Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1970  Nr. 45 vom 21.05.1970  - Seite 505 bis 508 - Drittes Gesetz zur Reform des Strafrechts (3. StrRG)

Drittes Gesetz zur Reform des Strafrechts (3. StrRG) Bundesgesetzblatt 505 Teil I Z1997A 1970 Ausgegeben zu Bonn am 21. Mai 1970 Nr. 45 Tag Inhalt 20. 5. 70 Drittes Gesetz zur Reform des Strafrechts (3. StrRG) Bundesgcsclzbl. III 450-2, 2180-4, 450-5, 792-1 20. 5. 70 Gesetz über Straffreiheit (Straffreiheitsgesetz 1970) Seite 505 509 Drittes Gesetz zur Reform des Strafrechts (3. StrRG) Vom 20. Mai 1970 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Änderung des Strafgesetzbuches Das Strafgesetzbuch wird wie folgt geändert: 1. § 110 wird aufgehoben. 2. § 111 erhält folgende Fassung: "§ 111 (1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften, Tonträgern, Ab-bifdungen oder Darstellungen zu einer mit Strafe bedrohten Handlung auffordert, wird wie ein Anstifter bestraft. (2) Bfeibt die Aufforderung ohne Erfolg, so ist die Strafe nach den Vorschriften über die Bestrafung des Versuchs zu mildern." 3. § 113 erhält folgende Fassung: "§ 113 (1) Wer einem Beamten oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Amts- oder Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet oder ihn dabei tätlich angreift, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, oder 2. der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Körperverletzung (§ 224) bringt. 506 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1970, Teil I (3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Amts- oder Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täler irrig annimmt, die Amts- oder Diensthandlung sei rechtmäßig. (4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Amts- oder Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 15) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Amts- oder Diensthandlung zu wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 15) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen." 4. § 114 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: "§ H4 (1) Der Amtshandlung eines Beamten im Sinne des § 113 stehen Vollstreckungshandlungen von Personen gleich, die die Rechte und Pflichten eines Polizeibeamten haben oder Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft sind, ohne als Beamte angestellt (§ 359) zu sein. (2) § 113 gilt entsprechend zum Schutz von Personen, die zur Unterstützung bei der Amtsoder Diensthandlung zugezogen sind." 5. Die §§ 115 bis 118 werden aufgehoben. 6. § 125 erhält folgende Fassung: "§ 125 (1) Wer sich an 1. Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen oder 2. Bedrohungen von Menschen mit einer Gewalttätigkeit, die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise mit vereinten Kräften begangen werden, als Täter oder Teilnehmer beteiligt oder wer auf die Menschenmenge einwirkt, um ihre Bereitschaft zu solchen Handlungen zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft, soweit die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. (2) Soweit die in Absatz 1 Nr. 1, 2 bezeichneten Handlungen in § 113 mit Strafe bedroht sind, gilt § 113 Abs. 3, 4 sinngemäß." 7. Nach § 125 wird folgende Vorschrift eingefügt: "§• 125 a In besonders schweren Fällen des § 125 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 1. eine Schußwaffe bei sich führt, 2. eine andere Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, 3. durch eine Gewalttätigkeit einen anderen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Körperverletzung (§ 224) bringt oder 4. plündert oder bedeutenden Schaden an fremden Sachen anrichtet." Artikel 2 Unerlaubte Ansammlung (1) Ordnungswidrig handelt, wer sich einer öffentlichen Ansammlung anschließt oder sich nicht aus ihr entfernt, obwohl ein Träger von Hoheitsbefugnissen die Menge dreimal rechtmäßig aufgefordert hat, auseinanderzugehen. (2) Ordnungswidrig handelt auch der Täter, der fahrlässig nicht erkennt, daß die Aufforderung rechtmäßig ist. (3) Die Ordnungswidrigkeit kann im Falle des Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu tausend Deutsche Mark, im Falle des Absatzes 2 mit einer Geldbuße bis zu fünfhundert Deutsche Mark geahndet werden. Artikel 3 Änderung des Versammlungsgesetzes Das Versammlungsgesetz vom 24. Juli 1953 (Bun-desgesetzbl. I S. 684), zuletzt geändert durch das Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24. Mai 1968 (Bundesgesetzbl. I S. 503), wird wie folgt geändert: 1. § 23 wird aufgehoben. 2. § 29 wird wie folgt geändert: a) Nummer 4 wird gestrichen; b) die bisherigen Nummern 5 und 6 werden Nummern 4 und 5. Artikel 4 Änderung weiterer Gesetze 1. Das Vierte Strafrechtsänderungsgesetz vom 11. Juni 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 597), zuletzt geändert durch das Achte Strafrechtsänderungsgesetz vom 25. Juni 1968 (Bundesgesetzbl. I 5. 