Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1998  Nr. 46 vom 29.07.1998  - Seite 1882 bis 1885 - Ausführungsgesetz zu dem Vertrag vom 24. September 1996 über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen

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1882 Bundesgesetzblatt Jahrgang 1998 Teil I Nr. 46, ausgegeben zu Bonn am 29. Juli 1998 Ausführungsgesetz zu dem Vertrag vom 24. September 1996 über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen Vom 23. Juli 1998 Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: §2 Begleitgruppe (1) Inspektionen nach Artikel IV des Vertrags finden nur in Anwesenheit einer Begleitgruppe statt. Bei Inspektionen im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung wird die Begleitgruppe vom Zentrum für Verifikationsaufgaben der Bundeswehr, im übrigen von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe gestellt. Der Begleitgruppe können Vertreter anderer Bundesbehörden angehören. (2) Der Leiter der Begleitgruppe hat sich dem Verpflichteten gegenüber auszuweisen. Er trifft die zur Durchführung der Inspektion erforderlichen Anordnungen, insbesondere solche zur Durchsetzung der in den §§ 3 und 4 genannten Befugnisse und Mitwirkungsrechte. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen nach Satz 2 haben keine aufschiebende Wirkung. Dem Auswärtigen Amt wird vor der Entscheidung über den Widerspruch Gelegenheit zur Äußerung gegeben. (3) Die Begleitgruppe hat die schutzwürdigen Interessen des Verpflichteten sowie der sonst betroffenen Personen zu berücksichtigen, soweit dies nach den Umständen möglich ist. Dies gilt insbesondere in bezug auf Maßnahmen zum Schutz sicherheitsempfindlicher Einrichtungen und Orte oder vertraulicher Informationen gemäß den im Vertrag genannten Bestimmungen. (4) Der Verpflichtete trägt die ihm aus der Durchführung der Inspektionen entstehenden Kosten selbst, wenn sie nicht nach den Bestimmungen des Vertrags erstattet werden. §3 Inspektionsbefugnisse (1) Soweit es zur Durchführung von Inspektionen nach Artikel IV des Vertrags erforderlich ist, ist die Inspektionsgruppe befugt, nach entsprechender Anordnung 1. Grundstücke und Räume während der üblichen Betriebs- und Geschäftszeiten zu betreten und zu besich- Artikel 1 Ausführungsgesetz zum Nuklearversuchsverbotsvertrag (UVNVAG) §1 Begriffsbestimmungen Im Sinne dieses Gesetzes bedeuten: 1. Vertrag: der Vertrag vom 24. September 1996 über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen einschließlich der gemäß Artikel 2 des Gesetzes zum Vertrag über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen durch Rechtsverordnung in Kraft gesetzten Modifikationen; 2. Organisation: die nach Artikel II des Vertrags errichtete Organisation des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen; 3. Inspektionsgruppe: die von der Organisation mit der Durchführung einer Inspektion beauftragte Gruppe von Inspektoren und Inspektionsassistenten; 4. Inspektionsauftrag: der der Inspektionsgruppe vom Generaldirektor der Organisation nach Artikel IV Abs. 54 des Vertrags erteilte Auftrag zur Durchführung einer bestimmten Inspektion; 5. Inspektionsstätte: Grundstücke oder Räume in dem Gebiet, in dem eine Inspektion nach Artikel IV des Vertrags durchgeführt wird; 6. Beobachter: der Vertreter eines ersuchenden Vertragsstaates oder eines dritten Vertragsstaates, der zur Teilnahme an einer Inspektion nach Artikel IV Abs. 61 des Vertrags zugelassen ist; 7. Verpflichteter: wer Inspektionen nach § 3 zu dulden oder nach § 4 mitzuwirken hat. Bundesgesetzblatt Jahrgang 1998 Teil I Nr. 46, ausgegeben zu Bonn am 29. Juli 1998 tigen, sofern die betroffenen Räume nicht dem Wohnen dienen, 2. Grundstücke und Räume, sofern die betroffenen Räume nicht dem Wohnen dienen, auch außerhalb der üblichen Betriebs- und Geschäftszeiten zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu betreten und zu besichtigen, 3. Grundstücke, Räume oder Wohnungen nach richterlicher Anordnung oder bei Gefahr im Verzug nach Anordnung des Leiters der Begleitgruppe zu durchsuchen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß die Durchsuchung zur Auffindung von Beweismitteln für einen Verstoß gegen Artikel I des Vertrags führen wird, 4. die nach dem Vertrag zugelassene Ausrüstung zu benutzen, 5. den Verpflichteten und dessen Personal zu befragen, 6. Standortbestimmungen, Messungen, Kartierungen, Aufnahmen oder Beobachtungen unter Nutzung der zugelassenen Ausrüstung vorzunehmen, 7. Proben innerhalb der Inspektionsstätte zu entnehmen und zu analysieren oder Proben zur Analyse in von der Organisation festgelegte Laboratorien außerhalb des Inspektionsgebiets weiterzugeben, 8. seismologische Untersuchungen und Überwachungen vorzunehmen, 9. Bohrarbeiten zur Gewinnung radioaktiver Proben durchzuführen. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 eingeschränkt. Die richterliche Anordnung nach Satz 1 Nr. 3 ergeht durch das Landgericht, in dessen Bezirk die Durchsuchung erfolgen soll. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend. (2) Eine Person, die nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 5 Fragen zu beantworten hat, kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. Sie ist über das Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren. (3) Der Beobachter hat das Recht, die Inspektionsgruppe während der Inspektion zu begleiten, soweit es der Leiter der Begleitgruppe gestattet. §4 Mitwirkungspflichten Der Verpflichtete hat die Inspektionsgruppe und die Begleitgruppe bei der Durchführung der Inspektionen zu unterstützen, soweit dies zur Erfüllung der Verpflichtungen nach Artikel IV des Vertrags in Verbindung mit Teil II des Protokolls zum Vertrag erforderlich ist. Er hat 1. auf Verlangen des Leiters der Begleitgruppe einen Inspektionsbeauftragten zu benennen, der befugt ist, alle zur Durchführung der Inspektion erforderlichen betriebsinternen Anweisungen zu geben und Entscheidungen im Namen des Verpflichteten gegenüber dem Leiter der Begleitgruppe und der Inspektionsgruppe zu 1883 treffen, und der für die Erfüllung der Duldungs- und Mitwirkungspflichten nach diesem Gesetz Sorge zu tragen hat, 2. auf Verlangen des Leiters der Begleitgruppe die Inspektionsgruppe in die Inspektionsstätte einzuweisen, 3. der Inspektionsgruppe durch Vorlage geeigneter Unterlagen oder auf sonstige Weise darzulegen, daß Teile und Gegenstände der Inspektionsstätte, zu denen während der Inspektion kein Zugang gewährt wurde, nicht für nach dem Vertrag verbotene Zwecke verwendet wurden oder werden, 4. zur Klärung von Zweifelsfragen beizutragen. In den Fällen des Satzes 2 Nr. 3 und 4 kann er die Mitwirkung verweigern, wenn er sich hierdurch selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. Er ist über sein Recht zur Verweigerung der Mitwirkung zu belehren. §5 Durchführung von Inspektionen Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Einzelheiten der Befugnisse und Mitwirkungspflichten nach den §§ 3 und 4 sowie des Verwaltungsverfahrens zur Durchführung der Inspektionen regeln. §6 Haftung (1) Wird jemand durch ein Mitglied der Inspektionsgruppe oder einen Beobachter geschädigt, haftet für diesen Schaden die Bundesrepublik Deutschland nach den Vorschriften und Grundsätzen des deutschen Rechts, die anwendbar wären, wenn der Schaden durch einen eigenen Bediensteten oder durch eine Handlung oder Unterlassung, für die die Bundesrepublik Deutschland verantwortlich ist, verursacht worden wäre. Satz 1 ist auf Schäden, die von einem Mitglied der Inspektionsgruppe oder einem Beobachter außerhalb der Inspektionstätigkeit verursacht werden, sinngemäß anzuwenden. (2) Ansprüche nach Absatz 1 sind in den Fällen des § 2 Abs. 1 Satz 2 erste Alternative bei den regional zuständigen Wehrbereichsverwaltungen, im übrigen bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe geltend zu machen. Zur Durchsetzung der Ansprüche ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. § 7 Meldepflichten Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, daß zur Erfüllung der Verpflichtungen zur vertrauensbildenden Zusammenarbeit mit der Organisation nach Artikel IV Abs. 68 des Vertrags in Verbindung mit Teil III des Protokolls zum Vertrag chemische Explosionen in der Bundesrepublik Deutschland durch die zuständigen Überwachungsbehörden der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe zu melden sind, und welche Angaben dabei zu machen sind. 1884 Bundesgesetzblatt Jahrgang 1998 Teil I Nr. 46, ausgegeben zu Bonn am 29. Juli 1998 §8 § 10 Strafvorschriften (1) Wer vorsätzlich eine in § 9 Abs. 1 bezeichnete Handlung begeht, die geeignet ist, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Übermittlung und Geheimhaltung von Daten (1) Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe übermittelt dem Auswärtigen Amt über das Bundesministerium für Wirtschaft die auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 7 gemeldeten oder erhobenen Daten, soweit dies zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Vertrag erforderlich ist. (2) Der