Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1952  Nr. 20 vom 16.05.1952  - Seite 290 bis 292 - Gesetz über das Paßwesen

Gesetz über das Paßwesen 290 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1952, Teil I Gesetz über das Paßwesen. Vom 4. März 1952. Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: § 1 Ausländer, die in das Gebiet des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) einreisen oder dieses Gebiet verlassen, und Deutsche, die dieses Gebiet über eine Auslandsgrenze verlassen oder betreten, sind verpflichtet, sich durch einen Paß über ihre Person auszuweisen. § 2 Jeder Ausländer, der sich im Gebiet des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebieles des Landes Berlin) aufhält und der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegt, ist verpflichtet, sich durch einen gültigen Paß über seine Person auszuweisen. § 3 (1) Für besondere Fälle kann der Bundesminister des Innern durch Rechtsverordnung auch andere amtliche Ausweispapiere (Paßersatz) als genügenden Ausweis für den Grenzübertritt (§ 1) und den Aufenthalt im Gebiet des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (§ 2) – einschließlich des Gebietes des Landes Berlin – allgemein zulassen oder Befreiung von dem Paßzwang (§ 1) allgemein gewähren. (2) Der Bundesminister des Innern kann durch Rechtsverordnung anordnen, daß Ausländer zum Betreten oder Verlassen des Gebietes des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) eines Sichtvermerks der zuständigen Behörde bedürfen. (3) Die Bestimmungen der §§ 7, 8 finden auf ein als Paßersatz ausgestelltes amtliches Ausweispapier entsprechende Anwendung. § 4 Die Bundesregierung kann, wenn die Beziehungen zu ausländischen Staaten es erfordern, durch Einzelweisungen Ausnahmen von den Vorschriften der §§ 1 und 2 anordnen. Sie kann ferner, wenn die öffentliche Sicherheit oder die freiheitliche demokratische Grundordnung gefährdet ist, Einzelweisungen über die Sperrung der Ein- und Ausreise sowie über die Ausstellung von Pässen und Sichtvermerken erfeilen. § 5 Für Grenzbezirke an der Auslandsgrenze des Bundes, insbesondere für Zwecke des kleinen Grenzverkehrs und des Ausflugverkehrs können die Landesregierungen durch Rechtsverordnung den Grenzübertritt mit anderen Ausweisen als Pässen gestatten und gegebenenfalls Befreiung von dem Erfordernis des Sichtvermerks gewähren. § 6 (1) Deutsche Pässe werden nur Deutschen im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ausgestellt. (2) Der Paßbewerber hat auf Verlangen der für die Bearbeitung des Paßantrages zuständigen Behörden nachzuweisen, daß er die Voraussetzungen des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes erfüllt. Er hat auf Erfordern dieser Behörden persönlich zu erscheinen. § 7 (1) Der Paß ist zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß a) der Antragsteller als Inhaber eines Passes die innere oder die äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland oder eines deutschen Landes gefährdet; b) der Paßbewerber sich einer Strafverfolgung oder Strafvollstreckung, die im Inland gegen ihn schwebt, entziehen will; c) der Paßbewerber sich seinen steuerlichen Verpflichtungen entziehen oder die Zoll-und Devisenvorschriften übertreten oder umgehen will; d) der Paßbewerber sich einer gesetzlichen Unterhaltspflicht entziehen will; e) der Paßbewerber in fremde Heeresdienste eintreten will. (2) Der Paß ist ferner zu versagen, wenn a) der Paßbewerber einem an ihn ergangenen Ersuchen gemäß § .6 Abs. 2 nicht in angemessener Frist nachkommt; b) bei unverheirateten Minderjährigen nicht die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zur Ausstellung des Passes beigebracht wird; c) bei Auswanderung von Mädchen unter 18 Jahren nicht die gemäß § 9 der Verordnung gegen Mißstände im Auswanderungswesen vom 14. Februar 1924 (Reichsgesetzbl. I S. 107) erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vorgelegt wird. (3) Ein Paß zur Rückkehr in das Gebiet des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) darf außer in den Fällen des Absatzes 2 Buchstabe a nicht versagt werden. § 8 Ein Paß kann dem Inhaber entzpgen werden, wenn