Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  2005  Nr. 69 vom 08.11.2005  - Seite 3128 bis 3130 - Verordnung über Testmaßnahmen für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte

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3128 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2005 Teil I Nr. 69, ausgegeben zu Bonn am 8. November 2005 Verordnung über Testmaßnahmen für die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte Vom 2. November 2005 Auf Grund des § 291b Abs. 4 Satz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ­ Gesetzliche Krankenversicherung ­ (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), der durch Artikel 1 Nr. 4 des Gesetzes vom 22. Juni 2005 (BGBl. I S. 1720, 2566) eingefügt worden ist, verordnet das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung im Benehmen mit den zuständigen obersten Landesbehörden: §1 Anwendungsbereich Diese Verordnung legt die Rahmenbedingungen der Testmaßnahmen fest, mit denen die elektronische Gesundheitskarte einschließlich der erforderlichen Telematikinfrastruktur erprobt werden soll, und verpflichtet die Gesellschaft für Telematik, die Testmaßnahmen nach den folgenden Regelungen durchzuführen. §2 Ziel der Testmaßnahmen (1) Die Testmaßnahmen sollen die für die Einführung und Anwendung der elektronischen Gesundheitskarte erforderliche Telematikinfrastruktur überprüfen und weiterentwickeln. Sie richten sich insbesondere auf Funktionalität, Interoperabilität, Kompatibilität, Stabilität und Sicherheit der einzelnen Komponenten und Dienste sowie deren funktionales und technisches Zusammenwirken innerhalb der Telematikinfrastruktur. In die Überprüfung einzubeziehen sind auch die Akzeptanz bei Versicherten und Leistungserbringern sowie die Auswirkungen auf die Organisation, Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung. Der Datenschutz ist sicherzustellen. (2) Die Testmaßnahmen dienen dem Ziel, die für die Einführung und Anwendung der elektronischen Gesundheitskarte erforderliche Telematikinfrastruktur in die flächendeckende Versorgung zu überführen. §3 Inhalt der Testmaßnahmen (1) Die Testmaßnahmen umfassen die Testung der elektronischen Gesundheitskarte, des elektronischen Heilberufsausweises und der dazu erforderlichen Telematikinfrastruktur mit den Anwendungen nach § 291a Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch. Inhalt und Struktur der Datensätze sowie die Testfälle zu den Anwendungen werden im Verfahren nach § 6 festgelegt. (2) In die Testung werden insbesondere folgende Komponenten und Dienste einbezogen: 1. die elektronische Gesundheitskarte, 2. der elektronische Heilberufsausweis, 3. Kartenlesegeräte, 4. die Verbindung zwischen den Systemen der Leistungserbringer und der Kostenträger zur Telematikinfrastruktur, 5. Komponenten und Dienste einer Netzwerkinfrastruktur, 6. sektorspezifische und sektorübergreifende Dienste, 7. Anwendungsdienste, 8. Dienste zur Nutzerunterstützung. Die Spezifikationen der Komponenten und Dienste für die Stufen nach § 5 Abs. 2 bis 4 werden im Verfahren nach § 6 festgelegt. Der Berechtigungsnachweis nach § 291a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ist sichtbar auf der Rückseite der elektronischen Gesundheitskarte aufzubringen. §4 Funktionsumfang der Testung (1) Der Funktionsumfang der Testung gliedert sich in vier Abschnitte. (2) Im ersten Abschnitt wird die elektronische Gesundheitskarte ohne Netzzugang neben der Krankenversichertenkarte für die in § 291 Abs. 1 Satz 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch genannten Zwecke eingesetzt. (3) Im zweiten Abschnitt wird zusätzlich ein Netzzugang geschaffen und die Gültigkeit des Krankenversicherungsnachweises mit Netzzugang überprüft. Die Angaben nach § 291 Abs. 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch werden nach Abgleich mit den Daten der Krankenkasse auf der elektronischen Gesundheitskarte aktualisiert. (4) Im dritten Abschnitt wird die Übermittlung der ärztlichen Verordnungen gemäß § 291a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch getestet, beschränkt auf die Verordnung apothekenpflichtiger Arzneimittel mit Ausnahme von Betäubungsmitteln und auf die Verordnung sonstiger Produkte, für die der Vertrieb durch Apotheken festgelegt ist. Die Erweiterbarkeit der Testumgebung auf weitere Verordnungen, insbesondere die Einbindung aller an Verordnungsprozessen beteiligter Leistungserbringer, sowie die Erweiterbarkeit auf die Anwendungen nach § 291a Abs. 3 