Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1974  Nr. 46 vom 30.04.1974  - Komplette Ausgabe

Komplette Ausgabe Bundesgesetzblatt Teill Z1997A 1974 Ausgegeben zu Bonn am 30.April 1974 Nr. 46 Tag Inhalt Seite 29. 4. 74 Neufassung des Schwerbehindertengesetzes.......................................... 1005 811-1 24. 4. 74 Verordnung über die Gewährung von Erleichterungen, Vorrechten und Befreiungen an die Ständige Vertretung der Deutschen Demokratischen Republik...................... 1022 24.4.74 Siebente Durchführungsverordnung zum Tierzuchtgesetz über die Körung von Schafböcken............................................................................. 1026 7824-1-5 Bekanntmachung der Neufassung des Schwerbehindertengesetzes Vom 29. April 1974 Auf Grund des Artikels III § 1 des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Schwerbeschädigtenrechts vom 24. April 1974 (Bundesgesetzbl. I S. 981) wird nachstehend der Wortlaut des Schwerbehindertengesetzes in der neuen Fassung bekanntgemacht. Bonn, den 29. April 1974 Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Walter Arendt Bundesgesetzblatt Teill Z1997A 1974 Ausgegeben zu Bonn am 30.April 1974 Nr. 46 Tag Inhalt Seite 29. 4. 74 Neufassung des Schwerbehindertengesetzes.......................................... 1005 811-1 24. 4. 74 Verordnung über die Gewährung von Erleichterungen, Vorrechten und Befreiungen an die Ständige Vertretung der Deutschen Demokratischen Republik...................... 1022 24.4.74 Siebente Durchführungsverordnung zum Tierzuchtgesetz über die Körung von Schafböcken............................................................................. 1026 7824-1-5 Bekanntmachung der Neufassung des Schwerbehindertengesetzes Vom 29. April 1974 Auf Grund des Artikels III § 1 des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Schwerbeschädigtenrechts vom 24. April 1974 (Bundesgesetzbl. I S. 981) wird nachstehend der Wortlaut des Schwerbehindertengesetzes in der neuen Fassung bekanntgemacht. Bonn, den 29. April 1974 Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Walter Arendt 1006 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1974, Teil I Gesetz zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz — SchwbG) in der Fassung vom 29. April 1974 Inhaltsübersicht § Erster Abschnitt Geschützter Personenkreis Schwerbehinderte ................................. 1 Gleichgestellte .................................... 2 Feststellung und Nachweis der Minderung der Erwerbsfähigkeit .................................... 3 Zweiter Abschnitt Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber Umfang der Beschäftigungspflicht .................. 4 Beschäftigung besonderer Gruppen Schwerbehinderter 5 Begriff des Arbeitsplatzes ......................... 6 Berechnung der Pflichtzahl Anrechnung auf Pflichtplätze....................... 7 Ausgleichsabgabe ................................. 8 Ausgleichsfonds .................................. 9 Dritter Abschnitt Sonstige Pflichten der Arbeitgeber Pflichten der Arbeitgeber gegenüber der Bundesanstalt für Arbeit und den Hauptfürsorgestellen ........... 10 Pflichten der Arbeitgeber gegenüber Schwerbehinderten ...................................... 11 Vierter Abschnitt Kündigungsschutz Erfordernis der Zustimmung....................... 12 Kündigungsfrist .................................. 13 Antragsverfahren ................................. 14 Entscheidung der Hauptfürsorgestelle .............. 15 Einschränkungen der Ermessensentscheidung........ 16 Ausnahmen ...................................... 17 Außerordentliche Kündigung ...................... 18 Erweiterter Beendigungsschutz ..................... 19 Fünfter Abschnitt Betriebs-, Personal-, Richterund Präsidialrat Vertrauensmann der Schwerbehinderten Beauftragter des Arbeitgebers Aufgaben des Betriebs-, Personal-, Richter- und Präsidialrates..................................... 20 Wahl und Amtszeit des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten ................................ 21 Aufgaben des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten....................................... 22 § Persönliche Rechte und Pflichten des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten ........................ 23 Gesamt-, Haupt- und Bezirksvertrauensmann ....... 24 Beauftragter des Arbeitgebers ..................... 25 Zusammenarbeit .................................. 26 Sechster Abschnitt Durchführung des Gesetzes Zusammenarbeit der Hauptfürsorgestellen und der Bundesanstalt für Arbeit .......................... 27 Aufgaben der Hauptfürsorgestelle................. 28 Beratender Ausschuß für Behinderte bei der Hauptfürsorgestelle ..................................... 29 Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeit ............ 30 Beratender Ausschuß für Behinderte bei der Bundesanstalt für Arbeit ................................. 31 Beirat für die Rehabilitation der Behinderten....... 32 Gemeinsame Vorschriften ......................... 33 Übertragung von Aufgaben........................ 34 Siebenter Abschnitt Fortfall des Schwerbehindertenschutzes Erlöschen des Schwerbehindertenschutzes........... 35 Entziehung des Schwerbehindertenschutzes ......... 36 Achter Abschnitt Widerspruchsverfahren Widerspruch ..................................... 37 Widerspruchsausschuß bei der Hauptfürsorgestelle . . 38 Widerspruchsausschuß beim Landesarbeitsamt ...... 39 Verfahrensvorschriften ............................ 40 Neunter Abschnitt Sonstige Vorschriften Vorrang der Schwerbehinderten.................... 41 Arbeitsentgelt und Dienstbezüge .................. 42 Mehrarbeit ....................................... 43 Zusatzurlaub ..................................... 44 Vergünstigungswesen für Schwerbehinderte Ausweise ........................................ 45 Beschäftigung Schwerbehinderter in Heimarbeit .... 46 Schwerbehinderte Beamte und Richter.............. 47 Unabhängige Tätigkeit ............................ 48 Kostenfreiheit .................................... 49 Geheimhaltungspflicht ............................. 50 Statistik.......................................... 51 Nr. 46 — Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. April 1974 1007 Zehnter Abschnitt Förderung von Werkstätten für Behinderte s Begriff der Werkstatt für Behinderte ............... 52 Verrechnung von Aufträgen auf die Ausgleichsabgabe 53 Vergabe von Aufträgen durch die öffentliche Hand .. 54 Anerkennungsverfahren ........................... 55 Blindenwerkstätten ............................... 56 Erster Abschnitt Geschützter Personenkreis §1 Schwerbehinderte Schwerbehinderte im Sinne dieses Gesetzes sind Personen, die körperlich, geistig oder seelisch behindert und infolge ihrer Behinderung in ihrer Erwerbsfähigkeit nicht nur vorübergehend um wenigstens 50 vom Hundert gemindert sind, sofern sie rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzes wohnen, sich gewöhnlich aufhalten oder eine Beschäftigung als Arbeitnehmer ausüben. §2 Gleichgestellte (1) Personen im Sinne des § 1, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Erwerbsfähigkeit nicht nur vorübergehend um weniger als 50 vom Hundert, aber wenigstens 30 vom Hundert gemindert sind, sollen auf Grund einer Feststellung nach § 3 auf ihren Antrag vom Arbeitsamt den Schweirbehinderten gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne diese Hilfe einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können. Die Gleichstellung kann zeitlich befristet werden. (2) Auf Gleichgestellte ist dieses Gesetz mit Ausnahme des § 44 über den Zusatzurlaub anzuwenden. §3 Feststellung und Nachweis der Minderung der Erwerbsfähigkeit (1) Auf Antrag des Behinderten stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzets zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad einer auf ihr beruhenden Minderung der Erwerbsfähigkeit fest. § 30 Abs, 1 und § 62 Abs. 1 bis 3 des Bundesversorgungsgesetzes und das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung vom 2. Mai 1955 (Bundesge-setzbl. I S. 202), zuletzt geändert durch das Dritte Gesetz über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes vom 16. Dezember 1971 (Bundesgesetzbl. I S. 1985), sind entsprechend anzuwenden. Elfter Abschnitt Ordnungswidrigkeiten, Straf- und Schlußvorschriften * Ordnungswidrigkeiten ............................ 57 Strafvorschrift .................................... 58 Stadtstaatenklausel ............................... 59 Sonderregelung für den Bundesnachrichtendienst .... 60 Berlin-Klausel .................................... 61 (2) Eine Feststellung nach Absatz 1 ist nicht zu treffen, wenn eine Feststellung über das Vorliegen einer Behinderung und den Grad einer auf ihr beruhenden Minderung der Erwerbsfähigkeit schon in einem Rentenbescheid, einer entsprechenden Ver-waltungs- oder Gerichtsentscheidung oder einer vorläufigen Bescheinigung der für diese Entscheidungen zuständigen Dienststellen getroffen worden ist, es sei denn, daß der Behinderte ein Interesse an anderweitiger Feststellung nach Absatz 1 glaubhaft macht. (3) Liegen mehrere Behinderungen vor, so ist der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit durch die Beurteilung der Auswirkungen der Behinderungen in ihrer Gesamtheit festzustellen. Für diese Entscheidung gilt Absatz 1, es sei denn, daß in einer Entscheidung nach Absatz 2 eine Gesamtbeurtei-lung bereits getroffen worden ist. (4) Auf Antrag des Behinderten stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden auf Grund einer unanfechtbar gewordenen Feststellung nach den Absätzen 1, 2 oider 3 eine Bescheinigung über die Eigenschaft als Schwerbehinderter und den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit aus. Diese Bescheinigung ist zu berichtigen oder einzuziehen, sobald eine Neu-feststetlung unanfechtbar geworden ist. Das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung ist entsprechend anzuwenden. (5) Für die Streitigkeiten über Feststellungen nach Absatz 1 und die Ausstellung, Berichtigung und Einziehung einer Bescheinigung nach Absatz 4 ist der Rechtsweg zu den Gerichtein der Sozialge-richtsbarkeiit gegeben. Soweit das Sozialgerichtsgesetz vom 3. September 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 1239), zuletzt geändert durch das Arbeitnehmer-überlassungsgesetz vom 7. August 1972 (Bundesgesetzbl. I S. 1393), besondere Vorschriften für die Kriegsopferversorgung enthält, gelten diese auch für Streitigkeiten nach Satz 1. Die Berufung gegen die Urteile der Sozialgerichte, die den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit betreffen, ist nur zulässig, soweit davon die Schwerbehinderteneigen-schaft oder die Voraussetzung zur Gleichstellung mit Schwerbehinderten abhängt. 1008 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1974, Teil I Zweiter Abschnitt Beschäftigungspflicht der Arbeitgeber §4 Umfang der Beschäftigungspflicht (1) Private Arbeitgeber und Arbeitgeber der öffentlichen Hand (Arbeitgeber), die über mindestens 16 Arbeitsplätze im Sinne des § 6 Abs. 1 verfügen, haben auf wenigstens 6 vom Hundert der Arbeitsplätze Schwerbehinderte zu beschäftigen. (2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, den Pflichtsatz nach Absatz 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nach dem jeweiligen Bedarf an Pflichtplätzen für Schwerbehinderte zu ändern, jedoch auf höchstens 10 vom Hundert zu erhöhen oder bis auf 4 vom Hundert herabzusetzen; dabei kann der Pflichtsatz für Arbeitgeber der öffentlichen Hand höher festgesetzt werden als für private Arbeitgeber. (3) Als Arbeitgeber der öffentlichen Hand im Sinne des Absatzes 1 gelten 1. jede oberste Bundesbehörde mit ihren nachgeordneten Dienststellen, das Bundespräsidialamt, die Verwaltungen des Deutschen Bundestages und Bundesrates, das Bundesverfassungsgericht, die obersten Gerichtshöfe des Bundes, der Bundesgerichtshof jedoch zusammengefaßt mit dem Generalbundesanwalt, sowie die Deutsche Bundesbahn, 2. jede oberste Landesbehörde und die Staats- und Präsidialkanzleien mit ihren nachgeordneten Dienststellen, die Verwaltungen der Landtage, die Rechnungshöfe (Rechnungskammern), die Organe der Verfassungsgerichtsbarkeit der Länder und jede sonstige Landesbehörde, zusammengefaßt jedoch diejenigen Behörden, die eine gemeinsame Personal Verwaltung haben, 3. jede sonstige Gebietskörperschaft und jeder Verband von Gebietskörperschaften, 4. jede sonstige Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts. §5 Beschäftigung besonderer Gruppen Schwerbehinderter Unter den Schwerbehinderten, die von den Arbeitgebern nach § 4 zu beschäftigen sind, müssen sich in angemessenem Umfang befinden 1. Schwerbehinderte mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um wenigstens 80 vom Hundert, 2. Schwerbehinderte, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, 3. sonstige nach Art und Schwere ihrer Behinderung besonders betroffene Schwerbehinderte. §6 Begriff des Arbeitsplatzes (1) Arbeitsplätze im Sinne dieses Gesetzes sind alle Stellen, auf denen Arbeiter, Angestellte, Beam- te, Richter sowie Auszubildende und andere zu ihrer beruflichen Bildung Eingestellte beschäftigt werden. (2) Als Arbeitsplätze zählen nicht die Stellen, auf denen beschäftigt werden 1. pflegebedürftige Behinderte in Betrieben und Anstalten, die überwiegend der Eingliederung der Behinderten dienen, 2. Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist, 3. Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Hellung, Wiedereingewöhnung oder Erziehung beschäftigt werden, 4. Teilnehmer an Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung nach den §§ 91 bis 99 des Arbeitsförderungsgesetzes, 5. Personen, die nach ständiger Übung in ihre Stellen gewählt werden. (3) Als Arbeltsplätze zählen ferner nicht Stellen, die nach der Natur der Arbeit oder nach den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen nur auf die Dauer von höchstens 8 Wochen besetzt sind, Stellen, auf denen Arbeitnehmer geringfügig im Sinne des § 102 des Arbeitsförderungsgesetzes beschäftigt werden, sowie Stellen, auf denen Personen beschäftigt werden, die einen Rechtsanspruch auf Einstellung haben. §7 Berechnung der Pflichtzahl Anrechnung auf Pflichtplätze (1) Bei Berechnung der Zahl der Pflichtplätze für Schwerbehinderte nach § 4 sich ergebende Bruchteile von 0,50 und mehr werden aufgerundet. (2) In Saisonbetrieben sind der Berechnung der Zahl der Pflichtplätze 85 vom Hundert der Arbeitsplätze zugrunde zu legen. (3) Bei Kampagnebetrieben ist die Zahl der Pflichtplätze auf der Grundlage der mit Stammarbeitern besetzten Arbeitsplätze und 20 vom Hundert der Kampagnearbeitsplätze zu berechnen. (4) Inhaber des Bergmannsversorgungsscheines werden, auch wenn sie nicht Schwerbehinderte im Sinne des § 1 sind, auf die Pflichtzahl angerechnet. (5) Ein Schwerbehinderter, der kürzer als betriebsüblich, aber wenigstens 20 Stunden in der Woche beschäftigt wird, wird auf einen Pflichtplatz angerechnet. Wird der Schwerbehinderte weniger als 20 Stunden in der Woche beschäftigt, hat das Arbeitsamt die Anrechnung auf einen Pflichtplatz zuzulassen, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art und Schwere der Behinderung notwendig erscheint. (6) Das Arbeitsamt kann die Anrechnung eines Schwerbehinderten, besonders eines Schwerbehinderten im Sinne des § 5, auf mehr als einen Pflicht- Nr. 46 — Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. April 1974 1009 platz zulassen, wenn dessen Unterbringung in Arbeit auf besondere Schwierigkeiten stößt. Satz 1 gilt auch für Teilzeitbeschäftigte im Sinne des Absatzes 5. (7) Das Arbeitsamt kann die Anrechnung eines Schwerbehinderten, der zu seiner beruflichen Bildung beschäftigt wird, auf mehr als einen Pflicht-platz zulassen. §8 Ausgleichsabgabe (1) Solange Arbeitgeber die vorgeschriebene Zahl Schwerbehinderter nicht beschäftigen, haben sie für jeden unbesetzten Pflichtplatz monatlich eine Ausgleichsabgabe zu entrichten. Die Zahlung der Ausgleichsabgabe hebt die Pflicht zur Beschäftigung Schwerbehinderter nicht auf. (2) Die Ausgleichsabgabe beträgt je Monat und unbesetzten Pflichtplatz einhundert Deutsche Mark. Sie ist vom Arbeitgeber jährlich zugleich mit der Erstattung der Anzeige nach § 10 Abs. 2 an die für seinen Sitz zuständige Hauptfürsorgestelle abzuführen. Ist ein Arbeitgeber mehr als 3 Monate im Rückstand, erläßt die Hauptfürsorgestelle einen Feststellungsbescheid über die rückständigen Beträge und betreibt die Einziehung. Gegenüber privaten Arbeitgebern ist die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften über das Verwaltungszwangsverfahren durchzuführen. Bei Arbeitgebern der öffentlichen Hand hat sich die Hauptfürsorgestelle an die Aufsichtsbehörde zu wenden, gegen deren Entscheidung sie die Entscheidung der obersten Bundesoder Landesbehörde anrufen kann. (3) Die Ausgleichsabgabe darf nur für Zwecke der Arbeits- und Berufsförderung Schwerbehinderter sowie für Leistungen zur nachgehenden Hilfe im Arbeitsleben (§ 28 Abs. 1 Nr. 3) verwendet werden, soweit Mittel für denselben Zweck nicht von anderer Seite zu gewähren sind oder gewährt werden. Aus dem Aufkommen an Ausgleichsarbgabe dürfen persönliche und sächliche Kosten der Verwaltung und Kosten des Verfahrens nicht bestritten werden. Die Hauptfürsorgestelle hat dem Beratenden Ausschuß für Behinderte bei der Hauptfürsorgestelle (§ 29) auf dessen Verlangen eine Übersicht über die Verwendung der Ausgleichsabgabe zu geben. (4) Die Hauptfürsorgestellen haben 40 vom Hundert des Aufkommens an Ausgleichsabgabe an den Ausgleichsfonds (§ 9) weiterzuleiten. Zwischen den Hauptfürsorgestellen wird ein Ausgleich herbeigeführt. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die näheren Einzelheiten des Ausgleichs zu regeln. Hierbei ist sicherzustellen, daß jeder Hauptfürsorgestelle, gemessen an der Zahl der zu betreuenden Schwerbehinderten, ein annähernd gleiches Aufkommen aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung steht. (5) Die bei den Hauptfürsorgestellen verbleibenden Mittel der Ausgleichsabgabe sind von diesen gesondert zu verwalten. Die Rechnungslegung und die formelle Einrichtung der Rechnungen und Belege regeln sich nach den Bestimmungen, die für diese Stellen allgemein maßgebend sind. (6) Bei Arbeitgebern, die über weniger als 30 Arbeitsplätze verfügen, kann die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Ausgleichsabgabe für einen bestimmten Zeitraum allgemein oder für einzelne Landesarbeitsamtsbezirke herabsetzen oder erlassen, wenn die Zahl der unbesetzten Pflichtplätze die Zahl der unterzubringenden Schwerbehinderten so erheblich übersteigt, daß die Pflichtplätze dieser Arbeitgeber nicht in Anspruch genommen zu werden brauchen. (7) Für die Verpflichtung, eine Ausgleichsabgabe zu entrichten (Absatz 1), gelten hinsichtlich der in § 4 Abs. 3 Nr. 1 genannten Stellen der Bund und hinsichtlich der in § 4 Abs. 3 Nr. 2 genannten Stellen das Land als ein Arbeitgeber. §9 Ausgleichsfonds (1) Zur Förderung des Ausgleichs bei der Unterbringung Schwerbehinderter und zur Förderung von Einrichtungen und Maßnahmen, die den Interessen mehrerer Länder auf dem Gebiet der Arbeits- und Berufsförderung Schwerbehinderter dienen, wird mit dem Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes beim Bundesminister für Arbeit und -Sozialordnung als zweckgebundene Vermögensmasse ein "Ausgleichsfonds für überregionale Maßnahmen zur Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft" gebildet. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung verwaltet den Ausgleichsfonds. (2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Gestaltung des Ausgleichsfonds, die Verwendung der Mittel und das Vergabe-und Verwaltungsverfahren zu erlassen. Dritter Abschnitt Sonstige Pflichten der Arbeitgeber § 10 Pflichten der Arbeitgeber gegenüber der Bundesanstalt für Arbeit und den Hauptfürsorgestellen (1) Die Arbeitgeber haben, gesondert für jeden Betrieb und jede Dienststelle, ein Verzeichnis der bei ihnen beschäftigten Schwerbehinderten, Gleichgestellten und sonstigen anrechnungsfähigen Personen laufend zu führen und den Vertretern des Arbeitsamtes und der Hauptfürsorgestelle, die für den Sitz des Betriebes oder der Dienststelle zuständig sind, auf Verlangen vorzuzeigen. (2) Die Arbeitgeber haben dem für ihren Sitz zuständigen Arbeitsamt unter Beifügung einer Durchschrift für die Hauptfürsorgestelle einmal jährlich bis spätestens 31. März für das vorangegangene Kalenderjahr, aufgegliedert nach Monaten, anzuzeigen 1. die Zahl der Arbeitsplätze nach § 6 Abs. 1 sowie § 6 Abs. 2 und 3, gesondert für jeden Betrieb und jede Dienststelle, 1010 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1974, Teil I 2. die Zahl der in. den einzelnen Betrieben und Dienststellen beschall igten Schwerbehinderten, GleicbgestelIIen und sonstigen änrechnungsfähi-gcn Personen, gesondert nach ihrer Zugehörigkeil zu einer dieser Gruppen, 3. Mehriachaniechnungen und 4. den Gesamibetrag der geschuldeten Ausgl.ei.chs-abgabe. Die Atbcilgebet Iniben den \n/eigen 2 Abschriften des nach Absal/ 1 /u fühlenden Vei/cichmsses beizufügen, sofern die Bundesanstalt fui Aibeit nicht zuläßt, daß sie nur die im Rc iiclilszejiaum eingetretenen Veiandenmgen ui/( ,rj^n D>e libe Igeber haben dem Betneb-.-, PeiMMial-, Ruhei- und Prasi-dialrat, dem Veihauensnumn doi Sr i)weJ3ehinder-ten (§21) und dem Beaidüdglen des Aibeitgebeis (§ 25) je eine Abschält dei \n/fuge und des Vei-zeichnisses auszuhändigen Die Arbeitgebei, die 2111 Beschäftigung Schweibehmdeitei nicht veipflichtet sind, haben die Xn/eige nach Satz 1 nui alle 5 Jahie zu erstatten. (3) Die Aibeifgebei haben dei Bundesanstalt für Arbeit und dei llauptfuisoigestelle die Auskünfte zu erteilen, die /in Duichfuhiung des Gesetzes notwendig sind. (4) Die Arbeitgeber haben den Vertretern der Bundesanstalt, für Arbeit und der Hauptfürsorgestel-le Einblick in ihren Betrieb oder ihre Dienststelle zu gewähren, soweit, es im Interesse der Schwerbehinderten erforderlich ist und Betriebs- oder Dienstgeheimnisse nicht gefährdet werden. (5) Die Arbeitgeber haben den Vertrauensmann der Schwerbehinderten (§§ 21 und 24) unverzüglich nach seiner Wahl und ihren Beauftragten für die Angelegenheiten der Schwerbehinderten (§ 25) unverzüglich nach seiner Bestellung dem für den Sitz des Betriebes oder der Dienststelle zuständigen Arbeitsamt und der IlauptfürsorgesteHe zu benennen. (6) In einer Mitteilung gemäß § 8 Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes hat der Arbeitgeber anzugeben, welche Schwerbehinderten betroffen sind und in welchem Umfang sich die Zahl der Pflichtplätze verringert. Im Falle der Unterlassung gilt § 8 Abs. 3 des Arbeitsförderungsgesetzes entsprechend. § 11 Pflichten der Arbeitgeber gegenüber Schwerbehinderten (1) Die Arbeitgeber sind verpflichtet, bei der Besetzung freier Arbeitsplätze zu prüfen, ob Schwerbehinderte beschäftigt werden können. Bewerbungen von Schwerbehinderten sind mit dem Vertrauensmann der Schwerbehinderten zu erörtern und mit seiner Stellungnahme dem Betriebs- oder Personalrat mitzuteilen; Bewerbungen von schwerbehinderten Richtern sind mit dem Vertrauensmann zu erörtern und mit seiner Stellungnahme dem Präsidialrat mitzuteilen, soweit dieser an der Ernennung zu beteiligen ist. Satz 2 gilt nicht, wenn der Schwerbehinderte die Beteiligung des Vertrauensmannes ausdrücklich ablehnt. (2) Die Arbeitgeber haben die Schwerbehinderten so zu beschäftigen, daß diese ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können. Sie haben die Schwerbehinderten zur Förderung ihres beruflichen Fortkommens bei innerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung bevorzugt zu berücksichtigen. Die Teilnahme an außerbetrieblichen Maßnahmen ist. in zumutbarem Umfang zu erleichtern. (3) Die V be^gebei sind veipflichtet, die Arbeits-lauiiie, BetnebM omchtungen, Maschinen und Geldtsc haften unter besondeier Berücksichtigung der i Unfallgetahi so emzuuchten und zu unterhalten und den Betneb so zu regeln, daß eine tunlichst , gioße Zihl Schweibehmdeitei in ihren Betrieben dauernde Beschäftigung finden kann; die Einrichtung von Teilzeitaibeifsplatzen ist zu fördern. Die Arbeitgebei sind feiner verpflichtet, den Arbeitsplatz mit den eifoiderhchen technischen Arbeitshilfen auszustatten Die Verpflichtungen nach den Sätzen 1 und 2 bestehen nicht, soweit ihre Durchführung den Betneb ernstlich schädigen würde oder mit unveihaltnismaßigen Aufwendungen verbunden wäre oder soweit die staatlichen oder berufsgenos-senschaftlichen Arbeitsschutzvorschriften ihnen entgegenstehen. Bei Durchführung dieser Maßnahmen haben die Landesarbeitsämter und Hauptfürsorgestellen die Arbeitgeber unter Berücksichtigung der für die Beschäftigung wesentlichen Eigenschaften der Schwerbehinderten zu unterstützen. Vierter Abschnitt Kündigungsschutz § 12 Erfordernis der Zustimmung Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten durch den Arbeitgeber bedarf der vorherigen Zustimmung der Hauptfürsorgestelle. § 13 Kündigungsfrist Die Kündigungsfrist beträgt mindestens 4 Wochen. § 14 Antragsverfahren (1) Die Zustimmung zur Kündigung hat der Arbeitgeber bei der für den Sitz des Betriebes oder der Dienststelle zuständigen Hauptfürsorgestelle schriftlich, und zwar in doppelter Ausfertigung, zu beantragen. Der Begriff des Betriebes und der Begriff der Dienststelle im Sinne dieses Gesetzes bestimmen sich nach dem Betriebsverfassungsgesetz und