Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1970  Nr. 116 vom 24.12.1970  - Seite 1765 bis 1768 - Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht

Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht Bundesgesetzblatt 1765 Teill Z1997A 1970 Ausgegeben zu Bonn am 24. Dezember 1970 Nr. 116 Tag 21. 12.70 21. 12.70 21. 12.70 21. 12.70 21. 12.70 18. 12.70 20. 12. 70 20. 12. 70 21. 12.70 21. 12.70 21. 12.70 21. 12.70 Inhalt Seite Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht.......... 1765 liundesijesclzbl. III 1104-1, 931-1, 900-1, 1104-3 Gesetz zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964................................ 1769 Bundesycsclzbl. III 012-14 Gesetz zur Weiterentwicklung des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung (Zweites Krankenversicherungsänderungsgesetz — 2. KVÄG)................................... 1770 Biindcsrjesülzbl. III 820-1, 822-1, 611-1 Gesetz zur Verbesserung und Ergänzung sozialer Maßnahmen in der Landwirtschaft (Agrarsoziales Ergänzungsgesetz — ASEG)........................................... 1774 Bundesgesetzbl. III 8251-1, 8251-2, 8232-4, 821-2 Zehntes Gesetz zur Änderung des Soldatengesetzes.................................... 1778 Bundesgcsetzbl. III 51-1 Verordnung über eine allgemeine Ausnahme von dem Erfordernis des schwarzen Farb-anstrichs für Taxen.................................................................. 1779 Verordnung über die Höhe der Beiträge der Binnenschiffahrt im Rechnungsjahr 1971 ..... 1780 Verordnung über den Einsatz von Ersatzfahrzeugen im Werkverkehr................... 1781 Verordnung über die Pflichtablieferung von Druckwerken mit Ausnahme von Musiknoten und Musiktonträgern an die Deutsche Bibliothek (Pflichtstückverordnung) ............... 1782 Fünfte Verordnung zur Änderung der Verordnung nach § 35 des Arzneimittelgesetzes über verschreibungspflichtige Arzneimittel ............................................ 1784 Verordnung zur Durchführung des Dritten Vermögensbildungsgesetzes (VermBDV 1971) 1786 Fünfte Verordnung zur Änderung der Eichgebührenordnung ........................... 1790 Bundesgcsetzbl. III 7141-2-14 Hinweis auf andere Verkündungsblätter Verkündungen im Bundesanzeiger................................................... 1796 Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht Vom 21. Dezember 1970 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht vom 12. März 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 243), zuletzt geändert durch § 28 des Vereinsgesetzes vom 5. August 1964 (Bundesgesetzbl. I S. 593), wird wie folgt geändert: 1. § 1 Abs. 2 erhält folgende Fassung: "(2) Der Sitz des Bundesverfassungsgerichts ist Karlsruhe." 2. Nach § 2 Abs. 2 wird folgender Absatz 3 angefügt: "(3) Drei Richter jedes Senats werden aus der Zahl der Richter an den obersten Gerichtshöfen des Bundes gewählt. Gewählt werden sollen nur Richter, die wenigstens drei Jahre an einem obersten Gerichtshof des Bundes tätig gewesen sind." 3. § 4 erhält folgende Fassung: »§4 (1) Die Amtszeit der Richter dauert zwölf Jahre, längstens bis zur Altersgrenze. (2) Eine anschließende oder spätere Wiederwahl der Richter ist ausgeschlossen. (3) Altersgrenze ist das Ende des Monats, in dem der Richter das 68. Lebensjahr vollendet. (4) Nach Ablauf der Amtszeit führen die Richter ihre Amtsgeschäfte bis zur Ernennung des Nachfolgers fort." 1766 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1970, Teil I 4. § 5 Abs. 1 erhält folgende Fassung: "(1) Die Richter jedes Senats werden je zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt. Von den aus der Zahl der Richter an den obersten Gerichtshöfen des Bundes zu berufenden Richtern werden einer von dem einen, zwei von dem anderen Wahlorgan, von den übrigen Richtern drei von dem einen, zwei von dem anderen Wahlorgan in die Senate gewählt." 