Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1960  Nr. 61 vom 02.12.1960  - Seite 862 bis 868 - Gesetz über die Errichtung von Rundfunkanstalten des Bundesrechts

Gesetz über die Errichtung von Rundfunkanstalten des Bundesrechts 862 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1960, Teil I Gesetz über die Errichtung von Rundfunkanstalten des Bundesrechts Vom 29. November 1960 Inhaltsübersicht ERSTER TEIL § Rundfunkanstalten des Bundesrechts Erster Abschnitt, Rundfunksendungen über Kurzwelle Errichtung, Name, Aufgabe...................... 1 Organe ........................................ 2 Rundfunkrat ................................... 3 Verwaltungsrat ................................ 4 Zweiter Abschnitt Rundfunksendungen für Deutschland Errichtung, Name, Aufgabe...................... 5 Organe ........................................ 6 Rundfunkrat ................................... 7 Verwaltungsrat ................................ 8 Dritter Abschnitt Aufgaben und Tätigkeit der Anstaltsorgane Aufgaben des Rundfunkrats ..................... 9 Tätigkeit des Rundfunkrats ..................... 10 Aufgaben des Verwaltungsrats .................. 11 Tätigkeit des Verwaltungsrats.................. 12 Ernennung und Aufgaben des Intendanten....... 13 Ausscheiden des Intendanten .................... 14 Vierter Abschnitt Gemeinsame Vorschriften Zusammenarbeit mit den Rundfunkanstalten des Landesrechts ................................. 15 Haushaltswirtischaft ............................. 16 § Satzungsrecht ................................ 17 Stimmenverhältnis .............................. 18 Besondere Verpflichtung ........................ 19 Reisekosten- und Sitzungsvergütung ............. 20 Ausschuß der Fachaufsicht....................... 21 Beschränkungen bei der Durchführung der Rechtsaufsicht, Verwaltungsrechtsweg ............... 22 ZWEITER TEIL Allgemeine Vorschriften für die Rundfunkanstalten des Bundesrechts Gestaltung der Sendungen ...................... 23 Berichterstattung ............................... 24 Gegendarsitellung .............................. 25 Verlautbarungsrecht ............................ 26 Anspruch auf Sendezeit ......................... 27 Allgemeine Verantwortung...................... 28 Besondere Verantwortung ...................... 29 Auskunftspflicht ................................ 30 Jugendschutz ................................... 31 Beweissicherung ................................ 32 DRITTER TEIL Übergangs- und SeMußvorsdiriften Zeitpunkt der Errichtung........................ 33 Bildung der Organe ............................ 34 Verletzung der Aufsichtspflicht .................. 35 Übernahme technischer Einrichtungen ............ 36 Geltung im Land Berlin......................... 37 Nr. 61 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 2. Dezember 1960 863 Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: ERSTER TEIL Rundfunkanstalten des Bundesrechts ERSTER ABSCHNITT Rundfunksendungen über Kurzwelle § 1 Errichtung, Name, Aufgabe (1) Zur Veranstaltung von Rundfunksendungen für das Ausland wird eine gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts mit dem Namen "Deutsche Welle" errichtet. Die Sendungen sollen den Rundfunkteilnehmern im Ausland ein umfassendes Bild des politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens in Deutschland vermitteln und ihnen die deutsche Autfassung zu wichtigen Fragen darstellen und erläutern. (2) Die Anstalt ist rechtsfähig und hat das Recht der Selbstverwaltung. § 2 Organe Die Organe der Anstalt sind 1. der Rundfunkrat, 2. der Verwaltungsrat, 3. der Intendant. § 3 Rundfunkrat (1) Der