Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1994  Nr. 45 vom 23.07.1994  - Seite 1566 bis 1568 - Gesetz zur Änderung von Vorschriften über das Schuldnerverzeichnis

Gesetz zur Änderung von Vorschriften über das Schuldnerverzeichnis 1566 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1994, Teil I Gesetz zur Änderung von Vorschriften über das Schuldnerverzeichnis Vom 15. Juli 1994 Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Änderung der Zivilprozeßordnung Die Zivilprozeßordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil Kl, Gliederungsnummer 310-4, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 8 Abs. 3 des Gesetzes vom 24. Juni 1994 (BGBl. I S. 1325), wird wie folgt geändert: 1. § 915 erhält folgende Fassung: "§915 (1) Das Vollstreckungsgericht führt ein Verzeichnis der Personen, die in einem bei ihm anhängigen Verfahren die eidesstattliche Versicherung nach § 807 abgegeben haben oder gegen die nach § 901 die Haft angeordnet ist. In dieses Schuldnerverzeichnis sind auch die Personen aufzunehmen, die eine eidesstattliche Versicherung nach § 284 der Abgabenordnung abgegeben haben. Die Vollstreckung einer Haft ist in dem Verzeichnis zu vermerken, wenn sie sechs Monate gedauert hat. Geburtsdaten der Personen sind, soweit bekannt, einzutragen. (2) Personenbezogene Informationen aus dem Schuldnerverzeichnis dürfen nur für Zwecke der Zwangsvollstreckung verwendet werden, sowie um gesetzliche Pflichten zur Prüfung der wirtschaftlichen Zuverlässigkeit zu erfüllen, um Voraussetzungen für die Gewährung von öffentlichen Leistungen zu prüfen oder um wirtschaftliche Nachteile abzuwenden, die daraus entstehen können, daß Schuldner ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen, oder soweit dies zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist. Die Informationen dürfen nur für den Zweck verwendet werden, für den sie übermittelt worden sind. Nichtöffentliche Stellen sind darauf bei der Übermittlung hinzuweisen." 2. Nach § 915 werden folgende neue §§ 915a bis 915h eingefügt: "§915a (1) Eine Eintragung im Schuldnerverzeichnis wird nach Ablauf von drei Jahren seit dem Ende des Jahres gelöscht, in dem die eidesstattliche Versicherung abgegeben, die Haft angeordnet oder die sechsmonatige Haftvollstreckung beendet worden ist. (2) Eine Eintragung im Schuldnerverzeichnis wird vorzeitig gelöscht, wenn 1. die Befriedigung des Gläubigers, der gegen den Schuldner das Verfahren zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung betrieben hat, nachgewiesen worden ist oder 2. der Wegfall des Eintragungsgrundes dem Vollstreckungsgericht bekanntgeworden ist. §915b (1) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle erteilt auf Antrag Auskunft, welche Angaben über eine bestimmte Person in dem Schuldnerverzeichnis eingetragen sind, wenn dargelegt wird, daß die Auskunft für einen der in § 915 Abs. 2 bezeichneten Zwecke erforderlich ist. Ist eine Eintragung vorhanden, so ist auch das Datum des in Absatz 2 genannten Ereignisses mitzuteilen. (2) Sind seit dem Tage der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, der Anordnung der Haft oder der Beendigung der sechsmonatigen Haftvollstreckung drei Jahre verstrichen, so gilt die entsprechende Eintragung als gelöscht. §915c Gegen Entscheidungen über Eintragungen, Löschungen und Auskunftsersuchen findet die Beschwerde nicht statt. §915d (1) Aus dem Schuldnerverzeichnis können nach Maßgabe des § 915e auf Antrag Abdrucke zum laufenden Bezug erteilt werden, auch durch Übermittlung in einer nur maschinell lesbaren Form. Bei der Übermittlung in einer nur maschinell lesbaren Form gelten die von der Landesjustizverwaltung festgelegten Datenübertragungsregeln. (2) Die Abdrucke sind vertraulich zu behandeln und dürfen Dritten nicht zugänglich gemacht werden. (3) Nach der Beendigung des laufenden Bezugs sind die Abdrucke