Landwirtschaftsgesetz
Bundesgesetzblatt
565
Teill
1955
Ausgegeben zu Bonn am 6. September 1955
Nr. 31
Tag Inhalt: Seite
5. 9.55 Landwirtschaftsgesetz .................................................................. 565
31. 8. 55 Gesetz über den Verkehr mit Fischen und Fischwaren (Fischgesetz) ...................... 567
5. 9. 55 Zweites Gesetz zur Änderung und Aufhebung von Durchführungsverordnungen zum Bremischen Übergangsgesetz zur Regelung der Gewerbefreiheit............................. 571
3. 9.55 Zweite Verordnung über den Aufruf von Entschädigungsansprüchen nach dem Bundesergänzungsgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (2. AV-BEG).................................................................................. 572
Landwirtschaftsgesetz.
Vom 5. September 1955.
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1 Um der Landwirtschaft die Teilnahme an der fortschreitenden Entwicklung der deutschen Volkswirtschaft und um der Bevölkerung die bestmögliche Versorgung mit Ernährungsgütern zu sichern, ist die Landwirtschaft mit den Mitteln der allgemeinen Wirtschafts- und Agrarpolitik – insbesondere der Handels-, Steuer-, Kredit- und Preispolitik ¦–- in den Stand zu setzen, die für sie bestehenden naturbedingten und wirtschaftlichen Nachteile gegenüber anderen Wirtschaftsbereichen auszugleichen und ihre Produktivität zu steigern. Damit soll gleichzeitig die soziale Lage der in der Landwirtschaft tätigen Menschen an die vergleichbarer Berufsgruppen angeglichen werden.
§ 2
(1) Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Bundesminister) stellt jährlich für das abgelaufene landwirtschaftliche Wirtschaftsjahr den Ertrag und Aufwand landwirtschaftlicher Betriebe, gegliedert nach Betriebsgrößen, -typen, -Systemen und Wirtschaftsgebieten, fest. Er stellt zu diesem Zweck die Betriebsergebnisse von 6000 bis 8000 landwirtschaftlichen Betrieben zusammen und wertet sie aus. Die Auskünfte sind freiwillig.
(2) Zur Feststellung der Lage der Landwirtschaft und ihrer einzelnen Gruppen sind außerdem laufend alle hierzu geeigneten Unterlagen der volkswirtschaftlichen Statistik ¦– insbesondere Index-Vergleiche – und der landwirtschaftlichen Betriebswirtschaft heranzuziehen.
§ 3
Zur Beratung bei der Anlage, Durchführung und Auswertung der Erhebungen und Unterlagen bedient sich der Bundesminister eines von ihm zu berufenden Beirats, der sich im wesentlichen aus Sachverständigen der landwirtschaftlichen Betriebs-
wirtschaft einschließlich einer angemessenen Anzahl praktischer Landwirte zusammensetzt.
§ 4
Die Bundesregierung legt mit dem Ergebnis der Feststellungen des Bundesministers (§ 2) bis zum 15. Februar eines jeden Jahres – erstmals bis zum 15. Februar 1956 –- dem Bundestag und dem Bundesrat einen "Bericht über die Lage der Landwirtschaft" vor. Der Bericht enthält eine Stellungnahme dazu, inwieweit
a) ein den Löhnen vergleichbarer Berufs- und Tarifgruppen entsprechender Lohn für die fremden und familieneigenen Arbeitskräfte – umgerechnet auf notwendige Vollarbeitskräfte –,
b) ein angemessenes Entgelt für die Tätigkeit des Betriebsleiters (Betriebsleiterzuschlag) und
c) eine angemessene Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals
erzielt sind; dabei ist im wesentlichen von Betrieben mit durchschnittlichen Produktionsbedingungen auszugehen, die bei ordnungsmäßiger Führung die wirtschaftliche Existenz einer bäuerlichen Familie nachhaltig gewährleisten.
§ 5
Mit ihrem Bericht äußert sich die Bundesregierung, welche Maßnahmen sie zur Durchführung des § 1 – insbesondere im Hinblick auf ein etwaiges Mißverhältnis zwischen Ertrag und Aufwand unter Einschluß der Aufwandsposten gemäß § 4 – getroffen hat oder zu treffen beabsichtigt; hierbei ist auf eine Betriebsführung abzustellen, die auf eine nachhaltige Ertragssteigerung gerichtet ist.
§ 6
Soweit zur Durchführung der nach § 5 beabsichtigten Maßnahmen Bundesmittel erforderlich sind, stellt die Bundesregierung die hierzu notwendigen Beträge vorsorglich in den Entwurf des Bundeshaushaltsplans für das jeweilige Rechnungsjahr ein.
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Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1955, Teil I
§ 7
(1) Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse sind von den mit der Durchführung des Feststellungsverfahrens (§ 2) amtlich betrauten Stellen und Personen geheimzuhalten. Die Vorschriften der §§ 175, 179, 188 Abs. 1 und des § 189 der Reichsabgabenordnung vom 22. Mai 1931 (Reichsgesetzbl. I S. 161) über Beistands- und Anzeigepflichten gegenüber den Finanzämtern gelten insoweit nicht für diese Stellen und Personen.
(2) Auf die im Besitz des Steuerpflichtigen befindlichen Aufzeichnungen oder Unterlagen, die für die Zwecke des Feststellungsverfahrens gefertigt worden sind, findet § 171 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung keine Anwendung. Diese Aufzeichnungen und Unterlagen gelten nicht als Bücher im Sinne
des § 1 Nr. 2 der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittsätzen für die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft vom 2. Juni 1949 (WiGBl. S. 95).
(3) Veröffentlichungen, die im Zusammenhang mit den Feststellungen erfolgen, dürfen keine Einzelangaben über bestimmte Betriebe enthalten.
§ 8
Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten überleitüngsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin.
§ 9 Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet.
Bonn, den 5. September 1955.
Der Bundespräsident Theodor Heuss
Der Stellvertreter des Bundeskanzlers Blücher
Der Bundesminister für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten
Lübke
Der Bundesminister für Wirtschaft Ludwig Erhard
Der Bundesminister der Finanzen Schäffer