Rundfunkrat besteht aus elf Mitgliedern. Zwei Mitglieder werden vom Deutschen Bundestag, zwei Mitglieder vom Bundesrat gewählt, vier Mitglieder von der Bundesregierung und je ein weiteres Mitglied von der evangelischen Kirche, der katholischen Kirche und dem Zentralrat der Juden in Deutschland für vier Jahre benannt. (2) Die Mitglieder des Rundfunkrats dürfen keine wirtschaftlichen oder sonstigen Interessen haben, die geeignet sind, die Erfüllung ihrer Aufgaben als Mitglieder des Rundfunkrats zu gefährden. Sie dürfen insbesondere nicht zugleich Mitglieder eines Organes einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, eines Zusammenschlusses von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten oder einer solchen Gesellschaft des privaten Rechts sein, die unmittelbar oder mittelbar vertragliche Bindungen über die Lieferung von Rundfunkprogrammen oder Programmteilen zu einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt unterhält. Auch dürfen sie weder auf Grund eines Dienstoder Arbeitsvertrages noch als freie Mitarbeiter oder sonstwie gegen Entgelt für eine der in Satz 2 genannten Anstalten, Zusammenschlüsse von Anstalten oder Gesellschaften tätig sein. (3) Scheidet ein Mitglied vorzeitig aus, so ist für den Rest seiner Amtszeit ein Nachfolger zu wählen oder zu benennen. Ein Mitglied gilt als vorzeitig ausgeschieden, wenn es die Voraussetzungen nach Absatz 2 nicht mehr erfüllt. § 4 Verwaltungsrat (1) Der Verwaltungsrat besteht aus sieben Mitgliedern. Sie werden vom Rundfunkrat für vier Jahre gewählt. (2) Die Absätze 2 und 3 des § 3 gelten entsprechend. ZWEITER ABSCHNITT Rundfunksendungen für Deutschland § 5 Errichtung, Name, Aufgabe (1) Zur Veranstaltung von Rundfunksendungen für Deutschland und das europäische Ausland wird eine gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts mit dem Namen "Deutschlandfunk" errichtet. Die Sendungen sollen ein umfassendes Bild Deutschlands vermitteln. (2) Die Anstalt ist rechtsfähig und hat das Recht der Selbstverwaltung. § 6 Organe Die Organe der Anstalt sind 1. der Rundfunkrat, 2. der Verwaltungsrat, 3. der Intendant. § 7 Rundfunkrat (1) Der Rundfunkrat besteht aus 22 Mitgliedern. Sechs Mitglieder werden vom Deutschen Bundestag, sechs Mitglieder vom Bundesrat, darunter ein vom 864 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1960, Teil I Land Berlin benanntes Mitglied, für vier Jahre gewählt. Fünf Mitglieder werden von der Bundesregierung und je ein Mitglied von der evangelischen Kirche, der katholischen Kirche, dem. Zentralrat der Juden in Deutschland, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und den Gewerkschaften für vier Jahre benannt. (2) Die Absätze 2 und 3 des § 3 gelten entsprechend. § 0 Verwaltungsrat (1) Der Verwaltungsrat besteht aus sieben Mitgliedern. Sie werden vom Rundfunkrat für vier Jahre gewählt. (2) Die Absätze 2 und 3 des § 3 gelten entsprechend. * DRITTER ABSCHNITT Aufgaben und Tätigkeit der Anstaltsorgane § 9 Aufgaben des Rundfunkrats (1) Der Rundfunkrat wählt den Intendanten auf Vorschlag des Verwaltungsrats mit einer Mehrheit von zwei Dritteln. Kommt in zwei Wahlgängen eine Mehrheit von zwei Dritteln nicht zustande, entscheidet die Mehrheit der Mitglieder. Der Rundfunkrat schlägt den Gewählten dem Bundespräsidenten zur Ernennung zum Intendanten vor. (2) Der Rundfunkrat berät den Intendanten in Fragen der Gestaltung des Programms und des Schutzes der Jugend. Er kann dem Intendanten hierfür allgemeine Richtlinien geben und überwacht deren Beachtung. (3) Der Rundfunkrat ist zu hören, bevor der Verwaltungsrat Beschlüsse nach § 11 Abs. 5 faßt. (4) Der Rundfunkrat kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln nach Anhörung des Verwaltungsrats auf die Dienste des Intendanten verzichten und seine Entlassung beim Bundespräsidenten beantragen. (5) Der Rundfunkrat vertritt bei Wahrnehmung seiner Aufgaben die Belange der Allgemeinheit. § 10 Tätigkeit des Rundfunkrats (1) Der Rundfunkral tritt mindestens alle drei Monate zu einer ordentlichen Sitzung zusammen. Auf Antrag von vier Mitgliedern oder des Intendanten muß er zu einer außerordentlichen Sitzung zusammentreten. (2) Der Rundfunkrat ist beschlußfähig, wenn die Mehrheit seiner Mitglieder anwesend ist. Er faßt seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt; bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. (3) Der Rundfunkrat wählt aus seiner Mitte den Vorsitzenden und dessen Stellvertreter mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder. (4) Die Mitglieder des Rundfunkrats sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden. (5) Der Rundfunkrat gibt sich eine Geschäftsordnung. § 11 Aufgaben des Verwaltungsrats (1) Der Verwaltungsrat schlägt dem Rundfunkrat drei Persönlichkeiten für die Wahl zum Intendanten vor; die Reihenfolge ist keine Rangfolge. (2) Der Verwaltungsrat schließt den Dienstvertrag mit dem Intendanten ab. (3) Der Verwaltungsrat vertritt die Anstalt bei Rechtsgeschäften der Anstalt mit dem Intendanten sowie bei Rechtsstreitigkeiten zwischen der Anstalt und dem Intendanten. (4) Der Verwaltungsrat überwacht die Geschäftsführung des Intendanten. (5) Der Verwaltungsrat stellt den vom Intendanten entworfenen Haushaltsplan fest. Er erteilt dem Intendanten Entlastung auf Grund der vom Bundesrechnungshof geprüften Haushaltsrechnung. § 12 Tätigkeit des Verwaltungsrats (1) Der Verwaltungsrat tritt mindestens alle drei Monate zu einer ordentlichen Sitzung zusammen. Auf Verlangen eines Mitglieds oder des Intendanten muß er zu einer außerordentlichen Sitzung zusammentreten. (2) Der Verwaltungsrat ist beschlußfähig, wenn die Mehrheit seiner Mitglieder anwesend ist. Er faßt seine Beschlüsse mit einfacher Mehrheit; bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. (3) Der Verwaltungsiat wählt aus seiner Mitte den Vorsitzenden und dessen Stellvertreter mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder. (4) Die Mitglieder des Verwaltungsrats sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden. (5) Der Verwaltungsrat gibt sich eine Geschäftsordnung. § 13 Ernennung und Aufgaben des Intendanten (1) Der Intendant wird vom Bundespräsidenten für sechs Jahre ernannt. Eine Wiederernennung ist jeweils für eine Dauer bis zu sechs Jahren zulässig. (2) Der Intendant ist verantwortlich für die gesamten Geschäfte der Anstalt einschließlich der Gestaltung des Programms. Die Anstellung und Entlassung der leitenden Angestellten erfolg1: im Benehmen mit dem Verwaltungsrat. Der Intendant vertritt die Anstalt gerichtlich und außergerichtlich. Nr. 61 Tag der Ausgabe: Bonn, den 2. Dezember 1960 865 (3) Der Intendant ist berechtigt und auf Verlangen verpflichtet, an den Sitzungen des Rundfunkrats und des Verwaltungsrats teilzunehmen. Er erteilt die gewünschten Auskünfte. § 14 Ausscheiden des Intendanten (1) Die Anstalt kann jederzeit auf die Dienste des Intendanten verzichten und seine Entlassung beim Bundespräsidenten beantragen. Mit der Entlassung scheidet der Intendant aus seiner Stellung aus; die vertragsgemäßen Bezüge sind so weiterzu-gewähren, als ob die Entlassung nicht erfolgt wäre. (2) Einwendungen des Intendanten gegen eine Entscheidung nach Absatz 1 sind gegenüber der Anstalt geltend zu machen. VIERTER ABSCHNITT Gemeinsame Vorschriften § 15 Zusammenarbeit mit den Rundfunkanstalten