unverzüglich zu vernichten; Auskünfte dürfen nicht mehr erteilt werden. §915e (1) Abdrucke erhalten a) Industrie- und Handelskammern sowie Körperschaften des öffentlichen Rechts, in denen Angehörige eines Berufes kraft Gesetzes zusammengeschlossen sind (Kammern), b) Antragsteller, die Abdrucke zur Errichtung und Führung zentraler bundesweiter oder regionaler Schuldnerverzeichnisse verwenden, oder c) Antragsteller, deren berechtigtem Interesse durch Einzelauskünfte, insbesondere aus einem Verzeichnis nach Buchstabe b, oder durch den Bezug von Listen (§ 915f) nicht hinreichend Rechnung getragen werden kann. (2) Die Kammern dürfen ihren Mitgliedern oder den Mitgliedern einer anderen Kammer Auskünfte erteilen. Andere Bezieher von Abdrucken dürfen Auskünfte erteilen, soweit dies zu ihrer ordnungsgemäßen Tätigkeit gehört. § 915d gilt entsprechend. Die Auskünfte dürfen auch im automatisierten Abrufverfahren erteilt werden, soweit diese Form der Datenübermittlung unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen wegen der Vielzahl der Übermittlungen oder wegen ihrer besonderen Eilbedürftigkeit angemessen ist. Nr. 45 - Tag der Ausgabe: (3) Die Kammern dürfen die Abdrucke in Listen zusammenfassen oder hiermit Dritte beauftragen. Sie haben diese bei der Durchführung des Auftrages zu beaufsichtigen. (4) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Buchstabe b und c gilt für nicht-öffentliche Stellen § 38 des Bundesdatenschutzgesetzes mit der Maßgabe, daß die Aufsichtsbehörde auch die Verarbeitung und Nutzung dieser personenbezogenen Daten in oder aus Akten überwacht und auch überprüfen kann, wenn ihr keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß eine Vorschrift über den Datenschutz verletzt ist. Entsprechendes gilt für nicht-öffentliche Stellen, die von den in Absatz 1 genannten Stellen Auskünfte erhalten haben. §915f (1) Die nach § 915e Abs. 3 erstellten Listen dürfen den Mitgliedern von Kammern auf Antrag zum laufenden Bezug überlassen werden. Für den Bezug der Listen gelten die §§ 915d und 915e Abs. 1 Buchstabe c entsprechend. (2) Die Bezieher der Listen dürfen Auskünfte nur jemandem erteilen, dessen Belange sie kraft Gesetzes oder Vertrags wahrzunehmen haben. (3) Listen sind unverzüglich zu vernichten, soweit sie durch neue ersetzt werden. (4) § 915e Abs. 4 gilt entsprechend. §915g (1) Für Abdrucke, Listen und Aufzeichnungen über eine Eintragung im Schuldnerverzeichnis, die auf der Verarbeitung von Abdrucken oder Listen oder auf Auskünften über Eintragungen im Schuldnerverzeichnis beruhen, gilt § 915a Abs. 1 entsprechend. (2) Über vorzeitige Löschungen (§ 915a Abs. 2) sind die Bezieher von Abdrucken innerhalb eines Monats zu unterrichten. Sie unterrichten unverzüglich die Bezieher von Listen (§ 915f Abs. 1 Satz 1). In den auf Grund der Abdrucke und Listen erstellten Aufzeichnungen sind die Eintragungen unverzüglich zu löschen. §915h (1) Das Bundesministerium der Justiz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates 1. Vorschriften über den Inhalt des Schuldnerverzeichnisses, über den Bezug von Abdrucken nach den §§ 915d, 915e und das Bewilligungsverfahren sowie den Bezug von Listen nach § 915f Abs. 1 zu erlassen, 2. Einzelheiten der Einrichtung und Ausgestaltung automatisierter Abrufverfahren nach § 915e Abs. 2 Satz 4, insbesondere der Protokollierung der Abrufe für Zwecke der Datenschutzkontrolle, zu regeln, 3. die Erteilung und Aufbewahrung von Abdrucken aus dem Schuldnerverzeichnis, die Anfertigung, Verwendung und Weitergabe von Listen, die Mitteilung und den Vollzug von Löschungen und den Ausschluß vom Bezug von Abdrucken und Listen näher zu regeln, um die ordnungsgemäße Behandlung der Mitteilungen, den Schutz vor unbefugter Verwendung und die rechtzeitige Löschung von Eintragungen sicherzustellen, Bonn, den 23. Juli 1994 1567 4. zur Durchsetzung der Vemichtungs- und