dem Personalvertretungsrecht. (2) Die Hauptfürsorgestelle holt eine Stellungnahme des zuständigen Arbeitsamtes, des Betriebsrates oder Personalrates und des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten ein. Sie hat ferner den Schwerbehinderten zu hören. (3) Die Hauptfürsorgestelle hat in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Nr. 46 Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. April 1974 1011 § 1-r> Entscheidung der Hiiuptfürsorgeslelle (1) Die Hauptfi.irsorgesl.elle soll die Entscheidung, falls erforderlich auf Grund mündlicher Verhandlung, innerhalb eines Monats vom Tage des Eingangs des Antrages an treffen. (2) Die Entscheidung ist dem Arbeitgeber und dem Schwerbehinderten zuzustellen. Dem Arbeitsamt ist eine Abschrift der Entscheidung zu übersenden. (3) Erteilt die Hauptfürsorgestelle die Zustimmung zur Kündigung, kann der Arbeitgeber die Kündigung nur innerhalb eines Monats nach Zustellung erklären. § 16 Einschränkungen der Ermessensentscheidung (1) Die Maupttürsorgestelle hat die Zustimmung zu erteilen bei Kündigungen in Betrieben und Dienststellen, die; nicht, nur vorübergehend eingestellt oder aufgelöst werden, wenn zwischen dem Tage der Kündigung und dein Tage, bis zu dem Gehalt oder Lohn gezahlt, wird, mindestens 3 Monate liegen. Unter der gleichen Voraussetzung soll sie die Zustimmung auch bei Kündigungen in Betrieben und Dienststellen erteilen, die nicht nur vorübergehend wesentlich eingeschränkt werden, wenn die Gesamtzahl der verbleibenden Schwerbehinderten zur Erfüllung der Verpflichtung nach § 4 ausreicht. (2) Die Hauptfürsorgestelle soll die Zustimmung erteilen, wenn dem Schwerbehinderten ein anderer angemessener und zumutbarer Arbeitsplatz gesichert ist. § 17 Ausnahmen (1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten nicht für Schwerbehinderte, die auf Stellen im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 beschäftigt, werden. (2) Die Vorschriften dieses Abschnitts finden ferner bei Entlassungen, die aus Witterungsgründen vorgenommen werden, keine Anwendung, sofern die Wiedereinstellung der Schwerbehinderten bei Wiederaufnahme der Arbeit gewährleistet ist. (3) Die Zustimmung der Hauptfürsoxgestelie ist nicht erforderlich, wenn der Schwerbehinderte ausdrücklich nur zur vorübergehenden Aushilfe, auf Probe oder für einen vorübergehenden Zweck eingestellt worden ist, es sei denn, daß das Arbeitsverhältnis über 6 Monate hinaus fortbesteht. Der Arbeitgeber hat Einstellungen auf Probe und Beendigungen derartiger Arbeitsverhältnisse unabhängig von der Anzeigepflicht nach anderen Gesetzen der Hauptfürsorgestelle innerhalb von 4 Tagen anzuzeigen. § 18 Außerordentliche Kündigung (1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten mit Ausnahme von § 13 auch bei außerordentlicher Kündigung, soweit sich aus den folgenden Bestimmungen nichts Abweichendes ergibt. (2) Die Zustimmung zur Kündigung kann nur innerhalb von 2 Wochen beantragt werden; maßgebend ist der Eingang des Antrages bei der Hauptfürsorgestelle. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. (3) Die Hauptfürsorgestelle hat die Entscheidung innerhalb von 10 Tagen vom Tage des Eingangs des Antrages an zu treffen. Wird innerhalb dieser Frist eine Entscheidung nicht getroffen, gilt die Zustimmung als erteilt. (4) Die Hauptfürsorgestelle soll die Zustimmung erteilen, wenn die Kündigung aus einem Grunde erfolgt, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht. (5) Rechtsmittel gegen die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle zur außerordentlichen Kündigung haben keine aufschiebende Wirkung. (6) Die Kündigung kann auch nach Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches erfolgen, wenn sie unverzüglich nach Erteilung der Zustimmung erklärt wird. (7) Schwerbehinderte, denen lediglich aus Anlaß eines Streiks oder einer Aussperrung fristlos gekündigt worden ist, sind nach Beendigung des Streiks oder der Aussperrung wieder einzustellen. §19 Erweiterter Beendigungsschutz Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten bedarf auch dann der vorherigen Zustimmung der Hauptfürsorgestelle, wenn sie im Falle des Eintritts der Berufsunfähigkeit ohne Kündigung erfolgt. Die Vorschriften dieses Abschnitts über die Zustimmung zur Kündigung gelten entsprechend. Fünfter Abschnitt Betriebs-, Personal-, Richterund Präsidialrat Vertrauensmann der Schwerbehinderten Beauftragter des Arbeitgebers §20 Aufgaben des Betriebs-, Personal-, Richter- und Präsidialrates Betriebs-, Personal-, Richter- und Präsidialrat haben die Eingliederung Schwerbehinderter zu fördern. Sie haben insbesondere darauf zu achten, daß die dem Arbeitgeber nach den §§ 4, 5 und 11 obliegenden Verpflichtungen erfüllt werden; sie sollen auf die Wahl des Vertrauensmannes hinwirken. §21 Wahl und Amtszeit des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten (1) In Betrieben und Dienststellen, in denen wenigstens 5 Schwerbehinderte nicht nur vorübergehend beschäftigt sind, werden ein Vertrauensmann und wenigstens ein Stellvertreter gewählt, der den Vertrauensmann im Falle seiner Verhinderung vertritt. Ferner wählen bei Gerichten, denen minde- 1012 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1974, Teil I stens 5 schwerbehinderte Richter angehören, diese einen Richter zu ihrem Vertrauensmann. Betriebe oder Dienststellen, die die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht erfüllen, können für die Wahl mit räumlich naheliegenden Betrieben des Arbeitgebers oder gleichstufigen Dienststellen derselben Verwaltung zusammengefaßt werden; soweit erforderlich, können Gerichte unterschiedlicher Gerichtszweige und Stufen zusammengefaßt werden, über die Zusammenfassung entscheidet der Arbeitgeber im Benehmen mit der für seinen Sitz zuständigen Hauptfürsorgestelle. (2) Wahlberechtigt sind alle in dem Betrieb oder der Dienststelle beschäftigten Schwerbehinderten. (3) Wählbar sind alle in dem Betrieb oder der Dienststelle nicht nur vorübergehend Beschäftigten, die am Wahltage das 18. Lebensjahr vollendet haben und dem Betrieb oder der Dienststelle seit 6 Monaten angehören; besteht der Betrieb oder die Dienststelle weniger als ein Jahr, so bedarf es für die Wählbarkeit nicht der sechsmonatigen Zugehörigkeit. Nicht wählbar ist, wer kraft Gesetzes dem Betriebs-, Personal- oder Richterrat nicht angehören kann. (4) Bei Dienststellen der Bundeswehr, bei denen eine Vertretung der Soldaten nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz zu wählen ist, sind auch schwerbehinderte Soldaten wahlberechtigt und wählbar. (5) Der Vertrauensmann und sein Stellvertreter werden in geheimer und unmittelbarer Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl gewählt. Im übrigen sind die Vorschriften über das Wahlver-fahren, den Wahlschutz und die Wahlkosten bei der Wahl des Betriebs-, Personal- oder Richterrates sinngemäß anzuwenden. Ist in einem Betrieb oder einer Dienststelle ein Vertrauensmann nicht gewählt, so kann die für den Betrieb oder die Dienststelle zuständige Hauptfürsorgestelle zu einer Versammlung der Schwerbehinderten zum Zwecke der Wahl eines Wahl Vorstandes einladen. (6) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nähere Vorschriften über die Vorbereitung und Durchführung der Wahl des Vertrauensmannes zu erlassen. (7) Die Amtszeit des Vertrauensmannes beträgt 4 Jahre. Das Amt erlischt vorzeitig, wenn er es niederlegt, aus dem Arbeits-, Dienst- oder Richterverhältnis ausscheidet oder die Wählbarkeit verliert. Auf Antrag eines Viertels der wahlberechtigten Schwerbehinderten kann der Widerspruchsaus-schuß bei der Hauptfürsorgestelle (§ 38) das Erlöschen des Amtes eines Vertrauensmannes wegen gröblicher Verletzung seiner Pflichten beschließen. §22 Aufgaben des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten (1) Der Vertrauensmann hat die Interessen der Schwerbehinderten in dem Betrieb oder der Dienststelle zu vertreten und ihnen beratend und helfend zur Seite zu stehen. Er hat vor allem 1. darüber zu wachen, daß die zugunsten der Schwerbehinderten geltenden Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen und Verwaltungsanordnungen durchgeführt werden, 2. Maßnahmen, die den Schwerbehinderten dienen, bei den zuständigen Stellen zu beantragen, 3. Anregungen und Beschwerden vom Schwerbehinderten entgegenzunehmen und, falls sie berechtigt erscheinen, durch Verhandlung mit dem Arbeitgeber auf eine Erledigung hinzuwirken; er hat die Schwerbehinderten über den Stand und das Ergebnis der Verhandlungen zu unterrichten. (2) Der Vertrauensmann ist vom Arbeitgeber in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen Schwerbehinderten oder die Schwerbehinderten als Gruppe berühren, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung zu hören-, die getroffene Entscheidung ist ihm unverzüglich mitzuteilen. (3) Der Schwerbehinderte hat das Recht, bei Einsicht in die über ihn geführte Personalakte den Vertrauensmann hinzuzuziehen. Der Vertrauensmann hat über den Inhalt der Personalakte Stillschweigen zu bewahren, soweit er vom Schwerbehinderten nicht von dieser Verpflichtung entbunden wird. (4) Der Vertrauensmann hat das Recht, an allen Sitzungen des Betriebs-, Personal-, Richter- oder Präsidialrates und deren Ausschüssen beratend teilzunehmen. Erachtet er einen Beschluß des Betriebs-, Personal-, Richter- oder Präsidialrates als eine erhebliche Beeinträchtigung wichtiger Interessen der Schwerbehinderten, so ist auf seinen Antrag der Beschluß auf die Dauer von einer Woche vom Zeitpunkt der Beschlußfassung an auszusetzen; die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes und des Personallvertretungsrechtes über die Aussetzung von Beschlüssen gelten entsprechend. Die Aussetzung hat keine Verlängerung einer Frist zur Folge. In den Fällen des § 21 e Abs. 1 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes in der Fassung vom 12. September 1950 (Bundesgesetzbl. S. 455, 513.), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 25. März 1974 (Bundesgesetzbl. I S. 761), ist der Vertrauensmann, außer in Eilfällen, auf Antrag eines betroffenen schwerbehinderten Richters vor dem Präsidium des Gerichtes zu hören. (5) Der Vertrauensmann hat das Recht, mindestens einmal im Kalenderjahr eine Versammlung der Schwerbehinderten im Betrieb oder in der Dienststelle durchzuführen. Die für Betriebs- und Personalversammlungen geltenden Vorschriften finden entsprechende Anwendung. (6) Sind in einer Angelegenheit sowohl der Vertrauensmann der Richter als auch der Vertrauensmann der übrigen Bediensteten beteiligt, so handeln sie gemeinsam. §23 Persönliche Rechte und Pflichten des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten (1) Der Vertrauensmann verwaltet sein Amt unentgeltlich als Ehrenamt. Nr. 46 — Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. April 1974 1013 (2) Er darf in der Ausübung seines Amtes nicht behindert oder wegen seines Amteis nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für seine berufliche Entwicklung. (3) Er besitzt gegenüber dem Arbeitgeber die gleiche persönliche Rechtsstellung, insbesondere den gleichen Kündigungs-, Versetzungs- und Abordnungsschutz wie ein Mitglied des Betriebs-, Personal- oder Richterrates. (4) Er ist von seiner beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts oder der Dienstbezüge zu befreien, wenn und soweit es zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlich ist. Satz 1 gilt entsprechend für die Teilnahme an Schulungs- und Biildungsveranstalitungen, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Vertrauensmannes erforderlich sind. (5) Der freigestellte Vertrauensmann darf von inner- oder außerbetrieblichen Maßnahmen der Berufsförderung nicht ausgeschlossen werden. Innerhalb eines Jahres nach Beendigung seiner Freistellung ist ihm im Rahmen der Möglichkeiten des Betriebes oder der Dienststelle Gelegenheilt zu geben, eine wegen der Freistellung unterbliebene berufliche Entwicklung in dem Betrieb oder der Dienststelle nachzuholen. Für den Vertrauensmann, der 3 volle aufeinanderfolgende Amtszeiten freigestellt war, erhöht sich der genannte Zeitraum auf 2 Jahre. (6) Zum Ausgleich für seine Tätigkeit, die aus betriebsbedingten oder dienstlichen Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, hat der Vertrauensmann Anspruch auf entsprechende Arbeitsoder Dienstbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts oder der Dienstbezüge. (7) Er ist verpflichtet, 1. über ihm wegen seines Amtes als Vertrauensmann bekanntgewordene persönliche Verhältnisse und Angelegenheiten von Beschäftigten im Sinne des § 6, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren, und 2. ihm wegen seines Amtes als Vertrauensmann bekanntgewordene