des Landesrechts Die Deutsche Welle und der Deutschlandfunk sollen für die Gestaltung ihrer Programme soweit als möglich die Programme der Rundfunkanstalten des Landesrechts mitverwenden. Unkosten, die den Rundfunkanstalten des Landesrechts dadurch zusätzlich entstehen, sind zu ersetzen. § 16 Haushaltswirtscliaft (1) Die Deutsche Welle und der Deutschlandfunk sind in ihrer Haushaltswirtschaft selbständig und voneinander unabhängig, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt oder zuläßt. (2) Die Haushaltswirtschaft richtet sich nach einer Finanzordnung, die sich die Anstalten geben. Jeder Haushalt ist nach den Grundsätzen der Sparsamkeit in der Verwaltung aufzustellen. Die Haushaltsmittel sind wirtschaftlich und sparsam zu verwalten. Die Aufstellung jedes Haushalts und die Verwaltung der Haushaltsmittel müssen aus den fachlichen Aufgaben entwickelt sein und diesen entsprechen. Die Vorschriften der Verordnung zur Durchführung der §§ 17 bis 19 des Steueranpassungsgesetzes (Gemeinnützigkeitsverordnung) vom 24. Dezember 1953 (Bun-desgesetzbl. I S. 1592) sind zu beachten. (3) Der Bundesrechnungshof prüft die Haushaltsund Wirtschaftsführung der Anstalten. Seine Prüfungsbemerkungen sind zu beachten. (4) Der Entwurf jedes Haushaltsplans ist mindestens zwei Monate vor der Verabschiedung im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Im übrigen ist jeder Haushaltsplan und jede Haushaltsrechnung alsbald nach der Verabschiedung im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. (5) Die Vorschriften des Gesetzes zur Erhaltung und Hebung der Kaufkraft vom 24. März 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 235) finden auf die durch dieses Gesetz errichteten juristischen Personen des öffentlichen Rechts keine Anwendung. § 17 Satzungsrecht (1) Die Deutsche Welle und der Deutschlandfunk geben sich Satzungen zur Regelung der betrieblichen Ordnung. Die Durchführung der Vorschrift des § 16 Abs. 2 Satz 5 ist durch Satzung sicherzustellen. (2) Die Verabschiedung, Aufhebung oder Änderung der Satzung bedürfen einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen sowohl der Mitglieder .des Rundfunkrats als auch des Verwaltungsrats. § 18 Stimmenverhältnis Jedes Mitglied eines Rundfunkrats und eines Verwaltungsrats hat eine Stimme. § 19 Besondere Verpflichtung Die Bediensteten der nach diesem Gesetz errichteten Anstalten des öffentlichen Rechts und die Mitglieder ihrer Organe müssen, soweit sie nicht Beamte sind, auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten nach § 1 Abs. 1 der Verordnung gegen Bestechung und Geheimnisverrat nichtbeamteter Personen in der Fassung vom 22. Mai 1943 (Reichsgesetzbl. I S. 351) verpflichtet sein. § 20 Reisekosten- und Sitzungsvergütung (1) Die Mitglieder eines Rundfunkrats und eines Verwaltungsrats haben Anspruch auf Reisekostenvergütung, auf Tagegelder und Ubernachtungs-gelder nach Stufe I a der Reisekostenvorschriften für Bundesbeamte in der jeweils geltenden Fassung. (2) Die Satzungen der Anstalten können bestimmen, daß die in Absatz 1 genannten Personen eine monatliche Aufwandsentschädigung bis zu einer Höhe des sechsfachen Betrags der Tagegelder und Übernachtungsgelder nach Absatz 1 erhalten. Für die Vorsitzenden der Organe und deren Stellvertreter kann die Aufwandsentschädigung das Doppelte der Aufwandsentschädigung der Mitglieder betragen. § 21 Ausschluß der Fachaufsicht Die Deutsche Welle und der Deutschlandfunk unterliegen keiner staatlichen Fachaufsicht. 