754-3-9
1446
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 31, ausgegeben zu Bonn am 31. August 2022
Verordnung
zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen
(Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung EnSikuMaV)
Vom 26. August 2022
Auf Grund des § 30 Absatz 1 Nummer 1 in Verbin
dung mit Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 Satz 1 und
Absatz 4 Satz 1 sowie mit § 1 Absatz 4 des Energie
sicherungsgesetzes vom 20. Dezember 1974 (BGBl. I
S. 3681), von denen § 30 durch Artikel 4 Nummer 9 des
Gesetzes vom 8. Juli 2022 (BGBl. I S. 1054) eingefügt
worden ist, verordnet die Bundesregierung:
Inhaltsübersicht
§1
Anwendungsbereich
Diese Verordnung regelt Energieeinsparmaßnahmen
für Wohnräume, Schwimm- oder Badebecken, Nicht
wohngebäude und Baudenkmäler sowie für Unterneh
men.
§2
Begriffsbestimmungen
§ 1 Anwendungsbereich
§ 2 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Verordnung ist
Titel 1
Maßnahmen zur Energieeinsparung in Privathaushalten
§ 3 Fakultative Temperaturabsenkung durch Mieter
§ 4 Verbot der Nutzung bestimmter Heizungsarten für
Schwimm- und Badebecken
Titel 2
Maßnahmen zur Energieeinsparung
in öffentlichen Nichtwohngebäuden
§ 5 Verbot der Beheizung von Gemeinschaftsflächen
§ 6 Höchstwerte für die Lufttemperatur in Arbeitsräumen in
öffentlichen Nichtwohngebäuden
§ 7 Trinkwassererwärmungsanlagen in öffentlichen Nicht
wohngebäuden
§ 8 Beleuchtung von Gebäuden und Baudenkmälern
Titel 3
1. Arbeitsstätte: ein Arbeitsraum oder ein anderer Ort
in einem Gebäude auf dem Gelände eines Be
triebes,
2. Arbeitsraum: ein Raum, in dem mindestens ein Ar
beitsplatz innerhalb eines Gebäudes dauerhaft ein
gerichtet ist,
3. öffentliches Gebäude: ein Gebäude im Eigentum
oder in der Nutzung einer juristischen Person des
öffentlichen Rechts; dabei gilt ein Gebäude im Ei
gentum oder in der Nutzung einer juristischen Per
son des Privatrechts oder rechtsfähigen Personen
gesellschaft als öffentlich, soweit die Person öffent
liche Aufgaben der Daseinsvorsorge erbringt und
unter der finanziellen oder politischen Kontrolle von
einer Gebietskörperschaft steht,
4. Wohngebäude: Gebäude, das nach seiner Zweck
bestimmung überwiegend dem Wohnen dient, ein
schließlich eines Wohn-, Alten- oder Pflegeheims
sowie einer ähnlichen Einrichtung,
Maßnahmen zur Energieeinsparung in Unternehmen
5. Nichtwohngebäude: Gebäude, das nicht unter
Nummer 4 fällt,
§ 9 Informationspflicht über Preissteigerungen für Versorger
und für Eigentümer von Wohngebäuden
§ 10 Ladentüren und Eingangssysteme im Einzelhandel
§ 11 Nutzungseinschränkung für beleuchtete Werbeanlagen
§ 12 Mindestwerte der Lufttemperatur für Arbeitsräume in
Arbeitsstätten
§ 13 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
6. Gemeinschaftsfläche: Fläche, die nicht dem Aufent
halt von Personen dient, insbesondere ein Treppen
haus, ein Flur oder eine Eingangshalle sowie ein La
ger- oder Technikraum. Nicht zu diesen Flächen
zählen Teeküchen und Umkleideräume, Pausenräu
me, Kantinen, Vortragssäle, Konferenzräume, War
te- und Aufenthaltsräume.
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 31, ausgegeben zu Bonn am 31. August 2022
1447
Titel 1
§6
Maßnahmen zur
Energieeinsparung in Privathaushalten
Höchstwerte für die Lufttemperatur in
Arbeitsräumen in öffentlichen Nichtwohngebäuden
§3
(1) In einem Arbeitsraum in einem öffentlichen
Nichtwohngebäude darf die Lufttemperatur höchstens
auf die folgenden Höchstwerte geheizt werden:
Fakultative Temperaturabsenkung durch Mieter
(1) Die Geltung einer Vereinbarung in einem Miet
vertrag über Wohnraum, nach der der Mieter durch ei
gene Handlungen eine Mindesttemperatur zu gewähr
leisten hat, ist für die Geltungsdauer der Verordnung
ausgesetzt. Eine Pflicht des Mieters, die nicht auf einer
nach Satz 1 ausgesetzten vertraglichen Vereinbarung
beruht, bleibt von dieser Regelung unberührt. Dazu
zählt insbesondere die Pflicht des Mieters, durch an
gemessenes Heiz- und Lüftungsverhalten Schäden an
der Mietsache vorzubeugen.
