kann das Erlöschen des Rechtes eines Dritten auch dann anordnen, wenn diesem eine Entschädigung nach § 74 f Abs. 2 Nr. 1 oder 2 nicht zu gewähren ist. (3) § 73 d Abs. 2 gilt entsprechend für die Anordnung der Einziehung und die Anordnung des Vorbehalts der Einziehung, auch wenn sie noch nicht rechtskräftig ist. §74f Entschädigung (1) Stand das Eigentum an der Sache oder das eingezogene Recht zur Zeit der Rechtskraft der Entscheidung über die Einziehung oder Unbrauchbarmachung einem Dritten zu oder war der Gegenstand mit dem Recht eines Dritten belastet, das durch die Entscheidung erloschen oder beeinträchtigt ist, so wird der Dritte aus der Staatskasse unter Berücksichtigung des Verkehrswertes angemessen in Geld entschädigt. (2) Eine Entschädigung wird nicht gewährt, wenn 1. der Dritte wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, daß die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Vorbereitung gewesen ist, 2. der Dritte den Gegenstand oder das Recht an dem Gegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung oder Unbrauchbarmachung zulassen, in verwerflicher Weise erworben hat oder 3. es nach den Umständen, welche die Einziehung oder Unbrauchbarmachung begründet haben, auf Grund von Rechtsvorschriften außerhalb des Strafrechts zulässig wäre, den Gegenstand dem Dritten ohne Entschädigung dauernd zu entziehen. Nr. 56 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 10. Juli 1969 737 (3) In den Fällen des Absatzes 2 kann eine Entschädigung gewährt werden, soweit es eine unbillige Härte wäre, sie zu versagen. §75 Sondervorschrift für Organe und Vertreter Hat jemand 1. als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs, 2. als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied eines solchen Vorstandes oder 3. als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer Personcnhandelsgesellschaft eine Handlung vorgenommen, die ihm gegenüber unter den übrigen Voraussetzungen der §§74 bis 74 c und 74 f die Einziehung eines Gegenstandes oder des Wertersatzes zulassen oder den Ausschluß der Entschädigung begründen würde, so wird seine Handlung bei Anwendung dieser Vorschriften dem Vertretenen zugerechnet. § 14 Abs. 3 gilt entsprechend. – Gemeinsame Vorschriften – §76 Nachträgliche Anordnung von Verfall oder Einziehung des Wertersatzes Ist die Anordnung des Verfalls oder der Einziehung eines Gegenstandes nicht ausführbar oder unzureichend, weil nach der Anordnung eine der in den §§ 73 a oder 74 c bezeichneten Voraussetzungen eingetreten oder bekanntgeworden ist, so kann das Gericht den Verfall oder die Einziehung des Wertersatzes nachträglich anordnen. §76a Selbständige Anordnung (1) Kann wegen der Straftat aus tatsächlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so muß oder kann auf Verfall oder Einziehung des Gegenstandes oder des Wertersatzes oder auf Unbrauchbarmachung selbständig erkannt werden, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben oder zugelassen ist, im übrigen vorliegen. (2) In den Fällen des § 74 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 und des § 74 d ist Absatz 1 auch dann anzuwenden, wenn aus rechtlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt werden kann und das Gesetz nichts anderes bestimmt. Einziehung oder Unbrauchbarmachung dürfen jedoch nicht angeordnet werden, wenn Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen. (3) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn das Gericht von Strafe absieht oder wenn das Verfahren nach einer Vorschrift eingestellt wird, die dies nach dem Ermessen der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts oder im Einvernehmen beider zuläßt. Vierter Abschnitt Strafantrag, Ermächtigung, Strafverlangen §77 Antragsberechtigte (1) Ist die Tat nur auf Antrag verfolgbar, so kann, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, der Verletzte den Antrag stellen. (2) Stirbt