866 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1960, Teil I § 22 Beschränkungen bei der Durchführung der Rechtsaufsicht, Verwaltungsrechtsweg (1) Die der Bundesregierung obliegende Rechtsaufsicht regelt sich nach Maßgabe der folgenden Vorschriften. (2) Die Bundesregierung ist berechtigt, ein von ihr im Einzelfall bestimmtes Organ durch schriftliche Mitteilung auf Maßnahmen oder Unterlassungen hinzuweisen, die dieses Gesetz verletzen. (3) Wird diese Rechtsverletzung innerhalb einer von der Bundesregierung zu setzenden angemessenen Frist nicht behoben, so weist die Bundesregierung die Anstalt an, diejenigen Maßnahmen auf Kosten der Anstalt durchzuführen, die die Bundesregierung im einzelnen festlegt. Für Rechtsstreitigkeiten aus diesem Anlaß gilt die Verwaltungsgerichtsordnung. ZWEITER TEIL Allgemeine Vorschriften für die Rundfunkanstalten des Bundesrechts § 23 Gestaltung der Sendungen Die Sendungen müssen in ihrer Gesamtheit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung entsprechen. Sie dienen einer unabhängigen Meinungsbildung und dürfen nicht einseitig eine Partei, eine Religionsgemeinschaft, einen Berufsstand oder eine Interessengemeinschaft unterstützen; die sittlichen und religiösen Empfindungen der Rundfunkteilnehmer sind zu achten. § 24 Berichterstattung (1) Die Berichterstattung soll umfassend, wahrheitsgetreu und sachlich sein. Herkunft und Inhalt der zur Veröffentlichung bestimmten Berichte sind sorgfältig zu prüfen. (2) Nachrichten und Kommentare sind zu trennen; Kommentare sind als persönliche Stellungnahmen zu kennzeichnen. § 25 Gegendarstellung (1) Ist in einer Sendung eine Tatsachenbehauptung aufgestellt worden, so kann die unmittelbar betroffene Person oder Stelle die Verbreitung einer Gegendarstellung zu dieser Behauptung verlangen, Die Gegendarstellung muß unverzüglich verlangt werden. Sie bedarf der Schriftform, muß die beanstandete Sendung bezeichnen, sich auf tatsächliche Angaben beschränken, darf keinen strafbaren Inhalt haben und muß von der betroffenen Person oder Stelle unterzeichnet sein. Bestehen begründete Zweifel an der Echtheit der Unterschrift, so kann deren Beglaubigung verlangt werden. Die Gegendarstellung darf den Umfang des beanstandeten Teils der Sendung nicht wesentlich übersteigen. (2) Der Anspruch richtet sich gegen den, der die beanstandete Sendung veranstaltet hat. Eine Pflicht zur Verbreitung einer Gegendarstellung besteht nur, wenn und soweit die Person oder Stelle, auf die sich die beanstandete Sendung bezieht, ein berechtigtes Interesse an der Verbreitung der Gegendarstellung hat. (3) Die Verbreitung der Gegendarstellung muß unverzüglich, für den gleichen Bereich, in gleicher Art und Weise sowie zu einer gleichwertigen Sendezeit wie die Verbreitung der beanstandeten Sendung ohne Einschaltungen oder Weglassungen erfolgen. Eine Erwiderung auf die verbreitete Gegendarstellung darf nicht am gleichen Tage gesendet werden. (4) Der Anspruch kann vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden. Das Gericht kann im Wege der einstweiligen Verfügung anordnen, daß der nach Absatz 2 Verpflichtete eine Gegendarstellung verbreitet. Für den Erlaß der einstweiligen Verfügung ist nicht erforderlich, daß eine Gefährdung des Anspruchs glaubhaft gemacht wird; § 926 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden. (5) Diese Bestimmung gilt nicht für wahrheitsgetreue Berichte über öffentliche Sitzungen der gesetzgebenden oder beschließenden Körperschaften des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände, öffentliche Sitzungen der Gerichte sowie für Sendungen, deren Verbreitung durch Gesetz oder Satzung vorgeschrieben oder geboten ist. § 26 Verlautbarungsrecht Die Bundesregierung hat das Recht, Gesetze, Verordnungen und Verlautbarungen ihren Aufgaben entsprechend bekanntzugeben. Hierfür