und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnete Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten. Diese Pflichten gelten auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt. Sie gelten nicht gegenüber der Bundesanstalt für Arbeit und den Hauptfürsorgestelilen, soweit deren Aufgaben den Schwerbehinderten ge-gegenüber es erfordern, gegenüber den Vertrauensmännern in den Stufenvertretungen (§ 24) sowie gegenüber den in § 79 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes und den in den entsprechenden Vorschriften des Personalvertretungsrechtes genannten Vertretungen, Personen und Stellen. (8) Die durch die Tätigkeit des Vertrauensmannes entstehenden Kosten trägt der Arbeitgeber. (9) Die Räume und der Geschäftsbedarf, die der Arbeitgeber dem Betriebs-, Personal-, Richter- oder Präsddialrat für dessen Sitzungen, Sprechstunden und laufende Geschäftsführung zur Verfügung stellt, stehen für die gleichen Zwecke auch dem Vertrauensmann zur Verfügung, soweit ihm hierfür nicht eigene Räume und sächliche Mittel zur Verfügung gestellt werden. §24 Gesamt-, Haupt- und Bezirksvertrauensmann (1) Ist für mehrere Betriebe eines Arbeitgebers ein Gesamtbetriebsrat oder für den Geschäftsbereich mehrerer Dienststellen ein Gesamtpersonalrat errichtet, so wählen die Vertrauensmänner der einzelnen Betriebe oder Dienststellen einen Gesamtvertrauensmann. (2) Für den Geschäftsbereich mehrstufiger Verwaltungen, bei denen ein Bezirks- oder Hauptperso-nalrat gebildet ist, gilt Absatz 1 sinngemäß mit der Maßgabe, daß bei den Mittelbehörden von deren Vertrauensmann und den Vertrauensmännern der nachgeordneten Dienststellen ein Bezirksvertrauensmann zu wählen ist. Bei den obersten Dienstbehörden ist von deren Vertrauensmann und den Bezirksvertrauensmännern ein Hauptvertrauensmann zu wählen; ist die Zahl der Bezirksvertrauensmänner niedriger als 5, sind auch die Vertrauensmänner der nachgeordneten Dienststellen wahlberechtigt. (3) Für Gerichte eines Zweiges der Gerichtsbarkeit, für die ein Bezirks- oder Hauptrichterrat gebildet ist, gilt Absatz 2 entsprechend. Sind in einem Zweig der Gerichtsbarkeit bei den Gerichten der Länder mehrere Vertrauensmänner nach § 21 zu wählen und ist in diesem Zweig kein Hauptrichterrat gebildet, so ist in entsprechender Anwendung von Absatz 2 ein Hauptvertrauensmann zu wählen. Der Hauptvertrauensmann nimmt die Aufgaben des Vertrauensmannes gegenüber dem Präsidialrat wahr. (4) Für jeden nach den Absätzen 1 bis 3 zu wählenden Vertrauensmann wird wenigstens ein Stellvertreter gewählt. (5) Der Gesamtvertrauensmann vertritt die Interessen der Schwerbehinderten in Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe oder Dienststellen des Arbeitgebers betreffen und von den Vertrauensmännern der einzelnen Betriebe oder Dienststellen nicht geregelt werden können, sowie die Interessen der Schwerbehinderten, die in einem Betrieb oder einer Dienststelle tätig sind, für die ein Vertrauensmann nicht gewählt werden kann oder worden ist. Satz 1 gilt entsprechend für den Bezirks- und Hauptvertrauensmann sowie für den Vertrauensmann der obersten Dienstbehörde, wenn bei einer mehrstufigen Verwaltung Stufenvertretungen nicht gewählt werden. (6) § 21 Abs. 3 bis 7, § 22 Abs. 2, 4 und 6 und § 23 gelten entsprechend. (7) § 22 Abs. 5 gilt für die Durchführung von Versammlungen der Vertrauensmänner und Bezirksvertrauensmänner durch den Gesamt-, Bezirks- oder Hauptvertrauensmann entsprechend. 1014 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1974, Teil I § 25 Beauftragter des Arbeitgebers Der Arbeitgebor hat einen Beauftragten zu bestellen, der ihn in Angelegenheiten der Schwerbehinderten vertritt; falls erforderlich, können mehrere Beauftragte bestellt werden. Der Beauftragte hat vor allein darauf zu achten, daß die dem Arbeitgeber obliegenden Verpflichtungen aus diesem Gesetz erfüllt werden. §26 Zusammenarbeit (1) Arbeilgeber, Beauftragter des Arbeitgebers, Vertrauensmann und Betriebs-, Personal-, Richteroder Präsidial rat sollen zum Wohle der Schwerbehinderten in Betrieb oder Dienststelle eng zusammenarbeiten. (2) Die in Absatz 1 genannten Personen und Vertretungen, die mit der Durchführung dieses Gesetzes beauftragten Stellen (Bundesanstalt für Arbeit, Hauptfürsorgesteilen) und die übrigen Rehabilita-tionsträger unterstützen sich gegenseitig bed der Erfüllung ihrer Aufgaben. Vertrauensmann und Beauftragter des Arbeitgebers sind Verbindungsleute zur Bundesanstalt für Arbeit und zur Hauptfürsorgestelle. Sechster Abschnitt Durchführung des Gesetzes §27 Zusammenarbeit der Hauptfürsorgestellen und der Bundesanstalt für Arbeit (1) Soweit die Verpflichtungen aus diesem Gesetz nicht durch freie Entschließung der Arbeltgeber erfüllt werden, wird dieses Gesetz von den Hauptfür-sorgestellen und der Bundesanstalt für Arbeit in enger Zusammenarbeit durchgeführt. (2) Die den Trägern der Rehabilitation nach den geltenden Vorschriften obliegenden Aufgaben bleiben unberührt. §28 Aufgaben der Hauptfürsorgestelle (1) Der Hauptfürsorgestelle obliegt 1. die Erhebung und Verwendung der Ausgleichsabgabe, 2. der Kündigungsschutz, 3. die nachgehende Hilfe im Arbeitsleben, 4. die zeitweilige Entziehung des Schwerbehindertenschutzes (§ 36). (2) Die nachgehende Hilfe im Arbeitsleben ist in enger Zusammenarbeit mit der Bundesanstalt für Arbeit und den übrigen Trägern der Rehabilitation durchzuführen. Sie soll dahin wirken, daß die Schwerbehinderten in ihrer sozialen Stellung nicht absinken, auf Arbeitsplätzen beschäftigt werden, auf denen sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse voll verwerten und weiterentwickeln können sowie durch Leistungen der Rehabilitationsträger und Maßnahmen der Arbeitgeber befähigt werden, sich am Arbeitsplatz und im Wettbewerb mit Nichtbehin- derten zu behaupten. Die Hauptfürsorgestelle soll außerdem darauf Einfluß nehmen, daß Schwierigkeiten bei der Beschäftigung verhindert oder beseitigt werden-, sie hat hierzu auch Schulungs- und Bildungsmaßnahmen für Vertrauensmänner, Beauftragte der Arbeitgeber, Betriebs-, Personal-, Richter- und Präsidialräte durchzuführen. (3) Die Hauptfürsorgestelle kann im Rahmen ihrer Zuständigkeit nach Absatz 1 Nr. 3 aus den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln auch Geldleistungen gewähren. Hierzu gehören auch Hilfen zur Beschaffung und Erhaltung einer Wohnung, die den besonderen Bedürfnissen des Schwerbehinderten entspricht; ferner Hilfen zur wirtschaftlichen Selbständigkeit Schwerbehinderter. Arbeitgebern können Geldleistungen gewährt werden, soweit dies zur Durchführung von Maßnahmen nach § 11 Abs. 3 im Interesse der Schwerbehinderten geboten ist. (4) Verpflichtungen anderer werden durch Absatz 3 nicht berührt. Leistungen der Rehabilitationsträger dürfen, auch wenn auf sie ein Rechtsanspruch nicht besteht, nicht deshalb versagt werden, weil nach diesem Gesetz entsprechende Leistungen vorgesehen sind; eine Aufstockung durch Leistungen der Hauptfürsorgestelle findet nicht statt. (5) Ist ungeklärt, weicher Träger Leistungen zur nachgehenden Hilfe im Arbeitsleben zu gewähren hat, oder ist die unverzügliche Einleitung der erforderlichen Maßnahmen aus anderen Gründen gefährdet, so soll die Hauptfürsorgestelle vorläufig Leistungen gewähren. Hat die Hauptfürsorgestelle Leistungen erbracht, für die ein anderer Träger zuständig ist, so hat dieser die Leistungen zu erstatten. Der Erstattungsanspruch verjährt in 2 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem zuletzt vorläufig Leistungen erbracht worden sind. § 29 Beratender Ausschuß für Behinderte bei der Hauptfürsorgestelle (1) Bei jeder Hauptfürsorgestelle wird ein Beratender Ausschuß für Behinderte gebildet, der die Eingliederung der Behinderten in das Arbeitsleben zu fördern, die Hauptfürsorgestelle bei der Durchführung dieses Gesetzes zu unterstützen und bei der Vergabe der Mittel der Ausgleichsabgabe mitzuwirken hat. Soweit die Mittel der Ausgleichsabgabe zur institutionellen Förderung verwendet werden, hat der Beratende Ausschuß Vorschläge für die Entscheidungen der Hauptfürsorgestelle zu unterbreiten. (2) Der Ausschuß besteht aus 10 Mitgliedern, und zwar aus 2 Vertretern der Arbeitnehmer, 2 Vertretern der Arbeitgeber, davon 1 Vertreter der öffentlichen Hand, 4 Vertretern der Organisationen der Behinderten, 1 Vertreter des Landes, 1 Vertreter des Landesarbeitsamtes. Für jedes Mitglied ist ein Stellvertreter zu berufen. Mitglieder und Stellvertreter sollen im Bezirk der Hauptfürsorgestelle ihren Wohnsitz haben. Nr. 46 — Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. April 1974 1015 (3) Die Hauptfürsorgesteile beruft die Arbeitnelvmervertrcter auf Vorschlag der Ge-werkschallen des jeweiligen Landes, einen Verl.rel.er der privaten Arbeitgeber auf Vorschlag der Arbeit geberverbände des jeweiligen Landes, einen Vertreter der Arbeitgeber der öffentlichen Hand auf Vorschlag der Regierung des jeweiligen Landes, die Vertreter der Organisationen der Behinderten auf Vorschlag der Behindertenverbände des jeweiligen Landes, die nach der Zusammensetzung ihrer Mitglieder dazu berufen sind, die Behinderten in ihrer Gesamtheit zu vertreten. Die zuständige oberste Landesbehörde beruft den Vertreter des Landes. Der Präsident des Landesarbeitsamtes beruft den Vertreter des Landesarbeitsamtes. §30 Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeit (1) Der Bundesanstalt für Arbeit obliegen 1. die Arbeitsberatung und Arbeitsvermittlung Schwerbehinderter, 2. die Berufsberatung und die Vermittlung Schwerbehinderter in berufliche Ausbildungsstellen, 3. im Rahmen ihrer Maßnahmen nach § 3 Abs. 2 Nr. 5 des Arbeitsförderungsgesetzes die besondere Förderung von Arbeitsplätzen für Schwerbehinderte, 4. die Gleichstellung, deren Widerruf und Rücknahme, 5. die Durchführung des Anzeigeverfahrens (§ 10 Abs. 2), 6. die Überwachung der Erfüllung der Beschäftigungspflicht, 7. die Zulassung der Anrechnung und der Mehrfachanrechnung (§ 7 Abs. 5 bis 7), 8. die Erfassung der Werkstätten für Behinderte, ihre Anerkennung und die Aufhebung der Anerkennung nach dem Zehnten Abschnitt. (2) Die Bundesanstalt für Arbeit richtet für • die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter besondere Beratungs- und Vermittlungsstellen ein. §31 Beratender Ausschuß für Behinderte bei der Bundesanstalt für Arbeit (1) Bei der Hauptstelle der Bundesanstalt für Arbeit wird ein Beratender Ausschuß für Behinderte gebildet, der die Eingliederung der Behinderten in das Arbeitsleben durch Vorschläge zu fördern und die Bundesanstalt für Arbeit bei der Durchführung dieses Gesetzes und der Arbeits- und Berufsförderung Behinderter nach dem Arbeitsförderungsgesetz zu unterstützen hat. (2) Der Ausschuß besteht aus 11 Mitgliedern, und zwar aus 2 Vertretern der Arbeitnehmer, 2 Vertretern der Arbeitgeber, davon 1 Vertreter der öffentlichen Hand, 5 Vertretern der Organisationen der Behinderten, 1 Vertreter der Hauptfürsorgestellen, I Vertreter des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. Für jedes Mitglied ist ein Stellvertreter zu berufen. (3) Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit beruft die Vertreter der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber auf Vorschlag ihrer Gruppenvertreter im Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit, die Vertreter der Organisationen der Behinderten auf Vorschlag der Behindertenverbände, die nach der Zusammensetzung ihrer Mitglieder dazu berufen sind, die Behinderten in ihrer Gesamtheit auf Bundesebene zu vertreten, den Vertreter der Hauptfürsorgestellen auf Vorschlag der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Hauptfürsorgest eilen, den Vertreter des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf dessen Vorschlag. §32 Beirat für die Rehabilitation der Behinderten (1) Bei dem Bundesminister für Arbeit und Sozial-oxdnung wird ein Beirat für die Rehabilitation der Behinderten gebildet, der ihn in Fragen der Arbeitsund Berufsförderung der Behinderten berät, ihn bei den Aufgaben der Koordinierung nach § 62 des Arbeitsförderungsgesetzes unterstützt, insbesondere auch bei der Förderung von Rehabilitationseinrichtungen, und bei der Vergabe der Mittel des Ausgleichsfonds mitwirkt. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung trifft Entscheidungen über die Vergabe der Mittel des Ausgleichsfonds nur auf Grund von Vorschlägen des Beirates. (2) Der Beirat besteht aus 33 Mitgliedern, und zwar aus 2 Vertretern der Arbeitnehmer, 2 Vertretern der Arbeitgeber, 6 Vertretern der Organisationen der Behinderten, II Vertretern der Länder, 1 Vertreter der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften, 1 Vertreter der Hauptfürsorgestellen, 1 Vertreter der Bundesanstalt für Arbeit, 3 Vertretern der gesetzlichen Rentenversicherungen, 1 Vertreter der gesetzlichen Unfallversicherung, 1 Vertreter der Sozialhilfe, 1 Vertreter der freien Wohlfahrtspflege, 3 Vertretern der Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation. Für jedes Mitglied ist ein Stellvertreter zu berufen. 