Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1974  Nr. 64 vom 22.06.1974  - Seite 1309 bis 1309 - Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts [zum Fünften Gesetz zur Reform des Strafrechts (5. StrRG)]

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts [zum Fünften Gesetz zur Reform des Strafrechts (5. StrRG)] Bundesgesetzblatt 1309 Teill Z1997A 1974 Ausgegeben zu Bonn am 22. Juni 1974 Nr. 64 Tag Inhalt 22.6.74 Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts [zum Fünften Gesetz zur Reform des Strafrechts (5. StrRG)].................................................................... Seite 1309 Hinweis auf andere Verkündungsblätter Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaften........... 1310 Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts In dem Verfahren über den Antrag der Landesregierung von Baden-Württemberg, durch einstweilige Anordnung das Inkrafttreten des Fünften Strafrechtsreformgesetzes aufzuschieben, hat das Bundesverfassungsgericht durch Urteil vom 21. Juni 1974 — 1 BvQ 4/74 — entschieden: 1. § 218 a Strafgesetzbuch in. der Fassung des Fünften Gesetzes zur Reform des Strafrechts (5. StrRG) vom 18. Juni 1974 (Bundesgesetzbl. I S. 1297) tritt einstweilen nicht in Kraft. 2. § 218 b und § 219 Strafgesetzbuch in der Fassung dieses Gesetzes sind auch auf Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Wochen seit der Empfängnis anzuwenden. Der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt innerhalb der ersten zwölf Wochen seit der Empfängnis vorgenommene Schwangerschaftsabbruch ist nicht nach § 218 Strafgesetzbuch strafbar, wenn an der Schwangeren eine rechtswidrige Tat nach § 176 Strafgesetzbuch (sexueller Mißbrauch von Kindern), § 177 Straf- gesetzbuch (Vergewaltigung) oder § 179 Abs. 1 Strafgesetzbuch (sexueller Mißbrauch Widerstandsunfähiger) vorgenommen worden ist und dringende Gründe für die Annahme sprechen, daß die Schwangerschaft auf der Tat beruht. 3. Ein gerichtlich anhängiges Strafverfahren wegen einer Tat, die nach § 218 a Strafgesetzbuch nicht strafbar wäre, wird bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit dem Grundgesetz ausgesetzt. 4. Eine rechtskräftig verhängte Strafe, die wegen einer Tat verhängt worden ist, die nach § 218 a Strafgesetzbuch nicht strafbar wäre, darf bis zur vorbezeichneten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht vollstreckt werden. Die Entscheidungsformel wird hiermit gemäß Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juni 1974—1 BvQ 4/74 — veröffentlicht. Bonn, den 22. Juni 1974 Der Bundesminister der Justiz In Vertretung Erkel