ist ihr die erforderliche Sendezeit unverzüglich einzuräumen. § 27 Anspruch auf Sendezeit (1) Parteien, die im Bundestag oder in einer gesetzgebenden Körperschaft eines Landes vertreten sind, haben während ihrer Beteiligung an Bundestagswahlen Anspruch auf angemessene Sendezeit. Das gleiche gilt für Parteien, die bei einer Bundestagswahl mindestens einen Landeswahlvor-schlag eingereicht haben. (2) Die in Absatz 1 Satz 1 genannten Parteien sollen im übrigen die Möglichkeit haben, ihre Auffassungen zu angemessener Sendezeit zu vertreten. (3) Den Kirchen und den anderen über das ganze Bundesgebiet verbreiteten Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sind auf Wunsch angemessene Sendezeiten für die Übertragung gottesdienstlicher Handlungen und Feierlichkeiten sowie sonstiger religiöser Sendungen, auch solcher über Fragen Nr. 61 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 2. Dezember 1960 867 ihrer öffentlichen Verantwortung, zu gewähren. Mit den israelitischen Kultusgemeinden sind entsprechende Vereinbarungen zu treffen. (4) Wenn Vertretern der politischen Parteien, der Kirchen, der verschiedenen religiösen und weltanschaulichen Richtungen und den Vertretern der Organisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer Gelegenheit zur Aussprache gegeben wird, so ist ihnen die Möglichkeit der Rede und Gegenrede unter jeweils gleichen Bedingungen zu gewähren. Einen Anspruch auf Teilnahme an solcher Aussprache haben nur die in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten politischen Parteien, die Kirchen und die anderen über das ganze Bundesgebiet verbreiteten Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts sowie über das ganze Bundesgebiet verbreitete Organisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. § 28 Allgemeine Verantwortung (1) Wer die Sendung eines Beitrages veranlaßt oder zugelassen hat, trägt für dessen Inhalt und Gestaltung nach Maßgabe der Vorschriften des Grundgesetzes, der allgemeinen Gesetze und der besonderen Vorschriften dieses Gesetzes die Verantwortung. Verantwortlich ist auch, wer es unterlassen hat, in seinem Aufgabenkreis pflichtgemäß tätig zu werden. (2) Es wird vermutet, daß für die Sendung aller Beiträge derjenige nach Absatz 1 verantwortlich ist, dem nach diesem Gesetz, nach Satzung oder Vertrag oder in Ausführung dieser Bestimmungen die Gesamtleitung der Einrichtung obliegt, die zur Verbreitung von Sendungen berechtigt ist (Intendant). Sofern und soweit für den nach Satz 1 Verantwortlichen im Einzelfall ein Vertreter tätig war, gilt die Vermutung zu dessen Lasten. (3) Absatz 2 findet in Straf- und Bußgeldsachen keine Anwendung. (4) Die Verantwortlichkeit anderer Personen, insbesondere des Verfassers, Herstellers oder Gestalters eines Beitrages, bleibt unberührt. (5) Aufgaben nach Absatz 2 darf nur erhalten und wahrnehmen, wer 1. seinen ständigen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich des Landes Berlin hat, 2. unbeschränkt geschäftsfähig ist, 3. unbeschränkt strafrechtlich verfolgt werden kann, 4. die bürgerlichen Ehrenrechte besitzt und die Fähigkeit, ein öffentliches Amt zu bekleiden, nicht durch richterliche Entscheidung verloren sowie 5. Grundrechte nicht verwirkt hat. § 29 Besondere Verantwortung Für Inhalt und Gestaltung der Sendungen nach §§26 und 27 ist derjenige verantwortlich, dem die Sendezeit zugebilligt worden ist. § 28 Abs. 4 gilt entsprechend. § 30 Auskunftspflicht Die Anstalten haben auf Verlangen Namen und Anschrift der Intendanten oder der sonstigen für Sendungen Verantwortlichen bekanntzugeben. § 31 Jugendschutz Sendungen, die ganz oder teilweise nach Inhalt oder Gestaltung geeignet