Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1976  Nr. 28 vom 20.03.1976  - Seite 581 bis 612 - Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung - Strafvollzugsgesetz (StVollzG) -

Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung – Strafvollzugsgesetz (StVollzG) – Bundesgesetzblatt 581 Teill Z1997A 1976 Ausgegeben zu Bonn am 20. März 1976 Nr. 28 Tag Inhalt 16. 3. 76 Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstraie und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung — Strafvollzugsgesetz (StVollzG) —.......................... 300-2, 300-1, 312-2, 450-16, 452-1, 452-3, 316-1, 310-4, 360-1, 368-1, 363-1, 820-1, 821-1, 822-1, 8252-1, 810-1 Seite 581 Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung — Strafvollzugsgesetz (StVollzG) — Vom 16. März 1976 Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: Erster Abschnitt Anwendungsbereich §1 Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Freiheitsstrafe in Justizvollzugsanstalten und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung. Zweiter Abschnitt Vollzug der Freiheitsstrafe Erster Titel Grundsätze §2 Aufgaben des Vollzuges Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Vollzugsziel). Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten. §3 Gestaltung des Vollzuges (1) Das Leben im Vollzug soll den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit als möglich angeglichen werden. (2) Schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges ist entgegenzuwirken. (3) Der Vollzug ist darauf auszurichten, daß er dem Gefangenen hilft, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern. §4 Stellung des Gefangenen (1) Der Gefangene wirkt an der Gestaltung seiner Behandlung und an der Erreichung des Vollzugszieles mit. Seine Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern. (2) Der Gefangene unterliegt den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen seiner Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihm nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerläßlich sind. 582 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1976, Teil I Zweiter Titel Planung des Vollzuges §5 Auf nähme verfahren (1) Beim Aufnähmeverfahren dürfen andere Gefangene nicht zugegen sein. (2) Der Gefangene wird über seine Rechte und Pf 1 ichten unterr ichtet. (3) Nach du \ulnnhnn »ud. itr Gefangene alsbald ärztlich unt i-u( hl und lU in Leiter der \nslalt odei dei Autndluiedbk ilunu \ oig< «-Itdlt Behandlungsuntersuchung. Beteiligung des; Gefangenen (1) Nach dem Udnahniew linhien ^nd damit begonnen, die P< isonlicbki ji and die Lebensverhältnisse des Gelangt nen zu iiior^Llifr Hieivon kann abgesehen \s t uh n w t no ui» ^ nid Rücksicht auf die Vollzugsdciuc i nicht qt huh i« (i *ch< nJ (2) Die InteisLifInnig * >-iTctkt -i<n aui die Umstände, deren Kenntnis hu * ine piamolle Behandlung des Gi fangt n«n im \ tüi/ngt und für die Eingliederung narh m iru r Liiilu--^ mjicji not »endig ist. (3) Die Planung o< i B« 1 m lu ig ^ ird mit. dem Gefangenen erord 11 § 7 Vollzug splcin. (1) Auf Grund der Behandlnngsunfersuchimg ((§ 6) wird, ein Vollzugsplan erstellt. (2) Der Vollzugsplan enthalt Angaben, mindestens über folgende Behandkingsrnaßnahrnen: 1. die Unterbringung im. geschlossenen, oder offenen Vollzug, 2. die Zuweisung zu Wohngruppen. und Behandlungsgruppen, 3. den Arbeitseinsatz sowie Maßnahmen der beruflichen Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung, 4. die Teilnahme an Veranstaltungen der Weiterbildung, 5. besondere Hilfs- und Behandlungsmaßnahmen., 6. Lockerungen des Vollzuges und 7. notwendige Maßnahmen zur Vorbereitung der Entlassung.. (3) Der Vollzugsplan ist mit der Entwicklung des Gefangenen und weiteren. Ergebnissen der Persön-lichkeitserforschung in Einklang zu. halten. Hierfür sind im Vollzugsplan, angemessene Fristen, vorzusehen. § 8 Verlegung. Üfoersteliwng (1) Der Gefangene kann abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere für den Vollzug der Freiheitsstrafe zustandige Anstalt verlegt werden, 1. wenn die Behandlung des Gefangenen oder seine Eingliederung nach der Entlassung hierdurch gefördert wird oder 2. wenn dies aus Gründen der Vollzugsorganisation oder aus anderen wichtigen Gründen erforderlich ist. (2) Der Gefangene darf aus wichtigem Grund in eine andere Vollzugsanstalt überstellt werden. §9 Verlegung in eine sozialtherapeutische Anstalt (1) Ein Gefangener kann in eine sozialtherapeutische Anstalt verlegt werden, wenn die besonderen therapeutischen Mittel und sozialen Hilfen einer solchen Anstalt zu seiner Resozialisierung angezeigt sind. Er kann wieder zurückverlegt werden, wenn mit diesen Mittein und Hilfen dort kein Erfolg erzielt werden kann. (2) Zu. einer Untersuchung, ob die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 vorliegen, kann der Gefangene bis zu drei Monaten in eine sozialtherapeutische Anstalt oder eine sozialtherapeutische Beobachtungsstelle verlegt werden. (3) Die Verlegung bedarf der- Zustimmung des Leiters der sozialtherapeutischen Anstalt. § 10 Offener und geschlossener Vollzug (1) Ein Gefangener soll mit seiner Zustimmung in einer Anstalt oder Abteilung des offenen Vollzuges untergebracht werden, wenn er den besonderen Anforderungen des offenen Vollzuges genügt und namentlich nicht zu befürchten, ist, daß er sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Möglichkeiten des offenen Vollzuges zu Straftaten mißbrauchen werde. (2) Im übrigen sind die Gefangenen im geschlossenen Vollzug unterzubringen. Ein Gefangener kann auch dann im geschlossenen Vollzug untergebracht oder dorthin zurückverlegt werden, wenn dies zu seiner Behandlung notwendig ist. §11 Lockerungen des Vollzuges (1) Als Lockerung des Vollzuges kann namentlich angeordnet werden, daß der Gefangene 1. außerhalb der Anstalt regelmäßig einer Beschäftigung unter Aufsicht (Außenbeschäftigung) oder ohne Aufsicht eines Vollzugsbediensteten (Freigang) nachgehen darf oder 2. für eine bestimmte Tageszeit die Anstalt unter Aufsicht (Ausführung) oder ohne Aufsicht eines Vollzugsbediensteten (Ausgang) verlassen darf. (2) Diese Lockerungen dürfen mit Zustimmung des Gefangenen angeordnet werden, wenn nicht zu befürchten ist, daß der Gefangene sich dem Vollzug der Freiheitsstrafe entziehen oder die Lockerungen des Vollzuges zu Straftaten mißbrauchen werde. Nr. 28 Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. März 1976 583 § 12 Ausführung aus besonderen Gründen Ein Gefangener darf auch ohne seine Zustimmung ausgeführt werden, wenn dies aus besonderen Gründen notwendig ist. § 13 Urlaub aus der Haft (1) Ein Gefangener kann bis zu einundzwanzig Kalendertagen in einem Jahr aus der Haft beurlaubt werden. § 11 Abs. 2 gilt entsprechend. (2) Der Urlaub soll in der Regel erst gewährt werden, wenn der Gefangene sich mindestens sechs Monate im Strafvollzug befunden hat. (3) Ein zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilter Gefangener kann beurlaubt werden, wenn er sich einschließlich einer vorhergehenden Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung zehn Jahre im Vollzug befunden hat oder wenn er in den offenen Vollzug überwiesen ist. (4) Gefangenen, die sich für den offenen Vollzug eignen, aus besonderen Gründen aber in einer geschlossenen Anstalt untergebracht sind, kann nach den für den offenen Vollzug geltenden Vorschriften Urlaub erteilt werden. (5) Durch den Urlaub wird die Strafvollstreckung nicht unterbrochen. § 14 Weisungen, Aufhebung von Lockerungen und Urlaub (1) Der Anstaltsleiter kann dem Gefangenen für Lockerungen und Urlaub Weisungen erteilen. (2) Er kann Lockerungen und Urlaub widerrufen, wenn 1. er auf Grund nachträglich eingetretener Umstände berechtigt wäre, die Maßnahmen zu versagen, 2. der Gefangene die Maßnahmen mißbraucht oder 3. der Gefangene Weisungen nicht nachkommt. Er kann Lockerungen und Urlaub mit Wirkung für die Zukunft zurücknehmen, wenn die Voraussetzungen für ihre Bewilligung nicht vorgelegen haben. § 15 Entlassungsvorbereitung (1) Um die Entlassung vorzubereiten, soll der Vollzug gelockert werden (§ 11). (2) Der Gefangene kann in eine offene Anstalt oder Abteilung (§ 10) verlegt werden, wenn dies der Vorbereitung der Entlassung dient. (3) Innerhalb von drei Monaten vor der Entlassung kann zu deren Vorbereitung Sonderurlaub bis zu einer Woche gewährt werden. § 11 Abs. 2, § 13 Abs. 5 und § 14 gelten entsprechend. (4) Freigängern (§ 11 Abs. 1 Nr. 1) kann innerhalb von neun Monaten vor der Entlassung Sonderurlaub bis zu sechs Tagen im Monat gewährt werden. § 11 Abs. 2, § 13 Abs. 5 und § 14 gelten entsprechend. Absatz 3 Satz 1 findet keine Anwendung. § 16 Entlassungszeitpunkt (1) Der Gefangene soll am letzten Tag seiner Strafzeit möglichst frühzeitig, jedenfalls noch am Vormittag entlassen werden. (2) Fällt das Strafende auf einen Sonnabend oder Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag, den ersten Werktag nach Ostern oder Pfingsten oder in die Zeit vom 22. Dezember bis zum 2. Januar, so kann der Gefangene an dem diesem Tag oder Zeitraum vorhergehenden Werktag entlassen werden, wenn dies nach der Länge der Strafzeit vertretbar ist und fürsorgerische Gründe nicht entgegenstehen. (3) Der Entlassungszeitpunkt kann bis zu zwei Tagen vorverlegt werden, wenn dringende Gründe dafür vorliegen, daß der Gefangene zu seiner Eingliederung hierauf angewiesen ist. Dritter Titel Unterbringung und Ernährung des Gefangenen § 17 Unterbringung während der Arbeit und Freizeit (1) Die Gefangenen arbeiten gemeinsam. Dasselbe gilt für Berufsausbildung, berufliche Fortbildung, Umschulung sowie arbeitstherapeutische und sonstige Beschäftigung während der Arbeitszeit. (2) Während der Freizeit können die Gefangenen sich in der Gemeinschaft mit den anderen aufhalten. Für die Teilnahme an gemeinschaftlichen Veranstaltungen kann der Anstaltsleiter mit Rücksicht auf die räumlichen, personellen und organisatorischen Verhältnisse der Anstalt besondere Regelungen treffen. (3) Die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit kann eingeschränkt werden, 1. wenn ein schädlicher Einfluß auf andere Gefangene zu befürchten ist, 2. wenn der Gefangene nach § 6 untersucht wird, aber nicht länger als zwei Monate, 3. wenn es die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erfordert oder 4. wenn der Gefangene zustimmt. §18 Unterbringung während der Ruhezeit (1) Gefangene werden während der Ruhezeit allein in ihren Hafträumen untergebracht. Eine gemeinsame Unterbringung ist zulässig, sofern ein Gefangener hilfsbedürftig ist oder eine Gefahr für Leben oder Gesundheit eines Gefangenen besteht. (2) Im offenen Vollzug dürfen Gefangene mit ihrer Zustimmung während der Ruhezeit gemeinsam untergebracht werden, wenn eine schädliche Beeinflussung nicht zu befürchten ist. Im geschlossenen 584 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1976, Teil I Vollzug ist eine gemeinschaftliche Unterbringung zur Ruhezeit außer in den Fällen des Absatzes 1 nur vorübergehend und aus zwingenden Gründen zulässig. §19 Ausstattung des Haftraumes durch den Gefangenen und sein persönlicher Besitz (1) Der Gefangene darf seinen Haftraum in angemessenem Umfang mit eigenen Sachen ausstatten. Lichtbilder nahestehender Personen und Erinnerungsstücke von persönlichem Wert werden ihm belassen. (2) Vorkehrungen und Gegenstände, die die Übersichtlichkeit des Haftraumes behindern oder in anderer Weise Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden, können ausgeschlossen werden. §20 Kleidung (1) Der Gefangene trägt Anstaltskleidung. Für die Freizeit erhält er eine besondere Oberbekleidung. (2) Der Anstaltsleiter gestattet dem Gefangenen, bei einer Ausführung eigene Kleidung zu tragen, wenn zu erwarten ist, daß er nicht entweichen wird. Er kann dies auch sonst gestatten, sofern der Gefangene für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel auf eigene Kosten sorgt. § 21 Anstaltsverpflegung Zusammensetzung und Nährwert der Anstaltsverpflegung werden ärztlich überwacht. Auf ärztliche Anordnung wird besondere Verpflegung gewährt. Dem Gefangenen ist zu ermöglichen, Speisevorschriften seiner Religionsgemeinschaft zu befolgen. §22 Einkauf (1) Der Gefangene kann sich von seinem Hausgeld (§ 47) oder von seinem Taschengeld (§ 46) aus einem von der Anstalt vermittelten Angebot Nah-lungs- und Genußmittel sowie Mittel zur Körperpflege kaufen. Die Anstalt soll für ein Angebot sorgen, das auf Wünsche und Bedürfnisse der Gefangenen Rücksicht nimmt. (2) Gegenstände, die die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden, können vom Einkauf ausgeschlossen werden. Auf ärztliche Anordnung kann dem Gefangenen der Einkauf einzelner Nahrungsund Genußmittel ganz oder teilweise untersagt werden, wenn zu befürchten ist, daß sie seine Gesundheit ernsthaft gefährden. In Krankenhäusern und Krankenabteilungen kann, der Einkauf einzelner Nahrungs- und Genußmittel auf ärztliche Anordnung allgemein untersagt oder eingeschränkt werden. (3) Verfügt der Gefangene ohne eigenes Verschulden nicht über Haus- oder Taschengeld, wird ihm gestattet, in angemessenem Umfang vom Eigengeld einzukaufen. Vierter Titel Besuche, Schriftwechsel sowie Urlaub, Ausgang und Ausführung aus besonderem Anlaß §23 Grundsatz Der Gefangene hat das Recht, mit Personen außerhalb der Anstalt im Rahmen der Vorschriften dieses Gesetzes zu verkehren. Der Verkehr mit Personen außerhalb der Anstalt ist zu fördern. §24 Recht auf Besuch (1) Der Gefangene darf regelmäßig Besuch empfangen. Die Gesamtdauer beträgt mindestens eine Stunde im Monat. Das Weitere regelt die Hausordnung. (2) Besuche sollen darüber hinaus zugelassen werden, wenn sie die Behandlung oder Eingliederung des Gefangenen fördern oder persönlichen, rechtlichen oder geschäftlichen Angelegenheiten dienen, die nicht vom Gefangenen schriftlich erledigt, durch Dritte wahrgenommen oder bis zur Entlassung des Gefangenen aufgeschoben werden können. (3) Aus Gründen der Sicherheit kann ein Besuch davon abhängig gemacht werden, daß sich der Besucher durchsuchen läßt. §25 Besuchsverbot Der Anstaltsleiter kann Besuche untersagen, 1. wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde, 2. bei Besuchern, die nicht Angehörige des Gefangenen im Sinne des Strafgesetzbuches sind, wenn zu befürchten ist, daß sie einen schädlichen Einfluß auf den Gefangenen haben oder seine Eingliederung behindern würden. §26 Besuche von Verteidigern, Rechtsanwälten und Notaren Besuche von Verteidigern sowie von Rechtsanwälten oder Notaren in einer den Gefangenen betreffenden Rechtssache sind zu gestatten. § 24 Abs. 3 gilt entsprechend. Eine inhaltliche Überprüfung der vom Verteidiger mitgeführten Schriftstücke und sonstigen Unterlagen ist nicht zulässig. §27 Überwachung der Besuche (1) Die Besuche dürfen aus Gründen der Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt überwacht werden. Die Unterhaltung ist nur dann zu überwachen, wenn es aus diesen Gründen geboten ist. Nr. 28 — Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. März 1976 585 (2) Ein Besuch darf abgebrochen werden, wenn Besucher oder Gefangene gegen die Vorschriften dieses Gesetzes oder die auf Grund dieses Gesetzes getroffenen Anordnungen trotz Abmahnung verstoßen. Die Abmahnung unterbleibt, wenn es unerläßlich ist, den Besuch sofort abzubrechen. (3) Besuche von Verteidigern werden nicht überwacht. (4) Gegenstände dürfen beim Besuch nur mit Erlaubnis übergeben werden. Dies gilt nicht für die bei dem Besuch des Verteidigers übergebenen Schriftstücke und sonstigen Unterlagen sowie für die bei dem Besuch eines Rechtsanwalts oder Notars zur Erledigung einer den Gefangenen betreffenden Rechtssache übergebenen Schriftstücke und sonstigen Unterlagen; bei dem Besuch eines Rechtsanwalts oder Notars kann die Übergabe aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt von der Erlaubnis abhängig gemacht werden. §28 Recht auf Schriftwechsel (1) Der Gefangene hat das Recht, unbeschränkt Schreiben abzusenden und zu empfangen. (2) Der Anstaltsleiter kann den Schriftwechsel mit bestimmten Personen untersagen, 1. wenn die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde, 2. bei Personen, die nicht Angehörige des Gefangenen im Sinne des Strafgesetzbuches sind, wenn zu befürchten ist, daß der Schriftwechsel einen schädlichen Einfluß auf den Gefangenen haben oder seine Eingliederung behindern würde. §29 Überwachung des Schriftwechsels (1) Der Schriftwechsel des Gefangenen mit seinem Verteidiger wird nicht überwacht. (2) Nicht überwacht werden ferner Schreiben des Gefangenen an Volksvertretungen des Bundes und der Länder sowie an deren Mitglieder, soweit die Schreiben an die Anschriften