Leiter der Begleitgruppe übermittelt dem Auswärtigen Amt im Falle des § 2 Abs. 1 Satz 2 erste Alternative über das Bundesministerium der Verteidigung, im Falle des § 2 Abs. 1 Satz 2 zweite Alternative über das Bundesministerium für Wirtschaft alle der Begleitgruppe im Verlauf einer Inspektion bekanntgewordenen Daten, soweit dies zur Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Vertrag erforderlich ist. (3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Behörden dürfen die ihnen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben auf Grund dieses Gesetzes und der zu diesen erlassenen Rechtsverordnungen bekanntgewordenen Daten, einschließlich personenbezogener Daten, an andere Behörden übermitteln, soweit dies zur Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Vertrag oder zur Verfolgung von Straftaten nach diesem Gesetz oder von anderen Straftaten von erheblicher Bedeutung erforderlich ist. (4) Das Auswärtige Amt darf 1. die ihm nach Absatz 1 übermittelten Daten an die Organisation übermitteln, soweit dies zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Vertrag erforderlich ist, 2. die ihm von der Organisation mitgeteilten Daten, einschließlich personenbezogener Daten, an andere Behörden übermitteln, soweit dies erforderlich ist, a) um diesen im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Überprüfung der Einhaltung des Vertrags durch die Vertragsstaaten zu ermöglichen oder b) zur Verfolgung von Straftaten nach diesem Gesetz oder von anderen Straftaten von erheblicher Bedeutung. (5) Die in den Absätzen 1, 2 und 3 genannten Behörden dürfen die übermittelten Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie übermittelt worden sind. Sie haben die im Vertrag enthaltenen Bestimmungen zum Schutz vertraulicher Daten einzuhalten. Eine Verwendung für andere Zwecke ist zulässig, soweit die Daten auch dafür hätten übermittelt werden dürfen. §9 Bußgeldvorschriften (1) Ordnungwidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. einer vollziehbaren Anordnung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 oder 2. einer Vorschrift des § 4 Satz 2 über eine dort genannte Mitwirkungspflicht zuwiderhandelt. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 50 000 Deutsche Mark geahndet werden. (3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Artikel 2 Änderung des Strafgesetzbuches Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. März 1987 (BGBl. I S. 945, 1160), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 16. Juni 1998 (BGBl. I S. 1311), wird wie folgt geändert: 1. In § 5 wird folgende Nummer 11a eingefügt: ,,11a. Straftaten nach § 328 Abs. 2 Nr. 3 und 4, Abs. 4 und 5, auch in Verbindung mit § 330, wenn der Täter zur Zeit der Tat Deutscher ist;". 2. § 328 wird wie folgt geändert: a) In Absatz 2 werden in Nummer 1 das Wort ,,oder" und in Nummer 2 der Punkt jeweils durch ein Komma ersetzt und folgende Nummern 3 und 4 angefügt: ,,3. eine nukleare Explosion verursacht oder 4. einen anderen zu einer in Nummer 3 bezeichneten Handlung verleitet oder eine solche Handlung fördert." b) Nach Absatz 5 wird folgender Absatz 6 angefügt: ,,(6) Die Absätze 4 und 5 gelten nicht für Taten nach Absatz 2 Nr. 4." 3. § 330b Abs. 1 wird wie folgt geändert: a) In Satz 1 wird die Angabe ,,§ 330a Abs. 1 bis 4" durch die Angabe ,,§ 330a Abs. 1, 3 und 4" ersetzt. b) In Satz 2 wird die Angabe ,,§ 330a Abs. 4" durch die Angabe ,,§ 330a Abs. 5" ersetzt. Artikel 2a Neufassung des Strafgesetzbuches Das Bundesministerium der Justiz kann den Wortlaut des Strafgesetzbuches in der vom 1. Januar 1999 an geltenden Fassung im Bundesgesetzblatt bekanntmachen. Artikel 3 Inkrafttreten (1) Artikel 2 und 2a dieses Gesetzes treten am Tage nach der Verkündung in Kraft. Im übrigen tritt dieses Gesetz an dem Tage in Kraft, an dem der Vertrag vom 24. September 1996 über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen nach seinem Artikel XIV in Kraft tritt. (2) Der Tag des Inkrafttretens des in Absatz 1 Satz 2 genannten Vertrags ist im Bundesgesetzblatt bekanntzugeben. Bundesgesetzblatt Jahrgang 1998 Teil I Nr. 46, ausgegeben zu Bonn am 29. Juli 1998 Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und wird im Bundesgesetzblatt verkündet. 1885 Berlin, den 23. Juli 1998 Der Bundespräsident Roman Herzog Der Stellvertreter des Bundeskanzlers Kinkel Der Bundesminister des Auswärtigen Kinkel Der Bundesminister der Justiz Schmidt-Jortzig Der Bundesminister für Wirtschaft Rexrodt Der Bundesminister der Verteidigung Volker Rühe