sind, die Erziehung von Kindern und Jugendlichen zur leiblichen, seelischen oder sozialen Tüchtigkeit zu beeinträchtigen, dürfen nicht vor 21.00 Uhr veranstaltet werden. Für die Bewertung der Sendungen sind die Vorschriften des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit in der Fassung vom 27. Juli 1957 (Bundes-gesetzbl. I S. 1058) entsprechend anzuwenden. § 32 Beweissicherung Alle Nachrichten, Kommentare, Vorträge und sonstigen Wortsendungen sind wortgetreu aufzuzeichnen und aufzubewahren. Nach Ablauf von vier Wochen seit dem Tage der Verbreitung können Aufzeichnungen vernichtet werden, soweit keine Beanstandungen mitgeteilt worden sind. Ist eine Beanstandung mitgeteilt worden, so können die Aufzeichnungen vernichtet werden, sobald die Beanstandung durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung, durch gerichtlichen Vergleich oder auf andere Weise erledigt ist. DRITTER TEIL Übergangs- und Schlußvorschriften § 33 Zeitpunkt der Errichtung Die Deutsche Welle und der Deutschlandfunk gelten mit dem Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes als errichtet. § 34 Bildung der Organe (1) Rundfunkrat und Verwaltungsrat der Deutschen Welle und des Deutschlandfunks sind unverzüglich zu bilden. Die in Satz 1 genannten Organe sind nach Ablauf von drei Monaten seit dem Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben handlungsfähig, wenn die Hälfte ihrer Mitglieder gewählt oder benannt ist; die Zahl der gewählten oder benannten Mitglieder gilt als gesetzliche Mitgliederzahl. 868 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1960, Teil I (2) Die erste Sitzung der in Absatz 1 genannten Organe wird durch den Bundesminister des Innern einberufen. § 35 Verletzung der Aufsichtspflicht Wer die ihm als Intendant oder als dessen Vertreter (§ 28 Abs. 2) obliegende Aufsichtspflicht vorsätzlich oder fahrlässig verletzt und dadurch fahrlässig dazu beiträgt, daß ein anderer eine wegen des Inhalts oder der Gestaltung einer Sendung mit Strafe bedrohte Handlung begeht, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. § 36 Übernahme technischer Einrichtungen Die vorhandenen technischen Einrichtungen der Deutschen Welle zur Ausstrahlung von Rundfunksendungen für das Ausland über Kurzwelle gehen in das Eigentum der Deutschen Bundespost über. . § 37 Geltung im Land Berlin Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 des Dritten Uberleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 29. November 1960 Der Bundespräsident Lübke Der Stellvertreter des Bundeskanzlers Ludwig Erhard Der Bundesminister des Innern Dr. Schröder Für den Bundesminister für das Post- und Fernmeldewesen Der Bundesminister für Verkehr Seebohm Herausgeber: Der Bundesminister der Justiz. – Verlag: Bundesanzeiger Verlagsges. m. b; H., Bonn/Köln. – Druck: Bundesdruckerei. Das Bundesgesetzblatt erscheint in drei Teilen. In Teil I und II werden die Gesetze und Verordnungen in zeitlicher Reihenfolge nach ihrer Ausfertigung verkündet In Teil III wird das als fortgeltend festgestellte Bundesrecht, auf Grund des Gesetzes über die Sammlung des Bundesrechts vom 10. Juli 1958 (Bundesgesetzbl. I S. 437) nach Sachgebieten geordnet veröffentlicht Bezugsbedingungen für Teil III durch den Verlag. Bezugsbedingungen für Teil I und II: Laufender Bezug nur durch die Post. Bezugspreis vierteljährlich für Teil T und Teil II je DM 5,– zuzüglich Zustellgebühr. Einzelstücke je angefangene 24 Seiten DM 0,40 gegen Voreinsendung des erforderlichen Betrages auf Postscheckkonto "Bundesgesetzblatt" Köln 3 99 oder nach Bezahlung auf Grund einer Vorausrechnung. Preis dieser Ausgabe DM 0,40 zuzüglich Versandgebühr DM 0,10.