dieser Volksvertretungen gerichtet sind und den Absender zutreffend angeben, sowie an die Europäische Kommission für Menschenrechte, (3) Der übrige Schriftwechsel darf aus Gründen der Behandlung oder der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt überwacht werden. § 30 Weiterleitung von Schreiben. Aufbewahrung (1) Der Gefangene hat Absendung und Empfang seiner Schreiben durch die Anstalt vermitteln zu lassen, soweit nichts anderes gestattet ist. (2) Eingehende und ausgehende Schreiben sind unverzüglich weiterzuleiten, (3) Der Gefangene hat eingehende Schreiben unverschlossen zu verwahren, sofern nichts anderes gestattet wird; er kann sie verschlossen zu seiner Habe geben. §31 Anhalten von Schreiben (1) Der Anstaltsleiter kann Schreiben anhalten, 1. wenn das Ziel des Vollzuges oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde, 2. wenn die Weitergabe in Kenntnis ihres Inhalts einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklichen würde, 3. wenn sie grob unrichtige oder erheblich entstellende Darstellungen von Anstaltsverhältnissen enthalten, 4. wenn sie grobe Beleidigungen enthalten, 5. wenn sie die Eingliederung eines anderen Gefangenen gefährden können oder 6. wenn sie in Geheimschrift, unlesbar, unverständlich oder ohne zwingenden Grund in einer fremden Sprache abgefaßt sind, (2) Ausgehenden Schreiben, die unrichtige Darstellungen enthalten, kann ein Begleitschreiben beigefügt werden, wenn der Gefangene auf der Absendung besteht, (3) Ist ein Schreiben angehalten worden, wird das dem Gefangenen mitgeteilt. Angehaltene Schreiben werden an den Absender zurückgegeben oder, sofern dies unmöglich oder aus besonderen Gründen untunlich ist, behördlich verwahrt. (4) Schreiben, deren Überwachung nach § 29 Abs. 1 und 2 ausgeschlossen ist, dürfen nicht angehalten werden, §32 Ferngespräche und Telegramme Dem Gefangenen kann gestattet werden, Ferngespräche zu führen oder Telegramme aufzugeben. Im übrigen gelten für Ferngespräche die Vorschriften über den Besuch und für Telegramme die Vorschriften über den Schriftwechsel entsprechend, §33 Pakete (1) Der Gefangene darf dreimal jährlich in angemessenen Abständen ein Paket mit Nahrungs- und Genußmitteln empfangen. Die Vollzugsbehörde kann Zeitpunkt und Höchstmengen für die Sendung und für einzelne Gegenstände festsetzen. Der Empfang weiterer Pakete oder solcher mit anderem Inhalt bedarf ihrer Erlaubnis. Für den Ausschluß von Gegenständen gilt § 22 Abs. 2 entsprechend. (2) Pakete sind in Gegenwart des Gefangenen zu öffnen. Ausgeschlossene Gegenstände können zu seiner Habe genommen oder dem Absender zurückgesandt werden. Nicht ausgehändigte Gegenstände, durch die bei der Versendung oder Aufbewahrung Personen verletzt oder Sachschäden verursacht werden können, dürfen vernichtet werden. Die hiernach getroffenen Maßnahmen werden dem Gefangenen eröffnet. (3) Der Empfang von Paketen kann vorübergehend versagt werden, wenn dies wegen Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerläßlich ist. 586 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1976, Teil I (4) Dem Gefangenen kann gestattet werden, Pakete zu versenden. Die Vollzugsbehörde kann ihren Inhalt aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt überprüfen. §34 Verwertung von Kenntnissen (1) Kenntnisse aus der Überwachung der Besuche oder des Schriftwechsels dürfen nur verwertet werden, 1. soweit dies notwendig ist, um die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt zu wahren oder Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zu verhüten, zu unterbinden oder zu verfolgen oder 2. soweit dies aus Gründen der Behandlung geboten ist; der Gefangene soll gehört werden, (2) Die Kenntnisse dürfen nur den zuständigen Vollzugsbediensteten sowie den zuständigen Gerichten und den Behörden mitgeteilt werden, die zuständig sind, Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zu verhüten, zu unterbinden oder zu verfolgen. §35 Urlaub, Ausgang und Ausführung aus wichtigem Anlaß (1) Aus wichtigem Anlaß kann der Anstaltsleiter dem Gefangenen Ausgang gewähren oder ihn bis zu sieben Tagen beurlauben; der Urlaub aus anderem wichtigen Anlaß als wegen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder wegen des Todes eines Angehörigen darf sieben Tage im Jahr nicht übersteigen. § 11 Abs. 2, § 13 Abs. 5 und § 14 gelten entsprechend. (2) Der Urlaub nach Absatz 1 wird nicht auf den regelmäßigen Urlaub angerechnet. (3) Kann Ausgang oder Urlaub aus den in § 11 Abs. 2 genannten Gründen nicht gewährt werden, kann der Anstaltsleiter den Gefangenen ausführen lassen. Die Aufwendungen hierfür hat der Gefangene zu tragen. Der Anspruch ist nicht geltend zu machen, wenn dies die Behandlung oder die Eingliederung behindern würde. §36 Gerichtliche Termine (1) Der Anstaltsleiter kann einem Gefangenen zur Teilnahme an einem gerichtlichen Termin Ausgang oder Urlaub erteilen, wenn anzunehmen ist, daß er der Ladung folgt und keine Entweichungs- oder Mißbrauchsgefahr (§ 11 Abs. 2) besteht. § 13 Abs. 5 und § 14 gelten entsprechend. (2) Wenn ein Gefangener zu einem gerichtlichen Termin geladen ist und Ausgang oder Urlaub nicht gewährt wird, läßt der Anstaltsleiter ihn mit seiner Zustimmung zu dem Termin ausführen, sofern wegen Entweichungs- oder Mißbrauchsgefahr (§ 11 Abs. 2) keine überwiegenden Gründe entgegenstehen. Auf Ersuchen eines Gerichts läßt er den Gefangenen vorführen, sofern ein Vorführungsbefehl vorliegt. (3) Die Vollzugsbehörde unterrichtet das Gericht über das Veranlaßte. Fünfter Titel Arbeit, Ausbildung und Weiterbildung §37 Zuweisung (1) Arbeit, arbeitstherapeutische Beschäftigung, Ausbildung und Weiterbildung dienen insbesondere dem Ziel, Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern. (2) Die Vollzugsbehörde soll dem Gefangenen wirtschaftlich ergiebige Arbeit zuweisen und dabei seine Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen berücksichtigen. (3) Geeigneten Gefangenen soll Gelegenheit zur Berufsausbildung, beruflichen Fortbildung, Umschulung oder Teilnahme an anderen ausbildenden oder weiterbildenden Maßnahmen gegeben werden. (4) Kann einem arbeitsfähigen Gefangenen keine wirtschaftlich ergiebige Arbeit oder die Teilnahme an Maßnahmen nach Absatz 3 zugewiesen werden, wird ihm eine angemessene Beschäftigung zugeteilt. (5) Ist ein Gefangener zu wirtschaftlich ergiebiger Arbeit nicht fähig, soll er arbeitstherapeutisch beschäftigt werden. §38 Unterricht (1) Für geeignete Gefangene, die den Abschluß der Hauptschule nicht erreicht haben, soll Unterricht in den zum Hauptschulabschluß führenden Fächern oder ein der Sonderschule entsprechender Unterricht vorgesehen werden. Bei der beruflichen Ausbildung oder Umschulung ist berufsbildender Unterricht vorzusehen; dies gilt auch für die berufliche Fortbildung, soweit die Art der Maßnahme es erfordert. (2) Unterricht soll während der Arbeitszeit stattfinden. §39 Freies Beschäftigungsverhältnis, Selbstbeschäftigung (1) Dem Gefangenen soll gestattet werden, einer Arbeit, Berufsausbildung, beruflichen Fortbildung oder Umschulung auf der Grundlage eines freien Beschäftigungsverhältnisses außerhalb der Anstalt nachzugehen, wenn dies im Rahmen des Vollzugsplanes dem Ziel dient, Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern und nicht überwiegende Gründe des Vollzuges entgegenstehen. § 11 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und § 14 bleiben unberührt. (2) Dem Gefangenen kann gestattet werden, sich selbst zu beschäftigen. (3) Die Vollzugsbehörde kann verlangen, daß ihr das Entgelt zur Gutschrift für den Gefangenen überwiesen wird. §40 Abschlußzeugnis Aus dem Abschlußzeugnis über eine ausbildende oder weiterbildende Maßnahme darf die Gefangenschaft eines Teilnehmers nicht erkennbar sein. Nr. 28 — Tag der Ausgabe: Bonn» den 20. März 1976 587 §41 Arbeitspflicht (1) Der Gefangene ist verpflichtet, eine ihm zugewiesene, seinen körperlichen Fähigkeiten angemessene Arbeit, arbeitstherapeutische oder sonstige Beschäftigung auszuüben, zu deren Verrichtung er auf Grund seines körperlichen Zu Standes in der Lage ist. Er kann jährlich bis zu drei Monaten zu Hilfstätigkeiten in der Anstalt verpflichtet werden, mit seiner Zustimmung auch darüber hinaus. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Gefangene, die über 65 Jahre alt sind, und nicht für werdende und stillende Mütter, soweit gesetzliche Beschäftigungsverbote zum Schutze erwerbstätiger Mütter bestehen. (2) Die Teilnahme an einer Maßnahme nach § 37 Abs. 3 bedarf der Zustimmung des Gefangenen. Die Zustimmung darf nicht zur Unzeit widerrufen werden. (3) Die Beschäftigung in einem von privaten Unternehmen unterhaltenen Betriebe (§ 149 Abs. 4) bedarf der Zustimmung des Gefangenen. Der Widerruf der Zustimmung wird erst wirksam, wenn der Arbeitsplatz von einem anderen Gefangenen eingenommen werden kann, spätestens nach sechs Wochen. § 42 Freistellung von der Arbeitspflicht (1) Hat der Gefangene ein Jahr lang zugewiesene Tätigkeit nach § 37 oder Hilfstätigkeiten nach § 41 Abs. 1 Satz 2 ausgeübt, so kann er beanspruchen, achtzehn Werktage von der Arbeitspflicht freigestellt zu werden. Zeiten, in denen der Gefangene infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert war, werden auf das Jahr bis zu sechs Wochen jährlich angerechnet. (2) Auf die Zeit der Freistellung wird Urlaub aus der Haft (§§ 13, 35) angerechnet, soweit er in die Arbeitszeit fällt und nicht wegen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder des Todes eines Angehörigen erteilt worden ist. (3) Der Gefangene erhält für die Zeit der Freistellung seine zuletzt gezahlten Bezüge weiter. (4) Urlaubsregelungen der Beschäftigungsverhältnisse außerhalb des Strafvollzuges bleiben unberührt. §43 Arbeitsentgelt (1) übt der Gefangene eine zugewiesene Arbeit, sonstige Beschäftigung oder eine Hilfstätigkeit nach § 41 Abs. 1 Satz 2 aus, so erhält er ein Arbeitsentgelt. Der Bemessung des Arbeitsentgelts ist der in § 200 bestimmte Satz des durchschnittlichen Arbeitsentgelts aller Versicherten der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten ohne Auszubildende des vorvergangenen Kalenderjahres zugrunde zu legen (Eckvergütung). Ein Tagessatz ist der zweihundertfünfzigste Teil der Eckvergütung; das Arbeitsentgelt kann nach einem Stundensatz bemessen werden. (2) Das Arbeitsentgelt kann je nach der Leistung des Gefangenen und der Art der Arbeit gestuft wer- den. 75 vom Hundert der Eckvergütung dürfen nur dann unterschritten werden, wenn die Arbeitsleistungen des Gefangenen den Mindestanforderungen nicht genügen. (3) übt ein Gefangener zugewiesene arbeitstherapeutische Beschäftigung aus, erhält er ein Arbeitsentgelt, soweit dies der Art seiner Beschäftigung und seiner Arbeitsleistung entspricht. (4) Das Arbeitsentgelt ist dem Gefangenen schriftlich bekanntzugeben, §44 Ausbildungsbeihilfe (1) Nimmt der Gefangene an einer Berufsausbildung, Umschulung, beruflichen Fortbildung oder an einem Unterricht teil und ist er zu diesem Zweck von seiner Arbeitspflicht freigestellt, so erhält er eine Ausbildungsbeihilfe, soweit ihm keine Leistungen zum Lebensunterhalt zustehen, die freien Personen aus solchem Anlaß gewährt werden. Der Nachrang der Sozialhilfe nach § 2 Abs. 2 des Bundessozialhilfegesetzes wird nicht berührt. (2) Für die Bemessung der Ausbildungsbeihilfe gilt § 43 Abs. 1 und 2 entsprechend. (3) Nimmt der Gefangene während der Arbeitszeit stunden- oder tageweise am Unterricht oder an anderen zugewiesenen Maßnahmen gemäß § 37 Abs. 3 teil, so erhält er in Höhe des ihm dadurch entgehenden Arbeitsentgelts eine Ausbildungsbeihilfe. §45 Ausfallentschädigung (1) Kann einem arbeitsfähigen Gefangenen aus Gründen, die nicht in seiner Person liegen, länger als eine Woche eine Arbeit oder Beschäftigung im Sinne des § 37 Abs. 4 nicht zugewiesen werden, erhält er eine Ausfallentschädigung. (2) Wird ein Gefangener nach Beginn der Arbeit oder Beschäftigung infolge Krankheit länger als eine Woche an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so erhält er ebenfalls eine Ausfallentschädigung. Gleiches gilt für Gefangene, die eine Ausbildungsbeihilfe nach § 44 oder Ausfallentschädigung nach Absatz 1 bezogen haben. (3) Werdende Mütter, die eine Arbeit oder Beschäftigung im Sinne des § 37 nicht verrichten, erhalten Ausfallentschädigung in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung und bis zum Ablauf von acht Wochen, bei Früh- und Mehrlingsgeburten bis zu zwölf Wochen nach der Entbindung. (4) Die Ausfallentschädigung darf 60 vom Hundert der Eckvergütung nach § 43 Abs. 1 nur dann unterschreiten, wenn der Gefangene das Mindestentgelt des § 43 Abs. 2 vor der Arbeitslosigkeit oder Krankheit nicht erreicht hat. (5) Ausfallentschädigung wird unbeschadet der Regelung nach Absatz 3 insgesamt bis zur Höchstdauer von sechs Wochen jährlich gewährt. Eine 588 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1976, Teil I weitere Ausfallentschädigung wird erst gewährt, wenn der Gefangene erneut wenigstens ein Jahr Arbeitsentgelt oder Ausbildungsbeihilfe bezogen hat. (6) Soweit der Gefangene nach § 566 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung Übergangsgeld erhält, ruht der Anspruch auf Ausfallentschädigung. §46 Taschengeld Wenn ein Gefangener wegen Alters oder Gebrechlichkeit nicht mehr arbeitet oder ihm eine Ausfallentschädigung nicht oder nicht mehr gewährt wird, erhält er ein angemessenes Taschengeld, falls er bedürftig ist. Gleiches gilt für Gefangene, die für eine Beschäftigung nach § 37 Abs. 5 kein Arbeitsentgelt erhalten. §47 Hausgeld (1) Der Gefangene darf von seinen in diesem Gesetz geregelten Bezügen mindestens dreißig Deutsche Mark monatlich (Hausgeld) und das Taschengeld (§ 46) für den Einkauf (§ 22 Abs. 1) oder anderweit verwenden. (2) Der Mindestbetrag des Hausgeldes erhöht sich um jeweils zehn vom Hundert der dreihundert Deutsche Mark übersteigenden monatlichen Bezüge. Die Vollzugsbehörde kann höhere Beträge von der Höhe des Überbrückungsgeldes abhängig machen. (3) Für Gefangene, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (§ 39 Abs. 1) oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen (§ 39 Abs. 2), wird aus ihren Bezügen ein angemessenes Hausgeld festgesetzt. §48 Rechtsverordnung Der Bundesminister der Justiz wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung der §§ 43 bis 45 Rechtsverordnungen über die Vergütungsstufen zu erlassen. § 49 Unterhaltsbeitrag (1) Auf Antrag des Gefangenen ist zur Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht aus seinen Bezügen an den Berechtigten oder einen Dritten ein Unterhaltsbeitrag zu zahlen. (2) Reichen die Einkünfte des Gefangenen nach Abzug des Hausgeldes und des Unterhaltsbeitrages nicht aus, um den Haftkostenbeitrag zu begleichen, so wird ein Unterhaltsbeitrag nur bis zur Höhe des nach § 850 c der Zivilprozeßordnung unpfändbaren Betrages gezahlt. Bei der Bemessung des nach Satz 1 maßgeblichen Betrages wird die Zahl der unterhaltsberechtigten Personen um eine vermindert. §50 Haftkostenbeitrag (1) Von den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und von den Bezügen der Gefangenen, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (§ 39 Abs. 1), darf ein Haftkostenbeitrag in Höhe des Betrages einbehalten werden, der nach § 160 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung durchschnittlich zur Bewertung der Sachbezüge festgesetzt ist. Der Bundesminister der Justiz stellt den Durchschnittsbetrag für jedes Kalenderjahr nach den am 1. Oktober des vorhergehenden Jahres geltenden Bewertungen der Sachbezüge fest und macht ihn im Bundesanzeiger bekannt. Der Haftkostenbeitrag darf auch von dem unpfändbaren Teil der Bezüge, jedoch nicht zu Lasten des Hausgeldes oder des Unterhaltsbeitrages angesetzt werden. (2) Die Selbstbeschäftigung (§ 39 Abs. 2) kann davon abhängig gemacht werden, daß der Gefangene den Haftkostenbeitrag monatlich im voraus entrichtet. §51 Überbrückungsgeld (1) Aus den in diesem Gesetz geregelten Bezügen und aus den Bezügen der Gefangenen, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (§ 39 Abs. 1) oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen (§ 39 Abs. 2), ist ein Überbrückungsgeld zu bilden, das den notwendigen Lebensunterhalt des Gefangenen und seiner Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach seiner Entlassung sichern soll. (2) Das Überbrückungsgeld wird dem Gefangenen bei der Entlassung in die Freiheit ausgezahlt. Die Vollzugsbehörde kann es auch ganz oder zum Teil dem Bewährungshelfer oder einer mit der Entlasse-nenbetreuung befaßten Stelle überweisen, die darüber entscheiden, wie das Geld innerhalb der ersten vier