(2) Absatz 1 ist auch auf Mietverhältnisse anzuwen
den, die vor dem 1. September 2022 begründet wor
den sind.
§4
Verbot der Nutzung bestimmter
Heizungsarten für Schwimm- und Badebecken
In Gebäuden oder zugehörigen privaten Gärten ist
die Beheizung von privaten, nichtgewerblichen, innenoder außenliegenden Schwimm- und Badebecken ein
schließlich Aufstellbecken mit Gas oder mit Strom aus
dem Stromnetz untersagt. Satz 1 ist nicht anzuwen
den, sofern die Beheizung zwingend notwendig für
therapeutische Anwendungen ist.
Titel 2
Maßnahmen
zur Energieeinsparung
in öffentlichen Nichtwohngebäuden
§5
Verbot der Beheizung
von Gemeinschaftsflächen
(1) In öffentlichen Nichtwohngebäuden ist die Be
heizung von Gemeinschaftsflächen untersagt, die nicht
dem Aufenthalt von Personen dienen. Ausgenommen
sind Gemeinschaftsflächen, deren Beheizung zum
Schutz von dort installierter Technik oder von dort ge
lagerten Gegenständen und Stoffen erforderlich ist.
Ausgenommen sind außerdem Gemeinschaftsflächen,
in denen bei einer Nichtbeheizung aufgrund bauphysi
kalischer Gegebenheiten Schäden oder ein Mehrver
brauch an Brennstoff zu erwarten sind.
(2) Ausgenommen von dem Verbot der Beheizung
von Gemeinschaftsflächen nach Absatz 1 Satz 1 sind
außerdem
1. medizinische Einrichtungen, Einrichtungen und
Dienste der Behindertenhilfe und Pflegeeinrichtun
gen,
2. Schulen und Kindertagesstätten oder
3. weitere Einrichtungen, bei denen höhere Lufttempe
raturen in besonderer Weise zur Aufrechterhaltung
der Gesundheit der sich dort aufhaltenden Perso
nen geboten sind.
1. für körperlich leichte und überwiegend sitzende Tä
tigkeit 19 Grad Celsius,
2. für körperlich leichte Tätigkeit überwiegend im Ste
hen oder Gehen 18 Grad Celsius,
3. für mittelschwere und überwiegend sitzende Tätig
keit 18 Grad Celsius,
4. für mittelschwere Tätigkeit überwiegend im Stehen
oder Gehen 16 Grad Celsius oder
5. für körperlich schwere Tätigkeit 12 Grad Celsius.
(2) Öffentliche Arbeitgeber haben dafür Sorge zu
tragen, dass in Arbeitsräumen keine Wärmeeinträge
durch gebäudetechnische Systeme wie Heizungsanla
gen, Heizenergie oder Energie durch raumlufttechni
sche Anlagen oder andere Heizgeräte erfolgen, infolge
derer die in Absatz 1 festgelegte Höchsttemperatur
überstiegen wird.
(3) Die Höchstwerte für die Lufttemperatur nach Ab
satz 1 sind nicht anzuwenden für
1. medizinische Einrichtungen, Einrichtungen und
Dienste der Behindertenhilfe und Pflegeeinrichtun
gen,
2. Schulen und Kindertagesstätten und
3. weitere Einrichtungen, bei denen höhere Lufttem
peraturen in besonderer Weise zur Aufrechterhal
tung der Gesundheit der sich dort aufhaltenden Per
sonen, geboten sind.
(4) Die Höchstwerte für die Lufttemperatur nach Ab
satz 1 Nummer 1 und 2 gelten nicht, soweit Beschäf
tigte durch die niedrigere Lufttemperatur in ihrer Ge
sundheit gefährdet sind und sonstige Schutzmaßnah
men nicht möglich oder ausreichend sind.
