Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1985  Nr. 60 vom 19.12.1985  - Seite 2226 bis 2228 - Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht und zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht und zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes 2226 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1985, Teil I Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht und zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes Vom 12. Dezember 1985 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1971 (BGBl. I S. 105), zuletzt geändert durch Artikel 33 des Gesetzes vom 22. Dezember 1983 (BGBl. I S. 1532, 1566), wird wie folgt geändert: 1. Dem § 1 wird angefügt: "(3) Das Bundesverfassungsgericht gibt sich eine Geschäftsordnung, die das Plenum beschließt." 2. § 15 wird wie folgt geändert: a) Absatz 1 Satz 2 wird wie folgt gefaßt: "Sie werden von dem dienstältesten, bei gleichem Dienstalter von dem lebensältesten anwesenden Richter des Senats vertreten." b) Absatz 2 wird wie folgt gefaßt: "(2) Jeder Senat ist beschlußfähig, wenn mindestens sechs Richter anwesend sind. Ist ein Senat in einem Verfahren von besonderer Dringlichkeit nicht beschlußfähig, ordnet der Vorsitzende ein Losverfahren an, durch das so lange Richter des anderen Senats als Vertreter bestimmt werden, bis die Mindestzahl erreicht ist. Die Vorsitzenden der Senate können nicht als Vertreter bestimmt werden. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung." c) Absatz 2 Satz 2 bis 4 wird Absatz 3. 3. Nach § 15 wird eingefügt: "§15a (1) Die Senate berufen für die Dauer eines Geschäftsjahres mehrere Kammern. Jede Kammer besteht aus drei Richtern. Die Zusammensetzung einer Kammer soll nicht länger als drei Jahre unverändert bleiben. (2) Der Senat beschließt vor Beginn eines Geschäftsjahres für dessen Dauer die Verteilung der Verfassungsbeschwerden (§§ 93 a und 93 b) auf die Berichterstatter, die Zahl und Zusammensetzung der Kammern sowie die Vertretung ihrer Mitglieder." 4. Dem § 19 wird angefügt: "(4) Hat das Bundesverfassungsgericht die Ablehnung oder Selbstablehnung eines Richters für begründet erklärt, wird durch Los ein Richter des anderen Senats als Vertreter bestimmt. Die Vorsit- zenden der Senate können nicht als Vertreter bestimmt werden. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung." 5. § 30 wird wie folgt geändert: a) Absatz 1 wird nach Satz 2 wie folgt gefaßt: "Sie ist sodann, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, unter Mitteilung der wesentlichen Entscheidungsgründe öffentlich zu verkünden. Der Termin zur Verkündung einer Entscheidung kann in der mündlichen Verhandlung bekanntgegeben oder nach Abschluß der Beratungen festgelegt werden; in diesem Fall ist er den Beteiligten unverzüglich mitzuteilen. Zwischen dem Abschluß der mündlichen Verhandlung und der Verkündung der Entscheidung sollen nicht mehr als drei Monate liegen. Der Termin kann durch Beschluß des Bundesverfassungsgerichts verlegt werden." b) Absatz 2 Satz 3 wird wie folgt gefaßt: "Das Nähere regelt die Geschäftsordnung." 6. In § 32 Abs. 5 Satz 1 und Abs. 6 Satz 3 wird jeweils das Wort "drei" durch das Wort "sechs" ersetzt. 7. § 34 wird wie folgt gefaßt: "§ 34 (1) Das Verfahren des Bundesverfassungsgerichts ist kostenfrei. (2) Wird die Annahme einer Verfassungsbeschwerde abgelehnt (§ 93 b Abs. 1 oder § 93 c) oder eine Verfassungsbeschwerde oder eine Beschwerde nach Artikel 41 Abs. 2 des Grundgesetzes verworfen (§ 24), so kann das Bundesverfassungsgericht dem Beschwerdeführer eine Gebühr bis zu 1 000 Deutsche Mark auferlegen. Die Entscheidung über die Gebühr und über ihre Höhe ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des Gewichts der geltend gemachten Gründe, der Bedeutung des Verfahrens für den Beschwerdeführer und seiner Vermögens- und Einkommensverhältnisse zu treffen. Das Bundesverfassungsgericht kann dem Antragsteller nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 eine Gebühr auferlegen, wenn es einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung zurückweist. (3) Von der Auferlegung einer Gebühr ist. abzusehen, wenn sie unbillig wäre. (4) Das Bundesverfassungsgericht kann eine erhöhte Gebühr bis zu 5 000 Deutsche Mark auferlegen, wenn die Einlegung der Verfassungs- Nr. 60 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 19. Dezember 1985 2227 beschwerde oder der Beschwerde nach Artikel 41 Abs. 2 des Grundgesetzes einen Mißbrauch darstellt oder wenn ein Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung (§ 32) mißbräuchlich gestellt ist. (5) Für die Einziehung der Gebühren gilt § 59 Abs. 1 der Bundeshaushaltsordnung entsprechend. (6) Der Berichterstatter kann dem Beschwerdeführer aufgeben, binnen eines Monats einen Vorschuß auf die Gebühr nach Absatz 2 Satz 1 zu zahlen. Der Berichterstatter hebt die Anordnung auf oder ändert sie ab, wenn der Beschwerdeführer nachweist, daß er den Vorschuß nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Die Anordnungen des Berichterstatters sind unanfechtbar." 8. Nach § 34 wird eingefügt: "§34a (1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen. (2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten. (3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen." 9. In § 63 wird die Textstelle "der Ausschuß nach Artikel 45 des Grundgesetzes," gestrichen. 