Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  2009  Nr. 49 vom 03.08.2009  - Seite 2346 bis 2349 - Gesetz zur Fortentwicklung der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes

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2346 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 49, ausgegeben zu Bonn am 3. August 2009 Gesetz zur Fortentwicklung der parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes Vom 29. Juli 2009 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: (2) Er bestimmt die Zahl der Mitglieder, die Zusammensetzung und die Arbeitsweise des Parlamentarischen Kontrollgremiums. (3) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages auf sich vereint. (4) Scheidet ein Mitglied aus dem Deutschen Bundestag oder seiner Fraktion aus oder wird es Mitglied der Bundesregierung oder Parlamentarischer Staatssekretär, so verliert es seine Mitgliedschaft im Parlamentarischen Kontrollgremium; § 3 Absatz 3 bleibt unberührt. Für dieses Mitglied ist unverzüglich ein neues Mitglied zu wählen; das Gleiche gilt, wenn ein Mitglied aus dem Parlamentarischen Kontrollgremium ausscheidet. §3 Zusammentritt (1) Das Parlamentarische Kontrollgremium tritt mindestens einmal im Vierteljahr zusammen. Es gibt sich eine Geschäftsordnung. (2) Jedes Mitglied kann die Einberufung und die Unterrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums verlangen. (3) Das Parlamentarische Kontrollgremium übt seine Tätigkeit auch über das Ende einer Wahlperiode des Deutschen Bundestages hinaus so lange aus, bis der Artikel 1 Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes (Kontrollgremiumgesetz ­ PKGrG) §1 Kontrollrahmen (1) Die Bundesregierung unterliegt hinsichtlich der Tätigkeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz, des Militärischen Abschirmdienstes und des Bundesnachrichtendienstes der Kontrolle durch das Parlamentarische Kontrollgremium. (2) Die Rechte des Deutschen Bundestages, seiner Ausschüsse und der Kommission nach dem Artikel10Gesetz bleiben unberührt. §2 Mitgliedschaft (1) Der Deutsche Bundestag wählt zu Beginn jeder Wahlperiode die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums aus seiner Mitte. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 49, ausgegeben zu Bonn am 3. August 2009 2347 nachfolgende Deutsche Bundestag gemäß § 2 entschieden hat. §4 Pflicht der Bundesregierung zur Unterrichtung (1) Die Bundesregierung unterrichtet das Parlamentarische Kontrollgremium umfassend über die allgemeine Tätigkeit der in § 1 Absatz 1 genannten Behörden und über Vorgänge von besonderer Bedeutung. Auf Verlangen des Parlamentarischen Kontrollgremiums hat die Bundesregierung auch über sonstige Vorgänge zu berichten. (2) Die politische Verantwortung der Bundesregierung für die in § 1 genannten Behörden bleibt unberührt. §5 Befugnisse des Kontrollgremiums, Amtshilfe (1) Soweit sein Recht auf Kontrolle reicht, kann das Parlamentarische Kontrollgremium von der Bundesregierung und den in § 1 genannten Behörden verlangen, Akten oder andere in amtlicher Verwahrung befindliche Schriftstücke, gegebenenfalls auch im Original, herauszugeben und in Dateien gespeicherte Daten zu übermitteln sowie Zutritt zu sämtlichen Dienststellen der in § 1 genannten Behörden zu erhalten. (2) Es kann Angehörige der Nachrichtendienste, Mitarbeiter und Mitglieder der Bundesregierung sowie Beschäftigte anderer Bundesbehörden nach Unterrichtung der Bundesregierung befragen oder von ihnen schriftliche Auskünfte einholen. Die anzuhörenden Personen sind verpflichtet, vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu machen. (3) Den Verlangen des Parlamentarischen Kontrollgremiums hat die Bundesregierung unverzüglich zu entsprechen. (4) Gerichte und Behörden sind zur Rechts- und Amtshilfe, insbesondere zur Vorlage von Akten und Übermittlung von Dateien, verpflichtet. Soweit personenbezogene Daten betroffen sind, dürfen diese nur für Zwecke des Parlamentarischen Kontrollgremiums übermittelt und genutzt werden. §6 Umfang der Unterrichtungspflicht, Verweigerung der Unterrichtung (1) Die Verpflichtung der Bundesregierung nach den §§ 4 und 5 erstreckt sich nur auf Informationen und Gegenstände, die der Verfügungsberechtigung der Nachrichtendienste des Bundes unterliegen. (2) Soweit dies aus zwingenden Gründen des Nachrichtenzugangs oder aus Gründen des Schutzes von Persönlichkeitsrechten Dritter notwendig ist oder wenn der Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung betroffen ist, kann die Bundesregierung sowohl die Unterrichtung