der Verletzte, so geht sein Antragsrecht in den Fällen, die das Gesetz bestimmt, auf den Ehegatten und die Kinder über. Hat der Verletzte weder einen Ehegatten noch Kinder hinterlassen oder sind sie vor Ablauf der Antragsfrist gestorben, so geht das Antragsrecht auf die Eltern und, wenn auch sie vor Ablauf der Antragsfrist gestorben sind, auf die Geschwister und die Enkel über. Ist ein Angehöriger an der Tat beteiligt, so scheidet er bei dem Übergang des Antragsrechts aus. Das Antragsrecht geht nicht über, wenn die Verfolgung dem erklärten Willen des Verletzten widerspricht. (3) Ist der Antragsberechtigte geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig, so können der gesetzliche Vertreter in den persönlichen Angelegenheiten und derjenige, dem die Sorge für die Person des Antragsberechtigten zusteht, den Antrag stellen. Ein beschränkt Geschäftsfähiger, der das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, kann den Antrag auch selbständig stellen. (4) Sind mehrere antragsberechtigt, so kann jeder den Antrag selbständig stellen. §77a Antrag des Dienstvorgesetzten (1) Ist die Tat von einem Beamten oder einem Soldaten der Bundeswehr oder gegen ihn begangen und auf Antrag des Dienstvorgesetzten verfolgbar, so ist derjenige Dienstvorgesetzte antragsberechtigt, dem der Betreffende zur Zeit der Tat unterstellt war. (2) Bei Berufsrichtern ist an Stelle des Dienstvorgesetzten antragsberechtigt, wer die Dienstaufsicht über den Richter führt. Bei Soldaten ist Dienstvorgesetzter der Disziplinarvorgesetzte. (3) Bei einem Beamten, der keinen Dienstvorgesetzten hat oder gehabt hat, kann die Dienststelle, für die er tätig war, den Antrag stellen. Leitet der Beamte selbst diese Dienststelle, so ist die staatliche Aufsichtsbehörde antragsberechtigt. (4) Bei Mitgliedern der Bundesregierung ist die Bundesregierung, bei Mitgliedern einer Landesregierung die Landesregierung antragsberechtigt. 738 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1969, Teil I §77b Antragsfrist (1) Eine Tat, die nur auf Antrag verfolgbar ist, wird nicht verfolgt, wenn der Antragsberechtigte es unterläßt, den Antrag bis zum Ablauf einer Frist von drei Monaten zu stellen. (2) Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Berechtigte von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt. Hängt die Verfolgbarkeit der Tat auch von einer Entscheidung über die Nichtigkeit oder Auflösung einer Ehe ab, so beginnt die Frist nicht vor Ablauf des Tages, an dem der Berechtigte von der Rechtskraft der Entscheidung Kenntnis erlangt. Für den Antrag des gesetzlichen Vertreters und des Sorgeberechtigten kommt es auf dessen Kenntnis an. (3) Sind mehrere antragsberechtigt oder mehrere an der Tat beteiligt, so läuft die Frist für und gegen jeden gesondert. (4) Ist durch Tod des Verletzten das Antragsrecht auf Angehörige übergegangen, so endet die Frist frühestens drei Monate und spätestens sechs Monate nach dem Tode des Verletzten. §77c Wechselseitig begangene Taten Hat bei wechselseitig begangenen Taten, die miteinander zusammenhängen und nur auf Antrag verfolgbar sind, ein Berechtigter die Strafverfolgung des anderen beantragt, so erlischt das Antragsrecht des anderen, wenn er es nicht bis zur Beendigung des letzten Wortes im ersten Rechtszug ausübt. Er kann den Antrag auch dann noch stellen, wenn für ihn die Antragsfrist schon verstrichen ist. §77d Zurücknahme des Antrags (1) Der Antrag kann zurückgenommen werden, wenn das Gesetz es zuläßt. Die Zurücknahme kann bis zum rechtskräftigen Abschluß des Strafverfahrens erklärt werden. Ein zurückgenommener Antrag kann nicht nochmals gestellt werden. (2) Stirbt der Verletzte oder der im Falle seines Todes Berechtigte, nachdem er den Antrag gestellt hat, so können der Ehegatte, die Kinder, die Eltern, die Geschwister und die Enkel des Verletzten in der Rangfolge des § 77 Abs. 2 den Antrag