Wochen nach der Entlassung an den Gefangenen ausgezahlt wird. Der Bewährungshelfer und die mit der Entlassenenbetreuung befaßte Stelle sind verpflichtet, das Überbrückungsgeld von ihrem Vermögen gesondert zu halten. Mit Zustimmung des Gefangenen kann das Überbrückungsgeld auch dem Unterhaltsberechtigten überwiesen werden. (3) Der Anstaltsleiter kann gestatten, daß das Überbrückungsgeld für Ausgaben in Anspruch genommen wird, die der Eingliederung des Gefangenen dienen. (4) Der Anspruch auf Auszahlung des Überbrük-kungsgeldes ist unpfändbar. Erreicht es nicht die in Absatz 1 bestimmte Höhe, so ist in Höhe des Unterschiedsbetrages auch der Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes unpfändbar. Bargeld des entlassenen Gefangenen, an den wegen der nach Satz 1 oder Satz 2 unpfändbaren Ansprüche Geld ausgezahlt worden ist, ist für die Dauer von vier Wochen seit der Entlassung insoweit der Pfändung nicht unter- Mr. 28 Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. März 1976 589 worfen, als es dem Teil der Ansprüche für die Zeit von der Pländung bis zum Alllauf der vier Wochen entspricht. (5) Absatz 4 gilt nicht bei einer Pfändung wegen der in § 850 d Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Unterhaltsansprüche. Dem entlassenen Gefangenen ist jedoch so viel zu belassen, als er für seinen notwendigen Unterhalt und zur Erfüllung seiner sonstigen gesetzlichen Unterhaltspflichten für die Zeit von der Pfändung bis zum Ablauf von vier Wochen seit der Entlassung bedarf. §52 Eigengekl Bezüge des Gefangenen, die nicht als Hausgeld, Haftkostenbeitrag, Unterhaltsbeitrag oder Überbrückungsgeld in Anspruch genommen werden, sind dem Gefangenen zum Eigengeld gutzuschreiben. Sechster Titel Religionsausübung §53 Seelsorge (1) Dem Gefangenen darf religiöse Betreuung durch einen Seelsorger seiner Religionsgemeinschaft nicht versagt werden. Auf seinen Wunsch ist ihm zu helfen, mit einem Seelsorger seiner Religionsgemeinschaft in Verbindung zu treten. (2) Der Gefangene darf grundlegende religiöse Schriften besitzen. Sie dürfen ihm nur bei grobem Mißbrauch entzogen werden. (3) Dem Gefangenen sind Gegenstände des religiösen Gebrauchs in angemessenem Umfange zu belassen. §54 Religiöse Veranstaltungen (1) Der Gefangene hat das Recht, am Gottesdienst und an anderen religiösen Veranstaltungen seines Bekenntnisses teilzunehmen. (2) Zu dem Gottesdienst oder zu religiösen Veranstaltungen einer anderen Religionsgemeinschaft wird der Gefangene zugelassen, wenn deren Seelsorger zustimmt. (3) Der Gefangene kann von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten ist; der Seelsorger soll vorher gehört werden. §55 Weltanschauungsgemeinschaften Für Angehörige weltanschaulicher Bekenntnisse gelten die §§ 53 und 54 entsprechend. Siebter Titel Gesundheitsfürsorge §56 Allgemeine Regeln (1) Für die körperliche und geistige Gesundheit des Gefangenen ist zu sorgen. § 101 bleibt unberührt. (2) Der Gefangene hat die notwendigen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene zu unterstützen. §57 Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten Die Gefangenen haben zur Sicherung der Gesundheit Anspruch auf folgende Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten: 1. Frauen von Beginn des dreißigsten Lebensjahres an einmal jährlich auf eine Untersuchung zur Früherkennung von Krebserkrankungen, 2. Männer von Beginn des fünfundvierzigsten Lebensjahres an einmal jährlich auf eine Untersuchung zur Früherkennung von Krebserkrankungen, 3. Frauen für ihre Kinder, die mit ihnen in der Vollzugsanstalt untergebracht sind, bis zur Vollendung des vierten Lebensjahres auf Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten, die eine normale körperliche oder geistige Entwicklung des Kindes im besonderen Maße gefährden. §58 Krankenpflege Der Gefangene erhält Krankenpflege vom Beginn der Krankheit an; sie umfaßt insbesondere 1. ärztliche und zahnärztliche Behandlung, 2. Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heilmitteln und Brillen, 3. Körperersatzstücke, orthopädische und andere Hilfsmittel, 4. Zuschüsse zu den Kosten für Zahnersatz und Zahnkronen oder Übernahme der gesamten Kosten, 5. Belastungserprobung und Arbeitstherapie, soweit die Belange des Vollzuges dem nicht entgegenstehen. §59 Art und Umfang der Leistungen Für die Art der Untersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten sowie für den Umfang der Leistungen zur Früherkennung von Krankheiten und zur Krankenpflege gelten die entsprechenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung und die auf Grund dieser Vorschriften getroffenen Regelungen. §60 Krankenpflege im Urlaub Während eines Urlaubs oder Ausgangs hat der Gefangene gegen die Vollzugsbehörde nur einen Anspruch auf ärztliche Behandlung und Pflege in der für ihn zuständigen Vollzugsanstalt. 590 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1976, Teil I §61 Ausstattung mit Hilfsmitteln Der Gefangene hat Anspruch auf Ausstattung mit Körperersatzslücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die erforderlich sind, um einer drohenden Behinderung vorzubeugen, den Erfolg der Heilbehandlung zu sichern oder eine körperliche Behinderung auszugleichen, sofern dies nicht mit Rücksicht auf die Kürze des Freiheitsentzuges ungerechtfertigt ist. Der Anspruch umfaßt auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung sowie die Ausbildung im Gebrauch der Hilfsmittel, soweit die Belange des Vollzuges dem, n i cht; entgegen steh en. §62 Zuschüsse zu Zahnersatz und Zahnkronen, Die Landes Justiz Verwaltungen, bestim.ra.en durch. allgemeine Verwaltungsvorschriften die Höhe der Zuschüsse zu den Kosten, für Zahnersatz und Zahnkronen. Sie können bestimmen, daß die gesamten Kosten übernommen werden.. § 63 Ärztliche Behandlung zur sozialen Eingliederung Mit Zustimmung des Gefangenen, soll die Vollzugsbehörde ärztliche Behandlung,, namentlich Operationen, oder protheüsche Maßnahmen durchführen lassen, die seine soziale Eingliederung fördern. Er ist an den. Kosten zu beieiligen, wenn dies nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen, gerechtfertigt ist und der Zweck der Behandlung dadurch nicht in Frage gestellt wird. § 64 Aufenthalt im Freien. Arbeitet, ein Gefangener nicht im. Freien, so wird ihm täglich mindestens eine Stunde Aufenthalt im Freien erm.ogl.icht, wenn die Witterung dies zu der festgesetzten Zeit zuläßt.. § 65 Verlegung (1) Ein kranker Gefangener kann. in. ein Anstaltskrankenhaus oder in eine für seine Pflege besser geeignete Vollzugsanslalt verlegt werden. (2) Kann, die Krankheil eines Gefangenen in einer Vollzugsanslalt oder einem. Anstaltskrankenhaus nicht erkannt oder behandelt werden oder ist es nicht möglich, den. Gefangenen rechtzeitig in ein Anstaltskrankenhaus zu. verlegen, ist dieser in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzuges zu bringen. Ist während, des Aufenthalts des Gefangenen in einem Krankenhaus die Strafvollstreckung unterbrochen worden, hat der Versicherte nach den Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung Anspruch auf die erforderlichen Leistungen. § 66 Benachrichtigung bei Erkrankung oder Todesfall (1) Wird ein. Gefangener schwer krank, so ist ein Angehöriger, eine Person seines Vertrauens oder der gesetzliche Vertreter unverzüglich zu benachrichtigen. Dasselbe gilt, wenn ein Gefangener stirbt. (2) Dem Wunsche des Gefangenen, auch andere Personen zu benachrichtigen, soll nach. Möglichkeit entsprochen werden. Achter Titel Freizeit § 67 Allgemeines Der Gefangene erhält Gelegenheit, sich in seiner Freizeit zu beschäftigen. Er soll Gelegenheit erhalten, am Unterricht einschließlich Sport, an Fernunterricht, Lehrgängen und sonstigen Veranstaltungen der Weiterbildung, an. Freizeitgruppen, Gruppengesprächen sowie an. Sportveranstaltungen teilzunehmen, und eine Bücherei zu. benutzen. § 68 Zeitungen und Zeitschriften (1) Der Gefangene darf Zeitungen und Zeitschriften in angemessenem Umfang durch Vermittlung der Anstalt beziehen. (2) Ausgeschlossen sind Zeitungen und Zeitschriften, deren Verbreitung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist. Einzelne Ausgaben oder Teile von Zeitungen oder Zeitschriften können dem Gefangenen vorenthalten werden, wenn sie das Ziel des Vollzuges oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt erheblich gefährden würden. §69 Hörfunk und Fernsehen (1) Der Gefangene kann am Hörfunkprogramm der Anstalt sowie am gemeinschaftlichen Fernsehempfang teilnehmen. Die Sendungen sind so auszuwählen, daß Wünsche und Bedürfnisse nach staatsbürgerlicher Information, Bildung und Unterhaltung angemessen berücksichtigt werden. Der Hörfunk-und Fernsehempfang kann vorübergehend ausgesetzt oder einzelnen Gefangenen untersagt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt unerläßlich Ist. (2) Eigene Hörfunkgeräte werden unter den Voraussetzungen des § -70, eigene Fernsehgeräte nur in begründeten. Ausnahmefällen zugelassen. §70 Besitz von Gegenständen für die Freizeitbeschäftigung (1) Der Gefangene darf in angemessenem Umfange Bücher und andere Gegenstände zur Fortbildung oder zur Freizeitbeschäftigung besitzen. (2) Dies gilt nicht, wenn der Besitz, die Überlassung oder die Benutzung des Gegenstands 1. mit Strafe oder Geldbuße bedroht wäre oder 2. das Ziel des Vollzuges oder die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden würde. Nr. 28 ......Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. März 1976 591 (3) Die Erlaubnis kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 widerrufen werden. Neunter Titel Soziale Hilfe §71 Grundsatz Der Gefangene kann die soziale Hilfe der Anstalt in Anspruch nehmen, um seine persönlichen Schwierigkeiten zu lösen. Die Hilfe soll darauf gerichtet sein, den Gefangenen in die Lage zu versetzen, seine Angelegenheiten selbst zu ordnen und zu regeln. § 72 Hilfe bei der Aufnahme (1) Bei der Aufnahme wird dem Gefangenen geholfen, die notwendigen Maßnahmen für hilfsbedürftige Angehörige zu veranlassen und seine Habe außerhalb der Anstalt sicherzustellen. (2) Der Gefangene ist über die Aufrechterhaltung einer Sozialversicherung zu beraten. §73 Hilfe während des Vollzuges Der Gefangene wird in dem Bemühen unterstützt, seine Rechte und Pflichten wahrzunehmen, namentlich sein Wahlrecht auszuüben sowie für Unterhaltsberechtigte zu sorgen und einen durch seine Straftat verursachten Schaden zu regeln. §74 Hilfe zur Entlassung Um die Entlassung vorzubereiten, ist der Gefangene bei der Ordnung seiner persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten zu beraten. Die Beratung erstreckt sich auch auf die Benennung der für Sozialleistungen zuständigen Stellen. Dem Gefangenen ist. zu helfem, Arbeit, Unterkunft und persönlichen Beistand für die Zeit nach der Entlassung zu finden. §75 Entlassungsbeihilfe (1) Der Gefangene erhält, soweit seine eigenen Mittel nicht ausreichen, von der Anstalt eine Beihilfe zu den Reisekosten sowie eine überbrük-kungsbeihilfe und erforderlichenfalls ausreichende Kleidung. (2) Bei der Bemessung der Höhe der überbrük-kungsbeihilfe sind die Dauer des Freiheitsentzuges, der persönliche Arbeitseinsatz des Gefangenen und die Wirtschaftlichkeit seiner Verfügungen über Eigengeld und Hausgeld während der Strafzeit zu berücksichtigen. § 51 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Die überbrückungsbeihilfe kann ganz oder teilweise auch dem Unterhaltsberechtigten überwiesen werden. (3) Der Anspruch auf Beihilfe zu den Reisekosten und die ausgezahlte Reisebeihilfe sind unpfändbar. Für den Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe und für Bargeld nach Auszahlung einer überbrückungsbeihilfe an den Gefangenen gilt § 51 Abs. 4 Satz 1 und 3, Abs. 5 entsprechend. Zehnter Titel Besondere Vorschriften für den Frauenstrafvollzug §76 Mutterschaftshilfe (1) Bei einer Schwangeren oder einer Gefangenen, die unlängst entbunden hat, ist auf ihren Zustand Rücksicht zu nehmen. Die Vorschriften des Gesetzes zum Schutze der erwerbstätigen Mutter über die Gestaltung des Arbeitsplatzes sind entsprechend anzuwenden. (2) Die Gefangene hat während der Schwangerschaft und nach der Entbindung Anspruch auf ärztliche Betreuung und auf Hebammenhilfe in der Vollzugsanstalt. Zur ärztlichen Betreuung während der Schwangerschaft gehören insbesondere Untersuchungen zur Feststellung der Schwangerschaft sowie Vorsorgeuntersuchungen einschließlich der laborärztlichen Untersuchungen. (3) Zur Entbindung ist die Schwangere in ein Krankenhaus außerhalb des Vollzuges zu bringen. Ist dies aus besonderen Gründen nicht angezeigt, so ist die Entbindung in einer Vollzugsanstalt mit Entbindungsabteilung vorzunehmen. Bei der Entbindung wird Hilfe durch eine Hebamme und, falls erforderlich, durch einen Arzt gewährt. §77 Arznei-, Verband- und Heilmittel Bei Schwangerschaftsbeschwerden und im Zusammenhang mit der Entbindung werden Arznei-, Verband- und Heilmittel geleistet. §78 Art und Umfang der Mutterschaftshilfe Die §§ 59, 60 und 65 gelten für die Leistungen der Mutterschaftshilfe entsprechend. §79 Geburtsanzeige In der Anzeige der Geburt an den Standesbeamten dürfen die Anstalt als Geburtsstätte des Kindes, das Verhältnis des Anzeigenden zur Anstalt und die Gefangenschaft der Mutter nicht vermerkt sein. §80 Mütter mit Kindern (1) Ist das Kind einer Gefangenen noch nicht schulpflichtig, so kann es mit Zustimmung des Inhabers des Aufenthaltsbestimmungsrechts in der Vollzugsanstalt untergebracht werden, in der sich seine 592 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1976, Teil I Mutter befindet, wenn dies seinem Wohle entspricht. Vor der Unterbringung ist das Jugendamt zu hören. (2) Die Unterbringung erfolgt auf Kosten des für das Kind Unterhaltspflichtigen. Von der Geltendmachung des Kostenersätzanspruchs kann abgesehen werden, wenn hierdurch die gemeinsame Unterbringung von Mutter und Kind gefährdet würde. Elfter Titel Sicherheit und Ordnung §81 Grundsatz (2) Eingebrachte Sachen, die der Gefangene nicht in Gewahrsam haben darf, sind für ihn aufzubewahren, sofern dies nach Art und Umfang möglich ist. Geld wird ihm als Eigengeld gutgeschrieben. Dem Gefangenen wird Gelegenheit gegeben, seine Sachen, die er während des Vollzuges und für seine Entlassung nicht benötigt, abzusenden oder über sein Eigengeld zu verfügen, soweit dieses nicht als Überbrückungsgeld notwendig ist. (3) Weigert sich ein Gefangener, eingebrachtes Gut, dessen Aufbewahrung nach Art und Umfang nicht möglich ist, aus der Anstalt zu verbringen, so ist die Vollzugsbehörde berechtigt, diese Gegenstände auf Kosten des Gefangenen aus der Anstalt entfernen zu lassen. (4) Aufzeichnungen und andere Gegenstände, die Kenntnisse über Sicherungsvorkehrungen der Anstalt vermitteln, dürfen von der Vollzugsbehörde vernichtet oder unbrauchbar gemacht werden. (2) Die gewonnenen erkennungsdienstlichen Unterlagen werden zu den Gefangenenpersonalakten genommen. Sie können auch in kriminalpolizeilichen Sammlungen verwahrt werden. (1) Das Verantwortungsbewußtsein des Gefangenen für ein geordnetes Zusammenleben in der Anstalt ist zu wecken und zu fördern. (2) Die Pflichten und Beschränkungen, die dem Gefangenen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt auferlegt werden, sind so zu wählen, daß sie in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Zweck stehen und den Gefangenen nicht mehr und nicht länger als notwendig beeinträchtigen. § 82 Verhaltensvorschriften (1) Der Gefangene hat sich nach der Tageseinteilung der Anstalt (Arbeitszeit, Freizeit, Ruhezeit) zu richten. Er darf durch sein Verhalten gegenüber Vollzugsbediensteten, Mitgefangenen und anderen Personen das geordnete Zusammenleben nicht stören. (2) Der Gefangene hat die Anordnungen der Vollzugsbediensteten zu befolgen, auch wenn er sich durch sie beschwert fühlt. Einen ihm zugewiesenen Bereich darf er nicht ohne Erlaubnis verlassen. (3) Seinen Haftraum und die ihm von der Anstalt überlassenen Sachen hat er in Ordnung zu halten und schonend zu behandeln. (4) Der Gefangene hat Umstände, die eine Gefahr für das Leben oder eine erbebliche Gefahr für die Gesundheit einer Person bedeuten, unverzüglich zu melden. §83 Persönlicher Gewahrsani. Eigengeld (1) Der Gefangene darf nur Sachen in Gewahrsam. haben oder annehmen, die ihm von der Vollzugsbehörde oder mit ihrer Zustimmung überlassen werden. Ohne Zustimmung darf er Sachen von geringem Wert von einem anderen Gefangenen annehmen; die Vollzugsbehörde kann Annahme und Gewahrsam auch dieser Sachen von ihrer Zustimmung abhängig machen. §84 Durchsuchung (1) Der Gefangene, seine Sachen und die Hafträume dürfen durchsucht werden. Bei der Durchsuchung