nach § 4 als auch die Erfüllung von Verlangen nach § 5 Absatz 1 verweigern sowie den in § 5 Absatz 2 genannten Personen untersagen, Auskunft zu erteilen. Macht die Bundesregierung von diesen Rechten Gebrauch, so hat das für den betroffenen Nachrichtendienst zuständige Mitglied der Bundesregierung (§ 2 Absatz 1 Satz 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes, § 1 Absatz 1 Satz 1 des MAD-Gesetzes, § 1 Absatz 1 Satz 1 des BND-Gesetzes) dies dem Parlamentarischen Kontrollgremium zu begründen. §7 Beauftragung eines Sachverständigen (1) Das Parlamentarische Kontrollgremium kann mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder nach Anhörung der Bundesregierung im Einzelfall einen Sachverständigen beauftragen, zur Wahrnehmung seiner Kontrollaufgaben Untersuchungen durchzuführen. Der Sachverständige hat dem Parlamentarischen Kontrollgremium über das Ergebnis seiner Untersuchungen zu berichten; die §§ 5, 6 und 10 Absatz 1 gelten entsprechend. (2) Das Parlamentarische Kontrollgremium kann mit Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder entscheiden, dass dem Deutschen Bundestag ein schriftlicher Bericht zu den Untersuchungen erstattet wird. Der Bericht hat den Gang des Verfahrens, die ermittelten Tatsachen und das Ergebnis der Untersuchungen wiederzugeben. § 10 gilt entsprechend. (3) Der Bericht darf auch personenbezogene Daten enthalten, soweit dies für eine nachvollziehbare Darstellung der Untersuchung und des Ergebnisses erforderlich ist und die Betroffenen entweder in die Veröffentlichung eingewilligt haben oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe gegenüber den Belangen der Betroffenen überwiegt. §8 Eingaben (1) Angehörigen der Nachrichtendienste ist es gestattet, sich in dienstlichen Angelegenheiten, jedoch nicht im eigenen oder Interesse anderer Angehöriger dieser Behörden, ohne Einhaltung des Dienstweges unmittelbar an das Parlamentarische Kontrollgremium zu wenden. Eingaben sind zugleich an die Leitung des betroffenen Dienstes zu richten. Das Parlamentarische Kontrollgremium übermittelt die Eingaben der Bundesregierung zur Stellungnahme. (2) An den Deutschen Bundestag gerichtete Eingaben von Bürgern über ein sie betreffendes Verhalten der in § 1 Absatz 1 genannten Behörden können dem Parlamentarischen Kontrollgremium zur Kenntnis gegeben werden. §9 Mitberatung (1) Der Vorsitzende, sein Stellvertreter und ein beauftragtes Mitglied können an den Sitzungen des Vertrauensgremiums nach § 10a der Bundeshaushaltsordnung mitberatend teilnehmen. In gleicher Weise haben der Vorsitzende des Vertrauensgremiums nach § 10a der Bundeshaushaltsordnung, sein Stellvertreter und ein beauftragtes Mitglied die Möglichkeit, mitberatend an den Sitzungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums teilzunehmen. (2) Die Entwürfe der jährlichen Wirtschaftspläne der Dienste werden dem Parlamentarischen Kontrollgremium zur Mitberatung überwiesen. Die Bundesregie- 2348 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 49, ausgegeben zu Bonn am 3. August 2009 rung unterrichtet das Parlamentarische Kontrollgremium über den Vollzug der Wirtschaftspläne im Haushaltsjahr. Bei den Beratungen der Wirtschaftspläne der Dienste und deren Vollzug können die Mitglieder wechselseitig mitberatend an den Sitzungen beider Gremien teilnehmen. § 10 Geheime Beratungen, Bewertungen, Sondervoten (1) Die Beratungen des Parlamentarischen Kontrollgremiums sind geheim. Die Mitglieder des Gremiums und die an den Sitzungen teilnehmenden Mitglieder des Vertrauensgremiums nach § 10a der Bundeshaushaltsordnung sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen bei ihrer Tätigkeit im Parlamentarischen Kontrollgremium bekannt geworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden aus beiden Gremien. Das Gleiche gilt für Angelegenheiten, die den Mitgliedern des Parlamentarischen Kontrollgremiums anlässlich der Teilnahme an Sitzungen des Vertrauensgremiums nach § 10a der Bundeshaushaltsordnung bekannt geworden sind. (2) Absatz 1 gilt nicht für Bewertungen bestimmter Vorgänge, wenn eine Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums ihre vorherige Zustimmung erteilt hat. In diesem Fall ist es jedem einzelnen Mitglied des Gremiums erlaubt, eine abweichende Bewertung (Sondervotum) zu veröffentlichen. (3) Soweit für die Bewertung des Gremiums oder die Abgabe von Sondervoten eine Sachverhaltsdarstellung erforderlich ist, sind die Belange des Geheimschutzes zu beachten. § 11 Unterstützung der Mitglieder durch eigene Mitarbeiter (1) Die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums haben das Recht, zur Unterstützung ihrer Arbeit Mitarbeiter ihrer Fraktion nach Anhörung der Bundesregierung mit Zustimmung des Kontrollgremiums zu benennen. Voraussetzung für diese Tätigkeit ist die Ermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen und die förmliche Verpflichtung zur Geheimhaltung. (2) Die benannten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind befugt, die vom Gremium beigezogenen Akten und Dateien einzusehen und die Beratungsgegenstände des Parlamentarischen Kontrollgremiums mit den Mitgliedern des Gremiums zu erörtern. Sie haben grundsätzlich keinen Zutritt zu den Sitzungen des Kontrollgremiums. Das Gremium kann im Einzelfall mit Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder beschließen, dass Mitarbeiter der Fraktionen an bestimmten Sitzungen teilnehmen können. § 10 Absatz 1 gilt entsprechend. § 12 Personal- und Sachausstattung des Kontrollgremiums (1) Dem Parlamentarischen Kontrollgremium werden zur Unterstützung im erforderlichen Umfang Beschäftigte der Bundestagsverwaltung beigegeben. Die dafür zur Verfügung zu stellende Personal- und Sachausstattung ist im Einzelplan des Deutschen Bundestages gesondert auszuweisen. Für die Beschäftigten gelten § 10 Absatz 1 und § 11 Absatz 1 Satz 2 entsprechend. (2) Die Aufträge für die Beschäftigten werden im Einzelfall durch Weisungen des Gremiums ­ in organisatorischen Fragen und in Eilfällen auch des Vorsitzenden ­ erteilt. (3) Nach Maßgabe dieser Weisungen ist den Beschäftigten im Rahmen der Informationsrechte des Gremiums nach § 5 Auskunft zu ihren Fragen zu erteilen sowie Einsicht in die erforderlichen Akten und Dateien zu gewähren. § 6 Absatz 2 gilt entsprechend. § 13 Berichterstattung Das Parlamentarische Kontrollgremium erstattet dem Deutschen Bundestag Bericht über seine bisherige Kontrolltätigkeit, mindestens in der Mitte und am Ende jeder Wahlperiode. Dabei nimmt es auch dazu Stellung, ob die Bundesregierung gegenüber dem Gremium ihren Pflichten, insbesondere ihrer Unterrichtungspflicht zu Vorgängen von besonderer Bedeutung, nachgekommen ist. § 14 Gerichtliche Zuständigkeit Das Bundesverfassungsgericht entscheidet über Streitigkeiten zwischen dem Parlamentarischen Kontrollgremium und der Bundesregierung auf Antrag der Bundesregierung oder von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums. Artikel 2 Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes Das Bundesverfassungsgerichtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl. I S. 1473), das zuletzt durch Artikel 15 Absatz 5 des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: In § 66a wird folgender Satz 2 eingefügt: ,,Gleiches gilt bei Anträgen gemäß § 14 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes in Verbindung mit § 63." Artikel 3 Folgeänderungen anderer Gesetze (1) In § 14 Absatz 1 Satz 2 zweiter Halbsatz des Artikel10-Gesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254, 2298), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 29. April 2009 (BGBl. I S. 994) geändert worden ist, wird die Angabe ,,§ 5 Abs. 1" durch die Angabe ,,§ 10 Absatz 1" ersetzt. (2) In § 8a Absatz 6 Satz 2 zweiter Halbsatz des Bundesverfassungsschutzgesetzes vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2970), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 6. Juni 2009 (BGBl. I S. 1226) geändert worden ist, wird die Angabe ,,§ 5 Abs. 1" durch die Angabe ,,§ 10 Absatz 1" ersetzt. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2009 Teil I Nr. 49, ausgegeben zu Bonn am 3. August 2009 2349 (3) In § 10a Absatz 2 Satz 1 der Bundeshaushaltsordnung vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1284), die zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2897) geändert worden ist, werden die Wörter ,,§ 4 Abs. 2 und 3 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes vom 11. April 1978 (BGBl. I S. 453)" durch die Wörter ,,§ 2 Absatz 2 und 3 des Kontrollgremiumgesetzes" ersetzt. Artikel 4 Inkrafttreten, Außerkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt das Kontrollgremiumgesetz vom 11. April 1978 (BGBl. I S. 453), das zuletzt durch Artikel 3 Absatz 1 des Gesetzes vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254) geändert worden ist, außer Kraft. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt. Es ist im Bundesgesetzblatt zu verkünden. Berlin, den 29. Juli 2009 Der Bundespräsident Horst Köhler Die Bundeskanzlerin Dr. A n g e l a M e r k e l Der Bundesminister des Innern Schäuble