Löschungspflichten im Falle des Widerrufs der Bewilligung die Verhängung von Zwangsgeldem vorzusehen; das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 50 000 Deutsche Mark nicht übersteigen. (2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, daß 1. anstelle des Schuldnerverzeichnisses bei den einzelnen Vollstreckungsgerichten oder neben diesen ein zentrales Schuldnerverzeichnis für die Bezirke mehrerer Amtsgerichte bei einem Amtsgericht geführt wird und die betroffenen Vollstreckungsgerichte diesem Amtsgericht die erforderlichen Daten mitzuteilen haben; 2. bei solchen Verzeichnissen automatisierte Abrufverfahren eingeführt werden, soweit dies unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange des betroffenen Schuldners und der beteiligten Stellen angemessen ist; die Rechtsverordnung hat Maßnahmen zur Datenschutzkontrolle und Datensicherung vorzusehen. Sie werden ermächtigt, diese Befugnisse auf die Landesjustizverwaltungen zu übertragen." Artikel 2 Änderung der Konkursordnung § 107 Abs. 2 der Konkursordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 311 -4, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch Artikel 7 Abs. 8 des Gesetzes vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2847) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. In Satz 1 wird hinter dem Wort "ist" angefügt: "(Schuldnerverzeichnis)". 2. Satz 2 entfällt. 3. Satz 3 wird Satz 2 und wie folgt gefaßt: "§ 915 Abs. 2, § 915a Abs. 1, 2 Nr. 2, §§ 915b bis 915h der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend; die Löschungsfrist beträgt fünf Jahre." Artikel 3 Änderung der Abgabenordnung § 284 der Abgabenordnung vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 613; 1977 I S. 269), die zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 24. Juni 1994 (BGBl. I S. 1395) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: 1. Absatz 6 Satz 2 wird wie folgt gefaßt: "Die §§ 915a bis 915h der Zivilprozeßordnung sind anzuwenden." 2. In Absatz 7 Satz 2 wird die Paragraphenangabe "§ 915" durch die Paragraphenangabe "§ 915h" ersetzt. Artikel 4 Änderung der Justizbeitreibungsordnung In § 6 Abs. 1 Nr. 1 der Justizbeitreibungsordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 365-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch 1568 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1994, Teil I Artikel 7 Abs. 19 des Gesetzes vom 17. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2847) geändert worden ist, wird die Paragraphenangabe "915" durch die Paragraphenangabe "915h" ersetzt. Artikel 5 Übergangsvorschriften (1) Die Bewilligungen, die gemäß § 915 Abs. 4 Satz 3 der Zivilprozeßordnung in der bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Fassung in Verbindung mit den allgemeinen Vorschriften über die Erteilung und die Entnahme von Abschriften aus den Schuldnerverzeichnissen vom 1. August 1955 (Bundesanzeiger Nr. 156) erteilt worden sind, verlieren mit Ablauf eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes ihre Wirkung. (2) Auf die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes erteilten Abschriften aus dem Schuldnerverzeichnis und Veröffentlichungen solcher Abschriften sind die Vorschriften dieses Gesetzes anzuwenden. Artikel 6 Inkrafttreten (1) Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1995 in Kraft. (2) Artikel 1 Nr. 2 tritt, soweit er § 915h in die Zivilprozeßordnung einfügt, am Tage nach der Verkündung in Kraft. Dasselbe gilt für Artikel 2 Nr. 3, Artikel 3, 4, soweit sie § 915h der Zivilprozeßordnung für anwendbar erklären. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und wird im Bundesgesetzblatt verkündet Berlin, den 15. Juli 1994 Der Bundespräsident Roman Herzog Der Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl Die Bundesministerin der Justiz Leutheusser- Schnarrenberg er Der Bundesminister der Finanzen Theo Waigel