1016 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1974, Teil I (3) Der Bundesminister für Arbeit und Sozialord-nung beruft die Vertreter der Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf Vorschlag ihrer Gruppenvertreter im Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit, die Vertreter der Organisationen der Behinderten auf Vorschlag der Behindertenverbände, die nach der Zusammensetzung ihrer Mitglieder dazu berufen sind, die Behinderten in ihrer Gesamtheit auf Bundesebene zu vertreten, die Vertreter der Länder auf deren Vorschlag, den Vertreter der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften auf Vorschlag der Bundes Vereinigung der kommunalen Spitzenverbände, den Vertreter der Hauptfürsorgestellen auf Vorschlag der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Hauptfürsorgestellen, den Vertreter der Bundesanstalt für Arbeit auf Vorschlag ihres Präsidenten, die Vertreter der gesetzlichen Rentenversicherungen auf Vorschlag des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger, den Vertreter der gesetzlichen Unfallversicherung auf Vorschlag der Spitzenvereinigungen der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, den Vertreter der Sozialhilfe auf Vorschlag der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, den Vertreter der freien Wohlfahrtspflege auf Vorschlag der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, die Vertreter der Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation auf Vorschlag der Arbeitsgemeinschaften der Berufsförderungswerke, der Berufsbildungswerke und der Werkstätten für Behinderte. (4) Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Geschäftsführung und das Verfahren des Beirates zu erlassen. §33 Gemeinsame Vorschriften (1) Die Beratenden Ausschüsse für Behinderte (§§ 29, 31) und der Beirat für die Rehabilitation der Behinderten (§ 32) wählen aus den ihnen angehörenden Gruppen der Vertreter der Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Organisationen der Behinderten jeweils für die Dauer eines Jahres einen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter. Der Vorsitzende und der Stellvertreter dürfen nicht derselben Gruppe angehören. Die Gruppen stellen in regelmäßig jährlich wechselnder Reihenfolge den Vorsitzenden und den Stellvertreter. Die Reihenfolge wird durch die Beendigung der Amtszeit der Mitglieder nicht unterbrochen. Scheidet der Vorsitzende oder der Stellvertreter aus, so wird der Ausscheidende für den Rest seiner Amtszeit durch Neuwahl ersetzt. (2) Die Beratenden Ausschüsse und der Beirat sind beschlußfähig, wenn wenigstens die Hälfte der Mitglieder anwesend ist. Die Beschlüsse und Entscheidungen werden mit einfacher Stimmenmehrheit getroffen. (3) Die Mitglieder der Beratenden Ausschüsse und des Beirates üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Ihre Amtszeit beträgt 4 Jahre. §34 Übertragung von Aufgaben (1) Die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle kann Aufgaben und Befugnisse der Hauptfürsorgestelle nach diesem Gesetz auf örtliche Fürsorgestellen übertragen oder die Heranziehung örtlicher Fürsorgestellen zur Durchführung der der Hauptfürsorgestelle obliegenden Aufgaben bestimmen. (2) Die Bundesanstalt für Arbeit kann Aufgaben, die nach diesem Gesetz den Landesarbeitsamtern obliegen, mit Ausnahme der Aufgaben nach § 57, ganz oder teilweise den Arbeitsämtern übertragen. Siebenter Abschnitt Fortfall des Schwerbehindertenschutzes §35 Erlöschen des Schwerbehindertenschutzes (1) Der gesetzliche Schutz Schwerbehinderter erlischt, wenn sich der Grad der Minderung der Er-werbisfähigkeit auf weniger als 50 vom Hundert verringert, dies jedoch erst am Ende des Kalenderjahres, das auf den Eintritt der Unanfechtbarkeit des die Verringerung feststellenden Bescheides folgt. (2) Der gesetzliche Schutz Gleichgestellter erlischt mit dem Widerruf oder der Rücknahme der Gleichstellung. Der Widerruf der Gleichstellung ist zulässig, wenn die Voraussetzungen nach § 2 weggefallen sind, frühestens aber nach Ablauf von 2 Jahren seit Bekanntgabe der Gleichstellung. Er wird erst am Ende des Kalenderjahres wirksam, das auf den Eintritt seiner Unanfechtbarkeit folgt. (3) Bis zum Erlöschen des gesetzlichen Schutzes werden die Behinderten dem Arbeitgeber auf die Pflichtzahl angerechnet. §36 Entziehung des Schwerbehindertenschutzes (1) Einem Schwerbehinderten, der einen zumutbaren Arbeitsplatz ohne berechtigten Grund zurückweist oder aufgibt oder sich ohne berechtigten Grund weigert, an einer berufsfördernden Maßnahme zur Rehabilitation teilzunehmen, oder sonst durch sein Verhalten seine Eingliederung in Arbeit und Beruf schuldhaft vereitelt, kann die Hauptfür-sorgestelile im Benehmen mit dem Landesarbeitsamt die Vorteile dieses Gesetzes zeitweilig entziehen. Dies gilt auch für Gleichgestellte. (2) Vor der Entscheidung nach Absatz 1 muß der Schwerbehinderte gehört werden. In der Entscheidung muß die Frist bestimmt werden, für die sie Nr. 46 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. April 1974 1017 gjilf. Die Frist läuft vom Tage der Entscheidung an und darf nicht mehr als 6 Monate betragen. Die Entscheidung ist dem Schwerbehinderten bekanntzugeben. Achter Abschnitt Widerspruchsverfahren § 37 Widerspruch (1) Den Widersipruchsbeschejid nach § 73 der Verwaltungsgerichtsordnung vom 21. Januar 1960 (Bun-desgesetzbl. I S. 17), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung der Bezeichnungen der Richter und ehrenamtlichen Richter und der Präsidialverfassung der Gerichte vom 26. Mai 1972 (Bundesgesetzblatt I S. 841), erläßt bei Verwaltungsakten der Hauptfürsorgestellen und bei Verwaltungsakten der örtlichen Fürsorgestellen (§ 34 Abs. 1) der Widerspruchsausschuß bei der Flauptfürsorgestelle (§ 38). Des Vorverfahrens bedarf es auch, wenn den Verwaltungsakt eine Hauptfürsorgestelle erlassen hat, die bei einer obersten Landesbehörde besteht. (2) Den Widerspruchsbescheid nach § 85 des So-zialgerichtsgesetzes erläßt bei Verwaltungsakten, welche die Arbeitsämter und Landesarbeitsämter auf Grund dieses Gesetzes erlassen, der Widerspruchsausschuß beim Landesarbeitsamt. §38 Widerspruchsausschuß bei der Hauptfürsorgestelle (1) Bei jeder Hauptfürsorgestelle ist ein Widerspruchsausschuß zu bilden, der aus 7 Mitgliedern besteht, und zwar aus 2 schwerbehinderten Arbeitnehmern, 2 Arbeitgebern, 1 Vertreter der Hauptfürsorgestelle, 1 Vertreter des Landeaarbeiitsamtes, 1 Vertrauensmann der Schwerbehinderten. Für jedes Mitglied ist ein Stellvertreter zu berufen. (2) Die Hauptfürsorgestelle beruft die Arbeitnehmervertreter und deren Stellvertreter auf Vorschlag der Behindertenverbände des jeweiligen Landes, die Arbeitgebervertreter und deren Stellvertreter auf Vorschlag der jeweils für das Land zuständigen Arbeitgeberverbände, den Vertrauensmann und dessen Stellvertreter. Die zuständige oberste Landesbehörde beruft den Vertreter der Hauptfürsorgestelle und dessen Stellvertreter. Der Präsident des Landesarbeitsamtes beruft den Vertreter des Landesarbeitsamtes und dessen Stellvertreter. (3) In Kündigungsangelegenheiten Schwerbehinderter, die bei einer Dienststelle oder in einem Betrieb beschäftigt sind, der zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr oder des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen oder des Bundesministers der Verteidigung gehört, treten an die Stelle der Arbeitgeber nach Absatz 1 Angehörige des öffentlichen Dienstes. Der Hauptfürsorgestelle werden ein Angehöriger des öffentlichen Dienstes und sein Stellvertreter von den von der Landesregierung bestimmten Landesbehörden und ein Angehöriger des öffentlichen Dienstes und sein Stellvertreter von den von der Bundesregierung bestimmten Bundesbehörden benannt. Ein schwerbehinderter Arbeitnehmervertreter muß dem öffentlichen Dienst angehören. (4) Die Amtszeit der Mitglieder der Widerspruchsausschüsse beträgt 4 Jahre. Die Mitglieder der Ausschüsse üben ihre Tätigkeit unentgeltlich aus. §39 Widerspruchsausschuß beim Landesarbeitsamt (1) Bei jedem Landesarbeitsamt ist ein Widerspruchsausschuß zu bilden, der aus 7 Mitgliedern besteht, und zwar aus 2 schwerbehinderten Arbeitnehmern, 2 Arbeitgebern, 1 Vertreter der Hauptfürsorgestelle, 1 Vertreter des Landesarbeitsamtes, 1 Vertrauensmann der Schwerbehinderten. Für jedes Mitglied ist ein Stellvertreter zu berufen. (2) Der Präsident des Landesarbeitsamtes beruft die Arbeitnehmervertreter und deren Stellvertreter auf Vorschlag der Behindertenverbände des jeweiligen Landesarbeitsamtsbezirkes, der im Benehmen mit den für den Landesarbeitsamtsbezirk jeweils zuständigen Gewerkschaften, die für die Vertretung der Arbeitnehmerinteressen wesentliche Bedeutung haben, zu machen ist, die Arbeitgebervertreter und deren Stellvertreter auf Vorschlag der jeweils für den Landesarbeitsamtsbezirk zuständigen Arbeitgeberverbände, soweit sie für die Vertretung von Arbeitgeberinteressen wesentliche Bedeutung haben, den Vertreter des Landesarbeitsamtes und dessen Stellvertreter, den Vertrauensmann und dessen Stellvertreter. Die zuständige oberste Landesbehörde beruft den Vertreter der Hauptfürsorgestelle und dessen Stellvertreter. (3) § 38 Abs. 4 gilt entsprechend. §40 Verfahrensvorschriften (1) Für den Widerspruchsausschuß bei der Hauptfürsorgestelle (§ 38) und den Widerspruchsausschuß beim Landesarbeitsamt (§ 39) gilt § 33 Abs. 1 und 2 entsprechend. (2) Im Widerspruchsverfahren sind der Arbeitgeber und der Schwerbehinderte vor der Entscheidung zu hören. (3) Die Mitglieder der Ausschüsse können wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, über die Ablehnung entscheidet der Ausschuß, dem das Mitglied angehört. 1018 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1974, Teil I Neunler Abschnitt Sonstige Vorschriften §41 Vorrang der Schwerbehinderten Verpflichtungen zur bevorzugten Einstellung und Beschäftigung bestimmter Personenkreise nach anderen Gesetzen entbinden den Arbeitgeber nicht von der Verpflichtung zur Beschäftigung Schwerbehinderter nach diesem Gesetz. §42 Arbeitsentgelt und Dienstbezüge Bei der Bemessung des Arbeitsentgelts und der Dienstbezüge dürfen Renten und vergleichbare Leistungen, die wegen der Behinderung bezogen werden, nicht berücksichtigt werden. Vor allem ist es unzulässig, sie ganz oder teilweise auf das Arbeitsentgelt oder die Dienstbezüge anzurechnen. §43 Mehrarbeit Schwerbehinderte sind auf ihr Verlangen von Mehrarbeit freizustellen. §44 Zusatzurlaub Schwerbehinderte haben Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von 6 Arbeitstagen im Jahr; als Arbeitstage gelten alle Tage, an denen im Betrieb oder in der Dienststelle regelmäßig gearbeitet wird. Soweit tarifliche, betriebliche oder sonstige Urlaubsregelungen für Schwerbehinderte einen längeren Zusatzurlaub vorsehen, bleiben sie unberührt. §45 Vergünstigungswesen für Schwerbehinderte Ausweise (1) Die Vorschriften über Vergünstigungen für Behinderte sind so zu gestalten, daß die Vergünstigungen der Art und Schwere der Behinderung Rechnung tragen, und zwar unabhängig von der Ursache der Behinderung. (2) Vergünstigungen, die auf Grund bisher geltender Rechtsvorschriften gewährt werden, bleiben unberührt. (3) Ist der Nachweis einer Minderung der Erwerbsfähigkeit Voraussetzung für die Inanspruchnahme einer Vergünstigung, so sind die erforderlichen Feststellungen im Verfahren nach § 3 dieses Gesetzes zu treffen, sofern nicht bereits eine Bescheinigung nach § 3 Abs. 4 vorliegt. §46 Beschäftigung Schwerbehinderter in Heimarbeit (1) Schwerbehinderte, die in Heimarbeit Beschäftigte sind (§ 1 Abs. 1 und 2 des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 — Bundesgesetzbl. I S. 191 —, zu- letzt geändert durch das Zweite Gesetz zur Sicherung des Straßenverkehrs vom 26. November 1964 — Bundesgesetzbl. I S. 921 —), und in der Hauptsache für den gleichen Auftraggeber arbeiten, werden auf die Pflichtplätze dieses Auftraggebers angerechnet. Dies gilt auch für Schwerbehinderte, die als fremde Hilfskräfte eines Hausgewerbetreibenden im Sinne des § 2 Abs. 6 des Heimarbeitsgesetzes beschäftigt werden. (2) Für in Heimarbeit beschäftigte und diesen gleichgestellte Schwerbehinderte wird die in § 29 Abs. 1 des Heimarbeitsgesetzes für den Kündigungsschutz festgelegte Frist von einem Jahr auf 3 Monate gekürzt und die Kündigungsfrist von 2 Wochen auf 4 Wochen erhöht; die Vorschrift des § 29 Abs. 2 des Heimarbeitsgesetzes ist sinngemäß anzuwenden. Wird einem Schwerbehinderten, der von einem Hausgewerbetreibenden