zurücknehmen. Mehrere Angehörige des gleichen Ranges können das Recht nur gemeinsam ausüben. Wer an der Tat beteiligt ist, kann den Antrag nicht zurücknehmen. §77e Ermächtigung und Strafverlangen Ist eine Tat nur mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgbar, so gelten die §§ 77 und 77 d entsprechend. Fünfter Abschnitt Verjährung Erster Titel Verfolgungsverjährung § 78 Ver j ährungsf rist (1) Die Verjährung schließt die Ahndung der Tat und die Anordnung von Maßnahmen (§11 Abs. 1 Nr. 4) aus. (2) Verbrechen nach § 220 a (Völkermord) verjähren nicht. (3) Die Verjährungsfrist beträgt 1. dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind, 2. zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mehr als zehn Jahren bedroht sind, 3. zehn Jahre bei Taten, die im Höchtsmaß mit Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind, 4. fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind, 5. drei Jahre bei den übrigen Taten. (4) Die Frist richtet sich nach der Strafdrohung des Gesetzes, dessen Tatbestand die Tat verwirklicht, ohne Rücksicht auf Milderungen oder Schärfungen, die nach den Vorschriften des Allgemeinen Teils oder bei mildernden Umständen, minder schweren, besonders schweren oder ähnlichen allgemein umschriebenen Fällen vorgesehen sind. § 78a Beginn Die Verjährung beginnt, sobald das strafbare Verhalten beendet ist. Tritt ein zum Tatbestand gehörender Erfolg erst später ein, so beginnt die Verjährung mit diesem Zeitpunkt. § 78b Ruhen (1) Die Verjährung ruht, solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann. Dies gilt nicht, wenn die Tat nur deshalb nicht verfolgt werden kann, weil Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen. (2) Steht der Verfolgung entgegen, daß der Täter Mitglied des Bundestages oder eines Gesetzgebungsorgans eines Landes ist, so beginnt die Verjährung erst mit Ablauf des Tages zu ruhen, an dem Nr. 56 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 10. Juli 1969 739 1. die Staatsanwaltschaft oder eine Behörde oder ein Beamter des Polizeidienstes von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt oder 2. eine Strafanzeige oder ein Strafantrag gegen den Täter angebracht wird (§ 158 der Strafprozeßordnung) . (3) Ist vor Ablauf der Verjährungsfrist ein Urteil des ersten Rechtszuges ergangen, so läuft die Verjährungsfrist nicht vor dem Zeitpunkt ab, in dem das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. § 78c Unterbrechung (1) Die Verjährung wird unterbrochen durch 1. die richterliche Vernehmung des Beschuldigten oder deren Anordnung, 2. die Beauftragung eines Sachverständigen durch den Richter oder Staatsanwalt, wenn vorher der Beschuldigte vernommen oder ihm die Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben worden ist, 3. jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten, 4. den Haftbefehl, den Unterbringungsbefehl, den Vorführungsbefehl und richterliche Entscheidungen, welche diese aufrechterhalten, 5. die Erhebung der öffentlichen Klage oder die Stellung des ihr entsprechenden Antrags im Sicherungsverfahren oder im selbständigen Verfahren, 6. die Eröffnung des Hauptverfahrens, 7. die Anberaumung der Hauptverhandlung im beschleunigten Verfahren, 8. den Strafbefehl oder eine andere dem Urteil entsprechende Entscheidung, 9. die vorläufige gerichtliche Einstellung des Verfahrens wegen Abwesenheit des Angeschuldigten, 10. jede richterliche Anordnung, die zur Sicherung von Beweisen im Verfahren gegen Abwesende oder nach vorläufiger Einstellung des Verfahrens ergeht, 11. die Anordnung der Vermögensbeschlagnahme im Verfahren gegen Abwesende, 12. jedes richterliche Ersuchen, eine Untersuchungshandlung im Ausland vorzunehmen. (2) Nach jeder Unterbrechung beginnt die Verjährung von neuem. Die Verfolgung ist jedoch spätestens verjährt, wenn seit dem in § 78 a bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist und, wenn