741), wird wie folgt geändert: a) Artikel 7 Abs. 2 wird wie folgt geändert: aa) Nummer 5 erhält folgende Fassung: "5. die §§ 113, 114 Abs. 2, §§ 125 und 125 a auf Straftaten gegen Soldaten oder Beamte dieser Truppen;" Nr. 45 — Tag der Ausgabe: Bonn, den 21. Mai 1970 507 bb) Nummer 6 wird gestrichen; cc) die bisherigen Nummern 7 bis 14 werden Nummern 6 bis 13. b) Nach Artikel 7 wird folgende Vorschrift eingefügt: "Artikel 7a Anwendung von Bußgeldvorschriften zum Schutz der Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes Zum Schutz der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten Truppen der nichtdeutschen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes, die sich zur Zeit der Tat im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten, und der im Land Berlin anwesenden Truppen einer der Drei Mächte ist Artikel 2 des Dritten Gesetzes zur Reform des Strafrechts auf öffentliche Ansammlungen, die gegen Soldaten, Beamte oder von ihnen zur Unterstützung zugezogene Bedienstete dieser Truppen gerichtet sind, anzuwenden." 2. Das Bundesjagdgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. März 1961 (Bundesgesetzblatt I S. 304), zuletzt geändert durch das Erste Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 25. Juni 1969 (Bundesgesetzbl. I S. 645), wird wie folgt geändert: a) In § 17 Abs. 2 Nr. 2 wird die Angabe "§§ 117, 118 oder" durch die Worte "§§ 113, 114, 239 und 240 des Strafgesetzbuches, sofern derjenige, gegen den sich die Tat richtete, sich in Ausübung des Forst-, Feld-, Jagd- oder Fischereischutzes befand, ferner wegen Zuwiderhandlungen gegen die §§" ersetzt. b) In § 41 wird die Angabe "§§ 117, 118," durch die Worte "§§ 113, 114, 223 bis 228, 239 und 240 des Strafgesetzbuches, sofern derjenige, gegen den sich die Tat richtete, sich in Ausübung des Forst-, Feld-, Jagd- oder Fischereischutzes befand, ferner auf Grund der §§" ersetzt. 3. Das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 4. Juli 1969 (Bundesgesetzbl. I S. 717) wird wie folgt geändert: a) Artikel 1 Nr. 3 wird wie folgt geändert: aa) Buchstabe a erhält folgende Fassung: ,a) In den §§ 80a, 86a Abs. 1, in § 90 Abs. 1, § 90a Abs. 1, § 90b Abs. 1, § 111 Abs. 1, § 187 a Abs. 1 die Worte " , Tonträgern, Abbildungen oder Darstellungen"; bb) Buchstabe c wird gestrichen; cc) die bisherigen Buchstaben d und e werden Buchstaben c und d. b) Artikel 1 Nr. 4 erhält folgende Fassung: ,4. In § 83 a Abs. 1, § 84 Abs. 4, 5, § 87 Abs. 3, § 90 Abs. 2, § 98 Abs. 2, § 113 Abs. 4 Satz 1, 2, § 129 Abs. 5, 6, § 157 Abs. 1, 2, § 158 Abs. 1, §§ 233, 311b Abs. 1 Satz 1, § 315 Abs. 6 Satz 1 und § 316a Abs. 2 wird die Verweisung "(§ 15)" jeweils ersetzt durch die Verweisung "(§49 Abs. 2)" . Artikel 5 Verweisungen Soweit in anderen Vorschriften auf Vorschriften verwiesen wird, die durch dieses Gesetz geändert werden, treten an deren Stelle die geänderten Vorschriften. Artikel 6 Sonderregelung für Berlin (1) Artikel 4 Nr. 1 ist im Land Berlin nicht anzuwenden. Artikel 4 Nr. 2 ist in Berlin erst anzuwenden, wenn das durch ihn geänderte Gesetz vom Land Berlin übernommen worden ist. (2) Folgende Vorschriften des Strafgesetzbuches sind im Land Berlin mit den nachstehend bezeichneten Besonderheiten anzuwenden: 1. § 113 ist in folgender Fassung anzuwenden: "§ 113 (1) Wer einem Beamten, der zur Vollstrek-kung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Amtshandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet oder ihn dabei tätlich angreift, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, oder 2. der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Körperverletzung (§ 224) bringt. (3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Amtshandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Amtshandlung sei rechtmäßig. (4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Amtshandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 15) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die 508 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1970, Teil I vermeintlich rechtswidrige Amtshandlung zu wehren, so ist. die Tat nicht nach dieser Vorschrill, strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 15) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen." 2. § 114 Abs. 2 ist in folgender Fassung anzuwenden: "(2) § 118 gilt entsprechend zum Schutz von Personen, die zur Unterstützung bei der Amtshandlung zugezogen sind." Artikel 7 Berlin-Klausel Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Artikel 8 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 20. Mai 1970 Der Bundespräsident Heinemann Der Bundeskanzler Brandt Der Bundesminister der Justiz Gerhard Jahn