mit Zustimmung des Auftraggebers als fremde Hilfskraft beschäftigt wird, durch den Hausgewerbetreibenden gekündigt, weil der Auftraggeber die Zuteilung von Arbeit eingestellt oder die regelmäßige Arbeitsmenge erheblich herabgesetzt hat, so ist der Auftraggeber verpflichtet, dem Hausgewerbetreibenden die Aufwendungen für die Zahlung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes an den Schwerbehinderten bis zur rechtmäßigen Lösung seines Arbeitsverhältnisses zu erstatten. (3) Die Bezahlung des zusätzlichen Urlaubs der in Heimarbeit beschäftigten Schwerbehinderten erfolgt nach den für die Bezahlung ihres sonstigen Urlaubs geltenden Berechnungsgrundsätzen. Sofern eine besondere Regelung nicht besteht, erhalten die Schwerbehinderten als zusätzliches Urlaubsgeld 2 vom Hundert des in der Zeit vom 1. Mai des vergangenen bis zum 30. April des laufenden Jahres verdienten Arbeitsentgelts ausschließlich der Unkostenzuschläge. Werden fremde Hilfskräfte eines Hausgewerbetreibenden einem Auftraggeber auf die Zahl der mit Schwerbehinderten zu besetzenden Arbeitsplätze angerechnet, so hat der Auftraggeber dem Hausgewerbetreibenden die entstehenden Aufwendungen zu erstatten. §47 Schwerbehinderte Beamte und Richter (1) Die besonderen Vorschriften und Grundsätze für die Besetzung der Beamtenstellen sind unbeschadet der Geltung dieses Gesetzes auch für schwerbehinderte Beamte so zu gestalten, daß die Einstellung und Beschäftigung Schwerbehinderter gefördert und ein angemessener Anteil Schwerbehinderter unter den Beamten erreicht wird. (2) Sollen schwerbehinderte Beamte auf Lebenszeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder schwerbehinderte Beamte auf Widerruf, auf Kündigung oder auf Probe entlassen werden, so sind vorher der Vertrauensmann der Dienststelle, die den Beamten beschäftigt, und die Hauptfürsorgestelle zu hören. (3) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 finden auf Richter entsprechende Anwendung. Nr. 46 —¦ Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. April 1974 1019 § 48 Unabhängige Tätigkeit Soweit zur Ausübung einer unabhängigen Tätigkeit eine Zulassung erforderlich ist, soll Schwerbehinderten, die eine Zulassung beantragen, bei fachlicher Eignung und Erfüllung der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen die Zulassung bevorzugt erteilt werden. § 49 Kostenfreiheit (1) Für Amtshandlungen, die in Durchführung dieses Gesetzes vorgenommen werden, sind Verwaltungsgebühren und Auslagen nicht zu erheben. Das gilt auch für das Widerspruchsverfahren. (2) Gerichtliche und außergerichtliche Beurkundungen, Urkunden, Beglaubigungen, Vollmachten, amtliche Bescheinigungen sowie Eintragungen und Löschungen im Grundbuch, die von der zuständigen Stelle im Zusammenhang mit der Verwendung der Ausgleichsabgabe für erforderlich gehalten werden, sind kostenfrei. § 50 Geheimhaltungspflicht Die Vertreter der Hauptfürsorgestelien und der Bundesanstalt für Arbeit, die Mitglieder der Ausschüsse (§§ 29, 31, 38 und 39) und des Beirates für die Rehabilitation der Behinderten (§ 32) und ihre Stellvertreter sowie zur Durchführung ihrer Aufgaben hinzugezogene Sachverständige sind verpflichtet, 1. über ihnen wegen ihres Amtes oder Auftrages bekanntgewordene persönliche Verhältnisse und Angelegenheiten von Beschäftigten im Sinne des § 6, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren, und 2. ihnen wegen ihres Amtes oder Auftrages bekanntgewordene und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnete Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse nicht zu offenbaren und nicht zu verwerten. Diese Pflichten gelten auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt oder nach Beendigung des Auftrages. Sie gelten nicht gegenüber der Bundesanstalt für Arbeit und den Hauptfürsorgestelien, soweit deren Aufgaben gegenüber, den Schwerbehinderten es erfordern, gegenüber dem Vertrauensmann sowie gegenüber den in § 79 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes und den in den entsprechenden Vorschriften des Personalvertretungsrechtes genannten Vertretungen, Personen und Stellen. § 51 Statistik (1) über die Behinderten wird alle 5 Jahre, über die Durchführung von Maßnahmen zur Rehabilitation jährlich eine Bundesstatistik durchgeführt. Sie umfaßt folgende Tatbestände: 1. die Zahl der Behinderten, 2. persönliche Merkmale der Behinderten, wie Alter, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Wohnort, 3. Stellung der Behinderten in Erwerbsleben und Beruf, 4. Art und Ursache der Behinderung einschließlich des Grades einer auf ihr beruhenden Minderung der Erwerbsfähigkeit, 5. Art, Ort, Dauer, Verlauf und Ergebnis der durchgeführten Rehabilitationsmaßnahmen. (2) Auskunftspflichtig sind die mit der Durchführung dieses Gesetzes beauftragten Stellen (§§ 3, 27) und die übrigen Träger der Rehabilitation. Zehnter Abschnitt Förderung von Werkstätten für Behinderte §52 Begriff der Werkstatt für Behinderte (1) Die Werkstatt für Behinderte ist eine Einrichtung zur Eingliederung Behinderter in das Arbeitsleben. Sie bietet denjenigen Behinderten, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, einen Arbeitsplatz oder Gelegenheit zur Ausübung einer geeigneten Tätigkeit. (2) Die Werkstatt muß es den Behinderten ermöglichen, ihre Leistungsfähigkeit zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen und ein dem Leistungsvermögen angemessenes Arbeitsentgelt zu erreichen. Sie soll über ein möglichst breites Angebot an Arbeitsplätzen und Plätzen für Arbeitstraining sowie über eine Ausstattung mit begleitenden Diensten verfügen. (3) Die Werkstatt soll allen Behinderten unabhängig von Art oder Schwere der Behinderung offenstehen, sofern sie in der Lage sind, ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen. §53 Verrechnung von Aufträgen auf die Ausgleichsabgabe Arbeitgeber, die an Werkstätten für Behinderte Aufträge erteilen, können 30 vom Hundert des Rechnungsbetrages auf die jeweils zu zahlende Ausgleichsabgabe anrechnen. Die ordnungsgemäße Abwicklung der Lieferaufträge ist vom Arbeitgeber gegenüber der Hauptfürsorgestelle nachzuweisen. §54 Vergabe von Aufträgen durch die öffentliche Hand (1) Aufträge der öffentlichen Hand, die von den Werkstätten für Behinderte ausgeführt werden können, sind bevorzugt diesen Werkstätten anzubieten. (2) Der Bundesminister für Wirtschaft erläßt hierzu im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung allgemeine Richtlinien. 1020 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1974, Teil I §55 Anerkennungsverfahren (1) Werkstätten für Behinderte, die eine Vergünstigung im Sinne dieses Abschnitts in Anspruch nehmen wollen, bedürfen der Anerkennung. Die Entscheidung über die Anerkennung trifft auf Antrag die Bundesanstalt für Arbeit im Einvernehmen mit dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe. Die Bundesanstalt für Arbeit führt ein Verzeichnis der anerkannten Werkstätten für Behinderte. (2) Die Anerkennung ist zurückzunehmen, wenn bei ihrer Erteilung die Voraussetzungen nach § 52 nicht gegeben waren. Sie ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nach § 52 nicht mehr gegeben sind und dem Mangel nicht innerhalb einer von der Bundesanstalt für Arbeit gesetzten Frist abgeholfen wird. Sie kann widerrufen werden, wenn die Werkstatt für Behinderte die Anerkennung mißbraucht. (3) Die Bundesregierung bestimmt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Näheres über die fachlichen Anforderungen der Werkstatt für Behinderte und über das Verfahren zur Anerkennung. §56 Blindenwerkstätten Die §§ 53 und 54 sind auch zugunsten von Blindenwerkstätten im Sinne des Blindenwarenvertriebsgesetzes vom 9. April 1965 (Bundegsesetzbl. I S. 311), geändert durch das Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24. Mai 1968 (Bundesgesetzbl. I S. 503), anzuwenden. Elfter Abschnitt Ordnungswidrigkeiten, Straf- und Schlußvorschriften §57 Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig handelt, wer als privater Arbeitgeber vorsätzlich oder fahrlässig 1. entgegen § 4 Abs. 1, auch in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 4 Abs. 2, Schwerbehinderte nicht nach dem festgesetzten Pflichtsatz beschäftigt, 2. entgegen § 10 Abs. 1 das Verzeichnis nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht in der vorgeschriebenen Form führt oder dort bezeichneten Personen auf Verlangen nicht vorzeigt, 3. entgegen § 10 Abs. 2 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht rechtzeitig oder nicht in der vorgeschriebenen Form erstattet, 4. entgegen § 10 Abs. 3 eine Auskunft nicht oder nicht richtig erteilt oder entgegen § 10 Abs. 4 den Einblick in den Betrieb nicht gewährt, 5. entgegen § 10 Abs. 5 eine dort bezeichnete Person der zuständigen Stelle nicht oder nicht rechtzeitig benennt, 6. entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 die Bewerbung eines Schwerbehinderten nicht mit dem Vertrauensmann erörtert oder dem Betriebsrat ohne die Stellungnahme des Vertrauensmannes mitteilt, 7. entgegen § 11 Abs. 2 Satz 2 einen Schwerbehinderten bei innerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung nicht bevorzugt berücksichtigt oder 8. entgegen § 22 Abs. 2 den Vertrauensmann in einer dort bezeichneten Angelegenheit nicht, nicht richtig, nicht umfassend oder nicht rechtzeitig unterrichtet oder vor einer Entscheidung nicht hört. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Deutsche Mark geahndet werden. (3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist das Landesarbeitsamt. (4) Die Vollstreckung von Bußgeldbescheiden des Landesarbeitsamtes erfolgt durch die örtlich zuständige Gemeindeverwaltung nach den Vorschriften, die für die Beitreibung von Gemeindeabgaben gelten. (5) Die Geldbuße ist an die Hauptfürsorgestelle abzuführen. Für ihre Verwendung gilt § 8 Abs. 3. §58 Strafvorschrift (1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart, das ihm 1. als Vertrauensmann der Schwerbehinderten oder 2. sonst als Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach diesem Gesetz wahrnimmt, anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu 2 Jahren oder Geldstrafe. Ebenso wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, zu dessen Geheimhaltung er nach Absatz 1 verpflichtet ist, verwertet. (3) Die Tat wird nur auf Antrag des Verletzten verfolgt. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig. §59 Stadtstaatenklausel (1) Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg wird ermächtigt, die Interessenvertretung der Vertrauensmänner der Schwerbehinderten für Angelegenheiten, die mehrere oder alle Dienststellen betreffen, in der Weise zu regeln, daß die Vertrauens- Nr. 46 — Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. April 1974 1021 männer aller Dienststellen einen Gesamt Vertrauensmann wählen. Für die Wahl gilt § 21 Abs. 2, 3, 5 und 6 entsprechend. (2) § 24 Abs. 5 Satz 1 gilt, entsprechend. §60 Sonderregelung für den Bundesnachrichtendienst Für den Bundesnachrichtendienst gilt dieses Gesetz mit folgenden Abweichungen: 1. Der Bundesnachrichtendienst gilt vorbehaltlich der Nummer 3 als einheitliche Dienststelle. 2. Für den Bundesnachrichtendienst gelten die Pflichten zur Vorlage des nach § 10 Abs. 1 zu führenden Verzeichnisses, zur Anzeige nach § 10 Abs. 2 und zur Gewährung von Einblick nach § 10 Abs. 4 nicht. Die Anzeigepflicht nach § 17 Abs. 3 Satz 2 gilt nur für die Beendigung von Probearbeitsverhältnissen. 3. Als Dienststelle im Sinne des Fünften Abschnitts gelten auch Teile und Stellen des Bundesnachrichtendienstes, die nicht zu seiner Zentrale gehören. § 21 Abs. 1 Satz 3 und 4 sowie § 24 sind nicht anzuwenden. In den Fällen des § 24 Abs. 5 ist der Vertrauensmann der Schwerbehinderten der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes zuständig. Im Falle des § 21 Abs. 5 Satz 3 lädt der Leiter der Dienststelle ein. Der Vertrauensmann der Schwerbehinderten ist in den Fällen nicht zu beteiligen, in denen die Beteiligung der Personalvertretung nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz ausgeschlossen ist. Der Leiter des Bundesnachrichtendienstes kann anordnen, daß der Vertrauensmann der Schwerbehinderten nicht zu beteiligen ist, Unterlagen nicht vorgelegt oder Auskünfte nicht erteilt werden dürfen, wenn und soweit dies aus besonderen nachrichtendienstlichen Gründen geboten ist. Die Rechte und Pflichten des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten ruhen, wenn die Rechte und Pflichten der Personalvertretung ruhen. § 23 Abs. 7 Satz 3 ist nach Maßgabe der Sicherheitsbestimmungen des Bundesnachrichtendienstes anzuwenden. § 26 Abs. 2 gilt nur für die in § 26 Abs. 1 genannten Personen und Vertretungen der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes. 4. Im Widerspruchsausschuß bei der Hauptfürsorgestelle (§ 38) und im Widerspruchsausschuß beim Landesarbeitsamt (§ 39) treten in Angelegenheiten Schwerbehinderter, die bei dem Bundesnachrichtendienst beschäftigt sind, an die Stelle der Arbeitnehmer und Arbeitgeber nach § 38 Abs. 1 und § 39 Abs. 1 Angehörige des Bundesnachrichtendienstes, an die Stelle des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten der Vertrauensmann der Schwerbehinderten der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes. Sie werden der Hauptfürsorgestelle und dem Präsidenten des Landesarbeitsamtes vom Leiter des Bundesnachrichtendienstes benannt. Die Mitglieder der Ausschüsse müssen nach den dafür geltenden Bestimmungen ermächtigt sein, Kenntnis von Verschlußsachen des in Betracht kommenden Geheimhaltungsgrades zu erhalten. 