Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1992  Nr. 37 vom 04.08.1992  - Seite 1398 bis 1404 - Gesetz zum Schutz des vorgeburtlichen/werdenden Lebens, zur Förderung einer kinderfreundlicheren Gesellschaft, für Hilfen im Schwangerschaftskonflikt und zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs (Schwangeren- und Familienhilfegesetz)

Gesetz zum Schutz des vorgeburtlichen/werdenden Lebens, zur Förderung einer kinderfreundlicheren Gesellschaft, für Hilfen im Schwangerschaftskonflikt und zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs (Schwangeren- und Familienhilfegesetz) 1398 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1992, Teil I Gesetz zum Schutz des vorgeburtlichen/werdenden Lebens, zur Förderung einer kinderfreundlicheren Gesellschaft, für Hilfen im Schwangerschaftskonflikt und zur Regelung des Schwangerschaftsabbruchs (Schwangeren- und Familien hilfegesetz) Vom 27. Juli 1992 Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Gesetz über Aufklärung, Verhütung, Familienplanung und Beratung §1 Aufklärung (1) Die für gesundheitliche Aufklärung und Gesundheitserziehung zuständige Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung erstellt unter Beteiligung der obersten Landesbehörden und in Zusammenarbeit mit Vertretern der Familienberatungseinrichtungen aller Träger zum Zwecke der gesundheitlichen Vorsorge und der Vermeidung und Lösung von Schwangerschaftskonflikten Konzepte zur Sexualaufklärung, jeweils abgestimmt auf die verschiedenen Alters- und Personengruppen. (2) Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung verbreitet zu den in Absatz 1 genannten Zwecken die bundeseinheitlichen Aufklärungsmaterialien, in denen Verhütungsmethoden und Verhütungsmittel umfassend dargestellt werden. (3) Die Aufklärungsmaterialien werden unentgeltlich an Einzelpersonen auf Aufforderung, ferner als Lehrmaterial an schulische und berufsbildende Einrichtungen, an Beratungsstellen sowie an alle Institutionen der Jugend- und Bildungsarbeit abgegeben. §2 Beratung (1) Jede Frau und jeder Mann hat das Recht, sich zu den in § 1 Abs. 1 genannten Zwecken in Fragen der Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung sowie in allen eine Schwangerschaft unmittelbar oder mittelbar berührenden Fragen von einer hierfür vorgesehenen Beratungsstelle oder von einem Arzt oder von einer Ärztin informieren und beraten zu lassen. (2) Der Anspruch auf Beratung umfaßt Informationen über 1. Sexualaufklärung, Verhütung und Familienplanung, 2. bestehende familienfördernde Leistungen und Hilfen für Kinder und Familien, einschließlich der besonderen Rechte im Arbeitsleben, 3. Vorsorgeuntersuchungen bei Schwangerschaft und die Kosten der Entbindung, Nr. 37 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. August 1992 1399 4. soziale und wirtschaftliche Hilfen für Schwangere, insbesondere finanzielle Leistungen sowie Hilfen bei der Suche nach Wohnung, Arbeits- oder Ausbildungsplatz oder deren Erhalt, 5. die Methoden zur Durchführung eines Schwangerschaftsabbruchs, die physischen und psychischen Folgen eines Abbruchs und die damit verbundenen Risiken, 6. Lösungsmöglichkeiten für psychosoziale Konflikte im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft, 7. die rechtlichen und psychologischen Gesichtspunkte im Zusammenhang mit einer Adoption. Die Schwangere ist darüber hinaus bei der Geltendmachung von Ansprüchen sowie bei der Wohnungssuche, bei der Suche nach einer Betreuungsmöglichkeit für das Kind und bei der Fortsetzung ihrer Ausbildung zu unterstützen. Auf Wunsch der Schwangeren können Dritte zur Beratung hinzugezogen werden. (3) Zum Anspruch auf Beratung gehört auch die Nachbetreuung nach einem Schwangerschaftsabbruch oder nach Austragen der Schwangerschaft. §3 Beratungsstellen (1) Die zuständige oberste Landesbehörde stellt ein ausreichendes Angebot wohnortnaher Beratungsstellen für die Beratung nach § 2 sicher. Dabei werden auch Beratungsstellen freier Träger gefördert. Die Ratsuchenden sollen zwischen Beratungsstellen unterschiedlicher weltanschaulicher Ausrichtung auswählen