Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1989  Nr. 35 vom 14.07.1989  - Seite 1384 bis 1386 - Gesetz über den Beruf der Rettungsassistentin und des Rettungsassistenten (Rettungsassistentengesetz - RettAssG)

Gesetz über den Beruf der Rettungsassistentin und des Rettungsassistenten (Rettungsassistentengesetz – RettAssG) 1384 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1989, Teil I Gesetz über den Beruf der Rettungsassistentin und des Rettungsassistenten (Rettungsassistentengesetz - RettAssG) Vom 10. Juli 1989 Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: I. Abschnitt Erlaubnis §1 Wer die Berufsbezeichnung "Rettungsassistentin" oder "Rettungsassistent" führen will, bedarf der Erlaubnis. §2 (1) Die Erlaubnis nach § 1 ist auf Antrag zu erteilen, wenn der Antragsteller 1. a) an dem Lehrgang nach § 4 oder an dem Ergän- zungslehrgang nach § 8 Abs. 3 teilgenommen und die staatliche Prüfung bestanden hat sowie b) die praktische Tätigkeit nach § 7 erfolgreich abgeleistet hat, 2. sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt und 3. nicht wegen eines körperlichen Gebrechens, wegen Schwäche seiner geistigen oder körperlichen Kräfte oder wegen einer Sucht zur Ausübung des Berufs unfähig oder ungeeignet ist. (2) Eine außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes erworbene abgeschlossene Ausbildung erfüllt die Voraussetzung nach Absatz 1 Nr. 1, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes anerkannt wird. II. Abschnitt Ausbildung §3 Die Ausbildung soll entsprechend der Aufgabenstellung des Berufs als Helfer des Arztes insbesondere dazu befä- higen, am Notfallort bis zur Übernahme der Behandlung durch den Arzt lebensrettende Maßnahmen bei Notfallpatienten durchzuführen, die Transportfähigkeit solcher Patienten herzustellen, die lebenswichtigen Körperfunktionen während des Transports zum Krankenhaus zu beobachten und aufrechtzuerhalten sowie kranke, verletzte und sonstige hilfsbedürftige Personen, auch soweit sie nicht Notfallpatienten sind, unter sachgerechter Betreuung zu befördern (Ausbildungsziel). §4 Der Lehrgang besteht aus mindestens 1 200 Stunden theoretischer und praktischer Ausbildung und dauert, sofern er in Vollzeitform durchgeführt wird, zwölf Monate. Er wird von staatlich anerkannten Schulen für Rettungsassistenten durchgeführt und schließt mit der staatlichen Prüfung ab. §5 Voraussetzung für den Zugang zum Lehrgang nach § 4 ist 1. die Vollendung des 18. Lebensjahres und die gesundheitliche Eignung zur Ausübung des Berufs und 2. der Hauptschulabschluß oder eine gleichwertige Schulbildung oder eine abgeschlossene Berufsausbildung. §6 Auf die Dauer des Lehrgangs nach § 4 werden angerechnet 1. Ferien, 2. Unterbrechungen durch Schwangerschaft, Krankheit oder aus anderen, von der Schülerin oder vom Schüler nicht zu vertretenden Gründen bis zur Gesamtdauer von 120 Stunden oder, sofern der Lehrgang in Vollzeitform durchgeführt wird, von vier Wochen, bei einem verkürzten Lehrgang nach § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 35 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 14. Juli 1989 1385 Satz 1 oder Abs. 4 bis zu höchstens 60 Stunden oder, sofern der Lehrgang in Vollzeitform durchgeführt wird, von zwei Wochen. Auf Antrag können auch darüber hinausgehende Fehlzeiten berücksichtigt werden, soweit eine besondere Härte vorliegt und das Ausbildungsziel durch die Anrechnung nicht gefährdet wird. §7 (1) Die praktische Tätigkeit umfaßt mindestens 1 600 Stunden und dauert, sofern sie in Vollzeitform abgeleistet wird, zwölf Monate. Sie ist nach bestandener