5. In § 5 Abs. 2 entfallen die Worte "auf Zeit zu berufenden". 6. In § 5 Abs. 3 entfallen die Worte "für den Rest seiner Amtszeit". 7. § 6 Abs. 2 Satz 5 erhält folgende Fassung: "Scheidet ein Wahlmann aus oder ist er verhindert, so wird er durch den nächsten auf der gleichen Liste Vorgeschlagenen ersetzt." 8. In §13 wird nach Nummer 8 folgende Nummer 8 a eingefügt: "8 a. über Verfassungsbeschwerden (Artikel 93 Abs. 1 Nr. 4a und 4b des Grundgesetzes)". 9. § 18 Abs. 3 erhält folgende Fassung: "(3) Als Tätigkeit im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 gilt nicht 1. die Mitwirkung im Gesetzgebungsverfahren, 2. die Äußerung einer wissenschaftlichen Meinung zu einer Rechtsfrage, die für das Verfahren bedeutsam sein kann." 10. § 24 Satz 1 erhält folgende Fassung: "Unzulässige oder offensichtlich unbegründete Anträge können durch einstimmigen Beschluß des Gerichts verworfen werden." 11. §30 Abs. 2 wird Absatz 3; als Absatz 2 wird folgende Bestimmung eingefügt: "(2) Ein Richter kann seine in der Beratung vertretene abweichende Meinung zu der Entscheidung oder zu deren Begründung in einem Sondervotum niederlegen; das Sondervotum ist der Entscheidung anzuschließen. Die Senate können in ihren Entscheidungen das Stimmenverhältnis mitteilen. Das Nähere regelt eine Verfahrensordnung, die das Plenum des Bundesverfassungsgerichts beschließt." 12. § 31 Abs. 2 erhält folgende Fassung: "(2) In den Fällen des § 13 Nr. 6, 11, 12 und 14 hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gesetzeskraft. Das gilt auch in den Fällen des §13 Nr. 8 a, wenn das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz als mit dem Grundgesetz vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt. Soweit ein Gesetz als mit dem Grundge-gesetz oder sonstigem Bundesrecht vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird, ist die Entscheidungsformel durch den Bundesminister der Justiz im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Entsprechendes gilt für die Entscheidungsformel in den Fällen des § 13 Nr. 12 und 14." 13. Dem §32 wird folgender Absatz 6 angefügt: "(6) Ist ein Senat nicht beschlußfähig, so kann die einstweilige Anordnung bei besonderer Dringlichkeit erlassen werden, wenn mindestens drei Richter anwesend sind und der Beschluß einstimmig gefaßt wird. Sie tritt nach einem Monat außer Kraft. Wird sie durch den Senat bestätigt, so tritt sie drei Monate nach ihrem Erlaß außer Kraft." 14. Nach § 34 Abs. 3 wird ein neuer Absatz 4 eingefügt: "(4) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten." 15. §34 Abs. 4 wird Absatz 5 und erhält folgende Fassung: "(5) Wird die Annahme einer Verfassungsbeschwerde nach § 93 a Abs. 3 abgelehnt oder eine Beschwerde nach Artikel 41 Abs. 2 des Grundgesetzes (§ 13 Nr. 3) als unzulässig oder unbegründet zurückgewiesen, so kann das Bundesverfassungsgericht dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 20 Deutsche Mark bis zu 1 000 Deutsche Mark auferlegen, wenn die Einlegung der Beschwerde einen Mißbrauch darstellt." 16. In § 78 Satz 1 werden die Worte "stellt es in seiner Entscheidung die Nichtigkeit fest" ersetzt durch die Worte "erklärt es das Gesetz für nichtig". 17. § 79 Abs. 1 erhält folgende Fassung: "(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf einer mit dem Grundgesetz für unvereinbar oder nach § 78 für nichtig erklärten Norm oder auf der Auslegung einer Norm beruht, die vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist, ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig." 18. In § 82 Abs. 4 werden die Worte "obere Bundesgerichte" ersetzt durch die Worte "oberste Gerichtshöfe des Bundes". 