können. (2) Beratungsstelle im Sinne von Absatz 1 kann sein 1. eine von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannte Beratungsstelle oder 2. ein Arzt oder eine Ärztin, der oder die a) als Mitglied einer anerkannten Beratungsstelle (Nummer 1) mit der Beratung nach § 2 betraut oder b) von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts als Beraterin oder Berater anerkannt ist. (3) Eine Beratungsstelle im Sinne des Absatzes 2 kann nur anerkannt werden, wenn sie 1. über hinreichend qualifiziertes Personal verfügt, 2. sicherstellt, daß zur Durchführung der Beratung erforderlichenfalls kurzfristig eine ärztlich, psychologisch oder juristisch ausgebildete Fachkraft herangezogen werden kann, 3. mit den Stellen zusammenarbeitet, die öffentliche und private Hilfen für Mutter und Kind gewähren, 4. zu einer Beratung nach § 2 in der Lage ist. (4) Die Länder regeln das Verfahren. §4 Öffentliche Förderung der Beratungsstellen (1) Die Länder tragen dafür Sorge, daß den anerkannten Beratungsstellen für die Beratung nach diesem Gesetz für je 40 000 Einwohner mindestens eine Beraterin oder ein Berater vollzeitbeschäftigt oder eine entsprechende Zahl von Teilzeitbeschäftigten zur Verfügung steht. Von diesem Schlüssel soll dann abgewichen werden, wenn die Tätigkeit der Beratungsstellen mit dem vorgesehenen Personal auf Dauer nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden kann. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß Schwangere in angemessener Entfernung von ihrem Wohnort eine Beratungsstelle aufsuchen können. (2) Die zur Sicherstellung eines ausreichenden Angebotes im Sinne des § 3 Abs. 1 erforderlichen Beratungsstellen haben Anspruch auf eine angemessene öffentliche Förderung der Personal- und Sachkosten. (3) Näheres regelt das Landesrecht. Artikel 2 Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 6. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2142), wird wie folgt geändert: Nach § 24 werden folgende §§ 24a und 24b eingefügt: "§ 24a Empfängnisverhütung (1) Versicherte haben Anspruch auf ärztliche Beratung über Fragen der Empfängnisregelung. Zur ärztlichen Beratung gehören auch die erforderliche Untersuchung und die Verordnung von empfängnisregelnden Mitteln. (2) Versicherte bis zum vollendeten 20. Lebensjahr haben Anspruch auf Versorgung mit empfängnisverhütenden Mitteln, soweit sie ärztlich verordnet werden. §24b Schwangerschaftsabbruch und Sterilisation (1) Versicherte haben Anspruch auf Leistungen bei einer nicht rechtswidrigen Sterilisation und bei einem nicht rechtswidrigen Abbruch der Schwangerschaft durch einen Arzt. Der Anspruch auf Leistungen bei einem nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruch besteht nur, wenn dieser in einem Krankenhaus oder einer sonstigen hierfür vorgesehenen Einrichtung im Sinne des Artikels 3 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Gesetzes zur Reform des Strafrechts vorgenommen wird. (2) Es werden ärztliche Beratung über die Erhaltung und den Abbruch der Schwangerschaft, ärztliche Untersuchung und Begutachtung zur Feststellung der Voraussetzungen für eine nicht rechtswidrige Sterilisation oder für einen nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruch, ärztliche Behandlung, Versorgung mit Arznei-, Verbandsund Heilmitteln sowie Krankenhauspflege gewährt. Anspruch auf Krankengeld besteht, wenn Versicherte wegen einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder wegen eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft durch einen Arzt arbeitsunfähig werden, es sei denn, es besteht ein Anspruch nach § 44 Abs. 1." 1400 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1992, Teil I Artikel 3 Artikel 6 Änderung der Reichsversicherungsordnung Die §§ 200e, 200f und 200g der Reichsversicherungsordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 820-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 20. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2325) geändert worden ist, werden aufgehoben. Artikel 4 Änderung des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte Die §§ 31a bis 31c des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte vom 10. August 1972 (BGBl. I S. 1433), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 20. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2325) geändert worden ist, werden aufgehoben. Artikel 5 Änderung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes 1. § 24 des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder-und Jugendhilfe (Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163, 1166) wird wie folgt gefaßt: ,,§24 Ausgestaltung des Förderungsangebots (1) Ein Kind vom vollendeten dritten Lebensjahr an hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf den Besuch eines Kindergartens. Für Kinder im Alter unter drei Jahren und Kinder im schulpflichtigen Alter sind nach Bedarf Plätze in Tageseinrichtungen und, soweit für das Wohl des Kindes erforderlich, Tagespflegeplätze vorzuhalten. (2) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe und die kreisangehörigen Gemeinden ohne Jugendamt haben darauf hinzuwirken, daß 1. für jedes Kind vom vollendeten dritten Lebensjahr an bis zum Schuleintritt ein Platz im Kindergarten zur Verfügung steht, 2. das Betreuungsangebot für Kinder im Alter unter drei Jahren und Kinder im schulpflichtigen Alter bedarfsgerecht ausgebaut wird und 3. ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen vorgehalten wird." 2. Dem Artikel 10 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes vom 26. Juni 1990 (BGBl. I S. 1163) wird folgender Absatz 3 angefügt: "(3) Bis zum 31. Dezember 1995 ist Artikel 1 §24 Abs. 1 Satz 1 in folgender Fassung anzuwenden: "(1) Ein Kind vom vollendeten dritten Lebensjahr an hat nach Maßgabe des Landesrechts Anspruch auf den Besuch eines Kindergartens."" Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes Das Arbeitsförderungsgesetz vom 25. Juni 1969 (BGBl. I S. 582), zuletzt geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 7. Juli 1992 (BGBl. I S. 1225), wird wie folgt geändert: 1. § 44 wird wie folgt geändert: a) Dem Absatz 2 werden folgende Sätze angefügt: "Teilnehmern an Maßnahmen zur beruflichen Fortbildung mit Teilzeitunterricht, die nach der Betreuung oder Erziehung eines Kindes in das Erwerbsleben zurückkehren oder nach ihrer Rückkehr nicht länger als ein Jahr erwerbstätig gewesen sind und die Voraussetzungen nach Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 oder 3 erfüllen und von denen die Teilnahme an einer Maßnahme mit ganztägigem Unterricht wegen der Betreuung aufsichtsbedürftiger Kinder oder pflegebedürftiger Personen nicht erwartet werden kann, wird ein Unterhaltsgeld gewährt. Die Voraussetzungen richten sich nach Absatz 2b Satz 2 und 3." b) In Absatz 2b Satz 1 werden die Worte "oder 3." bis "nicht erwartet werden kann" gestrichen. 2. § 45 Satz 2 wird wie folgt gefaßt: "Sie trägt auch die Kosten für die Betreuung der Kinder des Teilnehmers je Kind bis zu 120 DM monatlich ganz oder teilweise, wenn diese durch die Teilnahme an einer Maßnahme unvermeidbar entstehen und die Belastung durch diese Kosten für den Teilnehmer eine Härte bedeuten würde." 3. § 49 Abs. 1 wird wie folgt geändert: a) Satz 1 wird wie folgt gefaßt: "Die Bundesanstalt kann Arbeitgebern für Arbeitnehmer Zuschüsse gewähren, wenn sie eine volle Leistung am Arbeitsplatz erst nach einer Einarbeitungszeit erreichen können, und sie vor Beginn der Einarbeitung 1. arbeitslos sind oder 2. von Arbeitslosigkeit unmittelbar bedroht sind; § 44 Abs. 2 Satz 3 gilt entsprechend." b) Nach Satz 3 wird folgender Satz eingefügt: "Die Bundesanstalt muß Arbeitgebern für Arbeitnehmer, die nach Zeiten der Kindererziehung oder nach Zeiten der Pflege von Angehörigen in das Erwerbsleben zurückkehren, Zuschüsse gewähren, wenn sie eine volle Leistung erst nach einer Einarbeitungszeit erreichen können." Artikel 7 Änderung des Berufsbildungsgesetzes Dem § 39 Abs. 2 des Berufsbildungsgesetzes vom 14. August 1969 (BGBl. I S. 1112), das zuletzt durch Anlage I Kapitel XVI Sachgebiet C Abschnitt II Nr. 1 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 in Verbindung mit Artikel 