männlicher Gefangener dürfen nur Männer, bei der Durchsuchung weiblicher Gefangener nur Frauen anwesend sein. Das Schamgefühl ist zu schonen. (2) Nur bei Gefahr im Verzuge oder auf Anordnung des Anstaltsleiters im Einzelfall ist es zulässig, eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorzunehmen. Sie muß in einem geschlossenen Raum durchgeführt werden. Andere Gefangene dürfen nicht anwesend sein. (3) Der Anstaltsleiter kann allgemein anordnen, daß Gefangene bei der Aufnahme nach Absatz 2 und nach jeder Abwesenheit von der Anstalt zu durchsuchen sind. §85 Sichere Unterbringung Ein Gefangener kann in eine Anstalt verlegt werden, die zu seiner sicheren Unterbringung besser geeignet ist, wenn in erhöhtem Maße Fluchtgefahr gegeben ist oder sonst sein Verhalten oder sein Zustand eine Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt darstellt. §86 Erkennungsdienstliche Maßnahmen (1) Zur Sicherung des Vollzuges sind als erkennungsdienstliche Maßnahmen zulässig - 1. die Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken, 2. die Aufnahme von Lichtbildern, 3. die Feststellung äußerlicher körperlicher Merkmale, 4. Messungen. Nr. 28 — Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. März 1976 593 (3) Personen, die auf Grund des Absatzes 1 erkennungsdienstlich behandelt worden sind, können nach der Entlassung aus dem Vollzug verlangen, daß die gewonnenen erkennungsdienstlichen Unterlagen vernichtet werden, sobald die Vollstreckung der richterlichen Entscheidung, die dem Vollzug zugrunde gelegen hat, abgeschlossen ist. Sie sind über dieses Recht spätestens bei der Entlassung zu belehren. § 87 Festnahmerecht Ein Gefangener, der entwichen ist oder sich sonst ohne Erlaubnis außerhalb der Anstalt aufhält, kann durch die Vollzugsbehörde oder auf ihre Veranlassung hin festgenommen und in die Anstalt zurückgebracht werden, § 88 Besondere Sicherungsmaßnahmen (1) Gegen einen Gefangenen können besondere Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden, wenn nach seinem Verhalten oder auf Grund seines seelischen Zustandes in erhöhtem Maße Fluchtgefahr oder die Gefahr von Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen oder die Gefahr des Selbstmordes oder der Selbstverletzung besteht. (2) Als besondere Sicherungsmaßnahmen sind zulässig: 1. der Entzug oder die Vorenthaltung von Gegenständen, 2. die Beobachtung bei Nacht, 3. die Absonderung von anderen Gefangenen, 4. der Entzug oder die Beschränkung des Aufenthalts im Freien, 5. die Unterbringung in einem besonders gesicherten Haftraum ohne gefährdende Gegenstände und 6. die Fesselung. (3) Maßnahmen nach Absatz 2 Nr. 1, 3 bis 5 sind auch zulässig, wenn die Gefahr einer Befreiung oder eine erhebliche Störung der Anstaltsordnung anders nicht vermieden oder behoben werden kann. (4) Bei einer Ausführung, Vorführung oder beim Transport ist die Fesselung auch dann zulässig, wenn aus anderen Gründen als denen des Absatzes 1 in erhöhtem Maße Ffuchtgefahr besteht. (5) Besondere Sicherungsmaßnahmen dürfen nur soweit aufrechterhalten werden, als es ihr Zweck erfordert. § 89 Einzelhaft (1) Die unausgesetzte Absonderung eines Gefangenen (Einzelhaft) ist nur zulässig, wenn dies aus Gründen, die in der Person des Gefangenen liegen, unerläßlich ist. (2) Einzelhaft von mehr als drei Monaten Gesamtdauer in einem Jahr bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. Diese Frist wird nicht dadurch unterbrochen, daß der Gefangene am Gottesdienst oder an der Freistunde teilnimmt. § 90 Fesselung In der Regel dürfen Fesseln nur an den Händen oder an den Füßen angelegt werden. Im Interesse des Gefangenen kann der Anstaltsleiter eine andere Art der Fesselung anordnen. Die Fesselung wird zeitweise gelockert, soweit dies notwendig ist. § 91 Anordnung besonderer Sicherungsmaßnahmen (1) Besondere Sicherungsmaßnahmen ordnet der Anstaltsleiter an. Bei Gefahr im Verzuge können auch andere Bedienstete der Anstalt diese Maßnahmen vorläufig anordnen. Die Entscheidung des Anstaltsleiters ist unverzüglich einzuholen. (2) Wird ein Gefangener ärztlich behandelt oder beobachtet oder bildet sein seelischer Zustand den Anlaß der Maßnahme, ist vorher der Arzt zu hören. Ist dies wegen Gefahr im Verzuge nicht möglich, wird seine Stellungnahme unverzüglich eingeholt. § 92 Ärztliche Überwachung (1) Ist ein Gefangener in einem besonders gesicherten Haftraum untergebracht oder gefesselt (§ 88 Abs. 2 Nr. 5 und 6), so sucht ihn der Anstaltsarzt alsbald und in der Folge möglichst täglich auf. Dies gilt nicht bei einer Fesselung während einer Ausführung, Vorführung oder eines Transportes (§ 88 Abs. 4). (2) Der Arzt ist regelmäßig zu hören, solange einem Gefangenen der tägliche Aufenthalt im Freien entzogen wird. § 93 Ersatz von Aufwendungen (1) Der Gefangene ist verpflichtet, der Vollzugsbehörde Aufwendungen zu ersetzen, die er durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Selbstverletzung oder Verletzung eines anderen Gefangenen verursacht hat. Ansprüche aus sonstigen Rechtsvorschriften bleiben unberührt. (2) Bei der Geltendmachung dieser Forderungen kann auch der den Mindestbetrag übersteigende Teil des Hausgeldes-(§ 47) in Anspruch genommen werden. (3) Für die in Absatz 1 genannten Forderungen ist der ordentliche Rechtsweg gegeben, (4) Von der Aufrechnung oder Vollstreckung wegen der in Absatz 1 genannten Forderungen ist abzusehen, wenn hierdurch die Behandlung des Gefangenen oder seine Eingliederung behindert würde. 594 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1976, Teil I Zwölfter Titel Unmittelbarer Zwang § 94 Allgemeine Voraussetzungen (1) Bedienstete der Justizvollzugsanstalten dürfen unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sie Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen rechtmäßig durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann. (2) Gegen andere Personen als Gefangene darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Gefangene zu befreien oder in den Anstaltsbereich widerrechtlich einzudringen, oder wenn sie sich unbefugt darin aufhalten. (3) Das Recht zu unmittelbarem Zwang auf Grund anderer Regelungen bleibt unberührt. § 95 Begriffsbestimmungen (1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen. (2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen. (3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind namentlich Fesseln. (4) Waffen sind die dienstlich zugelassenen Hiebund Schußwaffen sowie Reizstoffe. § 96 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (1) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges sind diejenigen zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen. (2) Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht. § 97 Handeln auf Anordnung (1) Wird unmittelbarer Zwang von einem Vorgesetzten oder einer sonst befugten Person angeordnet, sind Vollzugsbedienstete verpflichtet, ihn anzuwenden, es sei denn, die Anordnung verletzt die Menschenwürde oder ist nicht zu dienstlichen Zwecken erteilt worden. (2) Die Anordnung darf nicht befolgt werden, wenn dadurch eine Straftat begangen würde. Befolgt der Vollzugsbedienstete sie trotzdem, trifft ihn eine Schuld nur, wenn er erkennt oder wenn es nach den ihm bekannten Umständen offensichtlich ist, daß dadurch eine Straftat begangen wird. (3) Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Anordnung hat der Vollzugsbedienstete dem Anordnenden gegenüber vorzubringen, soweit das nach den Umständen möglich ist. Abweichende Vor- schriften des allgemeinen Beamtenrechts über die Mitteilung solcher Bedenken an einen Vorgesetzten (§ 38 Abs. 2 und 3 des Beamtenrechtsrahmengesetzes) sind nicht anzuwenden. § 98 Androhung Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Die Androhung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder unmittelbarer Zwang sofort angewendet werden muß, um eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, zu verhindern oder eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden. § 99 Allgemeine. Vorschriften für den Schußwaff engebrauch (1) Schußwaffen dürfen nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges bereits erfolglos waren oder keinen Erfolg versprechen. Gegen Personen ist ihr Gebrauch nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch Waffenwirkung gegen Sachen erreicht wird. (2) Schußwaffen dürfen nur die dazu bestimmten Vollzugsbediensteten gebrauchen und nur, um an-griffs- oder fluchtunfähig zu machen. Ihr Gebrauch unterbleibt, wenn dadurch erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet würden. (3) Der Gebrauch von Schußwaffen ist vorher anzudrohen. Als Androhung gilt auch ein Warnschuß. Ohne Androhung dürfen Schußwaffen nur dann gebraucht werden, wenn das zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist. § 100 Besondere Vorschriften für den Schußwaffengebrauch (1) Gegen Gefangene dürfen Schußwaffen gebraucht werden, 1. wenn sie eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug trotz wiederholter Aufforderung nicht ablegen, 2. wenn sie eine Meuterei (§ 121 des Strafgesetzbuches) unternehmen oder 3. um ihre Flucht zu vereiteln oder um sie wieder-zuergreifen. Um die Flucht aus einer offenen Anstalt zu vereiteln, dürfen keine Schußwaffen gebraucht werden. (2) Gegen andere Personen dürfen Schußwaffen gebraucht werden, wenn sie es unternehmen, Gefangene gewaltsam zu befreien oder gewaltsam in eine Anstalt einzudringen. § 101 Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge (1) Medizinische Untersuchung und Behandlung sowie Ernährung sind zwangsweise nur bei Lebensgefahr, bei schwerwiegender Gefahr für die Gesund- Nr. 28 -— Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. März 1978 595 heil, des Gefangenen oder bei Gefahr für die Gesundheit anderer Personen /ulässig; die Maßnahmen müssen für die Beteiligten zumutbar und dürfen nicht mit erheblicher Gefahr für Leben oder Gesundheit des Gefangenen verbunden sein. Zur Durchführung der Maßnahmen ist die Vollzugsbehörde nicht verpflichtet, solange von einer freien Willensbestimmung des Gefangenen ausgegangen werden kann, es sei denn, es besteht akute Lebensgefahr. (2) Zum Gesundheitsschutz und zur Hygiene ist die zwangsweise körperliche Untersuchung außer im Falle des Absatzes 1 zulässig, wenn sie nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist. (3) Die Maßnahmen dürfen nur auf Anordnung und unter Leitung eines Arztes durchgeführt werden, unbeschadet der Leistung erster Hilfe für den Fall, daß ein Arzt nicht rechtzeitig erreichbar und mit einem Aufschub Lebensgefahr verbunden ist. Dreizehnter Titel Disziplinarmaßnahmen § 102 Voraussetzungen (1) Verstößt ein Gefangener schuldhaft gegen Pflichten, die ihm durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes auferlegt sind, kann der Anstaltsleiter gegen ihn Disziplinarmaßnahmen anordnen. (2) Von einer Disziplinarmaßnahme wird abgesehen, wenn es genügt, den Gefangenen zu verwarnen. (3) Eine Disziplinarmaßnahme ist auch zulässig, wenn wegen derselben Verfehlung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird. § 103 Arten der Disziplinarmaßnahmen (1) Die zulässigen Disziplinarmaßnahmen sind: 1. Verweis, 2. die Beschränkung oder der Entzug der Verfügung über das Hausgeld und des Einkaufs bis zu drei Monaten, 3. die Beschränkung oder der Entzug des Lesestoffs bis zu zwei Wochen sowie des Hörfunk- und Fernsehempfangs bis zu drei Monaten; der gleichzeitige Entzug jedoch nur bis zu zwei Wochen, 4. die Beschränkung oder der Entzug der Gegenstände für eine Beschäftigung in der Freizeit oder der Teilnahme an gemeinschaftlichen Veranstaltungen bis zu drei Monaten, 5. die getrennte Unterbringung während der Freizeit bis zu vier Wochen, 6. der Entzug des täglichen Aufenthalts im Freien bis zu einer Woche, 7. der Entzug der zugewiesenen Arbeit oder Beschäftigung bis zu vier Wochen unter Wegfall der in diesem Gesetz geregelten Bezüge, 8. die Beschränkung des Verkehrs mit Personen außerhalb der Anstalt auf dringende Fälle bis zu drei Monaten, 9. Arrest bis zu vier Wochen. (2) Arrest darf nur wegen schwerer oder mehrfach wiederholter Verfehlungen verhängt werden. (3) Mehrere Disziplinarmaßnahmen können miteinander verbunden werden. (4) Die Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 3 bis 8 sollen möglichst nur angeordnet werden, wenn die Verfehlung mit den zu beschränkenden oder zu entziehenden Befugnissen im Zusammenhang steht. Dies gilt nicht bei einer Verbindung mit Arrest. § 104 Vollzug der Disziplinarmaßnahmen. Aussetzung zur Bewährung (1) Disziplinarmaßnahmen werden in der Regel sofort vollstreckt. (2) Eine Disziplinarmaßnahme kann ganz oder teilweise bis zu sechs Monaten zur Bewährung ausgesetzt werden. (3) Wird die Verfügung über das Hausgeld beschränkt oder entzogen, ist das in dieser Zeit anfallende Hausgeld dem Überbrückungsgeld hinzuzurechnen. (4) Wird der Verkehr des Gefangenen mit Personen außerhalb der Anstalt eingeschränkt, ist ihm Gelegenheit zu geben, dies einer Person, mit der er im Schriftwechsel steht oder die ihn zu besuchen pflegt, mitzuteilen. Der Schriftwechsel mit den in § 29 Abs. 1 und 2 genannten Empfängern, mit Gerichten und Justizbehörden in der Bundesrepublik sowie mit Rechtsanwälten und Notaren in einer den Gefangenen betreffenden Rechtssache bleibt unbeschränkt. (5) Arrest wird in Einzelhaft vollzogen. Der Gefangene kann in einem besonderen Arrestraum untergebracht werden, der den Anforderungen entsprechen muß, die an einen zum Aufenthalt bei Tag und Nacht bestimmten Haftraum gestellt werden. Soweit nichts anderes angeordnet wird, ruhen die Befugnisse des Gefangenen aus den §§19, 20, 22, 37, 38, 68 bis 70. § 105 Disziplinarbefugnis (1) Disziplinarmaßnahmen ordnet der Anstaltsleiter an. Bei einer Verfehlung auf dem Wege in eine andere Anstalt zum Zwecke der Verlegung ist der Leiter der Bestimmungsanstalt zuständig. (2) Die Aufsichtsbehörde entscheidet, wenn sich die Verfehlung des Gefangenen gegen den Anstaltsleiter richtet. 596 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1976, Teil I (3) Disziplinarmaßnahmen, die gegen einen Gefangenen in einer anderen Vollzugsanstalt oder während einer Untersuchungshaft angeordnet worden sind, werden auf Ersuchen vollstreckt. § 104 Abs. 2 bleibt unberührt. § 106 Verfahren (1) Der Sachverhalt ist zu klären. Der Gefangene wird gehört. Die Erhebungen werden in einer Niederschrift festgelegt; die Einlassung des Gefangenen wird vermerkt. (2) Bei schweren Verstößen soll der Anstaltsleiter sich vor der Entscheidung in einer Konferenz mit Personen besprechen, die bei der Behandlung des Gefangenen mitwirken. Vor der Anordnung einer Disziplinarmaßnahme gegen einen Gefangenen, der sich in ärztlicher Behandlung befindet, oder gegen eine Schwangere oder eine stillende Mutter ist der Anstaltsarzt zu hören. (3) Die Entscheidung wird dem Gefangenen vom Anstaltsleiter mündlich eröffnet und mit einer kurzen Begründung schriftlich abgefaßt. § 107 Mitwirkung des Arztes (1) Bevor der Arrest vollzogen wird, ist der Arzt zu hören. Während des Arrestes steht der Gefangene unter ärztlicher Aufsicht. (2) Der Vollzug des Arrestes unterbleibt oder wird unterbrochen, wenn die Gesundheit des Gefangenen gefährdet würde. Vierzehnter Titel Rechtsbehelfe § 108 Beschwerderecht (1) Der Gefangene erhält Gelegenheit, sich mit Wünschen, Anregungen und Beschwerden in Angelegenheiten, die ihn selbst betreffen, an den Anstaltsleiter zu wenden. Regelmäßige Sprechstunden sind einzurichten. (2) Besichtigt ein Vertreter der Aufsichtsbehörde die Anstalt, so ist zu gewährleisten, daß ein Gefangener sich in Angelegenheiten, die ihn selbst betreffen, an ihn wenden kann. (3) Die Möglichkeit der Dienstaufsichtsbeschwerde bleibt unberührt. § 109 Antrag auf gerichtliche Entscheidung (1) Gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiete des Strafvollzuges kann gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Mit dem Antrag kann auch die Verpflichtung zum Erlaß einer abgelehnten oder unterlassenen Maßnahme begehrt werden. (2) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. (3) Das Landesrecht kann vorsehen, daß der Antrag erst nach vorausgegangenem Verwaltungsvorverfahren gestellt werden kann. § HO Zuständigkeit über den Antrag entscheidet die Strafvollstrekkungskammer, in deren Bezirk die beteiligte Vollzugsbehörde ihren Sitz hat. Durch die Entscheidung in einem Verwaltungsvorverfahren nach § 109 Abs. 3 ändert sich die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer nicht. § Hl Beteiligte (1) Beteiligte des gerichtlichen Verfahrens sind 1. der Antragsteller, 2. die Vollzugsbehörde, die die angefochtene Maßnahme angeordnet oder die beantragte abgelehnt