19. Im Teil III des Gesetzes wird die Überschrift vor § 90 wie folgt neu gefaßt: "Fünfzehnter Abschnitt Verfahren in den Fällen des § 13 Nr. 8 a". 20. § 90 Abs. 1 erhält folgende Fassung: "(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben." 21. § 93 a Abs. 3 erhält folgende Fassung: "(3) Der Ausschuß kann durch einstimmigen Beschluß die Annahme der Verfassungsbe- Nr. 116 — Tag der Ausgabe: Bonn, den 24. Dezember 1970 1767 schwerde ablehnen, wenn sie unzulässig ist oder aus anderen Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat." 22. § 94 Abs. 5 erhält folgende Fassung: "(5) Die in den Absätzen 1, 2 und 4 genannten Verfassungsorgane können dem Verfahren beitreten. Das Bundesverfassungsgericht kann von mündlicher Verhandlung absehen, wenn von ihr keine weitere Förderung des Verfahrens zu erwarten ist und die zur Äußerung berechtigten Verfassungsorgane, die dem Verfahren beigetreten sind, auf mündliche Verhandlung verzichten." 23. § 98 erhält folgende Fassung: "§98 (1) Ein Richter des Bundesverfassungsgerichts tritt mit Ablauf der Amtszeit (§ 4 Abs. 1, 3 und 4) in den Ruhestand. (2) Ein Richter des Bundesverfassungsgerichts ist in den Ruhestand zu versetzen 1. bei dauernder Dienstunfähigkeit, 2. auf Antrag ohne Nachweis der Dienstunfähigkeit, wenn er das 65. Lebensjahr vollendet und sein Amt als Richter des Bundesverfassungsgerichts wenigstens sechs Jahre bekleidet hat; § 4 Abs. 4 gilt sinngemäß. (3) Ein Richter im Ruhestand erhält Ruhegehalt. Das Ruhegehalt wird auf der Grundlage der Bezüge berechnet, die dem Richter nach dem Gesetz über das Amtsgehalt der Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts zuletzt zugestanden haben; entsprechendes gilt für die Hinterbliebenenversorgung. (4) § 86 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes gilt entsprechend." 24. § 99 entfällt. 25. In § 100 Abs. 1 Satz 2 und § 102 Abs. 1 wird die Verweisung auf "§ 99" jeweils durch "§ 98" ersetzt. 26. § 100 Abs. 1 Satz 1 erhält folgende Fassung: "(1) Endet das Amt eines Richters des Bundesverfassungsgerichts nach § 12, so erhält er, wenn er sein Amt wenigstens zwei Jahre bekleidet hat, für die Dauer eines Jahres ein Übergangsgeld in Höhe seiner Bezüge nach Maßgabe des Gesetzes über das Amtsgehalt der Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts." 27. § 100 Abs. 2 erhält folgende Fassung: "(2) Die Hinterbliebenen eines früheren Richters des Bundesverfassungsgerichts, der zur Zeit seines Todes Übergangsgeld bezog, erhalten Sterbegeld sowie für den Rest der Bezugsdauer des Übergangsgeldes Witwen- und Waisengeld; Sterbegeld, Witwen- und Waisengeld werden aus dem Übergangsgeld berechnet." 28. § 101 Abs. 1 Satz 1 erhält folgende Fassung: "Ein zum Richter des Bundesverfassungsgerichts gewählter Beamter oder Richter scheidet vorbehaltlich der Vorschrift des § 70 des Deutschen Richtergesetzes mit der Ernennung aus seinem bisherigen Amt aus." 29. § 102 erhält folgenden Absatz 3: "(3) Bezieht ein früherer Richter des Bundesverfassungsgerichts Dienstbezüge, Emeritenbe-züge oder Ruhegehalt aus einem vor oder während seiner Amtszeit als Bundesverfassungsrichter begründeten Dienstverhältnis als Hochschullehrer, so ruhen neben den Dienstbezügen das Ruhegeld oder das Übergangsgeld aus dem Richteramt insoweit, als sie zusammen das um den nach § 101 Abs. 3 Satz 3 anrechnungsfreien Betrag erhöhte Amtsgehalt übersteigen; neben den Emeritenbezügen oder dem Ruhegehalt aus dem Dienstverhältnis als Hochschullehrer werden das Ruhegehalt oder das Übergangsgeld aus dem Richteramt bis zur Erreichung des Ruhegehalts gewährt, das sich unter Zugrundelegung der gesamten ruhegehaltsfähigen Dienstzeit und des Amtsgehalts zuzüglich des anrechnungsfreien Betrages nach § 101 Abs. 3 Satz 3 ergibt." 