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 (BGBl. Nr. 37 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. August 1992 1401 1990 II S. 885, 1135) geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt: "Auszubildenden, die Erziehungsurlaub in Anspruch genommen haben, darf hieraus kein Nachteil erwachsen, sofern die übrigen Voraussetzungen gemäß Absatz 1 Nr. 1 bis 3 dieser Vorschrift erfüllt sind." Artikel 8 Änderung des Bundessozialhilfegesetzes Das Bundessozialhilfegesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Januar 1991 (BGBl. I S. 94, 808), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 7. Juli 1992 (BGBl. I S.1225), wird wie folgt geändert: 1. § 23 wird wie folgt geändert: a) Absatz 1 Nr. 3 wird wie folgt gefaßt: "3. für werdende Mütter nach der 12. Schwangerschaftswoche,". b) Absatz 2 wird wie folgt gefaßt: "(2) Für Personen, die mit einem Kind unter 7 Jahren oder die mit 2 oder 3 Kindern unter 16 Jahren zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf von 40 vom Hundert des maßgebenden Regelsatzes anzuerkennen, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht; bei 4 oder mehr Kindern erhöht sich der Mehrbedarf auf 60 vom Hundert des maßgebenden Regelsatzes." 2. § 91 Abs. 1 Satz 1 wird wie folgt gefaßt: "Der Träger der Sozialhilfe darf den Übergang eines Anspruchs nach § 90 gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen nicht bewirken, wenn der Unterhaltspflichtige mit dem Hilfeempfänger im zweiten oder in einem entfernteren Grade verwandt ist; gleiches gilt für Unterhaltsansprüche gegen Verwandte ersten Grades einer Hilfeempfängerin, die schwanger ist oder ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines 6. Lebensjahres betreut." Artikel 9 Änderung des Zweiten Wohnungsbaugesetzes § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. August 1990 (BGBl. I S. 1730), das zuletzt durch Artikel 35 des Gesetzes vom 25. Februar 1992 (BGBl. I S. 297) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: Nach den Worten "der Wohnungsbau für" werden die Worte "schwangere Frauen," eingefügt. Artikel 10 Änderung des Wohnungsbindungsgesetzes Das Wohnungsbindungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Juli 1982 (BGBl. I S. 972), zuletzt geändert durch Anlage I Kapitel XIV Abschnitt II Nr. 6 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 in Verbindung mit Artikel 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 (BGBl. 1990 II S. 885, 1126), wird wie folgt geändert: 1. § 4 wird wie folgt geändert: a) Dem Absatz 4 werden folgende Sätze angefügt: "Bei der Benennung sind die Maßstäbe des § 5a Satz 3 zu beachten. Dies gilt entsprechend, wenn zugunsten der zuständigen Stelle ein vertragliches Besetzungsrecht besteht." b) Dem Absatz 5 wird folgender Satz angefügt: "Bei der Ausübung des Besetzungsrechts sind die Maßstäbe des § 5a Satz 3 zu beachten." 2. In § 5a wird nach Satz 2 folgender Satz 3 eingefügt: "Bei der Benennung sind ungeachtet des Satzes 4 insbesondere die Personengruppen nach § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes vorrangig zu berücksichtigen; sind schwangere Frauen wohnberechtigte Wohnungsuchende, haben sie Vorrang vor den anderen Personengruppen." Artikel 11 Änderung des Belegungsrechtsgesetzes Das Gesetz über die Gewährleistung von Belegungsrechten im kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungswesen vom 22. Juli 1990 - Belegungsrechtsgesetz -(GBl. I Nr. 49 S. 894), das nach Anlage II Kapitel XIV Abschnitt III des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 in Verbindung mit Artikel 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 (BGBl. 1990 II S. 885, 1230) mit Maßgaben fortgilt, wird wie folgt geändert: 1. Dem § 2 wird folgender Absatz angefügt: "(3) Bei der Benennung nach den Absätzen 1 und 2 Satz 1 sowie bei der Ausübung vertraglich vereinbarter Belegungsrechte nach Absatz 2 Satz 2 sind insbesondere die Personengruppen nach § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes vorrangig zu berücksichtigen; sind schwangere Frauen wohnberechtigte Wohnungsuchende, haben sie Vorrang vor den anderen Personengruppen." 