§7
Trinkwassererwärmungsanlagen
in öffentlichen Nichtwohngebäuden
(1) In öffentlichen Nichtwohngebäuden sind dezen
trale Trinkwassererwärmungsanlagen, insbesondere
Durchlauferhitzer oder dezentrale Warmwasserspei
cher auszuschalten, wenn deren Betrieb überwiegend
zum Händewaschen vorgesehen ist. Von einem Aus
schalten der Geräte kann zeitlich befristet oder ganz
abgesehen werden, wenn der Betrieb der Anlagen
nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik
aus hygienischen Gründen erforderlich ist.
(2) Die Warmwassertemperaturen sind in zentralen
Trinkwassererwärmungsanlagen auf das Niveau zu be
schränken, das nach den allgemein anerkannten Re
geln der Technik erforderlich ist, um ein Gesundheits
risiko durch Legionellen in der Trinkwasser-Installation
zu vermeiden. Ausgenommen von der Pflicht zur Tem
peraturbeschränkung nach Satz 1 sind Trinkwasserer
wärmungsanlagen, bei denen der Betrieb von Duschen
zu den gewöhnlichen betrieblichen Abläufen gehört.
1448
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 31, ausgegeben zu Bonn am 31. August 2022
(3) Ausgenommen von den Temperaturbeschrän
kungen nach Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 sind:
1. medizinische Einrichtungen, Einrichtungen und
Dienste der Behindertenhilfe und Pflegeeinrichtun
gen,
2. Kindertagesstätten und andere Einrichtungen zur
Betreuung von Kindern und
3. weitere Einrichtungen, bei denen die Bereitstellung
von warmem Trinkwasser für die bestimmungsge
mäße Nutzung oder den Betrieb des Gebäudes er
forderlich ist.
§8
Beleuchtung von
Gebäuden und Baudenkmälern
(1) Die Beleuchtung von Gebäuden und Baudenk
mälern von außen mit Ausnahme von Sicherheits- und
Notbeleuchtung ist untersagt. Ausgenommen sind
kurzzeitige Beleuchtungen bei Kulturveranstaltungen
und Volksfesten.
(2) Die Untersagung nach Absatz 1 Satz 1 ist nicht
anzuwenden, wenn die Beleuchtung zur Aufrechterhal
tung der Verkehrssicherheit oder zur Abwehr anderer
Gefahren erforderlich ist und nicht kurzfristig durch an
dere Maßnahmen ersetzt werden kann.
Titel 3
Maßnahmen zur
Energieeinsparung in Unternehmen
§9
Informationspflicht
über Preissteigerungen für
Versorger und für Eigentümer von Wohngebäuden
(1) Gas- und Wärmelieferanten, die Eigentümer von
Wohngebäuden oder Eigentumswohnungen oder Nut
zer von Wohneinheiten als Endkunden leitungsgebun
den mit Gas oder Wärme beliefern, teilen diesen Letzt
verbrauchern bis zum 30. September 2022 folgende
Informationen mit:
1. Informationen über den Energieverbrauch und die
Energiekosten des Gebäudes oder der Wohneinheit
in der letzten vorangegangenen Abrechnungsperio
de,
2. Informationen über die Höhe der voraussichtlichen
Energiekosten des Gebäudes oder der Wohneinheit
für eine vergleichbare Abrechnungsperiode unter
Berücksichtigung des am 1. September 2022 in
dem jeweiligen Netzgebiet geltenden Grundversor
gungstarifs für Erdgas auf Basis des Grund- und Ar
beitspreises, berechnet unter Zugrundelegung des
Energieverbrauchs der letzten vorangegangenen
Abrechnungsperiode und
3. Informationen über das rechnerische Einsparpoten
zial des Gebäudes oder der Wohneinheit in Kilo
wattstunden und Euro unter Heranziehung der An
nahme, dass bei einer durchgängigen Reduktion der
durchschnittlichen Raumtemperatur um 1 Grad Cel
sius eine Einsparung von 6 Prozent zu erwarten ist.
Können diese Informationen innerhalb der Frist nach
Satz 1 nicht zur Verfügung gestellt werden, sind die
Informationen nach Satz 1 auf der Grundlage typischer
Verbräuche unterschiedlich großer Gebäude oder
Haushalte mitzuteilen. Die individualisierte Mitteilung
nach Satz 1 ist spätestens bis zum 31. Dezember 2022
zu versenden. Die Informationen nach Satz 1 sind in
nerhalb eines Monats erneut zur Verfügung zu stellen,
wenn das Preisniveau nach Satz 1 Nummer 2 erheblich
ansteigt.