die Verjährungsfrist nach besonderen Gesetzen kürzer ist als drei Jahre, mindestens drei Jahre verstrichen sind. § 78 b bleibt unberührt. Zweiter Titel Vollstr eckungs ver j ährung § 79 Verjährungsfrist (1) Eine rechtskräftig verhängte Strafe oder Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 4) darf nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht mehr vollstreckt werden. (2) Die Vollstreckung von Strafen wegen Völkermords (§ 220 a) und von lebenslangen Freiheitsstrafen verjährt nicht. (3) Die Verjährungsfrist beträgt 1. fünfundzwanzig Jahre bei Freiheitsstrafe von mehr als zehn Jahren, 2. zwanzig Jahre bei Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren, 3. zehn Jahre bei Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren, 4. fünf Jahre bei Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr und bei Geldstrafe von mehr als dreißig Tagessätzen, 5. drei Jahre bei Geldstrafe bis zu dreißig Tagessätzen. (4) Die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung verjährt nicht. Bei den übrigen Maßnahmen beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre. Ist jedoch die Führungsaufsicht oder die erste Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet, so beträgt die Frist fünf Jahre. (5) Ist auf Freiheitsstrafe und Geldstrafe zugleich oder ist neben einer Strafe auf eine freiheitsentziehende Maßregel, auf Verfall, Einziehung oder Unbrauchbarmachung erkannt, so verjährt die Vollstreckung der einen Strafe oder Maßnahme nicht früher als die der anderen. Jedoch hindert eine zugleich angeordnete Sicherungsverwahrung die Verjährung der Vollstreckung von Strafen oder anderen Maßnahmen nicht. (6) Die Verjährung beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung. § 79a Ruhen Die Verjährung ruht, 1. solange nach dem Gesetz die Vollstreckung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann, 2. solange dem Verurteilten a) Aufschub oder Unterbrechung der Vollstreckung, b) Aussetzung zur Bewährung oder im Gnadenwege oder c) Zahlungserleichterung bei Geldstrafe, Verfall oder Einziehung bewilligt ist, 740 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1969, Teil I 3. solange der Verurteilte im In- oder Ausland auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt, wird. § 79b Verlängerung Das Gericht kann die Verjährungsfrist vor ihrem Ablauf auf Antrag der Vollstreckungsbehörde einmal um die Hälfte der gesetzlichen Verjährungsfrist verlängern, wenn der Verurteilte sich in einem Gebiet aufhält, aus dem seine Auslieferung oder Überstellung nicht erreicht werden kann." 2. Vor § 80 tritt an die Stelle der Überschrift "Zweiter Teil. Von den einzelnen Verbrechen, Vergehen und Übertretungen und deren Bestrafung" die Überschrift "Besonderer Teil". 3. Es werden ersetzt durch die Verweisung "(§ 11 Abs. 3)" : a) In den §§ 80a, 86a Abs. 1, in § 90 Abs. 1, § 90 a Abs. 1, § 90 b Abs. 1, § 187 a Abs. 1 die Worte ", Tonträgern, Abbildungen oder Darstellungen"; b) in § 86 Abs. 2 die Worte ", Tonträger, Abbildungen oder Darstellungen"; c) in § 110 die Worte "oder anderen Darstellungen"; d) in den §§ 184 a, 186, 187 Abs. 1 die Worte ", Abbildungen oder Darstellungen"; e) in § 200 Abs. 1 die Worte ", Darstellungen oder Abbildungen". 4. In § 83 a Abs. 1, § 84 Abs. 4, 5, § 87 Abs. 3, § 90 Abs. 2, § 98 Abs. 2, § 129 Abs. 5, 6, § 157 Abs. 1, 2, §158 Abs. 1, §§233, 311b Abs. 1 Satz 1, §315 Abs. 6 Satz 1 und § 316 a Abs. 2 wird die Verweisung "(§ 15)" jeweils ersetzt durch die Verweisung "(§ 49 Abs. 2)". 5. § 91 erhält folgende Fassung: .,§ 91 Die §§ 84, 85 und 87 gelten nur für Taten, die durch eine im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes ausgeübte Tätigkeit begangen werden." 6. § 92 b Abs. 2 wird gestrichen. 7. § 101 a Abs. 2 wird gestrichen. 