2. In § 7 Abs. 1 wird nach den Worten "der Verfügungsberechtigte darf" das Wort "nur" eingefügt. 3. § 17 wird wie folgt gefaßt: .§ 17 Bußgeldvorschriften (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. entgegen § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 3 eine andere Person auswählt, 2. entgegen § 5 Abs. 1 eine Anzeige nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig erstattet, 1402 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1992, Teil I 3. entgegen § 5 Abs. 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, eine Wohnung überläßt, 4. entgegen § 5 Abs. 8 eine Mitteilung nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig macht, 5. entgegen § 7 Abs. 1 eine Wohnung leerstehen läßt oder 6. entgegen § 9 Abs. 1 oder 2 eine Wohnung verwendet, anderen als Wohnzwecken zuführt oder durch bauliche Maßnahmen verändert. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Deutsche Mark geahndet werden. (3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist der Leiter des zuständigen Wohnungsamtes." Artikel 12 Änderung des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Wohnungsbaugesetzes für das Saarland in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. November 1990 (Amtsblatt des Saarlandes 1991, S. 273), das durch Artikel 36 des Gesetzes vom 25. Februar 1992 (BGBl. I S. 297) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: Nach den Worten "der Wohnungsbau für" werden die Worte "schwangere Frauen," eingefügt. Artikel 13 Änderung des Strafgesetzbuches Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. März 1987 (BGBL I S. 945, 1160), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 15. Juli 1992 (BGBl. I S. 1302), wird wie folgt geändert: 1. Die §§ 218 bis 219d werden durch folgende §§ 218 bis 219 b ersetzt: "§218 Schwangerschaftsabbruch (1) Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Handlungen, deren Wirkung vor Abschluß der Einnistung des befruchteten Eies in der Gebärmutter eintritt, gelten nicht als Schwangerschaftsabbruch im Sinne dieses Gesetzes. (2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 1. gegen den Willen der Schwangeren handelt oder 2. leichtfertig die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung der Schwangeren verursacht. (3) Begeht die Schwangere die Tat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. (4) Der Versuch ist strafbar. Die Schwangere wird nicht wegen Versuchs bestraft. §218a Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs (1) Der Schwangerschaftsabbruch ist nicht rechtswidrig, wenn 1. die Schwangere den Schwangerschaftsabbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nach § 219 Abs. 3 Satz 2 nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen (Beratung der Schwangeren in einer Not- und Konfliktlage), 2. der Schwangerschaftsabbruch von einem Arzt vorgenommen wird und 3. seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind. (2) Der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommene Schwangerschaftsabbruch ist nicht rechtswidrig, wenn nach ärztlicher Erkenntnis der Abbruch notwendig ist, um eine Gefahr für das Leben der Schwangeren oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung ihres körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes abzuwenden, sofern diese Gefahr nicht auf andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann. (3) Die Voraussetzungen des Absatzes 2 gelten auch als erfüllt, wenn nach ärztlicher Erkenntnis dringende Gründe für die Annahme sprechen, daß das Kind infolge einer Erbanlage oder schädlicher Einflüsse vor der Geburt an einer nicht behebbaren Schädigung seines Gesundheitszustandes leiden würde, die so schwer wiegt, daß von der Schwangeren die Fortsetzung der Schwangerschaft nicht verlangt werden kann. Dies gilt nur, wenn die Schwangere dem Arzt durch eine Bescheinigung nach § 219 Abs. 3 Satz 2 nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen, und wenn seit der Empfängnis nicht mehr als zweiundzwanzig Wochen verstrichen sind. (4) Die Schwangere ist nicht nach § 218 strafbar, wenn