Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1976  Nr. 109 vom 31.08.1976  - Seite 2437 bis 2438 - Gesetz zur Änderung verwaltungsprozessualer Vorschriften

Gesetz zur Änderung verwaltungsprozessualer Vorschriften Nr. 109 — Tag der Ausgabe: Bonn, den 31. August 1976 2437 Gesetz zur Änderung verwaltungsprozessualer Vorschriften Vom 24. August 1976 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung Die Verwaltungsgerichtsordnung wird wie folgt geändert: 1. § 47 erhält nachstehende Fassung: "§ 47 (1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Bundesbaugesetzes und des Städtebauförderungsgesetzes erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 188 Abs. 2 des Bundesbaugesetzes und auf Grund des § 92 Abs. 2 des Städtebauförderungsgesetzes, 2. von anderen im Range unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt. (2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung einen Nachteil erlitten oder in absehbarer Zeit zu erwarten hat, sowie jede Behörde stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. (3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist. (4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei. (5) Das Oberverwaltungsgericht legt die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung über die Auslegung revisiblen Rechts vor, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder 2. das Oberverwaltungsgericht von der Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes abweichen will. Der Beschluß über die Vorlegung ist den Beteiligten bekanntzumachen. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nur über die Rechtsfrage. (6) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für nichtig; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend. (7) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist." 2. § 76 fällt weg. 3. § 136 erhält folgende Fassung: "§ 136 Gegen Urteile nach §§ 47, 123 Abs. 4 ist die Revision nicht zulässig." Artikel 2 Änderung der Finanzgerichtsordnung Die Finanzgerichtsordnung wird wie folgt geändert: 1. § 5 Abs. 3 Satz 2 wird wie folgt gefaßt: "Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Vorbescheiden (§ 90 Abs. 3) wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit." 2. § 46 wird wie folgt geändert: a) In Absatz 1 Satz 1 werden die Worte "innerhalb der Fristen des Absatzes 2" gestrichen. b) Absatz 2 fällt weg. c) Absatz 3 wird Absatz 2 und erhält nachstehende Fassung: "(2) Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt für die Fälle sinngemäß, in denen geltend gemacht wird, daß eine der in § 349 Abs. 3 der Abgabenord- 2438 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1976, Teil I nung genannten Stellen über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat." 3. § 105 Abs. 4 Satz 1 wird wie folgt gefaßt: "Im. Fall einer Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt der in den §§ 348, 349 der Ab-gabenordnung bezeichneten Art kann das Gericht bei einem Wert des Streitgegenstandes bis fünfhundert Deutsche Mark die Darstellung des Tatbestandes auf die Wiedergabe des Klagebegehrens beschränken und, soweit es der Begründung der Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf folgt und dies in seinem Urteil feststellt, von der Darstellung der Entscheidungsgründe absehen." Artikel 3 Änderung des Sozialgerichtsgesetzes Das Sozialgerichtsgesetz wird wie folgt geändert: 1. § 88 Abs. 2 Satz 2 fällt weg. 2. § 110 erhält folgenden Absatz 2: "(2) Das Gericht kann Sitzungen auch außerhalb des Cerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist." Artikel 4 Übergangsvorschrift (1) Auf einen Antrag nach § 47 der Verwaltungsgerichtsordnung, der vor dem 1. Januar 1977 gestellt worden ist, sind die bisher geltenden Vorschriften anzuwenden. (2) Die Zulässigkeit der Klage nach § 75 der Verwaltungsgerichtsordnung, § 46 der Finanzgerichtsordnung und § 88 des Sozialgerichtsgesetzes richtet sich nach den bisher geltenden Vorschriften, wenn am 1. Januar 1977 ein Jahr seit der Einlegung des außergerichtlichen Rechtsbehelfs oder seit der Stellung des Antrags auf Vornahme des Verwaltungsaktes verstrichen war. Artikel 5 Berlin-Klausel Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Artikel 6 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1977 in Kraft. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 24. August 1976 Für den Bundespräsidenten Der Präsident des Bundesrates Osswald Der Stellvertreter des Bundeskanzlers Genscher Der Bundesminister der Justiz Dr. Vogel für Der Bundesminister Arbeit und Sozial Ordnung Walter Arendt