oder unterlassen hat. (2) In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht oder dem Bundesgerichtshof ist Beteiligte nach Absatz 1 Nr. 2 die zuständige Aufsichtsbehörde. § 112 Antragsfrist. Wiedereinsetzung (1) Der Antrag muß binnen zwei Wochen nach Zustellung oder schriftlicher Bekanntgabe der Maßnahme oder ihrer Ablehnung schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Gerichts gestellt werden. Soweit ein Verwaltungsvorverfahren (§ 109 Abs. 3) durchzuführen ist, beginnt die Frist mit der Zustellung oder schriftlichen Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides. (2) War der Antragsteller ohne Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. (3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden. (4) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag auf Wiedereinsetzung unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war. § 113 Vornahmeantrag (1) Wendet sich der Antragsteller gegen das Unterlassen einer Maßnahme, kann der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht vor Ablauf von drei Nr. 28 —- Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. März 1976 597 Monaten seil, dem Antrag auf Vornahme der Maßnahme gestellt werden, es sei denn, daß eine frühere Anrufung des Gerichts wegen besonderer Umstände des Falles geboten ist. (2) Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß die beantragte Maßnahme noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus. Die Frist kann verlängert werden. Wird die beantragte Maßnahme in der gesetzten Frist erlassen, so ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. (3) Der Antrag nach Absatz 1 ist nur bis zum Ablauf eines Jahres seit der Stellung des Antrags auf Vornahme der Maßnahme zulässig, außer wenn die Antragstellung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder unter den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles unterblieben ist. § H4 Aussetzung der Maßnahme (1) Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung. (2) Das Gericht kann den Vollzug der angefochtenen Maßnahme aussetzen, wenn die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird und ein höher zu bewertendes Interesse an dem sofortigen Vollzug nicht entgegensteht. Das Gericht kann auch eine einstweilige Anordnung erlassen; § 123 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden. Die Entscheidungen sind nicht anfechtbar; sie können vom Gericht jederzeit geändert oder aufgehoben werden. (3) Der Antrag auf eine Entscheidung nach Absatz 2 ist schon vor Stellung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung zulässig. § 115 Gerichtliche Entscheidung (1) Das Gericht entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. (2) Soweit die Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht die Maßnahme und, soweit ein Verwaltungsvorverfahren vorhergegangen ist, den Widerspruchsbescheid auf. Ist die Maßnahme schon vollzogen, kann das Gericht auch aussprechen, daß und wie die Vollzugsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat, soweit die Sache spruchreif ist. (3) Hat sich die Maßnahme vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, spricht das Gericht auf Antrag aus, daß die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. (4) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung der Maßnahme rechtswidrig und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Ge- richt die Verpflichtung der Vollzugsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Anderenfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. (5) Soweit die Vollzugsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. § 116 Rechtsbeschwerde (1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. (2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist. (3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend. (4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. § 117 Zuständigkeit für die Rechtsbeschwerde über die Rechtsbeschwerde entscheidet ein Strafsenat des Oberlandesgerichts, in dessen Bezirk die Strafvollstreckungskammer ihren Sitz hat. •§ 118 Form. Frist. Begründung (1) Die Rechtsbeschwerde muß bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, binnen eines Monats nach Zustellung der gerichtlichen Entscheidung eingelegt werden. In dieser Frist ist außerdem die Erklärung abzugeben, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Aufhebung beantragt wird. Die Anträge sind zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob die Entscheidung wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden. (3) Der Antragsteller als Beschwerdeführer kann dies nur in einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle tun. 598 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1976, Teil I § 119 Entscheidung über die Rechtsbeschwerde (1) Der Strafsenat entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. (2) Seiner Prüfung unterliegen nur die Beschwerdeanträge und, soweit die Rechtsbeschwerde auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur die Tatsachen, die in der Begründung der Rechtsbeschwerde bezeichnet worden sind. (3) Der Beschluß, durch den die Beschwerde verworfen wird, bedarf keiner Begründung, wenn der Strafsenat, die Beschwerde einstimmig für unzulässig oder für offensichtlich unbegründet erachtet. (4) Soweit die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet wird, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Der Strafsenat kann an Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheiden, wenn die Sache spruchreif ist. Sonst ist die Sache zur neuen Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen. (5) Die Entscheidung des Strafsenats ist endgültig. § 120 Entsprechende Anwendung anderer Vorschriften (1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, sind die Vorschriften der Strafprozeßordnung entsprechend anzuwenden. (2) Auf die Bewilligung des Armenrechts sind die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. § 121 Kosten des Verfahrens (1) In der das Verfahren abschließenden Entscheidung ist zu bestimmen, von wem die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen zu tragen sind. (2) Soweit der Antragsteller unterliegt oder seinen Antrag zurücknimmt, trägt er die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen. Hat sich die Maßnahme vor einer Entscheidung nach Absatz t in anderer Weise als durch Zurücknahme des Antrags erledigt, so entscheidet das Gericht über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen nach billigern Ermessen. (3) Absatz 2 Satz 2 gilt nicht im Falle des § 115 Abs. 3. (4) Im. übrigen gelten die §§ 464 bis 473 der Strafprozeßordnung entsprechend. Fünfzehnter Titel Strafvollstreckung und Untersuchungshaft § 122 Wird Untersuchungshaft zum Zwecke der Strafvollstreckung unterbrochen oder wird gegen, einen Strafgefangenen in anderer Sache Untersuchungshaff angeordnet, so unterliegt der Gefangene ab- weichend von § 4 Abs. 2 auch denjenigen Beschränkungen seiner Freiheit, die der Zweck der Untersuchungshaft erfordert. Die notwendigen Maßnahmen ordnet der nach § 126 der Strafprozeßordnung zuständige Richter an. § 119 Abs. 6 Satz 2 und 3 der Strafprozeßordnung gilt entsprechend. Dritter Abschnitt Besondere Vorschriften über den Vollzug der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung Erster Titel Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt § 123 Ziel der Behandlung Die besonderen therapeutischen Mittel und sozialen Hilfen der sozialtherapeutischen Anstalt sowie die nachgehende Betreuung durch Fachkräfte sollen den Untergebrachten befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. § 124 Anwendung anderer Vorschriften Für die Unterbringung in der sozialtherapeutischen Anstalt gelten die Vorschriften für den Vollzug der Freiheitsstrafe (§§2 bis 122) entsprechend, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist. § 125 Aufnahme auf freiwilliger Grundlage (1) In die Anstalt kann ein früherer Untergebrachter auf seinen Antrag vorübergehend wiederaufgenommen werden, wenn das Ziel seiner Behandlung erneut gefährdet und ein Aufenthalt in der Anstalt aus diesem Grunde gerechtfertigt ist. Die Aufnahme ist jederzeit widerruflich. (2) Gegen den Aufgenommenen dürfen Maßnahmen des Vollzuges nicht mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden. (3) Auf seinen Antrag ist der Aufgenommene unverzüglich zu entlassen. (4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für frühere Strafgefangene, die nach ihrer Verlegung (§ 9) aus der sozialtherapeutischen Anstalt entlassen worden sind. § 126 Urlaub zur Vorbereitung der Entlassung (1) Der Anstaltsleiter kann dem Untergebrachten oder einem nach § 9 in die sozialtherapeutische Anstalt verlegten Strafgefangenen zur Vorbereitung der Entlassung Sonderurlaub bis zu sechs Monaten erteilen. Nr. 28 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. März 1976 599 (2) Dem Beurlaubten sollen für den Urlaub Weisungen erteilt werden. Er kann insbesondere angewiesen werden, sich der Betreuung einer Fachkraft der Anstalt oder einer von der Anstalt bestimmten ßetreuungsperson zu unterstellen und in bestimmten Abständen für kurze Zeit in die Anstalt zurückzukehren. (3) Der Anstaltsleiter widerruft den Urlaub, wenn sich in dieser Zeit wegen des Zustandes des Beurlaubten ergibt, daß sein erneuter Aufenthalt in der Anstalt für die Behandlung notwendig ist. § 127 Ausstattung (1) Die Zahl der Fachkräfte für die .sozialtherapeutische Anstalt ist so zu bemessen, daß auch eine nachgehende Betreuung der Untergebrachten gewährleistet ist. (2) Den Anstalten sollen Heime für beurlaubte, bedingt entlassene und andere ehemalige Untergebrachte angegliedert werden. § 128 Sozialtherapeutische Behandlung in Frauenanstalten Die Unterbringung einer Frau in der sozialtherapeutischen Anstalt kann in einer für den Vollzug der Freiheitsstrafe bestimmten Frauenanstalt durchgeführt werden, wenn die Anstalt für die sozial-therapeutische Behandlung eingerichtet ist. Zweiter Titel Sicherlings Verwahrung § 129 Ziel der Unterbringung Der Sicherungsverwahrte wird zum Schutz der Allgemeinheit sicher untergebracht. Ihm soll geholfen werden, sich in das Leben in Freiheit einzugliedern. § 130 Anwendung anderer Vorschriften Für die Sicherungsverwahrung gelten die Vorschriften über den Vollzug der Freiheitsstrafe (§§ 3 bis 122) entsprechend, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist. § 131 Ausstattung Die Ausstattung der Sicherungsanstalten, namentlich der Hafträume, und besondere Maßnahmen zur Förderung und Betreuung sollen dem Untergebrachten helfen, sein Leben in der Anstalt sinnvoll zu gestalten, und ihn vor Schäden eines langen Freiheitsentzuges bewahren. Seinen persönlichen Bedürfnissen ist nach Möglichkeit Rechnung zu tragen. § 132 Kleidung Der Untergebrachte darf eigene Kleidung, Wäsche und eigenes Bettzeug benutzen, wenn Gründe der Sicherheit nicht entgegenstehen und der Untergebrachte für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel auf eigene Kosten sorgt. § 133 Selbstbeschäftigung. Taschengeld (1) Dem Untergebrachten wird gestattet, sich gegen Entgelt selbst zu beschäftigen, wenn dies dem Ziel dient, Fähigkeiten für eine Erwerbstätigkeit nach der Entlassung zu vermitteln, zu erhalten oder zu fördern. (2) Das Taschengeld (§ 46) darf dreißig Deutsche Mark im Monat nicht unterschreiten. § 134 Entlassungsvorbereitung Um die Entlassung zu erproben und vorzubereiten, kann der Vollzug gelockert und Sonderurlaub bis zu einem Monat gewährt werden. § 135 Sicherungsverwahrung in Frauenanstalten Die Sicherungsverwahrung einer Frau kann auch in einer für den Vollzug der Freiheitsstrafe bestimmten Frauenanstalt durchgeführt werden, wenn diese Anstalt für die Sicherungsverwahrung eingerichtet ist. Dritter Titel Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt § 136 Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus Die Behandlung des Untergebrachten in einem psychiatrischen Krankenhaus richtet sich nach ärztlichen Gesichtspunkten. Soweit möglich, soll er geheilt oder sein Zustand soweit gebessert werden, daß er nicht mehr gefährlich ist. Ihm wird die nötige Aufsicht, Betreuung und Pflege zuteil. §137 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt Ziel der Behandlung des Untergebrachten in einer Entziehungsanstalt ist es, ihn von seinem Hang zu heilen und die zugrunde liegende Fehlhaltung zu beheben. § 138 Anwendung anderer Vorschriften Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt richtet sich nach Landesrecht, soweit Bundesgesetze nichts anderes bestimmen. 600 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1976, Teil I Vierter Abschnitt Vollzugsbehörden Erster Titel Arten und Einrichtung der Justizvollzugsanstalten § 139 Justizvollzugsanstalten Die Freiheitsstrafe sowie die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen. Anstalt und in der Sicherungsverwahrung werden in Anstalten der Landesjustiz verwaltungeil (Justizvollzugsanstalten) vollzogen, § 140 Trennung des Vollzuges (1) Die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt wird in von übrigen Vollzugsanstalten getrennten Anstalten vollzogen, Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung wird in getrennten Anstalten oder in getrennten Abteilungen einer für den Vollzug der Freiheitsstrafe bestimmten Vollzugsanstall vollzogen.. (2) Frauen sind getrennt von Männern in besonderen Frauenanstalten unterzubringen. Aus besonderen Gründen können für Frauen getrennte Abteilungen in Anstalten für Männer vorgesehen werden. (3) Von der getrennten Unterbringung nach den Absätzen 1 und 2 darf abgewichen werden, um dem Gefangenen die Teilnahme an Behandlungsmaßnahmen in einer anderen Anstalt oder in einer anderen Abteilung zu ermöglichen.. § 141 Differenzierung (1) Für den Vollzug der Freiheitsstrafe sind Haftplätze vorzusehen in verschiedenen Anstalten oder Abteilungen, in denen eine auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Gefangenen abgestimmte Behandlung gewährleistet ist. (2) Anstalten des geschlossenen Vollzuges sehen eine sichere Unterbringung vor, Anstalten des offenen Vollzuges keine oder nur verminderte Vorkehrungen gegen Entweichungen. § 142 Einrichtungen für Mütter mit Kindern In Anstalten für Frauen sollen Einrichtungen vorgesehen werden, in denen Mütter mit ihren Kindern untergebracht werden können. § 143 Größe und Gestaltung der Anstalten (1) Justizvollzugsanstalten sind so zu gestalten, daß eine auf die Bedürfnisse des einzelnen abgestellte Behandlung gewährleistet ist. (2) Die Vollzugsanstalten sind, so zu gliedern, daß die Gefangenen in überschaubaren Betreuungs- und Behandlungsgruppen zusammengefaßt werden können. (3) Die für sozialtherapeutische Anstalten und für Justizvollzugsanstalten für Frauen vorgesehene Belegung soll zweihundert Plätze nicht übersteigen. § 144 Größe und Ausgestaltung der Räume (1) Räume für den Aufenthalt während der Ruhe-und Freizeit sowie Gemeinschafts- und Besuchsräume sind wohnlich oder sonst ihrem Zweck entsprechend auszugestalten. Sie müssen hinreichend Luftinhalt haben und für eine gesunde Lebensführung ausreichend mit Heizung und Lüftung, Boden-und Fensterfläche ausgestattet sein. (2) Der Bundesminister der Justiz wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Näheres über den Luftinhalt, die Lüftung, die Boden- und Fensterfläche sowie die Heizung und Einrichtung der Räume zu bestimmen. § 145 Festsetzung der Belegungsfähigkeit Die Aufsichtsbehörde setzt die Belegungsfähigkeit für jede Anstalt so fest, daß eine angemessene Unterbringung während der Ruhezeit (§ 18) gewährleistet ist. Dabei ist zu berücksichtigen, daß eine ausreichende Anzahl von Plätzen für Arbeit, Ausbildung und Weiterbildung sowie von Räumen für Seelsorge, Freizeit, Sport, therapeutische Maßnahmen und Besuche zur Verfügung steht. § 146 Verbot der Überbelegung (1) Hafträume dürfen nicht mit mehr Personen als zugelassen belegt werden. (2) Ausnahmen hiervon sind nur vorübergehend und nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde zulässig. § 147 Einrichtungen für die Entlassung Um die Entlassung vorzubereiten, sollen den geschlossenen Anstalten offene Einrichtungen angegliedert oder gesonderte offene Anstalten vorgesehen werden. § 148 Arbeitsbeschaffung, Gelegenheit zur beruflichen Bildung (1) Die Vollzugsbehörde soll im Zusammenwirken mit den Vereinigungen und Stellen des Arbeits- und Wirtschaftslebens dafür sorgen, daß jeder arbeitsfähige Gefangene wirtschaftlich ergiebige Arbeit ausüben kann, und dazu beitragen, daß er beruflich gefördert, beraten und vermittelt wird. (2) Die Vollzugsbehörde stellt durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicher, daß