staatlicher Prüfung in einer von der zuständigen Behörde zur Annahme von Praktikanten ermächtigten Einrichtung des Rettungsdienstes abzuleisten. (2) Die Ermächtigung zur Annahme von Praktikanten nach Absatz 1 setzt voraus, daß die Einrichtung auf Grund ihres Einsatzbereichs, ihrer personellen Besetzung und ihrer der medizinischen Entwicklung entsprechenden technischen Ausstattung geeignet ist, eine dem Ausbildungsziel (§ 3) und der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung (§ 10) gemäße praktische Tätigkeit unter Aufsicht einer Rettungsassistentin oder eines Rettungsassistenten zu ermöglichen. Rettungswachen sind nur dann geeignet im Sinne des Satzes 1, wenn in ihrem Einsatzbereich ein Notarztdienst eingerichtet ist oder sie sonst mit einem Notarztdienst verbunden sind. (3) Wird die praktische Tätigkeit nach Absatz 1 außer durch Urlaub um mehr als 160 Stunden oder, sofern sie in Vollzeitform abgeleistet wird, von mehr als vier Wochen, unterbrochen, ist die über diese Frist hinausgehende Zeit nachzuholen. Dies gilt entsprechend, wenn eine nach § 8 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 5 verkürzte praktische Tätigkeit um mehr als 80 Stunden oder mehr als zwei Wochen unterbrochen wird. § 6 letzter Satz gilt entsprechend. §8 (1) Die zuständige Behörde kann auf Antrag eine andere Ausbildung im Umfang ihrer Gleichwertigkeit auf die Dauer des Lehrgangs nach § 4 anrechnen, wenn die Durchführung des Lehrgangs und die Erreichung des Ausbildungsziels dadurch nicht gefährdet werden. Eine außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeleistete praktische Tätigkeit kann im Umfang ihrer Gleichwertigkeit ganz oder teilweise auf die praktische Tätigkeit nach § 7 angerechnet werden. (2) Die zuständige Behörde hat auf Antrag eine nach den vom Bund/Länderausschuß "Rettungswesen" am 20. September 1977 beschlossenen "Grundsätzen zur Ausbildung des Personals im Rettungsdienst" (520-Stun-den-Programm) erfolgreich abgeschlossene Ausbildung als Rettungssanitäter in vollem Umfang auf den Lehrgang nach § 4 anzurechnen. Eine nach Abschluß der in Satz 1 genannten Ausbildung abgeleistete Tätigkeit im Rettungsdienst ist im Umfang ihrer Gleichwertigkeit auf die praktische Tätigkeit nach § 7 anzurechnen. (3) Krankenschwestern, Krankenpfleger, Kinderkrankenschwestern und Kinderkrankenpfleger mit einer Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 des Krankenpflegegesetzes vom 4. Juni 1985 (BGBl. I S. 893) sind auch ohne Teilnahme an einem Lehrgang nach § 4 zur staatlichen Prüfung zuzulassen, wenn sie an einem Ergänzungslehrgang von mindestens 300 Stunden teilgenommen haben. (4) Für Soldaten der Bundeswehr, Polizeivollzugsbeamte des Bundesgrenzschutzes oder der Polizei eines Landes, die 1. die Sanitätsprüfung und den fachlichen Teil der Unteroffizierprüfung für Unteroffiziere im Sanitätsdienst der Bundeswehr, 2. die Fachprüfung für die Verwendung als Sanitätsbeamter im Bundesgrenzschutz oder 3. eine vergleichbare Fachprüfung für die Verwendung im Sanitätsdienst der Polizei eines Landes bestanden haben, wird der Lehrgang nach § 4 auf Antrag um 600 Stunden, sofern er in Vollzeitform durchgeführt wird, um sechs Monate verkürzt. (5) Bei Personen nach Absatz 3 und 4 können Zeiten einer Tätigkeit in der Intensivpflege, in der Anaesthesie oder im Operationsdienst bis zu drei Monaten auf die praktische Tätigkeit nach § 7 Abs. 1 angerechnet werden. §9 Die zuständige Behörde hat auf Antrag eine Ausbildung in den in § 3 genannten Aufgaben und Tätigkeiten, die bei der Feuerwehr erworben worden ist, im Umfang ihrer Gleichwertigkeit