der Schwangerschaftsabbruch nach Beratung (§219) von einem Arzt vorgenommen worden ist und seit der Empfängnis nicht mehr als zweiundzwanzig Wochen verstrichen sind. Das Gericht kann von Strafe nach § 218 absehen, wenn die Schwangere sich zur Zeit des Eingriffs in besonderer Bedrängnis befunden hat. §218b Schwangerschaftsabbruch ohne ärztliche Feststellung; unrichtige ärztliche Feststellung (1) Wer in den Fällen des § 218a Abs. 2 oder 3 eine Schwangerschaft abbricht, ohne daß ihm die schriftliche Feststellung eines Arztes, der nicht selbst den Schwangerschaftsabbruch vornimmt, darüber vorgelegen hat, ob die Voraussetzungen des § 218 a Abs. 2 oder 3 Satz 1 gegeben sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 218 mit Strafe bedroht ist. Wer als Arzt wider besseres Wissen eine unrichtige Feststellung über die Voraussetzungen des § 218 a Abs. 2 oder 3 Satz 1 zur Vorlage nach Satz 1 trifft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, Nr. 37 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 4. August 1992 1403 wenn die Tat nicht in § 218 mit Strafe bedroht ist. Die Schwangere ist nicht nach Satz 1 oder 2 strafbar. (2) Ein Arzt darf Feststellungen nach § 218 a Abs. 2 oder 3 Satz 1 nicht treffen, wenn ihm die zuständige Stelle dies untersagt hat, weil er wegen einer rechtswidrigen Tat nach Absatz 1, den §§218, 219a oder 219b oder wegen einer anderen rechtswidrigen Tat, die er im Zusammenhang mit einem Schwangerschaftsabbruch begangen hat, rechtskräftig verurteilt worden ist. Die zuständige Stelle kann einem Arzt vorläufig untersagen, Feststellungen nach § 218a Abs. 2 und 3 Satz 1 zu treffen, wenn gegen ihn wegen des Verdachts einer der in Satz 1 bezeichneten rechtswidrigen Taten das Hauptverfahren eröffnet worden ist. §219 Beratung der Schwangeren in einer Not- und Konfliktlage (1) Die Beratung dient dem Lebensschutz durch Rat und Hilfe für die Schwangere unter Anerkennung des hohen Wertes des vorgeburtlichen Lebens und der Eigenverantwortung der Frau. Die Beratung soll dazu beitragen, die im Zusammenhang mit der Schwangerschaft bestehende Not- und Konfliktlage zu bewältigen. Sie soll die Schwangere in die Lage versetzen, eine verantwortungsbewußte eigene Gewissensentscheidung zu treffen. Aufgabe der Beratung ist die umfassende medizinische, soziale und juristische Information der Schwangeren. Die Beratung umfaßt die Darlegung der Rechtsansprüche von Mutter und Kind und der möglichen praktischen Hilfen, insbesondere solcher, die die Fortsetzung der Schwangerschaft und die Lage von Mutter und Kind erleichtern. Die Beratung trägt auch zur Vermeidung künftiger ungewollter Schwangerschaften bei. (2) Die Beratung hat durch eine auf Grund Gesetzes anerkannte Beratungsstelle zu erfolgen. Der Arzt, der den Schwangerschaftsabbruch vornimmt, ist als Berater ausgeschlossen. (3) Die Beratung wird nicht protokolliert und ist auf Wunsch der Schwangeren anonym durchzuführen. Die Beratungsstelle hat über die Tatsache, daß eine Beratung gemäß Absatz 1 stattgefunden hat und die Frau damit die Informationen für ihre Entscheidungsfindung erhalten hat, sofort eine mit Datum versehene Bescheinigung auszustellen. §219a Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft (1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) seines Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise 1. eigene oder fremde Dienste zur Vornahme oder Förderung eines Schwangerschaftsabbruchs oder 2. Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zum Abbruch der Schwangerschaft geeignet sind, unter Hinweis auf diese Eignung anbietet, ankündigt, anpreist oder Erklärungen solchen Inhalts bekanntgibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Absatz 1 Nr. 1 gilt nicht, wenn Ärzte oder auf Grund Gesetzes anerkannte Beratungsstellen darüber unterrichtet werden, welche Ärzte, Krankenhäuser oder Einrichtungen bereit sind, einen Schwangerschaftsabbruch unter den Voraussetzungen des § 218a Abs. 1 bis 3 vorzunehmen. (3) Absatz 1 Nr. 2 gilt nicht, wenn die Tat gegenüber Ärzten oder Personen, die zum Handel mit den in Absatz 1 Nr. 2 