die Bundes- Nr. 28 — Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. März 1976 601 anstalt für Arbeit die ihr obliegenden Aufgaben wie Berufsberatung, Arbeitsberatung und Arbeitsvermittlung durchführen kann. § 149 Arbeitsbetriebe, Einrichtungen zur beruflichen Bildung (1) In den Anstalten sind die notwendigen Betriebe für die nach § 37 Abs. 2 zuzuweisenden Arbeiten sowie die erforderlichen Einrichtungen zur beruflichen Bildung (§ 37 Abs. 3) und arbeitstherapeutischen Beschäftigung (§ 37 Abs. 5) vorzusehen. (2) Die in Absatz 1 genannten Betriebe und sonstigen Einrichtungen sind den Verhältnissen außerhalb der Anstalten anzugleichen. Die Arbeitsschutz-und Unfallverhütungsvorschriften sind zu beachten. (3) Die berufliche Bildung und die arbeitstherapeutische Beschäftigung können auch in geeigneten Einrichtungen privater Unternehmen erfolgen. (4) In den von privaten Unternehmen unterhaltenen Betrieben und sonstigen Einrichtungen kann die technische und fachliche Leitung Angehörigen dieser Unternehmen übertragen werden. § 150 Vollzugsgemeinschaften Für Vollzugsanstalten nach den §§ 139 bis 149 können die Länder Vollzugsgemeinschaften bilden. Zweiter Titel Aufsicht über die Justizvollzugsanstalten § 151 Aufsichtsbehörden (1) Die Landesjustizverwaltungen führen die Aufsicht über die Justizvollzugsanstalten. Sie können Aufsichtsbefugnisse auf Justizvollzugsämter übertragen. (2) An der Aufsicht über das Arbeitswesen sowie über die Sozialarbeit, die Weiterbildung, die Gesundheitsfürsorge und die sonstige fachlich begründete Behandlung der Gefangenen sind eigene Fachkräfte zu beteiligen; soweit die Aufsichtsbehörde nicht über eigene Fachkräfte verfügt, ist fachliche Beratung sicherzustellen. §152 Vollstreckungsplan (1) Die Landesjustizverwaltung regelt die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Justizvollzugsanstalten in einem Vollstreckungsplan. (2) Der Vollstreckungsplan sieht vor, welche Verurteilten in eine Einweisungsanstalt oder -abteilung eingewiesen werden, über eine Verlegung zum weiteren Vollzug kann nach Gründen der Behandlung und Eingliederung entschieden werden. (3) Im übrigen ist die Zuständigkeit nach allgemeinen Merkmalen zu bestimmen. §153 Zuständigkeit für Verlegungen Die Landesjustizverwaltung kann sich Entscheidungen über Verlegungen vorbehalten oder sie einer zentralen Stelle übertragen. Dritter Titel Innerer Aufbau der Justizvollzugsanstalten § 154 Zusammenarbeit (1) Alle im Vollzug Tätigen arbeiten zusammen und wirken daran mit, die Aufgaben des Vollzuges zu erfüllen. (2) Mit den Behörden und Stellen der Entlasse-nenfürsorge, der Bewährungshilfe, den Aufsichtsstellen für die Führungsaufsicht, den Arbeitsämtern, den Trägern der Sozialversicherung und der Sozialhilfe, den Hilfeeinrichtungen anderer Behörden und den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege ist eng zusammenzuarbeiten. Die Vollzugsbehörden sollen mit Personen und Vereinen, deren Einfluß die Eingliederung des Gefangenen fördern kann, zusammenarbeiten. §155 Vollzugsbedienstete (1) Die Aufgaben der Justizvollzugsanstalten werden von Vollzugsbeamten wahrgenommen. Aus besonderen Gründen können sie auch anderen Bediensteten der Justizvollzugsanstalten sowie nebenamtlichen oder vertraglich verpflichteten Personen übertragen werden. (2) Für jede Anstalt ist entsprechend ihrer Aufgabe die erforderliche Anzahl von Bediensteten der verschiedenen Berufsgruppen, namentlich des allgemeinen Vollzugsdienstes, des Verwaltungsdienstes und des Werkdienstes, sowie von Seelsorgern, Ärzten, Pädagogen, Psychologen und Sozialarbeitern vorzusehen. § 156 Anstaltsleitung (1) Für jede Justizvollzugsanstalt ist ein Beamter des höheren Dienstes zum hauptamtlichen Leiter zu bestellen. Aus besonderen Gründen kann eine Anstalt auch von einem Beamten des gehobenen Dienstes geleitet werden. (2) Der Anstaltsleiter vertritt die Anstalt nach außen. Er trägt die Verantwortung für den gesamten Vollzug, soweit nicht bestimmte Aufgabenbereiche der Verantwortung anderer Vollzugsbediensteter oder ihrer gemeinsamen Verantwortung übertragen sind. (3) Die Befugnis, die Durchsuchung nach § 84 Abs. 2, die besonderen Sicherungsmaßnahmen nach § 88 und die Disziplinarmaßnahmen nach § 103 anzuordnen, darf nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde übertragen werden. 602 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1976, Teil I § 157 Seelsorge (1) Seelsorger werden im Einvernehmen mit der jeweiligen Religionsgemeinschaft im Hauptamt bestellt oder vertraglich verpflichtet. (2) Wenn die geringe Zahl der Angehörigen einer Religionsgemeinschaft eine Seelsorge nach Absatz 1 nicht rechtfertigt, ist die seelsorgerische Betreuung auf andere Weise zuzulassen. (3) Mit Zustimmung des Anstaltsleiters dürfen die Anstaltsseelsorger sich freier Seelsorgehelfer bedienen und für Gottesdienste sowie für andere religiöse Veranstaltungen Seelsorger von außen zuziehen. §158 Ärztliche Versorgung (1) Die ärztliche Versorgung ist durch hauptamtliche Ärzte sicherzustellen. Sie kann aus besonderen Gründen nebenamtlichen oder vertraglich verpflichteten Ärzten übertragen werden. (2) Die Pflege der Kranken soll von Personen ausgeübt werden, die eine Erlaubnis nach dem Krankenpflegegesetz besitzen. Solange Personen im Sinne von Satz 1 nicht zur Verfügung stehen, können auch Bedienstete des allgemeinen Vollzugsdienstes eingesetzt werden, die eine sonstige Ausbildung in der Krankenpflege erfahren haben. § 159 Konferenzen Zur Aufstellung und Überprüfung des Vollzugsplanes und zur Vorbereitung wichtiger Entscheidungen im Vollzuge führt der Anstaltsleiter Konferenzen mit an der Behandlung maßgeblich Beteiligten durch. § 160 Gefangenenmitverantwortung Den Gefangenen und Untergebrachten soll ermöglicht werden, an der Verantwortung für Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse teilzunehmen, die sich ihrer Eigenart und der Aufgabe der Anstalt nach für ihre Mitwirkung eignen. §161 Hausordnung (1) Der Anstaltsleiter erläßt eine Hausordnung. Sie bedarf der Zustimmung der Aufsichtsbehörde. (2) In die Hausordnung sind namentlich die Anordnungen aufzunehmen über 1. die Besuchszeiten, Häufigkeit und Dauer der Besuche, 2. die Arbeitszeit, Freizeit und Ruhezeit sowie 3. die Gelegenheit, Anträge und Beschwerden anzubringen, oder sich an einen Vertreter der Aufsichtsbehörde zu wenden. (3) Ein Abdruck der Hausordnung ist in jedem Haftraum auszulegen. Vierter Titel Anstaltsbeiräte §162 Bildung der Beiräte (1) Bei den Justizvollzugsanstalten sind Beiräte zu bilden. (2) Vollzugsbedienstete dürfen nicht Mitglieder der Beiräte sein. (3) Das Nähere regeln die Länder. §163 Aufgabe der Beiräte Die Mitglieder des Beirats wirken bei der Gestaltung des Vollzuges und bei der Betreuung der Gefangenen mit. Sie unterstützen den Anstaltsleiter durch Anregungen und Verbesserungsvorschläge und helfen bei der Eingliederung der Gefangenen nach der Entlassung. §164 Befugnisse (1) Die Mitglieder des Beirats können namentlich Wünsche, Anregungen und Beanstandungen entgegennehmen. Sie können sich über die Unterbringung, Beschäftigung, berufliche Bildung, Verpflegung, ärztliche Versorgung und Behandlung unterrichten sowie die Anstalt und ihre Einrichtungen besichtigen. (2) Die Mitglieder des Beirats können die Gefangenen und Untergebrachten in ihren Räumen aufsuchen. Aussprache und Schriftwechsel werden nicht überwacht. §165 Pflicht zur Verschwiegenheit Die Mitglieder des Beirats sind verpflichtet, außerhalb ihres Amtes über alle Angelegenheiten, die ihrer Natur nach vertraulich sind, besonders über Namen und Persönlichkeit der Gefangenen und Untergebrachten, Verschwiegenheit zu bewahren. Dies gilt auch nach Beendigung ihres Amtes. Fünfter Titel Kriminologische Forschung im Strafvollzug § 166 Dem kriminologischen Dienst obliegt es, in Zusammenarbeit mit den Einrichtungen der Forschung den Vollzug, namentlich die Behandlungsmethoden, wissenschaftlich fortzuentwickeln und seine Ergebnisse für Zwecke der Strafrechtspflege nutzbar zu machen. Nr. 28 — Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. März 1976 603 Fünfter Abschnitt Schlußvorschriften Erster Titel Vollzug des Strafarrestes in Justizvollzugsanstalten §167 Grundsatz Für den Vollzug des Strafarrestes in Justizvollzugsanstalten gelten die Vorschriften über den Vollzug der Freiheitsstrafe (§§ 2 bis 122) entsprechend, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist. §168 Unterbringung, Besuche und Schriftverkehr (1) Eine gemeinsame Unterbringung während der Arbeit, Freizeit und Ruhezeit (§§ 17 und 18) ist nur mit Einwilligung des Gefangenen zulässig. Dies gilt nicht, wenn Strafarrest in Unterbrechung einer Strafhaft oder einer Unterbringung im Vollzuge einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung vollzogen wird. (2) Dem Gefangenen soll gestattet werden, einmal wöchentlich Besuch zu empfangen. (3) Besuche und Schriftwechsel dürfen nur untersagt oder überwacht werden, wenn dies aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung der Anstalt notwendig ist. § 169 Kleidung, Wäsche und Bettzeug Der Gefangene darf eigene Kleidung, Wäsche und eigenes Bettzeug benutzen, wenn Gründe der Sicherheit nicht entgegenstehen und der Gefangene für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel auf eigene Kosten sorgt. §170 Einkauf Der Gefangene darf Nahrungs- und Genußmittel sowie Mittel zur Körperpflege in angemessenem Umfang durch Vermittlung der Anstalt auf eigene Kosten erwerben. Zweiter Titel Vollzug von Ordnungs-, Sicherungs-, Zwangs- und Erzwingungshaft §171 Grundsatz Für den Vollzug einer gerichtlich angeordneten Ordnungs-, Sicherungs-, Zwangs- und Erzwingungshaft gelten die Vorschriften über den Vollzug der Freiheitsstrafe (§§ 3 bis 122) entsprechend, soweit nicht Eigenart und Zweck der Haft entgegenstehen oder im folgenden etwas anderes bestimmt ist. § 172 Unterbringung Eine gemeinsame Unterbringung während der Arbeit, Freizeit und Ruhezeit (§§ 17 und 18) ist nur mit Einwilligung des Gefangenen zulässig. Dies gilt nicht, wenn Ordnungshaft in Unterbrechung einer Strafhaft oder einer Unterbringung im Vollzuge einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung vollzogen wird. §173 Kleidung, Wäsche und Bettzeug Der Gefangene darf eigene Kleidung, Wäsche und eigenes Bettzeug benutzen, wenn Gründe der Sicherheit nicht entgegenstehen und der Gefangene für Reinigung, Instandsetzung und regelmäßigen Wechsel auf eigene Kosten sorgt. § 174 Einkauf Der Gefangene darf Nahrungs- und Genußmittel sowie Mittel zur Körperpflege in angemessenem Umfang durch Vermittlung der Anstalt auf eigene Kosten erwerben. §175 Arbeit Der Gefangene ist zu einer Arbeit, Beschäftigung oder Hilfstätigkeit nicht verpflichtet. Dritter Titel Arbeitsentgelt in Jugendstrafanstalten und im Vollzug der Untersuchungshaft § 176 Jugendstrafanstalten (1) übt ein Gefangener in einer Jugendstrafanstalt eine ihm zugewiesene Arbeit aus, so erhält er unbeschadet der Vorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes über die Akkord- und Fließarbeit ein nach § 43 Abs. 1 und 2 zu bemessendes Arbeitsentgelt, übt er eine sonstige zugewiesene Beschäftigung oder Hilfstätigkeit aus, so erhält er ein Arbeitsentgelt nach Satz 1, soweit dies der Art seiner Beschäftigung und seiner Arbeitsleistung entspricht. (2) Arbeitsfähige Gefangene, denen aus Gründen, die nicht in ihrer Person liegen, Arbeit nicht zugewiesen werden kann, erkrankte Gefangene, bei denen die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 vorliegen, und werdende Mütter, die eine Arbeit nicht verrichten, erhalten eine Ausfallentschädigung. Höhe und Dauer der Ausfallentschädigung sind nach § 45 Abs. 3 bis 6 zu bestimmen. (3) Gefangene, die wegen Gebrechlichkeit nicht arbeiten oder denen eine Ausfallentschädigung nicht oder nicht mehr gewährt wird, erhalten ein angemessenes Taschengeld, falls sie bedürftig sind. 604 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1976, Teil I Gleiches gilt liir Gelungene, die für eine Beschäftigung oder .Hilfstätigkeit nach Absatz 1 Satz 2 kein Arbeitsentgelt erhalten. (4) Im übrigen gelten § 44 und die §§ 49 bis 52 entsprechend. § 177 Untersuchungshaft übt der Unlersuchungsgefangene eine ihm zugewiesene Arbeit, Beschäftigung oder Hilfstätigkeit aus, so erhall er ein nach § 43 zu bemessendes Arbeitsentgelt. Vierter Titel Unmittelbarer Zwang in .Justizvollzugsanstalten § 178 (1) Die §§ 94 bis 101 über den unmittelbaren Zwang gelten nach Maßgabe der folgenden Absätze auch für Justizvollzugsbedienstete außerhalb des Anwendungsbereichs des Strafvollzugsgesetzes (§ 1). (2) Beim Vollzug der Untersuchungshaft und der einstweiligen Unterbringung nach § 126 a der Strafprozeßordnung bleibt § 119 Abs. 5 und 6 der Strafprozeßordnung unberührt. (3) Beim Vollzug des Jugendarrestes, des Strafarrestes sowie der Ordnungs-, Sicherungs-, Zwangsund Erzwingungshalt dürfen zur Vereitelung einer Flucht oder zur Wiederergreifung (§ 100 Abs. 1 Nr. 3) keine Schußwaffen gebraucht werden. Dies gilt nicht, wenn Strafarrest, oder Ordnungs-, Sicherungs-, Zwangs- oder Erzwingungshaft in Unterbrechung einer Untersuchungshaft, einer Strafhaft oder einer Unterbringung im Vollzuge einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung vollzogen wird. (4) Das Landesrecht kann, namentlich beim Vollzug der Jugendstrafe, weitere Einschränkungen des Rechtes zum Schußwaffengebrauch vorsehen. Fünfter Titel Anpassung des Bundesrechts §179 Gerichtsverfassungsgesetz Das Gerichtsverfassungsgesetz wird wie folgt geändert: 1. In § 58 Abs. 1 Satz 2 und in § 74 c Abs. 1 Satz 2 werden jeweils nach dem Wort "Ermächtigung" die Worte "durch Rechts Verordnung" eingefügt. 2. § 78 a Abs. 1 erhält folgende Fassung: "(1) Bei den Landgerichten werden, soweit in ihrem Bezirk für Erwachsene Anstalten unterhalten werden, in denen Freiheitsstrafe oder freiheits- entziehende Maßregeln der Besserung und Sicherung vollzogen werden, oder soweit in ihrem Bezirk andere Vollzugsbehörden ihren Sitz haben, Strafvollstreckungskammern gebildet. Diese sind zuständig für die Entscheidungen 1. nach den §§ 462 a, 463 der Strafprozeßordnung, soweit sich nicht aus der Strafprozeßordnung etwas anderes ergibt, 2. nach § 109 des Strafvollzugsgesetzes." 3. § 78 b Abs. 1 erhält folgende Fassung: "(1) Die Strafvollstreckungskammer ist besetzt 1. bei den Entscheidungen nach § 78 a Abs. 1 Nr. 1 mit einem Richter, wenn der zu treffenden Entscheidung eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zugrunde liegt; mit drei Richtern mit Einschluß des Vorsitzenden in den sonstigen Fällen, 2. bei den Entscheidungen nach § 78 a Abs. 1 Nr. 2 mit einem Richter; weist die Sache besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art auf oder kommt ihr grundsätzliche Bedeutung zu, überträgt der Einzelrichter sie der Kammer, die mit drei Richtern mit Einschluß des Vorsitzenden in der Sache entscheidet." 4. § 121 wird wie folgt geändert: a) Nach Absatz 1 Nr. 2 wird folgende Nummer 3 eingefügt: "3. der Rechtsbeschwerde gegen Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern nach § 116 des Strafvollzugsgesetzes." b) Absatz 2 erhält folgende Fassung: "(2) Will ein Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung nach Absatz 1 Nr. 1 a oder b von einer nach dem 1. April 1950 ergangenen, bei seiner Entscheidung nach Absatz 1 Nr. 3 von einer nach dem 1. Januar 1977 ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen, so hat es die Sache diesem vorzulegen." c) Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 eingefügt: "(3) Ein Land, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann durch Rechtsverordnung der Landesregierung die Entscheidungen nach Absatz 1 Nr. 3 einem Oberlandesgericht für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern die Zuweisung für eine sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. Die Landesregierungen könnnen die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen." Nr. 28 -- Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. März 1976 605 § 180 Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz § 23 Abs. 1 Salz 2 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 27. Januar 1877 (Reichsgesetzbl. S. 77), zuletzt geändert durch das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 (Bundesgesetzbl. I S. 469), erhält folgende Fassung: "Das gleiche gilt für Anordnungen, Verfügungen oder sonstige Maßnahmen der Vollzugsbehörden im Vollzug der Jugendstrafe, des Jugendarrestes und der Untersuchungshaft sowie derjenigen Freiheitsstrafen und Maßregeln der Besserung und Sicherung, die außerhalb des Justizvollzuges vollzogen werden." § 181 Strafprozeßordnung Die Strafprozeßordnung wird wie folgt geändert: 1. Nach § 455 wird folgende Vorschrift eingefügt: ,,§ 455 a (1) Die Vollslreckungsbehörde kann die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung aufschieben oder ohne Einwilligung des Gefangenen unterbrechen, wenn dies aus Gründen der Vollzugsorganisation erforderlich ist und überwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit nicht entgegenstehen. (2) Kann die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde nicht rechtzeitig eingeholt werden, so kann der Anstaltsleiter die Vollstreckung unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 ohne Einwilligung des Gefangenen vorläufig unterbrechen." 