8. § 109h erhält folgende Fassung: "§ 109 h (1) Wer zugunsten einer ausländischen Macht einen Deutschen zum Wehrdienst in einer militärischen oder militärähnlicLen Einrichtung anwirbt oder ihren Werbern oder dem Wehrdienst einer solchen Einrichtung zuführt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar." 9. § 109 k Abs. 2 wird gestrichen. 10. In den nachstehend genannten Vorschriften wird die Verweisung "§ 40 a" durch die Verweisung "§ 74 a" ersetzt: a) In § 92b Satz 2, § 101a Satz 2, §§ 285b, 295 Satz 2, § 296 a Abs. 2 Satz 2 und § 298 Abs. 5 Satz 2; b) in § 109k Satz 2. 11. In den nachstehend genannten Vorschriften wird die Verweisung "§ 40 Abs. 2" durch die Verweisung "§ 74 Abs. 2" ersetzt: a) § 101a Satz 3; b) § 109 k Satz 3. 12. In § 139 Abs. 3 Satz 1 wird die Verweisung "(§ 52)" gestrichen. 13. Als § 145 wird folgende Vorschrift eingefügt: "§ 145 Wer absichtlich oder wissentlich 1. Notrufe oder Notzeichen mißbraucht oder 2. vortäuscht, daß wegen eines Unglücksfalles oder wegen gemeiner Gefahr oder Not die Hilfe anderer erforderlich sei, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft." 14. Als § 145a wird folgende Vorschrift eingefügt: "§ 145 a Wer während der Führungsaufsicht gegen eine bestimmte Weisung der in § 68 b Abs. 1 bezeichneten Art verstößt und dadurch den Zweck der Maßregel gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Die Tat wird nur auf Antrag der Aufsichtsstelle (§ 68a) verfolgt." 15. § 145 c erhält folgende Fassung: "§ 145 c Wer einen Beruf, einen Berufszweig, ein Gewerbe oder einen Gewerbezweig für sich oder einen anderen ausübt, oder durch einen anderen für sich ausüben läßt, obwohl dies ihm oder dem anderen strafgerichtlich untersagt ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft." 16. In § 159 wird die Verweisung "(§ 49a Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4)" ersetzt durch die Verweisung "(§ 30 Abs. 1, § 31 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2)". Nr. 56 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 10. Juli 1969 741 17. Als § 181b wird folgende Vorschrift eingefügt: "§ 181b In den Füllen des § 175 Abs. 1 Nr. 1, 3 und der §§ 176 bis 178 und 181 a kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1 Nr. 2)." 18. § 184 Abs. 1 wird wie folgt geändert: a) In den Nummern 1, la und 2 wird jeweils nach dem Wort "Schriften" die Verweisung "( § 11 Abs. 3)" eingefügt; b) Satz 2 wird gestrichen. 19. In den Dreizehnten Abschnitt des Besonderen Teils werden als §§ 184 c und 184d folgende Vorschriften eingefügt: "§ 184 c Wer gewerbsmäßig Unzucht treibt und diesem Erwerb schon mehrfach in einer Gemeinde oder in einem Bezirk einer Gemeinde nachgegangen ist, in denen die Ausübung der Gewerbsunzucht durch Rechtsverordnimg verboten ist, wird, wenn er die Tat beharrlich wiederholt, wegen der neuen Tat mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft. § 184 d Wer gewerbsmäßig Unzucht treibt und diesem Erwerb 1. in der Nähe einer Schule oder einer anderen örtlichkeit, die zum Besuch durch Kinder oder Jugendliche bestimmt ist, oder 2. in einem Haus, in dem Kinder oder Jugendliche wohnen, in einer diese Minderjährigen sittlich gefährdenden Weise nachgeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bestraft." 20. In § 196 werden die Worte "amtliche Vorgesetzte" durch das Wort "Dienstvorgesetzte" ersetzt. 21. Dem § 223 a wird folgender Absatz 2 angefügt: "(2) Der Versuch ist strafbar." 22. Als § 228 a wird folgende Vorschrift eingefügt: "§ 228 a In den Fällen der §§ 223 bis 226, 227 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1 Nr. 2)." 23. Als § 245 wird folgende Vorschrift eingefügt: "§ 245 In den Fällen der §§ 243 und 244 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1 Nr. 2).* 24. § 256 erhält folgende Fassung: "§ 256 In den Fällen der §§ 249 bis 255 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1 Nr. 2)." 25. § 262 erhält folgende Fassung: "§ 262 In den Fällen der §§ 258 bis 260 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1 Nr. 2)." 