auf den Lehrgang nach § 4 und auf die praktische Tätigkeit nach § 7 Abs. 1 entsprechend anzurechnen. Die staatliche Prüfung ist auch in diesen Fällen Voraussetzung für die Erteilung der Erlaubnis nach § 1. §10 Der Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit wird ermächtigt, im Benehmen mit dem Bundesminister für Bildung und Wissenschaft durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates in einer Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten die Mindestanforderungen an den Lehrgang nach § 4, das Nähere über die staatliche Prüfung, über die praktische Tätigkeit nach § 7 und deren erfolgreichen Abschluß, die Voraussetzungen für die Gleichwertigkeit einer Tätigkeit nach § 8 Abs. 2 Satz 2, den Ergänzungslehrgang nach § 8 Abs. 3 sowie über die Urkunde für die Erlaubnis nach § 1 zu regeln. III. Abschnitt Zuständigkeiten §11 (1) Die Entscheidung nach § 2 Abs. 1, § 8 Abs. 3 und § 9 trifft die zuständige Behörde des Landes, in dem der Antragsteller die Prüfung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a abgelegt hat oder ablegen will. (2) Die Entscheidung über die Anrechnung einer Ausbildung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 und über die Verkürzung des Lehrgangs nach § 8 Abs. 4 trifft die zuständige Behörde des Landes, in dem der Antragsteller an einem Lehrgang nach § 4 teilnehmen will oder teilnimmt. 1386 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1989, Teil I tungsdienst abgeleistet haben und die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 und 3 vorliegen. Bei der Berechnung der Stundenzahl sind alle Zeiten zu berücksichtigen, in denen der Antragsteller bei einer mit der Durchführung des Rettungsdienstes beauftragten Organisation oder in Einrichtungen des Rettungsdienstes bei der Feuerwehr im praktischen Einsatz tätig war. (2) Absatz 1 gilt entsprechend für Antragsteller, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes nach landesrechtlichen Vorschriften den Absolventen einer Ausbildung nach dem 520-Stunden-Programm gleichgestellt worden sind. VI. Abschnitt Schlußvorschriften § 14 Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 des Dritten Überleitungsgesetzes auch im Land Berlin. Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes. §15 Dieses Gesetz tritt mit Ausnahme des § 10 am 1. September 1989 in Kraft. § 10 tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und wird im Bundesgesetzblatt verkündet. Bonn, den 10. Juli 1989 Der Bundespräsident Weizsäcker Der Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl Der Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Ursula Lehr (3) Die Entscheidung über die Anrechnung einer praktischen Tätigkeit nach § 8 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 und Abs. 5 trifft die zuständige Behörde des Landes, in dem der Antragsteller die Prüfung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a bestanden hat. IV. Abschnitt Bußgeldvorschrift § 12 Ordnungswidrig handelt, wer ohne Erlaubnis nach § 1 die Berufsbezeichnung "Rettungsassistentin" oder "Rettungsassistent" führt. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Deutsche Mark geahndet werden. V. Abschnitt Übergangsvorschriften § 13 (1) Antragsteller, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes eine Ausbildung als Rettungssanitäter nach dem 520-Stunden-Programm erfolgreich abgeschlossen oder mit einer solchen Ausbildung begonnen und diese nach Inkrafttreten des Gesetzes erfolgreich abgeschlossen haben, erhalten eine Erlaubnis nach § 1, wenn sie eine mindestens 2 000 Stunden umfassende Tätigkeit im Ret-