2. § 457 Abs. 1 wird um folgenden Satz ergänzt: "Sie kann einen Vorführungs- oder Haftbefehl auch erlassen, wenn ein Strafgefangener entweicht oder sich sonst dem Vollzug entzieht." § 182 Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch Artikel 316 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch wird aufgehoben. § 183 Einführungsgesetz zum Wehrstrafgesetz In Artikel 7 des Einführungsgesetzes zum Wehrstrafgesetz vom 30. März 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 306), zuletzt geändert durch das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 (Bundesgesetzbl. I S. 469), werden die Worte "oder für den Vollzug des Strafarrestes durch die allgemeinen Vollzugsbehörden" gestrichen. §184 Bundeswehrvollzugsordnung Die Bundeswehrvollzugsordnung vom 29. November 1972 (Bundesgesetzbl. I S. 2205) wird wie folgt geändert: 1. In § 1 werden die Worte "Die §§ 2 bis 21 dieser Verordnung gelten" durch die Worte "Diese Verordnung gilt" ersetzt. 2. § 22 wird aufgehoben. § 185 Gesetz über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen Dem § 8 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen wird folgender Absatz 2 angefügt: "(2) Wird Abschiebungshaft (§ 16 des Ausländergesetzes) im Wege der Amtshilfe in Justizvollzugsanstalten vollzogen, so gelten die Vorschriften des Strafvollzugsgesetzes über den Vollzug von Ord-nungs-, Sicherungs-, Zwangs- und Erzwingungshaft entsprechend." §186 Zivilprozeßordnung § 907 der Zivilprozeßordnung wird aufgehoben. §187 Gerichtskostengesetz Das Gerichtskostengesetz wird wie folgt geändert: 1. In § 1 Abs. 1 Buchstabe a werden die Worte "der Strafprozeßordnung und dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten" durch die Worte "der Strafprozeßordnung, dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten und dem Strafvollzugsgesetz" ersetzt. 2. Nach § 48 wird folgender Abschnitt eingefügt: "Sechster Abschnitt Gerichtliche Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz § 48 a In gerichtlichen Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz gelten die §§ 13, 25 Abs. 1 Satz 3 und 4, Abs. 2 und 3 entsprechend. Der Wert ist von Amts wegen festzusetzen." 3. In den bisherigen Abschnittsüberschriften werden die Worte "Sechster Abschnitt" und "Siebenter Abschnitt" durch die Worte "Siebenter Abschnitt" und "Achter Abschnitt" ersetzt. 60§ Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1976, Teil I 4, Das Kosl.enverzeich.nis (Anlöge 1) wird wie folgt geändert: a) Nach Nummer 1778 wird folgender Abschnitt angefügt: Nr. Gobu.lironlat.bes Land. Satz der Gebühr nach der Tabelle der Anlage 2 "II. Gerichtliche Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz 1790 Zurückweisung des Antrages 1 1791 Zurücknahme des Antrages Va 1792 Verwerfung der Rechtsbeschwerde 1 1793 Zurücknahme der Rechtsbeschwerde Va" b) In der Überschrift "H. Auslagen" vor der Nummer 1900 wird der Buchstabe "H" durch den Buchstaben "I" ersetzt. § 188 Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte § 66 a der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte erhält folgende Fassung: § 189 Verordnung über Kosten im Bereich der Justizverwaltung § 10 der Verordnung über Kosten im Bereich der Justizverwaltung vom 14. Februar 1940 (Reichsge-setzbl. I S. 357), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Gerichtskostengesetzes, des Gesetzes über Kosten der Gerichtsvollzieher, der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte und anderer Vorschriften vom 20. August 1.975 (Bundesgesetzblatt I S. 2189), erhält folgende Fassung: "§ 10 (Ij Als Kosten für die Vollstreckung der Freiheitsstrafen und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung wird der in § 50 Abs. 1 des Strafvollzugsgesetzes bestimmte Haftkostenbeitrag erhoben, 1. wenn der Gefangene oder Untergebrachte die ihm zugewiesene oder ermöglichte Arbeit oder Beschäftigung nicht verrichtet oder 2. wenn er über laufende Einkünfte verfügt, die auf die Zeit des Vollzuges entfallen; der Haftkostenbeitrag darf nur bis zur Höhe dieser Einkünfte eingezogen werden. (2) Die Inanspruchnahme darf nicht zu Lasten gesetzlicher Unterhaltsansprüche und eines Betrages gehen, der dem Taschengeld, Hausgeld und dem Überbrückungsgeld (§§ 46, 47, 51 Abs. 1 des Strafvollzugsgesetzes) entspricht. (3) Von einem im psychiatrischen Krankenhaus oder in der Entziehungsanstalt Untergebrachten darf der Haftkostenbeitrag abweichend von Absatz 1 Nr. 2 nicht erhoben werden, wenn der Untergebrachte die ihm zugewiesene oder ermöglichte Arbeit verrichtet." Sechster Titel Sozial- und Arbeitslosenversicherung § 190 Reichsversicherungsordnung 2. Nach § 165 b wird folgender § 165 c eingefügt: "§ 165 c (1) Als entgeltlich Beschäftigte im Sinne des § 165 Abs. 1 und 2 gelten auch Gefangene (§ 163 a), die Arbeitsentgelt, Ausbildungsbeihilfe oder Ausfallentschädigung (§§ 43 bis 45, 176 und 177 des Strafvollzugsgesetzes) erhalten. Voraussetzung für die Versicherungspflicht dieser Personen ist, daß sie nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme des § 165 Abs. 1 Nr. 3, des § 315 a sowie des § 19 Abs. 1 des Reichsknappschaftsgesetzes, des § 2 Abs. 1 Nr. 4 und 5 und des § 49 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte pflichtversichert sind. (2) Versicherungsfrei sind die in §§ 169, 172 Abs. 1 Nr, 1 und 2, §§ 173 und 174 genannten " § 66 a Nachprüfung von Anordnungen der Justizbehörden (1) Im Verfahren vor dem Oberlandesgericht und dem Bundesgerichtshof nach §§ 25, 29 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz und im Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 109 des Strafvollzugsgesetzes gelten die Vorschriften dieses Abschnitts sinngemäß; die Gebühren richten sich nach § 11 Abs. 1 Satz 1. (2) Im Verfahren über die Rechtsbeschwerde nach § 116 des StrafvoJlzugsgesetzes erhält der Rechtsanwalt die gleichen Gebühren wie im ersten Rechtszug; die Gebühren, richten sich, nach § 11 Abs, 1 Satz 2." Die Reichsversicherungsordnung wird wie folgt geändert: 1. Nach § 163 wird die Überschrift "5 a. Gefangene" und folgender § 163 a eingefügt: "§ 163 a Gefangene im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, die im Vollzug von Untersuchungshaft, Freiheitsstrafen und freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung oder einstweilig nach § 126 a Abs. 1 der Strafprozeßordnung untergebracht sind. Soweit sie nach diesem Gesetz als entgeltlich Beschäftigte gelten, gilt das für die jeweilige Vollzugsanstalt zuständige Land als Arbeitgeber." Nr. 28 — Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. März 1976 607 Personen, wenn und solange sie nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen beihilfeberechtigt sind. (3) Wer bei einem Krankenversicherungsun-ternehmen versichert ist und für sich und seine Angehörigen, für die ihm Familienkrankenpflege zusteht, Vertragsleistungen erhält, die der Art nach den Leistungen der Krankenhilfe entsprechen, wird auf Antrag von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 befreit. § 173 a Abs. 2 gilt. (4) Der Bemessung der Beiträge und der Leistungen mit Ausnahme des Krankengeldes ist als Arbeitsentgelt ein Betrag in Höhe von 90 vom Hundert des durchschnittlichen Arbeitsentgelts aller Versicherten der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten ohne Auszubildende im vorvergangenen Kalenderjahr zugrunde zu legen. Für den Kalendermonat ist ein Zwölftel und für den Kalendertag ein Dreihun-dertsechzigstel dieses Betrages zugrunde zu legen. (5) Die nach Absatz 1 Versicherten gehören der Kasse an, bei der sie zuletzt Mitglied waren. Hat eine Versicherung nicht bestanden, werden sie Mitglieder der Allgemeinen Ortskrankenkasse, in deren Bezirk Angehörige wohnen, für die Ansprüche nach § 205 auf Familienhilfe bestehen. Sind solche Angehörige nicht vorhanden, werden sie Mitglieder der Allgemeinen Ortskrankenkasse, in deren Bezirk die für die jeweilige Vollzugsanstalt zuständige oberste Justizbehörde ihren Sitz hat." 3. In § 189 Satz 1 wird der Punkt durch ein Semikolon ersetzt und folgender Halbsatz angefügt: "die Ausfallentschädigung nach § 45 des Straf-vollzugsgesetzes steht dem Arbeitsentgelt gleich." 4. In § 200 c Abs. 2 Satz 1 wird der Punkt durch ein Semikolon ersetzt und folgender Halbsatz angefügt: "die Ausfallentschädigung nach § 45 des Strafvollzugsgesetzes steht dem Arbeitsentgelt gleich." 5. § 216 Abs. 1 Nr. 1 erhält folgende Fassung: "1. solange und soweit der Versicherte als Gefangener Anspruch auf Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz hat oder sonstige Gesundheitsfürsorge erhält; Krankengeld ist jedoch zu gewähren und den Angehörigen auszuzahlen, wenn der Versicherte diese unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit von seinem Arbeitsentgelt oder seiner Ausfallentschädigung überwiegend unterhalten hat,". 6. § 381 Abs. 1 Satz 2 erhält folgende Fassung: "Für einen Versicherten, dessen monatliches Entgelt ein Zehntel der in der Rentenversiche- rung der Arbeiter für Monatsbezüge geltenden Beitragsbemessungsgrenze (§ 1385 Abs. 2) nicht übersteigt, für einen Versicherten, der ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres leistet, für einen Versicherten nach § 165 Abs. 1 Nr. 2 a und für einen Versicherten nach § 165 c Abs. 1 trägt der Arbeitgeber den Beitrag allein." 7. In § 385 wird nach Absatz 3 a folgender Absatz 3 b eingefügt: "(3 b) Für die Versicherten nach § 165 c Abs. 1 ist der Beitragssatz, der für versicherungspflichtige Mitglieder gilt, die bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Fortzahlung ihres Arbeitsentgelts für mindestens sechs Wochen haben, auf die Hälfte zu ermäßigen." 8. Der jetzige Wortlaut des § 393 b wird Absatz 1; ihm wird folgender Absatz 2 angefügt: "(2) Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung kann für die nach § 165 c Abs. 1 Versicherten durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates für die Beitragszahlung eine pauschale Beitragsberechnung vorschreiben, die Zahlungsweise regeln und Ausnahmen von der Meldepflicht bestimmen." 9. § 514 Abs. 2 erhält folgende Fassung: "(2) Die §§ 165 c, 257 a, 257 b, 257 c, 306 Abs. 2 und 3, §§ 311, 312 Abs. 2, § 313 Abs. 2, §§ 315 a, 316, 317 Abs. 4 bis 6, § 381 Abs. 1 Satz 2, § 385 Abs. 3 b und § 393 b Abs. 2 gelten entsprechend." 10. In § 520 Abs. 1 Satz 2 wird der Punkt durch ein Semikolon ersetzt und folgender Halbsatz angefügt: "für die nach § 165 c Abs. 1 Versicherten hat er den Beitrag an die Ersatzkasse abzuführen." 11. § 566 Abs. 2 Satz 1 und 2 erhält folgende Fassung: "Hat sich der Unfall während einer auf Grund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung ereignet, gilt § 561 Abs. 1 entsprechend. Für die Berechnung des Übergangsgeldes nach der Entlassung findet § 561 Abs. 3 entsprechende Anwendung, wenn es für den Berechtigten günstiger ist." 12. § 571 wird wie folgt geändert: a) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 2 angefügt: "(2) Arbeitsentgelt und Ausbildungsbeihilfe nach den §§ 43, 44 des Strafvollzugsgesetzes gelten nicht als Arbeitseinkommen im Sinne des Absatzes 1." b) Der bisherige Absatz 2 wird Absatz 3. 608 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1976, Teil I 13. Dem § 1227 wird folgender Absatz 3 angefügt: "(3) Als entgeltlich Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten auch Gefangene (§ 163 a), die Arbeitsentgelt, Ausbildungsbeihilfe oder Ausfallentschädigung (§§ 43 bis 45, 176 und 177 des Strafvollzugsgesetzes) erhalten, soweit sie nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften versicherungspflichtig sind." 14. Dem § 1236 Abs. 1 wird folgender Satz 2 angefügt: "Gefangenen (§ 163 a) können sie gewährt werden, soweit die Belange des Vollzuges dem nicht entgegenstehen." 15. Dem § 1240 wird folgender Satz 3 angefügt: "Der Anspruch von Gefangenen (§ 163 a) auf Übergangsgeld ruht während der Dauer ihrer Unterbringung in der Vollzugsanstalt; Übergangsgeld ist jedoch zu gewähren und den Angehörigen auszuzahlen, wenn der Gefangene diese unmittelbar vor Beginn der Maßnahmen zur Rehabilitation von seinem Arbeitsentgelt oder seiner Ausfallentschädigung überwiegend unterhalten hat." 16. In § 1255 wird nach Absatz 6 folgender Absatz 6 a eingefügt: "(6 a) Für Personen, die nach § 1227 Abs. 3 versichert sind, gilt als Arbeitsentgelt der nach § 165c Abs. 4 festgesetzte Betrag." 17. § 1303 wird wie folgt geändert: a) Absatz 1 Satz 4 wird gestrichen. b) In Absatz 8 werden die Worte "§ 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 7 und 8 a" durch die Worte "§ 1227 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 7, 8 a und Abs. 3" ersetzt. 18. § 1385 wird wie folgt geändert: a) In Absatz 3 wird nach dem Buchstaben g der Punkt durch ein Komma ersetzt und folgender Buchstabe h angefügt: ,,h) bei Versicherten nach § 1227 Abs. 3 der nach § 165 c Abs. 4 festgesetzte Betrag," b) In Absatz 4 wird nach dem Buchstaben g der Punkt durch ein Komma ersetzt und folgender Buchstabe h angefügt: "h) bei Versicherungspflicht nach § 1227 Abs. 3 vom Arbeitgeber allein," c) Nach Absatz 5 wird folgender Absatz 6 angefügt: "(6) Der Arbeitgeber entrichtet für die Personen, die nach § 1227 Abs. 3 versichert sind, den Beitrag zusammen mit dem Beitrag zur Rentenversicherung der Angestellten in einem Gesamtbetrag. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates eine pauschale Berechnung des Gesamtbetrages vorschreiben sowie die Verteilung dieses Betrages auf die einzelnen Versicherungszweige und die Zahlungsweise regeln." § 191 Angestelltenversicherungsgesetz Das Angestelltenversicherungsgesetz wird wie folgt geändert: 1. Dem § 2 wird folgender Absatz 3 angefügt: "(3) Als entgeltlich Beschäftigte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 gelten auch Gefangene (§ 163 a der Reichsversicherungsordnung), die Arbeitsentgelt, Ausbildungsbeihilfe oder Ausfallentschädigung (§§ 43 bis 45, 176 und 177 des Strafvollzugsgesetzes) erhalten, soweit sie vor ihrer Unterbringung in der Vollzugsanstalt zuletzt nach diesem Gesetz versichert waren." 2. Dem § 13 Abs. 1 ward folgender Satz 2 angefügt: "Gefangenen (§ 163 a der Reichsversicherungsordnung) können sie gewährt werden, soweit die Belange des Vollzuges dem nicht entgegenstehen." 3. Dem §17 wird folgender Satz 3 angefügt: "Der Anspruch von Gefangenen (§ 163 a der Reichsversicherungsordnung) auf Übergangsgeld ruht während der Dauer ihrer Unterbringung in der Vollzugsanstalt; Übergangsgeld ist jedoch zu gewähren und den Angehörigen auszuzahlen, wenn der Gefangene diese unmittelbar vor Beginn der Maßnahmen zur Rehabilitation von seinem Arbeitsentgelt oder seiner Ausfallentschädigung überwiegend unterhalten hat." 4. In § 32 wird nach Absatz 6 folgender Absatz 6 a eingefügt: "(6 a) Für Personen, die nach § 2 Abs. 3 versichert sind, gilt als Arbeitsentgelt der nach § 165 c Abs. 4 der Reichsversicherungsordnung festgesetzte Betrag." 5. § 82 wird wie folgt geändert: a) Absatz 1 Satz 4 wird gestrichen. b) In Absatz 8 werden die Worte "§ 2 Abs. 1 Nr. 8, 9 und 10 a" durch die Worte "§ 2 Abs. 1 Nr. 8, 9, 10 a und Abs. 3" ersetzt. 6. § 112 wird wie folgt geändert: a) In Absatz 3 wird nach dem Buchstaben h der Punkt durch ein Komma ersetzt und folgender Buchstabe i angefügt: ,,i) bei Versicherten nach § 2 Abs. 3 der nach § 165 c Abs. 4 der Reichsversicherungsordnung festgesetzte Betrag." Nr. 28 — Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. März 1976 609 b) In Absatz 4 wird nach dem Buchstaben h der Punkt durch ein Komma ersetzt und folgender Buchstabe i angefügt: ,,i) bei Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 3 vom Arbeitgeber allein." c) Nach Absatz 5 wird folgender Absatz 6 angefügt: "(6) Der Arbeitgeber entrichtet für die Personen, die nach § 2 Abs. 3 versichert sind, den Beitrag zusammen mit dem Beitrag zur Rentenversicherung der Arbeiter in einem Gesamtbetrag. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates eine pauschale Berechnung des Gesamtbetrages vorschreiben sowie die Verteilung dieses Betrages auf die einzelnen Versicherungszweige und die Zahlungsweise regeln." 7. In § 205 werden nach den Worten "§§ 157, 158 (Ausländische Gesetzgebung)" der Punkt durch ein Komma ersetzt und die Worte "§ 163 a (Gefangene)" angefügt. § 192 Reichsknappschaftsgesetz Das Reichsknappschaftsgesetz wird wie folgt geändert: L Nach § 17 wird folgender § 18 eingefügt: "§ 18 (1) Die in § 165 c Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung bezeichneten Versicherten sind Mitglieder der Bundesknappschaft, wenn sie zuletzt bei dieser krankenversichert waren. (2) Die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Versicherung der in § 165 c der Reichsversicherungsordnung bezeichneten Versicherten gelten entsprechend." 2. Dem § 35 Abs. \ wird folgender Satz 2 angefügt: "Gefangenen (§ 163 a der Reichsversicherungsordnung) können sie gewährt werden, soweit die Belange des Vollzuges dem nicht entgegenstehen." 3. Dem § 39 wird folgender Satz 3 angefügt: "Der Anspruch von Gefangenen (§ 163 a der Reichsversicherungsordnung) auf Übergangsgeld ruht während der Dauer ihrer Unterbringung in der Vollzugsanstalt; Ubergangsgeld ist jedoch zu gewähren und den Angehörigen auszuzahlen, wenn der Gefangene diese unmittelbar vor Beginn der Maßnahmen zur Rehabilitation von seinem Arbeitsentgelt oder seiner Ausfallentschädigung überwiegend unterhalten hat." § 193 Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte Das Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte vom 10. August 1972 (Bundesgesetzbl. I S. 1433), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur vom 18. Dezember 1975 (Bundesgesetzbl. I S. 3091), wird wie folgt geändert: 1. In § 3 Satz 2 wird nach der Nummer 4 der Punkt durch ein Komma ersetzt und folgende Nummer 5 angefügt: "5. für die in § 165 c Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung bezeichneten Personen, wenn sie nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 versichert, sind." 2. In § 20 Abs. 4 Satz 1 wird der Punkt durch ein Semikolon ersetzt und folgender Halbsatz angefügt: "die Ausfallentschädigung nach § 45 des Straf1 vollzugsgesetzes steht dem Arbeitsentgelt gleich." 3. In § 30 Abs. 2 Satz 1 wird der Punkt durch ein Semikolon ersetzt und folgender Halbsatz angefügt: "die Ausfallentschädigung nach § 45 des Strafvollzugsgesetzes steht dem Arbeitsentgelt gleich." 4. § 42 wird wie folgt geändert: a) Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 erhält folgende Fassung: "2. solange und soweit der Versicherte als Gefangener Anspruch auf Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz hat oder sonstige Gesundheitsfürsorge erhält; Krankengeld nach § 19 ist jedoch zu gewähren und den Angehörigen auszuzahlen, wenn der Versicherte diese unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit von seinem Arbeitsentgelt oder seiner Ausfallentschädigung überwiegend unterhalten hat." b) In Absatz 1 Satz 2 werden die Worte "2 und" gestrichen. 5. Nach § 49 wird folgender § 49 a eingefügt: ,, § 49 a (1) Die in § 165 c Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung bezeichneten Versicherten sind Mitglieder der landwirtschaftlichen Krankenkasse, wenn sie zuletzt bei dieser krankenversichert waren. (2) Die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Versicherung, die Mitgliedschaft, die Meldung und die Aufbringung der Mittel für die in § 165 c der Reichsversicherungsordnung bezeichneten Versicherten gelten ent- 610 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1976, Teil I sprechend. An die Stelle des in § 385 Abs. 3 b der Reichsversicherungsordnung genannten Beitragssatzes tritt die Hälfte des für Versicherte, die bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Fortzahlung ihres Arbeitsentgelts für mindestens sechs Wochen haben, geltenden Beitragssatzes der Ortskrankenkasse, in deren Bereich die landwirtschaftliche Krankenkasse ihren Sitz hat." § 194 Arbeitsförderungsgesetz Das Arbeitsförderungsgesetz wird wie folgt geändert: 1. § 37 erhält folgenden Absatz 2: "(2) Soweit die Leistungen zur individuellen Förderung der beruflichen Bildung nach Absatz 1 Satz 1 der Sicherung des Lebensunterhalts dienen, gehen sie der Ausbildungsbeihilfe nach § 44 des Strafvollzugsgesetzes vor. Die Leistungen werden Gefangenen höchstens bis zur Höhe der Ausbildungsbeihilfe nach § 44 des Strafvollzugsgesetzes, vermindert um einen Betrag in Höhe des Haftkostenbeitrages nach § 50 Abs. 1 des Strafvollzugsgesetzes, gewährt." 2. § 107 Satz 1 wird wie folgt geändert: a) In Nummer 2 werden die Worte "einer Beschäftigung" gestrichen. b) Folgende Nummer 6 wird angefügt: "6. Zeiten, in denen der Arbeitslose als Gefangener beitragspflichtig war (§ 168 Abs. 3 a)." 3. Dem § 112 Abs. 5 wird folgende Nummer 6 angefügt: "6. für die Zeit, in der der Arbeitslose als Gefangener beitragspflichtig war (§ 168 Abs. 3 a), der Betrag, der der Beitragsberechnung zuletzt zugrunde gelegt worden ist." 4. Dem § 133 wird folgender Absatz 2 angefügt: "(2) Nach Beendigung des Vollzuges einer Untersuchungshaft, Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung oder einer einstweiligen Unterbringung nach § 126 a der Strafprozeßordnung hat die Vollzugsanstalt dem Entlassenen unter Verwendung des von der Bundesanstalt vorgesehenen Vordrucks eine Bescheinigung über die Zeiten auszustellen, in denen er innerhalb der letzten drei Jahre vor der Entlassung nach § 168 Abs. 3 a beitragspflichtig war." 5. In § 168 wird folgender Absatz 3 a eingefügt: " (3 a) Beitragspflichtig sind auch Gefangene (§ 163 a Satz 1 der Reichsversicherungsordnung), die Arbeitsentgelt, Ausbildungsbeihilfe oder Ausfallentschädigung (§§ 43 bis 45, 176 und 177 des Strafvollzugsgesetzes) erhalten, soweit sie nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften beitragspflichtig oder nach § 169 Nr. 2, 3 oder 4 beitragsfrei sind. Die beitragspflichtigen Gefangenen gelten als Arbeitnehmer im Sinne der Vorschriften dieses Abschnitts; das für die Vollzugsanstalt zuständige Land gilt insoweit als Arbeitgeber." 6. In § 170 Abs. 3 wird das Wort "sowie" durch ein Komma ersetzt und werden nach den Worten "der Wehr- und Zivildienstleistenden (§ 168 Abs. 2)" die Worte "sowie der Gefangenen (§ 168 Abs. 3 a)" eingefügt. 7. Dem § 171 wird folgender Absatz 3 angefügt: "(3) Die Beiträge der Gefangenen nach § 168 Abs. 3 a trägt das für die Vollzugsanstalt zuständige Land." 8. § 175 Abs. 3 erster Flalbsatz erhält folgende Fassung: "(3) Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung kann durch Rechtsverordnung Pauschalberechnungen 1. für die Beiträge der Teilnehmer an einer berufsfördernden Maßnahme zur Rehabilitation und für die Beiträge der Rehabilitationsträger (§ 168 Abs. 1 a) sowie 2. für die Beiträge der Gefangenen und der für die Vollzugsanstalten zuständigen Länder (§ 168 Abs. 3 a) vorschreiben;". § 195 Einbehaltung von Beitragsteilen Soweit die Vollzugsbehörde Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung sowie zur Bundesanstalt für Arbeit zu entrichten hat, kann sie von dem Arbeitsentgelt, der Ausbildungsbeihilfe oder der Ausfallentschädigung einen Betrag einbehalten, der dem Anteil des Gefangenen am Beitrag entsprechen würde, wenn er diese Bezüge als Arbeitnehmer erhielte. Siebter Titel Einschränkung von Grundrechten. Berlin-Klausel. Inkrafttreten § 196 Einschränkung von Grundrechten Durch dieses Gesetz werden die Grundrechte aus Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 (körperliche Unversehrtheit und Freiheit der Person) und Artikel 10 Abs. 1 (Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis) des Grundgesetzes eingeschränkt. Nr. 28 Tag der Ausgabe: Bonn, den 20. März 1976 611 § 197 Berlin-Klausel Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. 1 S. 1) auch im Land Berlin. Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes. § 198 Inkrafttreten (1) Dieses Gesetz tritt unbeschadet der §§ 199 und 201 am 1. Januar 1977 in Kraft, soweit die Absätze 2 und 3 nichts anderes bestimmen. § 199 Übergangsfassungen (1) Vom 1. Januar 1977 bis zum Ablauf des 31. Dezember 1979 gilt folgendes: 1. § 42 — Freistellung von der Arbeitspflicht — erhält folgende Fassung: "(1) Hat der Gefangene ein Jahr lang zugewiesene Tätigkeit oder Hilfstätigkeiten nach § 4? Abs. 1 Satz 2 ausgeübt, so kann er achtzehn Werktage von der Arbeitspflicht freigestellt werden. (2) Auf die Zeit der Freistellung wird Urlaub aus der Haft (§§ 13, 35) angerechnet, soweit er in. die Arbeitszeit fällt und nicht wegen einer lebensgefährlichen Erkrankung oder des Todes eines Angehörigen erteilt worden ist. (3) Der Gefangene erhält für die Zeit der Freistellung seine zuletzt gezahlten Bezüge weiter. (4) Urlaubsregelungen der Beschäftigungsverhältnisse außerhalb des Strafvollzuges bleiben unberührt." § 156 Abs. 1 erhält folgenden Satz 3: "Für nichtselbständige Voilzugsanstalten kann als Leiter auch ein Richter oder Staatsanwalt bestellt werden, und zwar für nichtselbständige Vollzugsanstalten am Sitz eines Landgerichts in erster Linie der Oberstaatsanwalt, für solche am Sitz eines Amtsgerichts, der nicht zugleich Sitz eines Landgerichts ist, der Vorstand des Amtsgerichts." § 162 Abs. 1 — Beiräte — erhält folgende Fassung: "(1) Bei den Justizvollzugsanstalten sollen Beiräte gebildet werden," (2) Vom 1. Januar 1977 bis zum Inkrafttreten des (sonderen Bundesgesetzes nach § 198 Abs. 3 gilt lgend.es: § 46 — Taschengeld — erhält folgende Fassung: "Wenn ein Gefangener ohne sein Verschulden kein Arbeitsentgelt und keine Ausbildungsbeihilfe erhält, wird ihm ein angemessenes Taschengeld gewährt, falls er bedürftig ist." § 47 •— Hausgeld — erhält folgende Fassung: "(1) Der Gefangene darf von seinen in diesem Gesetz geregelten Bezügen zwei Drittel monatlich (Hausgeld) und das Taschengeld (§ 46) für den Einkauf (§ 22 Abs. 1) oder anderwreit verwenden. (2) Für Gefangene, die in einem freien Beschäftigungsverhältnis stehen (§ 39 Abs. 1) oder denen gestattet ist, sich selbst zu beschäftigen (§ 39 Abs. 2), wird aus ihren Bezügen ein angemessenes Hausgeld festgesetzt." § 50 — Haftkostenbeitrag — erhält folgende Fassung: "(1) Von Gefangenen, die Bezüge nach diesem Gesetz erhalten, werden Haftkosten nicht erhoben. (2) 1. Am 1. Januar 1980 treten folgende Vorschriften in Kraft: §37 — Arbeilszuweisung — § 39 Abs. 1 ......- Freies Beschaftigungsver- hällnis — § 41 Abs. 2 — Zustimmungsbedürftigkeit bei weiterbildenden Maßnahmen — § 42 — Freistellung von der Ar- beitspflicht — § 149 Abs. 1 —- Arbeitsbetriebe, Einrichtungen zur beruflichen Bildung —- § 162 Abs. 1 — Beiräte —. 2. Am 1. Januar 1982 tritt folgende Vorschrift in Kraft: § 41 Abs. 3 - Zustimmungsbedürftigkeit bei Beschäftigung in Unternehmerbetrieben —. 3. Am 1, Januar 1986 treten folgende Vorschriften in Kraft: § 5 Abs, 1 — Trennung im Aufnahmeverfahren — § 127 Abs. 2 — Heime für Entlassene aus der Sozialtherapie —. (3) Durch besonderes Bundesgesetz werden in Kraft gesetzt: — Ausfallentschädigung — — Taschengeld •— — Hausgeld — — Unterhaltsbeitrag —- — Haftkostenbeitrag —- - Krankenversicherungsleistungen bei Krankenhaus-aufcnthalt — - Inanspruchnahme des Hausgeldes — - Ausfallentschädigung und Taschengeld im Jugendstrafvollzug — - Verordnung über Kosten —- §45 §46 §47 §49 §50 § 65 Abs. 2 Satz 2 § 93 Abs. 2 § 176 Abs. 2 und 3 § 189 § 190 Nr. 1 bis 10 und 13 bis 18, §§ 191 bis 193 h fc 1, Sozialversicherung 612 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1976, Teil I (2) Von Gefangenen, die in einem freien Be-schäftigungsverhältnis stehen (§ 39 Abs. 1), darf ein Haftkostenbeitrag in Höbe des Betrages erhoben werden, der nach § 160 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung durchschnittlich zur Bewertung der Sachbezüge festgesetzt ist. Der Bundesminister der Justiz stellt den Durchschnittsbetrag für jedes Kalenderjahr nach den am 1. Oktober des vorhergehenden Jahres geltenden Bewertungen der Sachbezüge fest und macht ihn im Bundcsanzeiger bekannt. Der Haftkostenbeitrag darf auch von dem unpfändbaren Teil der Bezüge, jedoch nicht zu Lasten des Hausgeldes oder des Unterhaltsbeitrages angesetzt werden. (3) Die Selbslbeschäitigung (§ 39 Abs. 2) kann davon abhängig gemacht werden, daß der Gefangene einen Haftkostenbeitrag bis zur Höhe des in Absatz 2 genannten Satzes monatlich im voraus entrichtet." 4. § 93 Abs. 2 ..... Inanspruchnahme des Hausgeldes — erhält folgende Fassung: "(2) Bei der Geltendmachung dieser Forderungen kann auch ein dreißig Deutsche Mark übersteigender Teil des Hausgeldes (§ 47) in Anspruch genommen werden." 5. § 176 Abs. 3 — Taschengeld im Jugendstrafvollzug — erhält folgende Fassung: "(3) Wenn ein Gefangener ohne sein Verschulden kein Arbeitsentgelt und keine Ausbildungsbeihilfe erhält, wird ihm ein angemessenes Taschengeld gewährt, falls er bedürftig ist." 6. Für die Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit sind die Vorschriften der Reichs Versicherungsordnung und des Angestelltenversicherungsgesetzes, die auch für diese Beiträge maßgebend sind, in der Fassung der §§ 190 und 191 anzuwenden. § 200 Höhe des Arbeitsentgelts (1) Der Bemessung des Arbeitsentgelts nach § 43 sind fünf vom Hundert des durchschnittlichen Arbeitsentgelts aller Versicherten der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten ohne Auszubildende des vorvergangenen Kalenderjahrs zugrunde zu legen. (2) über eine Erhöhung des Anteils von dem in Absatz 1 bezeichneten Arbeitsentgelt wird zum 31. Dezember 1980 befunden. § 201 Übergangsbestimmungen für bestehende Anstalten Für Anstalten, mit deren Errichtung vor Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen wurde, gilt folgendes: 1. Abweichend von § 10 dürfen bis zum Ablauf des 31. Dezember 1985 Gefangene ausschließlich im geschlossenen Vollzug untergebracht werden, solange die räumlichen, personellen und organisatorischen Anstaltsverhältnisse dies erfordern. 2. Abweichend von § 17 kann die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeitszeit und Freizeit auch eingeschränkt werden, wenn und solange die räumlichen, personellen und organisatorischen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern; die gemeinschaftliche Unterbringung während der Arbeitszeit jedoch nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 1988. 3. Abweichend von § 18 dürfen Gefangene während der Ruhezeit auch gemeinsam untergebracht werden, solange die räumlichen Verhältnisse der Anstalt dies erfordern. Eine gemeinschaftliche Unterbringung von mehr als acht Personen ist nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 1985 zulässig. 4. Abweichend von § 143 Abs. 1 und 2 sollen Justizvollzugsanstalten so gestaltet und gegliedert werden, daß eine auf die Bedürfnisse des einzelnen abgestellte Behandlung gewährleistet ist und daß die Gefangenen in überschaubaren Betreu-ungs- und Behandlungsgruppen zusammengefaßt werden können. 5. Abweichend von § 145 kann die Belegungsfähigkeit einer Anstalt nach Maßgabe der Nummern 2 und 3 festgesetzt werden. Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 16. März 1976 Der Bundespräsident Scheel Der Bundeskanzler Schmidt Der Bundesminister der Justiz Dr. Vogel Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Walter Arendt Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit Katharina Focke Herausgeber: Der Bundesminister der Justiz Verlag: Bundcsanzeiger Verlagsges.m.b.H. — Druck: Bundesdruckerei Bonn Im Bundesgesetzblatt Teil I weiden Gesetze, Verordnungen, Anordnungen und damit im Zusammenhang stehende Bekanntmachungen veröffentlicht. Im Bundesgesetzblatt Teil 11 werden völkerrechtliche Vereinbarungen, Verträge mit der DDR und die dazu gehörenden Rechtsvorschriften und Bekanntmachungen sowie Zolltarifvcrordnungcn veröffentlicht. Bezugsbedingungen : Laufender Bezug nur im Postabonnement. Abbestellungen müssen bis spätestens 30. 4. bzw. 31. 10. jeden Jahres beim Verlag vorliegen. Postanschrift für Abonncmentsbestclhmgen sowie Bestellungen bereits erschienener Ausgaben: Bundesgesetzblatt Postlach 13 20, 5300 Bonn 1, Tel. (0 22 21) 23 80 67 bis 09. Bezugspreis: Für Teil I und Teil II halbjährlich je 40,— DM. Einzelstücke je angefangene 16 Seiten 1,10 DM zuzüglich Versandkosten. Dieser Preis gilt: auch für Bundesgesetzblätter, die vor dem 1. Januar 1975 ausgegeben worden sind. Lieferung gegen Voreinsendung des Betrages auf das Postscheckkonto Bundesgesetzblatt Köln 3 99-509 oder gegen Vorausrechnung. Preis dieser Ausgabe: 2,60 DM (2,20 DM zuzüglich —,40 DM Versandkosten), bei Lieferung gegen Vorausrechnung 3,— DM. Im Bezugs preis ist die Mehrwertsteuer enthalten; der angewandte Steuersatz betragt 5,5 °/<i.