(2) Eigentümer von Wohngebäuden mit mindestens
zehn Wohneinheiten, deren Wohngebäude leitungsge
bunden mit Gas oder Wärme beliefert werden, haben
den Nutzern die Informationen nach Absatz 1 Satz 1
mitzuteilen. Auf dieser Grundlage teilen sie den Nut
zern für ihre jeweilige Wohneinheit bis zum 31. Oktober
2022 zusätzlich spezifische Informationen über den
Verbrauch der jeweiligen Wohneinheit, über die bei un
verändertem Energieverbrauch zu erwartenden Ener
giekosten und Kostensteigerungen sowie die für ihre
jeweilige Wohneinheit spezifischen Reduktionspoten
ziale bei einer Temperaturreduktion gemäß Absatz 1
Satz 1 Nummer 3 mit. Erhalten die Eigentümer von ih
ren Versorgern lediglich allgemeine Informationen nach
Absatz 1 Satz 2, so teilen Sie ihren Mietern ihrerseits
allgemeine Informationen zu dem Einsparpotenzial ein
zelner Haushalte anhand typischer Verbräuche mit. Die
individualisierte Mitteilung nach Satz 1 ist spätestens
bis zum 31. Januar 2023 zu versenden. Die Informatio
nen nach Satz 1 sind unverzüglich erneut zur Verfü
gung zu stellen, wenn der Gebäudeeigentümer nach
einem Anstieg des Preisniveaus nach Absatz 1 Satz 4
von seinem Versorger informiert worden ist.
(3) Eigentümer von Wohngebäuden mit mindestens
zehn Wohneinheiten, deren Wohngebäude leitungsge
bunden mit Gas oder Wärme beliefert werden, haben
den Nutzern zum 31. Oktober 2022 Kontaktinformatio
nen und eine Internetadresse von einer Verbraucheror
ganisation, einer Energieagentur oder sonstigen Ein
richtung zur Verfügung zu stellen, bei denen Informa
tionen über Maßnahmen zur Energieeffizienzverbesse
rung, Endnutzer-Vergleichsprofile und objektive tech
nische Spezifikationen für energiebetriebene Geräte
eingeholt werden können. Die Informationspflicht nach
Satz 1 gilt als erfüllt, wenn der Eigentümer gegenüber
dem Nutzer innerhalb der in Satz 1 genannten Frist auf
die Informationskampagne des Bundesministeriums
für Wirtschaft und Klimaschutz ,,80 Millionen gemein
sam für Energiewechsel"1 inklusive eines klaren und
verständlichen Hinweises auf die Internet-Angebote
der Informationskampagne und die dort genannten
Effizienz- und Einsparinformationen hinweist.
(4) Eigentümer von Wohngebäuden mit weniger als
zehn Wohneinheiten, deren Wohngebäude leitungsge
bunden mit Gas oder Wärme beliefert werden, leiten
den Mietern unverzüglich die Informationen weiter,
die sie von ihrem Gas- oder Wärmelieferanten nach
Absatz 1 erhalten haben.
§ 10
Ladentüren und
Eingangssysteme im Einzelhandel
In beheizten Geschäftsräumen des Einzelhandels ist
das dauerhafte Offenhalten von Ladentüren und Ein
gangssystemen, bei deren Öffnung ein Verlust von
1
www.energiewechsel.de.
Bundesgesetzblatt Jahrgang 2022 Teil I Nr. 31, ausgegeben zu Bonn am 31. August 2022
Heizwärme auftritt, untersagt, sofern das Offenhalten
nicht für die Funktion des Ein- oder Ausganges als
Fluchtweg erforderlich ist.
§ 11
1449
§ 12
Mindestwerte der Lufttemperatur
für Arbeitsräume in Arbeitsstätten
Für Arbeitsräume in Arbeitsstätten gelten die in § 6
Absatz 1 Satz 1 festgelegten Höchstwerte für die Luft
temperatur als Mindesttemperaturwerte.
Nutzungseinschränkung
für beleuchtete Werbeanlagen
Der Betrieb beleuchteter oder lichtemittierender
Werbeanlagen ist von 22 Uhr bis 16 Uhr des Folgeta
ges untersagt. Dies gilt nicht, wenn die Beleuchtung
zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit oder zur
Abwehr anderer Gefahren erforderlich ist und nicht
kurzfristig durch andere Maßnahmen ersetzt werden
kann.
§ 13
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. September 2022 in
Kraft und mit Ablauf des 28. Februar 2023 außer Kraft.
Berlin, den 26. August 2022
Der Bundeskanzler
Olaf Scholz
Der Bundesminister
für Wirtschaft und Klimaschutz
Robert Habeck