5. über Rechtsstreitigkeiten, die auf Grund dieses Gesetzes im Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes entstehen, entscheidet im ersten und letzten Rechtszug der oberste Gerichtshof des zuständigen Gerichtszweiges. §61 Berlin-Klausel Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes. 1022 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1974, Teil I Verordnung über die Gewährung von Erleichterungen, Vorrechten und Befreiungen an die Ständige Vertretung der Deutschen Demokratischen Republik Vom 24. April 1974 Auf Grund des § 1 des Gesetzes über die Gewährung von Erleichterungen, Vorrechten und Befreiungen an die ständige Vertretung der Deutschen Demokratischen Republik vom 16. November 1973 (Bundesgesetzbl. I S. 1673) verordnet die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates: §1 Die Ständige Vertretung der Deutschen Demokratischen Republik und ihr Leiter sind berechtigt, die Flagge und das Hoheitszeichen der Deutschen Demokratischen Republik an den Räumlichkeiten der Vertretung einschließlich der Residenz des Leiters der Ständigen Vertretung und an dessen Beförderungsmitteln zu führen. §2 Die Räumlichkeiten der Ständigen Vertretung sind unverletzlich. Sie dürfen von Vertretern von Behörden im Geltungsbereich dieser Verordnung nur mit Zustimmung des Leiters der Ständigen Vertretung betreten werden. Die Räumlichkeiten der Ständigen Vertretung, ihre Einrichtung und die sonstigen darin befindlichen Gegenstände sowie die Beförderungsmittel sind von jeder Durchsuchung, Beschlagnahme, Pfändung oder Vollstreckung befreit. §3 (1) Die Deutsche Demokratische Republik und der Leiter der Ständigen Vertretung sind hinsichtlich der in ihrem Eigentum stehenden und der von ihnen gemieteten bzw. gepachteten Räumlichkeiten, die für Zwecke der Ständigen Vertretung sowie für Wohnzwecke des Leiters und der übrigen Mitglieder der Ständigen Vertretung genutzt werden, von allen Bundes-, Länder- und kommunalen Steuern oder sonstigen Abgaben befreit, soweit diese nicht als Vergütung für bestimmte Dienstleistungen erhoben werden. (2) Die in Absatz 1 vorgesehenen Befreiungen gelten nicht für Steuern und sonstige Abgaben, die nach den geltenden Vorschriften von den Personen zu entrichten sind, die mit der Deutschen Demokratischen Republik oder dem Leiter ihrer Ständigen Vertretung Verträge schließen. (3) Von der Grunderwerbsteuer ist ausgenommen der Erwerb eines Grundstücks durch die Deutsche Demokratische Republik, wenn das Grundstück für die Zwecke der Ständigen Vertretung bestimmt ist. (4) Von der Krafttahrzcugsteuer ist das Halten von Kraftfahrzeugen befreit, die für die Ständige Vertretung zugelassen sind. (5) Von der Versicherungsteuer ausgenommen ist die Zahlung des Versicherungsentgelts für eine Versicherung, die von der Ständigen Vertretung genommen wird. §4 Die Archive und Schriftstücke der Ständigen Vertretung sind jederzeit unverletzlich, wo immer sie sich befinden. §5 Die Ständige Vertretung ist berechtigt, nach Genehmigung durch die Deutsche Bundespost in ihren Räumlichkeiten eine Funkanlage zum freien Verkehr mit ihrer Regierung zu errichten und zu betreiben. §6 (1) Der freie Verkehr der Ständigen Vertretung für alle amtlichen Zwecke wird gestattet. Die Ständige Vertretung kann sich im Verkehr mit ihrer Regierung und amtlichen Vertretungen der Deutschen Demokratischen Republik, wo immer sie sich befinden, aller geeigneten Mittel einschließlich amtlicher Kuriere und verschlüsselter Nachrichten bedienen. § 5 bleibt unberührt. (2) Die amtliche Korrespondenz der Ständigen Vertretung ist unverletzlich. Als "amtliche Korrespondenz" gilt die gesamte Korrespondenz, welche die Ständige Vertretung und ihre Aufgaben betrifft. (3) Das amtliche Kuriergepäck darf weder geöffnet noch zurückgehalten werden. (4) Gepäckstücke, die das amtliche Kuriergepäck bilden, müssen äußerlich sichtbar als solches gekennzeichnet sein; sie dürfen nur amtliche Schriftstücke oder für den amtlichen Gebrauch bestimmte Gegenstände enthalten. (5) Amtliches Kuriergepäck kann dem Kommandanten eines gewerblichen Luftfahrzeuges anvertraut werden, dessen Bestimmungsort ein zugelassener Einreiseflugplatz ist. Der Kommandant muß ein amtliches Schriftstück mit sich führen, aus dem die Anzahl der Gepäckstücke ersichtlich ist, die das Kuriergepäck bilden; er gilt jedoch nicht als amtlicher Kurier. Die Ständige Vertretimg kann eines ihrer Mitglieder entsenden, um das Kuriergepäck unmittelbar und ungehindert von dem Kommandanten des Luftfahrzeuges entgegenzunehmen. (6) Der amtliche Kurier muß ein amtliches Schriftstück mit sich führen, aus dem seine Stellung und die Anzahl der Gepäckstücke ersichtlich sind, die das amtliche Kuriergepäck bilden; er wird bei der Nr. 4fi - Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. April 1974 1023 Wahrnehmung seiner Aulgaben geschützt. Er genießt persönliche Unverlelzlichkeit und unterliegt keiner Festnahme oder Haft irgendwelcher Art. (7) Die Deutsche Demokratische Republik oder die Ständige Vertretung kann amtliche Kuriere ad hoc ernennen. Auch in diesen Fällen gilt Absatz 6; jedoch linden die darin enthaltenen Vorrechte und Befreiungen keine Anwendung mehr, sobald der Kurier das ihm anvertraute amtliche Kuriergepäck dem Empfänger ausgehändigt hat. §7 Die Gebühren und Kosten, welche die Ständige Vertretung für Amishandlungen erhebt, sind von allen Steuern und sonstigen Abgaben befreit. §8 (1) Mitglieder der Ständigen Vertretung im Sinne dieser Verordnung sind der Leiter der Ständigen Vertretung und die übrigen Mitglieder der Ständigen Vertretung. (2) übrige Mitglieder der Ständigen Vertretung sind: Die Angehörigen der Ständigen Vertretung, die mit der Wahrnehmung der Aufgaben der Ständigen Vertretung betraut sind, die Angehörigen der Ständigen Vertretung, die in deren Verwaltungs- und technischem Dienst beschäftigt sind, und Mitglieder des dienstlichen Hauspersonals. §9 (1) Der Leiter und die übrigen Mitglieder der Ständigen Vertretung sowie die zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitglieder sind unverletzlich. Sie unterliegen keiner Festnahme oder Haft irgendwelcher Art. (2) Für die Mitglieder des dienstlichen Haus-personal s gilt dies nur in bezug auf ihre in Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit vorgenommenen Handlungen. § 10 (1) Die Privatwohnung des Leiters und der übrigen Mitglieder der Ständigen Vertretung genießt dieselbe Unverletzlichkeit und denselben Schutz wie die Räumlichkeiten der Ständigen Vertretung. (2) Die Papiere und die Korrespondenz des Leiters und der übrigen Mitglieder der Ständigen Vertretung sowie der zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitglieder sind unverletzlich. Das gleiche gilt — vorbehaltlich des § 11 Abs. 3 — für ihre Vermögen, (3) Die vorstehenden Bestimmungen gelten nicht für die Mitglieder des dienstlichen Hauspersonals. § 11 (1) Der Leiter und die übrigen Mitglieder der Ständigen Vertretung sowie die zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitglieder genießen Befreiung von der Strafgerichtsbarkeit. Sie sind auch von den Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeiten befreit; ausgenommen hiervon sind folgende Fälle: a) Dingliche Klagen in bezug auf privates im Geltungsbereich dieser Verordnung belegenes un- bewegliches Vermögen, es sei denn, daß die genannten Personen dieses im Auftrag der Deutschen Demokratischen Republik für die Zwecke der Ständigen Vertretung im Besitz haben; b) Klagen in Nachlaßsachen, in denen die genannten Personen als Testamentsvollstrecker, Verwalter, Erbe oder Vermächtnisnehmer in privater Eigenschaft und nicht als Vertreter der Deutschen Demokratischen Republik beteiligt sind; c) Klagen im Zusammenhang mit einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit, die eine der genannten Personen im Geltungsbereich dieser Verordnung neben ihrer Tätigkeit für die Ständige Vertretung ausübt. Unberührt hiervon bleiben die nachstehenden Absätze 4 und 5 sowie § 18. (2) Die in Absatz 1 genannten Personen sind nicht verpflichtet, als Zeuge auszusagen. (3) Vollstreckungsmaßnahmen dürfen gegen sie nur in den in Absatz 1 Buchstaben a bis c vorgesehenen Fällen und nur unter der Voraussetzung getroffen werden, daß sie durchführbar sind, ohne die Unverletzlichkeit ihrer Person oder ihrer Wohnung zu beeinträchtigen. (4) Die Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals der Ständigen Vertretung sowie die zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitglieder unterliegen hinsichtlich der nicht in Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit vorgenommenen Handlungen den Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeiten. (5) Für die Mitglieder des dienstlichen Hauspersonals der Ständigen Vertretung finden die in den vorstehenden Bestimmungen aufgezählten Befreiungen nur in bezug auf ihre in Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit vorgenommenen Handlungen Anwendung. § 12 (1) Die Deutsche Demokratische Republik kann für die im § 11 aufgeführten Personen auf die Befreiung von der Gerichtsbarkelt verzichten. (2) Der Verzicht muß ausdrücklich erklärt werden. (3) Strengt eine der in § 11 aufgeführten Personen, die von der Gerichtsbarkeit befreit ist, ein Gerichtsverfahren an, so kann sie sich in bezug auf eine Widerklage, die mit der Hauptklage unmittelbar im Zusammenhang steht, nicht auf die Befreiung von der Gerichtsbarkeit berufen. (4) Der Verzicht auf die Befreiung von der Gerichtsbarkeit in einem Zivil- und Verwaltungs-gerichtsverfahren gilt nicht als Verzicht auf die Befreiung von der Urteilsvolilsteckung; hierfür ist ein besonderer Verzicht erforderlich. § 13 (1) Vorbehaltlich des Absatzes 3 sind der Leiter und die übrigen Mitglieder der Ständigen Vertretung sowie die zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitglieder von den Vorschriften über soziale Sicherheit befreit. 1024 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1974, Teil I (2) Diese Befreiung schließt, die freiwillige Beteiligung an der Sozialversicherung nicht aus. (3) Beschäftigt eine der in Absatz 1 genannten Personen eine Person, die nicht von den Vorschriften über soziale Sicherheit befreit ist, so hat sie die Vorschriften über soziale Sicherheit zu beachten, die für Arbeitgeber gelten. § H (1) Der Leiter und die übrigen Mitglieder der Ständigen Vertretung sowie die zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitglieder sind von allen Bundes-, Länder- und kommunalen Steuern oder sonstigen Abgaben befreit. Ausgenommen hiervon sind a) die normalerweise im Preis von Waren oder Dienstleistungen enthaltenen indirekten Steuern; b) Steuern und sonstige Abgaben von privatem, im Geltungsbereich dieser Verordnung belegenem unbeweglichem Vermögen, es sei denn, daß die oben genannten Personen es im Auftrage der Deutschen Demokratischen Republik für die Zwecke der Ständigen Vertretung im Besitz haben; c) Erbschaftsteuern vorbehaltlich der Regelung in § 19 Abs. 4; d) Steuern und sonstige Abgaben von privaten Einkünften, deren Quelle sich im Geltungsbereich dieser Verordnung befindet, sowie Vermögensteuern von Kapitalanlagen in gewerblichen Unternehmen, die im Geltungsbereich dieser Verordnung belegen sind; e) Steuern und Gebühren und sonstige Abgaben, die als Vergütung für bestimmte Dienstleistungen erhoben werden; f) Eintragungs-, Gerichts-, Beurkumdungs-, Beglau-bigungs-, Hypotheken- und Stempelgebühren in bezug auf unbewegliches Vermögen, jedoch vorbehaltlich des § 3. (2) Mitglieder des dienstlichen Hauspe-rsomals der Ständigen Vertretung genießen lediglich Befreiung von Steuern und sonstigen Abgaben auf ihre Dienstbezüge. § 15 Der Leiter und die übrigen Mitglieder der Ständigen Vertretung sowie die zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitglieder sind von allen persönlichen öffentlichen Dienstleistungen und Auflagen befreit. § 16 (1) Der Ständigen Vertretung wird Befreiung von Eingangsabgaben