26. Als § 264 wird folgende Vorschrift eingefügt: "§ 264 In den Fällen des § 263 kann das Gericht Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1 Nr. 2)." 27. In § 330 a wird die Verweisung "(§ 51 Abs. 1)" durch die Verweisung "(§ 20)" ersetzt. 28. § 335 wird aufgehoben. 29. In § 357 Abs. 1 wird das Wort "Amtsvorgesetzter" durch das Wort "Dienstvorgesetzter" ersetzt. 30. Der Neunundzwanzigste Abschnitt des Besonderen Teils wird aufgehoben. Artikel 2 Überleitung von Strafdrohungen § 1 Überleitung von Freiheitsstrafdrohungen Droht das Strafgesetzbuch Freiheitsstrafe mit einem besonderen Mindestmaß von weniger als einem Monat an, so tritt an die Stelle dieses Mindestmaßes das gesetzliche. § 2 Überleitung von Geldstrafdrohungen (1) Droht das Strafgesetzbuch Freiheitsstrafe ohne ein besonderes Mindestmaß oder mit einem besonderen Mindestmaß von weniger als einem Monat an, ohne Geldstrafe wahlweise anzudrohen, so tritt neben die Freiheitsstrafe die wahlweise Androhung der Geldstrafe. (2) An die Stelle einer Geldstrafe von unbeschränkter Höhe tritt Geldstrafe mit dem gesetzlichen Höchstmaß. (3) Ist Geldstrafe neben Freiheitsstrafe vorgeschrieben oder zugelassen, so entfällt diese Androhung. (4) Droht das Strafgesetzbuch Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten an, so beträgt das Höchstmaß einer wahlweise angedrohten Geldstrafe neunzig Tagessätze j droht es Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten 742 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1969, Teil I an, so beträgt das Höchstmaß einer wahlweise angedrohten Geldstrafe einhundertachtzig Tagessätze. Dies gilt auch, wenn sich die wahlweise Androhung der Geldstrafe aus Absatz 1 ergibt. § 3 Aufhebung der Polizeiaufsicht Soweit Vorschriften die Polizeiaufsicht zulassen, treten sie außer Kraft. Artikel 3 Einschränkung von Grundrechten Das Grundrecht der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes) wird nach Maßgabe der Vorschriften des Artikels 1 über die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt eingeschränkt. Artikel 4 Ermächtigung Der Bundesminister der Justiz wird ermächtigt, den Wortlaut des Strafgesetzbuches in der neuen Fassung bekanntzumachen und Unstimmigkeiten der Paragraphenfolge und des Wortlauts zu beseitigen. Artikel 5 Sonderregelung für Berlin (1) Artikel 1 Nr. 8, 9, 10 Buchstabe b und Nr. 11 Buchstabe b ist im Land Berlin nicht anzuwenden. (2) Folgende Vorschriften des Strafgesetzbuches sind im Land Berlin mit den nachstehend bezeichneten Besonderheiten anzuwenden: 1. § 5 Nr. 1, 2 ist in folgender Fassung anzuwenden: "1. Taten des Friedensverrats nach § 80, des Hochverrats, der Gefährdung des demokra- tischen Rechtsstaates in den Fällen der §§90 und 90 a Abs. 2, des Landesverrats und der Gefährdung der äußeren Sicherheit; 2. Taten der Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates in den Fällen der §§ 89, 90 a Abs. 1 und § 90 b sowie Taten des Anwerbens für fremden Wehrdienst (§ 141), wenn der Täter Deutscher ist und seine Lebensgrundlage im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes hat;". 2. § 141 in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. August 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 1083) erhält folgende Fassung: "§ 141 (1) Wer zugunsten einer ausländischen Macht einen Deutschen zum Wehrdienst in einer militärischen oder militärähnlichen Einrichtung anwirbt oder ihren Werbern oder dem Wehrdienst einer solchen Einrichtung zuführt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar." Artikel 6 Berlin-Klausel Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Artikel 7 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am 1. Oktober 1973 in Kraft. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 4. Juli 1969 Der Bundespräsident Heinemann Der Bundeskanzler Kiesinger Der Bundesminister der Justiz Horst Ehmke