Tatsachen bekannt werden, die gemäß § 7 die Versagung der Ausstellung des Passes rechtfertigen würden. Nr. 20 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 16. Mai 1952 291 § 9 (1) Für die Erteilung eines Sichtvermerks und für die Ungültigkeitserklärung eines erteilten Sichtvermerks finden §§ 7 und 8 entsprechende Anwendung. (2) Die Erteilung eines Sichtvermerks ist außerdem zu versagen, a) wenn der Sichtvermerksbewerber aus dem Gebiet des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) oder dem Gebiet eines deutschen Landes ausgewiesen ist, es sei denn, daß die Behörde, welche die Ausweisung verfügt hat, der Erteilung des Sichtvermerks zugestimmt hat; b) wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, I daß der Sichtvermerksbewerber nicht über genügende Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes im Inland verfügt; c) wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Aufenthalt des Sichtvermerksbewerbers im Gebiet des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) die öffentliche Gesundheit oder Sittlichkeit gefährdet; d) wenn der Sichtvermerksbewerber für seinen Aufenthalt im Gebiet des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) oder in einem deutschen Lande einer besonderen Aufenthaltserlaubnis bedarf, nicht im Besitz dieser Genehmigung der zuständigen deutschen Behörde ist; e) wenn bei Durchreisen aa) der Einreisesichtvermerk des Zielstaates und die Durchreisesichtvermerke der Zwischenstaaten zwischen dem Gebiet des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) und dem Zielstaate nicht vorgelegt werden, es sei denn, daß der Sichtvermerksbewerber in diesen Staaten für die Einreise oder Durchreise eines Sichtvermerks nicht bedarf, oder daß die nachträgliche Erlangung des für diese Staaten erforderlichen Einreiseoder Durchreisesichtvermerks sichergestellt ist; bb) Tatsachen die Vermutung rechtfertigen, daß der Sichtvermerksbewerber den Durchreisesichtvermerk benutzen will, um im Gebiet des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) u verbleiben. (3) Die Erteilung eines Sichtvermerks an einen Ausländer durch die Sichtvermerksbehörden im Ausland kann von der Gestellung von Bürgen oder der Hinterlegung einer Sicherheit abhängig gemacht werden. § 10 (1) Für die Ausstellung von Pässen (Sichtvermerken) sind die Paßbehörden zuständig. Die Paßbehörden sind ferner zuständig für die Versagung und Entziehung von Pässen und die Ungültigkeitserklärung eines erteilten Sichtvermerks. Paßbehörde für die Ausstellung von Dienst-, Ministerial- und Diplomatenpässen ist das Auswärtige Amt. (2) Paßbehörden im Ausland sind die vom Auswärtigen Amt ermächtigten Auslandsvertretungen. § 11 (1) Mit Geldstrafe cder Gefängnis bis zu einem Jahr wird bestraft, wer vorsätzlich • 1. den Vorschriften der §§ 1 oder 2 oder den auf Grund des § 3 Abs. 1 oder 2 erlassenen Rechts Verordnungen zuwiderhandelt; 2. von den Reisezielen oder Reisewegen abweicht oder die Reisefristen überschreitet, die ihm als Ausländer in einer für das überschreiten der Grenze des Gebietes des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) oder für den Aufenthalt innerhalb dieses Gebietes erforderlichen oder bestimmten Urkunde vorgeschrieben sind; 3. als gesetzlicher Vertreter eines Ausländers es unterläßt, für die von ihm vertretene Person die erforderlichen Ausweise zu beschaffen oder vorzulegen; 4. unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen Urkunden, die zum Ausweis einer Person für den übertritt als Deutscher über eine Auslandsgrenze oder als Ausländer für den übertritt über eine Grenze des Gebietes des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) bestimmt sind, oder Sichtvermerke oder sonstige Eintragungen in diese Urkunden zu erschleichen oder zu beschaffen; 5. von einer Urkunde, die er sich unter den Voraussetzungen der Nummer 4 verschafft hat, Gebrauch macht. (2) Der Versuch ist strafbar. (3) In den Fällen des Absatzes 1 Nummern 1 und 2 ist auch die fahrlässige Zuwiderhandlung strafbar. In diesen Fällen ist auf Haft oder Geldstrafe bis zu 150 Deutsche Mark zu erkennen. § 12 (1) Mit einer Geldbuße von drei bis eintausend Deutsche Mark