erwähnten Mitteln oder Gegenständen befugt sind, oder durch eine Veröffentlichung in ärztlichen oder pharmazeutischen Fachblättern begangen wird. §219b Inverkehrbringen von Mitteln zum Abbruch der Schwangerschaft (1) Wer in der Absicht, rechtswidrige Taten nach §218 zu fördern, Mittel oder Gegenstände, die zum Schwangerschaftsabbruch geeignet sind, in den Verkehr bringt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Die Teilnahme der Frau, die den Abbruch ihrer Schwangerschaft vorbereitet, ist nicht nach Absatz 1 strafbar. (3) Mittel oder Gegenstände, auf die sich die Tat bezieht, können eingezogen werden." 2. In § 203 Abs. 1 Nr. 4a wird die Angabe "§ 218 b Abs. 2 Nr. 1" durch die Angabe "§ 3 des Gesetzes über Aufklärung, Verhütung, Familienplanung und Beratung vom 27. Juli 1992 (BGBl. I S. 1398)" ersetzt. Artikel 14 Änderung der Strafprozeßordnung Die Strafprozeßordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. IS. 1074,1319), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 23. Juli 1992 (BGBl. I S. 1366), wird wie folgt geändert: 1. In § 53 Abs. 1 Nr. 3a wird die Angabe "§ 218 b Abs. 2 Nr. 1 des Strafgesetzbuches" durch die Angabe "§ 3 des Gesetzes über Aufklärung, Verhütung, Familienplanung und Beratung vom 27. Juli 1992 (BGBl. I S. 1398)" ersetzt. 2. In § 97 Abs. 2 Satz 2 wird die Angabe "218b Abs. 2 Nr. 1 des Strafgesetzbuches" durch die Angabe "§ 3 des Gesetzes über Aufklärung, Verhütung, Familienplanung und Beratung vom 27. Juli 1992 (BGBl. I S. 1398)" ersetzt. 3. § 108 wird wie folgt geändert: a) Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1. b) Dem Absatz 1 wird folgender Absatz angefügt: "(2) Werden bei einem Arzt Gegenstände im Sinne von Absatz 1 Satz 1 gefunden, die den Schwangerschaftsabbruch einer Patientin betreffen, ist ihre Verwertung in einem Strafverfahren gegen die Pa- 1404 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1992, Teil I tientin wegen einer Straftat nach § 218 des Strafgesetzbuches ausgeschlossen." ambulanter als auch stationärer Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen sicher." Artikel 15 Änderung des Fünften Gesetzes zur Reform des Strafrechts Das Fünfte Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 18. Juni 1974 (BGBl. I S. 1297), geändert durch Artikel 3 und Artikel 4 des Gesetzes vom 18. Mai 1976 (BGBl. I S. 1213), wird wie folgt geändert: 1. Artikel 3 wird wie folgt geändert: a) Absatz 1 wird wie folgt gefaßt: "(1) Ein Schwangerschaftsabbruch darf nur in einer Einrichtung vorgenommen werden, in der auch die notwendige medizinische Nachbehandlung gewährleistet ist. Er soll zum frühestmöglichen Zeitpunkt vorgenommen werden." b) In Absatz 2 Satz 1 wird die Angabe "Absatz 1" durch die Angabe "Absatz 1 Satz 1" ersetzt. Artikel 16 Aufhebung von auf dem Gebiet der ehemaligen DDR fortgeltenden Vorschriften §§ 153 bis 155 des Strafgesetzbuches der Deutschen Demokratischen Republik - StGB - vom 12. Januar 1968 in der Neufassung vom 14. Dezember 1988 (GBl. 1989 I Nr. 3 S. 33), das durch das 6. Strafrechtsänderungsgesetz vom 29. Juni 1990 (GBl. I Nr. 39 S. 526) geändert worden ist, das Gesetz über die Unterbrechung der Schwangerschaft vom 9. März 1972 (GBl. I Nr. 5 S. 89) sowie die Durchführungsbestimmung zum Gesetz über die Unterbrechung der Schwangerschaft vom 9. März 1972 (GBl. II Nr. 12 S. 149), soweit sie nach Anlage II Kapitel III Sachgebiet C Abschnitt I Nr. 1, 4, 5 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 in Verbindung mit Artikel 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 (BGBl. 1990 II S. 885, 1168) fortgelten, werden aufgehoben. 2. Artikel 4 wird wie folgt gefaßt: "Artikel 4 Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen Die zuständige oberste Landesbehörde stellt ein ausreichendes und flächendeckendes Angebot sowohl Artikel 17 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und wird im Bundesgesetzblatt verkündet. Bonn, den 27. Juli 1992 Der Bundespräsident Weizsäcker Der Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl Die Bundesministerin der Justiz S. Leutheusser-Schnarrenberger