für Gegenstände gewährt, die zur amtlichen Verwendung durch die Vertretung in den Geltungsbereich dieser Verordnung gebracht werden. Gegenstände zur amtlichen Verwendung sind neben den Dienstgegenständen auch Waren, die zum Bau oder Umbau der Gebäude der Ständigen Vertretung verwendet oder als Einrichtungsstücke mit den Gebäuden fest verbunden werden sollen. (2) Dem Leiter und denjenigen Mitgliedern der Ständigen Vertretung, die mit der Wahrnehmung der Aufgaben der Ständigen Vertretung beauftragt sind, sowie den zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitgliedern wird Befreiung vom Eingangsabgaben für ihr Umzugsgut und für andere Waren gewährt, die zu ihrem persönlichen Gebrauch oder Verbrauch in den Geltungsbereich dieser Verordnung gebracht werden. Den Mitgliedern des Ver-waltungs- und technischen Personals der Ständigen Vertretung und den zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitgliedern wird Befreiung von Eingangs-abgaben nur für Gegenstände gewährt, die anläßlich ihrer Ersteinrichtung in den Geltungsbereich dieser Verordnung gebracht werden. Mitgliedern des dienstlichen Hauspersonals der Ständigen Vertretung und privaten Hausangestellten von Mitgliedern der Ständigen Vertretung wird für in den Geltungsbereich dieser Verordnung gebrachte Waren keine Befreiung von Eingangsabgaben gewährt. (3) Bei Kraftfahrzeugen hängt die Abgabenfreiheit nach den Absätzen 1 und 2 davon ab, daß die Fahrzeuge nicht vor Ablauf von 2 Jahren nach dem Verbringen in den Geltungsbereich dieser Verordnung veräußert werden. Diese Frist kann unter der Vorraussetzung der Gegenseitigkeit geändert werden. (4) Die Befreiung von den Eingangsabgaben hängt davon ab, daß die Waren unter der Anschrift der Ständigen Vertretung oder der begünstigten Personen eingehen und daß bei der Abfertigung eine mit Dienststempel versehene Erklärung des Leiters der Ständigen Vertretung oder seines Stellvertreters nach vorgeschriebenem Muster vorgelegt wird, aus der sich die tatsächlichen Voraussetzungen der Ein-gangsabgafoenfreiheit ergeben. (5) Der Leiter und diejenigen Mitglieder der Ständigen Vertretung, die mit der Wahrnehmung der Aufgaben der Ständigen Vertretung beauftragt sind, sowie die zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitglieder genießen bei der Einreise in den Geltungsbereich dieser Verordnung und bei der Ausreise aus ihrem Geltungsbereich Befreiung von der Kontrolle ihres persönlichen Gepäcks, sofern nicht triftige Gründe für die Vermutung vorliegen, daß es Gegenstände enthält, für welche die in Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1 erwähnten Befreiungen nicht gelten oder deren Eingang oder Ausgang verboten oder durch Quarantänevoxschriften geregelt ist. In solchen Fällen darf die Kontrolle nur in Anwesenheit des Betroffenen oder eines von ihm ermächtigten Vertreters stattfinden. Mitglieder des Verwal-tungs- und technischen Personals der Ständigen Vertretung und die zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitglieder sowie Mitglieder des dienstlichen Hauspersonals der Ständigen Vertretung und private Hausangestellte der Mitglieder der Ständigen Vertretung genießen keine Befreiung von der Kontrolle ihres persönlichen Gepäcks. § 17 Private Hausangestellte von Mitgliedern der Ständigen Vertretung genießen Befreiung von Steuern und sonstigen Abgaben auf die Bezüge, die sie auf Grund ihres Arbeitsverhältnisses erhalten. Nr. 46 — Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. April 1974 1025 Sie sind, wenn sie ausschließlich bei einem Mitglied der Ständigen Vertretung beschäftigt sind, von den im Geltungsbereich dieser Verordnung geltenden Vorschriften über soziale Sicherheit befreit, sofern sie den in der Deutschen Demokratischen Republik oder in einem dritten Staat geltenden Vorschriften über soziale Sicherheit unterstehen. § 18 (1) Die in den §§ 9 bis 17 genannten Vorrechte und Befreiungen stehen Personen, die im Geltungsbereich dieser Verordnung ständig ansässig sind oder dort eine Erwerbstätigkeit außerhalb der Ständigen Vertretung ausüben, nicht zu. (2) Die zum Haushalt der Mitglieder des dienstlichen Hauspersonals der Ständigen Vertretung gehörenden Familienmitglieder genießen keinerlei Vorrechte und Befreiungen. § 19 (1) Die Vorrechte und Befreiungen stehen den Berechtigten von dem Zeitpunkt an zu, in dem sie in den Geltungsbereich dieser Verordnung einreisen, um dort ihren Posten anzutreten, oder, wenn sie sich bereits dort befinden, von dem Zeitpunkt an, in dem ihre Ernennung dem Bundeskanzleramt notifiziert wird. (2) Die Vorrechte und Befreiungen einer Person, deren dienstliche Tätigkeit beendet ist, werden im Zeitpunkt der Ausreise oder des Ablaufs einer durch das Bundeskanzleramt bestimmten Frist hinfällig. Bis zu diesem Zeitpunkt bleiben sie bestehen. In bezug auf die von der betreffenden Person in Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit als Mitglied der Ständigen Vertretung vorgenommenen Handlungen bleiben die Vorrechte und Befreiungen auch weiterhin bestehen. (3) Stirbt ein Mitglied der Ständigen Vertretung, so genießen seine Familienangehörigen bis zum Ablauf einer durch das Bundeskanzleramt bestimmten Frist für ihre Ausreise weiterhin die ihnen zustehenden Vorrechte und Befreiungen. (4) Stirbt ein Mitglied der Ständigen Vertretung, das in dem Geltungsbereich dieser Verordnung nicht ständig ansässig ist, oder stirbt ein zu seinem Haushalt gehörendes Familienmitglied, so ist das Verbringen des beweglichen Vermögens des Verstorbenen zulässig mit Ausnahme von Vermögensgegenständen, die in dem Geltungsbereich dieser Verordnung erworben worden sind und deren Verbringen im Zeitpunkt des Todesfalles verboten war. Von beweglichem Vermögen, das sich nur deshalb in dem Geltungsbereich dieser Verordnung befindet, weil sich der Verstorbene als Mitglied der Ständigen Vertretung oder als Familienmitglied eines solchen dort aufhielt, werden keine Erbschaftsteuern erhoben. § 20 Diese Verordnung gilt nach § 14 des Dritten Uber-leitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzblatt I S. 1) in Verbindung mit § 3 des Gesetzes über die Gewährung von Erleichterungen, Vorrechten und Befreiungen an die ständige Vertretung der Deutschen Demokratischen Republik vom 16. November 1973 (Bundesgesetzbl. I S. 1673) auch im Land Berlin. § 21 Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft. Bonn, den 24. April 1974 Der Bundeskanzler Brandt Der Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen Egon Franke Der Bundesminister des Innern Genscher Der Bundesminister der Justiz Gerhard Jahn Der Bundesminister der Finanzen Schmidt 1026 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1974, Teil I Siebente Durchführungsverordnung zum Tierzuchtgesetz über die Körung von Schafböcken Vom 24. April 1974 Auf Grund des § 4 Abs. 2 und des § 10 Abs. 1 des Tierzuchtgesetzes vom 7. Juli 1949 (Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes S. 181), zuletzt geändert durch das Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 (Bundesgesetzbl. I S. 469), in Verbindung mit der Verordnung über die Erstreckung von Landwirtschaftsrecht der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes auf die Länder Baden, Rheinland-Pfalz, Württemberg-Hohenzollern und den bayerischen Kreis Lindau vom 21. Februar 1950 (Bundesgesetzbl. S. 37) und mit Artikel 129 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes wird mit Zustimmung des Bundesrates verordnet: §1 Mindestanforderungen Schafböcke dürfen nur gekört werden, wenn 1. sie nach Typ und Gesamteindruck, insbesondere nach Körperbau, Geschlechtscharakter und Beschaffenheit des Vlieses, sowie nach Abstammung und Gesundheit den Anforderungen der Landestierzucht entsprechen und 2. die Mindestanforderungen der §§ 2 bis 5 erfüllt sind. §2 Fruchtbarkeit Die Muttertiere der Schafböcke müssen bis zum Alter von 2V2 Jahren eine Lammung, bis zum Alter von 3V2 Jahren zwei Lammungen, bis zum Alter von 5V2 Jahren drei Lammungen aufweisen. Bis zum Alter von 5V2 Jahren müssen die Muttertiere, ausgenommen Heidschnucken, vier Lämmer geboren haben. §3 Körpergewicht und Wolleistung Die Muttertiere von Böcken der in Spalte 1 der folgenden Tabelle genannten Schafrassen müssen die in den Spalten 2 oder 3 und 4 oder 5, Nr. 46 -— Tag der Ausgabe: Bonn, den 30. April 1974 1027 die Schul bocke selbst die in Spalte 6 aufgeführten Mindestleistungen aufweisen: Schweißwoll- Körpergewicht gewicht (Vollschur) Körpergewicht der Muttertiere der Schafböcke bis R <i s s e bis zum Alter von 14 Monaten nach der vor der nach der zum Alter von 6 ersten Lammung ersten Lammung ersten Lammung Monaten kg kg kg kg kg l 2 3 4 5 6 Merinofleischschaf 50 60 3,7 3,5 50 Merinolandschaf 40 55 3,7 3,5 50 Schwarzköpfiges Fleischschaf 40 55 3,5 3,2 50 Weißköpfiges Fleischschaf 55 65 4,0 3,5 50 Texelschaf 50 55 3,5 3,2 50 Leineschaf 35 50 3,5 3,3 45 Rhönschaf 35 50 3,0 2,8 40 Bergschaf 35 50 3,0 2,8 40 Heidschnucke 25 30 1,2 1,2 30 Bentheimer Landschaf 25 35 1,5 1,5 40 §4 Besondere Mindestanforderungen für das Milchschaf (1) Die Muttertiere von Böcken des Milchschafs müssen entweder eine Laktationsmindestleistung von 20 kg Milchfett bei einem Fettgehalt von 5,5 vom Hundert oder eines der folgenden Körpermindestgewichte aufweisen: bis zum Alter von 14 Monaten 45 kg, nach der ersten Lammung 55 kg. (2) Die Böcke des Milchschafs müssen bis zum Alter von 6 Monaten ein Körpergewicht von 50 kg aufweisen. §5 Ausnahmen bei der Berechnung der Leistung Kann infolge des Todes des Muttertiers oder infolge veterinärpolizeilicher Sperrmaßnahmen die Leistung des Muttertiers nicht ermittelt werden, so ist die Leistung des Großmuttertiers mütterlicherseits zugrunde zu legen. Dies gilt bei Milchschafen auch dann, wenn die erste Laktationsleistung des Muttertiers noch nicht vorliegt. §6 Zuchtwertklassen (1) Die gekörten Schafböcke sind in folgende Zuchtwertklassen einzustufen: Zuchtwertklasse I = sehr gut Zuchtwertklasse II = gut Zuchtwertklasse III = befriedigend Zuchtwertklasse IV = genügend. (2) Die Einstufung richtet sich nach Leistung, Typ, Gesamteindruck, Abstammung und Gesundheit des Schafbocks sowie nach der Leistung des Muttertiers. 1028 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1974, Teil I §7 Deckerlaubnis A Die Deckerlaubnis A darf nur für Schafböcke der Zuchtwertklassen I bis III erteilt werden. §8 Körunterlagen In den Abstammungsnachweisen, den Leistungsnachweisen und ähnlichen Körunterlagen sind zumindest die Leistung des Muttertiers und die Eigenleistung des Schafbocks anzugeben. §9 Berlin-Klausel Diese Verordnung gilt nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) in Verbindung mit der Verordnung über die Erstreckung von Recht der Land- und Forstwirtschaft auf das Gebiet des Landes Berlin vom 25. März 1954 (Bundesgesetzbl. I S. 64) auch im Land Berlin. § 10 Inkrafttreten (1) Diese Verordnung tritt am 1. Mai 1974 in Kraft. (2) Gleichzeitig tritt die Fünfte Durchführungsverordnung zum Tier-zucbtgesetz über die Körung von Schafböcken vom 8. Oktober 1955 (Bundesanzeiger Nr. 196 vom 11. Oktober 1955) außer Kraft. (3) Schafböcke, die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung geboren sind, dürfen auch gekört werden, wenn die Mindestanforderungen der §§2 bis 4 der Fünften Durchführungsverordnung erfüllt sind. Bonn, den 24. April 1974 Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten J. Ertl Herausgeber: Der Bundesminister der Justiz Verlag: Bundesanzeiger Veriagsges.m.b.H. — Druck: Bundesdruckerei Bonn Im Bundesgesetzblatt Teil I weiden Gesetze, Verordnungen, Anordnungen und damit im Zusammenhang stehende Bekanntmachungen veröffentlicht. Im Bundesgesetzblatt Teil II werden völkerrechtliche Vereinbarungen, Verträge mit der DDR und die dazu gehörenden Rechtsvorschriften und Bekanntmachungen sowie Zolltarilveroidnungen veröffentlicht. Bezugsbedingungen: Laufender Bezug nur im Postabonnement. Abbestellungen müssen bis spätestens 30. 4. bzw. 31. 10. jeden Jahres beim Verlag vorliegen. Postanschrift für Abonnementsbestellungen sowie Bestellungen bereits erschienener Ausgaben: Bundesgesetzblatt, 5.-i Bonn 1, Postfach 624, Tel. (0 22 21) 23 80 67 bis 69. Bezugspreis: Für Teil 1 und Teil II halbjährlich je 31,— DM. Einzelstücke je angefangene 16 Seiten 0,85 DM zuzüglich Versandkosten. Dieser Preis gilt auch für Bundesgesetzblätter, die vor dem 1. Juli 1972 ausgegeben worden sind. Lieferung gegen Voreinsendung des Betrages auf das Postscheckkonto Bundesgesetzblatt Köln 3 99-509 oder gegen Vorausrechnung. Preis dieser Ausgabe 1,95 DM (1,70 DM zuzüglich —,25 DM Versandkosten); bei Lieferung gegen Vorausrechnung 2,25 DM. Im Bezugspreis isl die Mehrwertsteuer enthalten; der angewandte Steuersatz beträgt 5,5 %.