10. § 93 a wird wie folgt gefaßt: "§ 93 a Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung." 11. Nach § 93 a werden eingefügt: "§ 93 b (1) Die Kammer kann durch einstimmigen Beschluß die Annahme der Verfassungsbeschwerde ablehnen, wenn 1. der Beschwerdeführer den ihm aufgegebenen Vorschuß (§ 34 Abs. 6) nicht oder nicht rechtzeitig gezahlt hat, 2. die Verfassungsbeschwerde unzulässig ist oder aus anderen Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder 3. zu erwarten ist, daß der Senat die Verfassungsbeschwerde nach § 93 c Satz 2 nicht annehmen wird. Der Beschluß ist unanfechtbar. (2) Die Kammer kann durch einstimmigen Beschluß der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist, weil das Bundesverfassungsgericht die hierfür maßgebliche verfassungsrechtliche Frage bereits entschieden hat. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht vereinbar oder unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten. (3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zur Begründung des Beschlusses, durch den die Annahme der Verfassungsbeschwerde abgelehnt wird, genügt ein Hinweis auf den für die Ablehnung maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkt. § 93 c Hat die Kammer weder die Annahme der Verfassungsbeschwerde abgelehnt noch der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so entscheidet der Senat über die Annahme. Er nimmt die Verfassungsbeschwerde an, wenn mindestens zwei Richter der Auffassung sind, daß von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage zu erwarten ist oder dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entsteht. § 93 b Abs. 3 gilt entsprechend." 12. Nach § 95 wird eingefügt: "§95a Auf das Verfahren nach § 93 b Abs. 2 finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 Und 2 Anwendung." 13. § 98 wird wie folgt geändert: a) Absatz 2 wird wie folgt gefaßt: "(2) Ein Richter des Bundesverfassungsgerichts ist bei dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen." b) Absatz 3 wird wie folgt gefaßt: "(3) Ein Richter des Bundesverfassungsgerichts ist auf Antrag ohne Nachweis der Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn er sein Amt als Richter des Bundesverfassungsgerichts wenigstens sechs Jahre bekleidet hat und wenn er 1. das 65. Lebensjahr vollendet hat oder 2. Schwerbehinderter im Sinne des § 1 des Schwerbehindertengesetzes ist und das 60. Lebensjahr vollendet hat." c) Absatz 4 wird wie folgt gefaßt: "(4) In den Fällen des Absatzes 3 gilt § 4 Abs. 4 sinngemäß." d) Die bisherigen Absätze 3 und 4 werden Absätze 5 und 6. 2228 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1985, Teil I Artikel 2 Das Deutsche Richtergesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. April 1972 (BGBl. I S. 713), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 25. Juli 1984 (BGBl. I S. 998), wird wie folgt geändert: a) § 48 wird wie folgt gefaßt: "§ 48 Eintritt in den Ruhestand (1) Die Richter auf Lebenszeit treten mit dem Ende des Monats in den Ruhestand, in dem sie das fünfundsechzigste Lebensjahr vollenden. (2) Der Eintritt in den Ruhestand kann nicht hinausgeschoben werden. (3) Ein Richter auf Lebenszeit ist auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen 1. frühestens mit Vollendung des zweiundsechzigsten Lebensjahres oder 2. als Schwerbehinderter im Sinne des § 1 des Schwerbehindertengesetzes frühestens mit Vollendung des sechzigsten Lebensjahres. Dem Antrag nach Nummer 2 darf nur entsprochen werden, wenn sich der Richter unwiderruflich dazu verpflichtet, nicht mehr als durchschnittlich im Monat 425 Deutsche Mark aus Beschäftigungen oder Erwerbstätigkeiten hinzuzuverdienen." b) § 70 wird wie folgt gefaßt: "§70 Bundesrichter als Richter des Bundesverfassungsgerichts (1) Die Rechte und Pflichten eines Richters an den obersten Gerichtshöfen des Bundes ruhen, solange er Mitglied des Bundesverfassungsgerichts ist. (2) Er ist auf seinen Antrag auch als Richter an einem obersten Gerichtshof des Bundes zu dem Zeitpunkt in den Ruhestand zu versetzen, zu dem sein Amt als Richter des Bundesverfassungsgerichts nach Maßgabe des § 98 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht endet." 2. Es wird folgende Übergangsregelung getroffen: Abweichend von § 48 Abs. 1 des Deutschen Richtergesetzes treten die Richter auf Lebenszeit an den obersten Gerichtshöfen des Bundes, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes 1. das fünfundsechzigste Lebensjahr vollendet haben, mit dem Ende des Monats, in dem sie das achtundsechzigste Lebensjahr vollenden, 2. das zweiundsechzigste Lebensjahr vollendet haben, mit dem Ende des Monats, in dem sie das siebenundsechzigste Lebensjahr vollenden, 3. das sechzigste Lebensjahr vollendet haben, mit dem Ende des Monats, in dem sie das sechsundsechzigste Lebensjahr vollenden, in den Ruhestand. Artikel 3 Der Bundesminister der Justiz kann den Wortlaut des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht in der vom 1. Januar 1986 an geltenden Fassung im Bundesgesetzblatt bekanntmachen. Artikel 4 (1) Artikel 2 Nr. 1 Buchstabe a und Nr. 2 gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes auch im Land Berlin. (2) Im übrigen findet dieses Gesetz auch auf Berlin Anwendung, soweit das Grundgesetz für das Land Berlin gilt oder die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts durch ein Gesetz Berlins in Übereinstimmung mit diesem Gesetz begründet wird. Artikel 5 (1) Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1986 in Kraft. (2) Artikel 1 Nr. 7 bleibt in den bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits anhängigen Verfahren außer Betracht. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und wird im Bundesgesetzblatt verkündet. Bonn, den 12. Dezember 1985 Der Bundespräsident Weizsäcker Der Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl Der Bundesminister der Justiz Engelhard