kann belegt werden, wer vorsätzlich 1. als Deutscher eine Auslandsgrenze des Gebietes des Geltungsbereiches des Grundgesetzes (einschließlich des Gebietes des Landes Berlin) oder als Ausländer die Grenze dieses Gebietes an anderen Stellen als den zugelassenen Grenzübergängen oder außerhalb der festgesetzten Verkehrsstunden überschreitet; 292 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1952, Teil I 2. sich bei dem Grenzübertritt oder bei der sonst stattfindenden Paß- oder Ausweisnachschau der amtlichen Prüfung entzieht; 3. abgesehen von den in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Fällen den zur Überwachung des Grenzverkehrs von der zuständigen Behörde erlassenen und öffentlich bekanntgemachten Anordn ung en zuw iderhandel t; 4. unbefugt mehrere deutsche Pässe oder andere als Paßersalz zugelassene Urkunden sich ausstellen läßt oder benutzt; 5. abgesehen von den in § 11 Abs. 1 Nr. 2 bezeichneten Fällen den Auflagen zuwiderhandelt, die ihm in einer zum Grenzübertritt erforderlichen Urkunde oder bei der Ausstellung, Änderung oder Ergänzung einer solchen Urkunde oder beim Grenzübertritt erteilt worden sind. (2) In besonders schweren Fällen kann die Geldbuße auf zehnlausend Deutsche Mark erhöht werden. (3) In den Fällen des Absatzes 1 Nummern 1 und 2 kann wegen des Versuchs eine Geldbuße festgesetzt werden. (4) §§ 22 Abs. 2 Satz 2, 27, 28, 29 Abs. 2, 30 bis 32 des Gesetzes zur Vereinfachung des Wirtschafts- " straf rechts vom 26. Juli 1949 (WiGBl. S. 193) in der Fassung des Gesetzes vom 30. März 1951 (Bundes-gesetzbl. I S. 223) gellen entsprechend. (5) Für das Verfahren gelten die §§ 55 Abs. 1, 57, 66 bis 101 des Wirtschaftsstrafgesetzes entsprechend. § 13 Die Bundesregierung wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen über die Gebühren für die Ausfertigung von Pässen, sonstigen Reisepapieren und Sichtvermerken zu erlassen. § 14 Dieses Gesetz sowie die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen und zu erlassenden Rechtsverord- nungen und Verwaltungsvorschriften gelten auch im Land Berlin, wenn es- gemäß Artikel 87 Abs. 2 seiner Verfassung die Anwendung dieses Gesetzes beschlossen hat. § 15 (1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. (2) Gleichzeitig treten außer Kraft: a) das Gesetz über das Paßwesen vom 12. Oktober 1867 (Bundesgesetzbl. S. 33) in der Fassung des Gesetzes vom 5. November 1923 (Reichsgesetzbl. I S. 1077); b) die Verordnung über die Abänderung der Verordnung vom 21. Juni 1916, betreffend anderweitige Regelung der Paßpflicht (Reichsgesetzbl. S. 599) vom 10. Juni 1919 (Reichsgesetzbl. S. 516); c) die Bekanntmachung zur Ausführung der Paßverordnung (Paßbekanntmachung) vom 7. Juni 1932 (Reichsgesetzbl. I S. 257); d) die Paßstrafverordnung vom 27. Mai 1942 (Reichsgesetzbl. I S. 348) und die auf das Paßwesen bezüglichen Vorschriften e) des Gesetzes über das Paß-, das Ausländerpolizei- und das Meldewesen sowie über das Ausweiswesen vom 11. Mai 1937 (Reichsgesetzbl. I S. 589); I f) der Verordnung über den Paß- und Sichtvermerkszwang sowie über den Ausweiszwang vom 10. September 1939 (Reichsgesetzbl. I S. 1739); g) der Verordnung zur Ergänzung der Verordnung über den Paß- und Sichtvermerkszwang sowie über den Ausweiszwang vom 20. Juli 1940 (Reichsgesetzbl. I S. 1008) sowie die auf Grund der vorstehenden Bestimmungen erlassenen Verwaltungsvorschriften Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 4. März 1952. Der Bundespräsident Theodor Heuss Der Bundeskanzler Adenauer Der Bundesminister des Innern Dr. Lehr Das Bundesgesetzblatt erscheint in zwei gesonderten Teilen – Teil I und Teil II – Laufender Bezug nur durch die Post. Bezugspreis vierteljährlich für Teil I ~ DM 4 00 lür feil 11 = DM 3.00 zuzüglich Zustellgebühr. –Einzelstücke je angefangene 24 Seiten DM0.40 beim Verlag des "Buniosinzcicjer" in Bonn oder in KölnKh Zusendung einzelner Stücke per Streifband gegen Voreinsendung des erforderlichen Betrages auf Postscheckkonto .Bundesanzeiger* Köln 33 400. – Herausgeber? Der Bundesminister der Justiz. Verlag: Bundesanzeiger • Verlags • GmbH., Bonn/Köln. Druck: Kölner Pressedruck GmbH., Köln, Breite Straße 70.