30. § 102 Abs. 3 wird Absatz 4 und erhält folgende Fassung: "(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die Hinterbliebenen." 31. § 103 erhält folgende Fassung: "§ 103 Soweit in den §§98 bis 102 nichts anderes bestimmt ist, finden auf die Richter des Bundesverfassungsgerichts die für Bundesrichter geltenden versorgungsrechtlichen Vorschriften Anwendung; Zeiten einer Tätigkeit, die für die Wahrnehmung des Amts des Richters des Bundesverfassungsgerichts dienlich ist, sind Zeiten im Sinne des §116 Abs. 1 Nr. 3 des Bundesbeamtengesetzes. Die versorgungsrechtlichen Entscheidungen trifft der Präsident des Bundesverfassungsgerichts." 32. § 105 Abs. 1 Nr. 1 erhält folgende Fassung: "1. wegen dauernder Dienstunfähigkeit einen Richter des Bundesverfassungsgerichts in den Ruhestand zu versetzen;". Artikel 2 § l Nach § 1 c des Gesetzes über das Amtsgehalt der Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 1964 (Bundesgesetzbl. I S. 133), zuletzt geändert durch Artikel IX des Zweiten Gesetzes zur Neuregelung des Besoldungsrechts vom 14. Mai 1969 (Bundesgesetzbl. I S. 365), wird folgender § 1 d eingefügt: 1768 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1970, Teil I "§ ld Die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts haben das Recht auf freie Benutzung aller Verkehrsmittel der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundespost." § 2 § 47 des Bundesbahngesetzes vom 13. Dezember 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 955), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 6. März 1969 (Bundesgesetzblatt I S. 191), erhält folgenden Absatz 2: "(2) Absatz 1 gilt für die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts entsprechend." §3 § 30 des Postverwaltungsgesetzes vom 24. Juli 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 676), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 26. Dezember 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 1883), erhält folgenden Absatz 2: "(2) Absatz 1 gilt für die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts entsprechend." Artikel 3 Für die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes im Amt befindlichen Richter gilt folgendes: 1. Die Amtszeit der aus der Zahl der Richter an den obersten Gerichtshöfen des Bundes gewählten Richter bestimmt sich nach den vor Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Vorschriften. 2. Die übrigen Richter bleiben bis zum Ende ihrer laufenden Amtszeit im Amt. Sie können vorbehaltlich der Regelung über die Altersgrenze für eine anschließende Amtszeit von zwölf Jahren wiedergewählt werden. Artikel 4 Der Bundesminister der Justiz wird ermächtigt, den Wortlaut des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht in der nunmehr geltenden Fassung mit neuer Paragraphenfolge bekanntzumachen und dabei Unstimmigkeiten des Wortlautes zu beseitigen. Artikel 5 Das Gesetz über den Sitz des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 288) wird aufgehoben. Artikel 6 Soweit das Grundgesetz für das Land Berlin gilt oder die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts durch ein Gesetz Berlins in Übereinstimmung mit diesem Gesetz begründet wird, findet dieses Gesetz auch auf Berlin Anwendung. Artikel 7 Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 21. Dezember 1970 Der Bundespräsident Heinemann Der Bundeskanzler Brandt Der Bundesminister der Justiz Gerhard Jahn