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sind zu berücksichtigen. (5) Vom vierten Abschnitt an werden die Anwendungen gemäß § 291a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sowie weitere Verordnungen getestet, insbesondere die Verordnung von Heilmitteln und Hilfsmitteln, die Verordnung von Betäubungsmitteln sowie die Verordnung von Krankenhausbehandlung. Bundesgesetzblatt Jahrgang 2005 Teil I Nr. 69, ausgegeben zu Bonn am 8. November 2005 §5 Stufen der Testung (1) Die Testung erfolgt in vier Stufen. (2) In der ersten Stufe führt die Gesellschaft für Telematik die Tests unter Laborbedingungen mit Testdaten zentral durch. (3) In der zweiten Stufe führen Zugriffsberechtigte nach § 291a Abs. 4 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch praktische Anwendertests mit Testdaten durch. (4) In der dritten Stufe führen Zugriffsberechtigte nach § 291a Abs. 4 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch in einzelnen Testregionen Tests unter realen Einsatzbedingungen mit und ohne Netzzugang durch. Dabei werden Echtdaten der Versicherten und der Leistungserbringer verwendet. Bei den Tests sollen bis zu 10 000 Versicherte und die für deren Gesundheitsversorgung zuständigen Kostenträger und Leistungserbringer mitwirken. (5) In der vierten Stufe werden zwei Tests der dritten Stufe auf bis zu 100 000 Versicherte und die für deren Gesundheitsversorgung zuständigen Kostenträger und Leistungserbringer erweitert; die übrigen Tests der dritten Stufe werden fortgeführt. (6) Das Nähere zum Ablauf der Testungsabschnitte und Testungsstufen regelt ein Migrationsplan, der im Verfahren nach § 6 festgelegt wird. Die Gesellschaft für Telematik hat darauf hinzuwirken, dass nach der dritten Stufe der Tests dezentrale Komponenten nicht mehr auszutauschen und Geschäftsprozesse weitgehend nicht mehr zu verändern sind. Die Ergebnisse der Tests sollen so veröffentlicht werden, dass die daraus gewonnenen Erkenntnisse sowohl für andere Testverfahren als auch für die flächendeckende Einführung der elektronischen Gesundheitskarte genutzt werden können. §6 Festlegungsverfahren Die Festlegungen zu den §§ 3 und 5 werden durch das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung im Benehmen mit den zuständigen obersten Landesbehörden getroffen und fortgeschrieben. Dabei sind die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik bereitgestellten Prüfvorschriften für die Sicherheit der Komponenten und Dienste nach § 3 Abs. 2 Satz 1 zu berücksichtigen. Der oder dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz sowie den Gesellschaftern der Gesellschaft für Telematik ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. §7 Testregionen (1) Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung bestimmt im Benehmen mit den zuständigen obersten Landesbehörden Kriterien zur Auswahl der Testregionen und veröffentlicht diese im elektronischen Bundesanzeiger.*) (2) Im Anschluss an die Veröffentlichung können die zuständigen obersten Landesbehörden der Gesellschaft für Telematik innerhalb von zwei Wochen auf einem vom *) Amtlicher Hinweis: http://www.ebundesanzeiger.de 3129 Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung erstellten Formblatt mitteilen, welche Testregionen sich am Test beteiligen wollen. Die Gesellschaft für Telematik übermittelt die eingegangenen Mitteilungen mit einer fachlichen Bewertung innerhalb einer Woche an das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung. Auf der Grundlage der fachlichen Bewertung legt das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung im Benehmen mit den zuständigen obersten Landesbehörden die Anzahl der Testregionen fest, in denen Tests nach § 5 Abs. 4 durchgeführt werden. (3) Danach können sich die zuständigen obersten Landesbehörden auf der Grundlage der fachlichen Bewertung innerhalb von zwei Wochen auf die Testregionen einigen und jeweils einen verantwortlichen Vertragspartner benennen. Kommt eine Festlegung durch die zuständigen obersten Landesbehörden nicht zustande, nimmt das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung sie vor. (4) Die Gesellschaft für Telematik ist verpflichtet, innerhalb von vier Wochen nach Festlegung der Testregionen mit den verantwortlichen Vertragspartnern einen Vertrag zur Durchführung der Testung zu schließen. (5) Teilen die zuständigen obersten Landesbehörden der Gesellschaft für Telematik keine ausreichende Anzahl von geeigneten Testregionen mit, kann die Gesellschaft für Telematik auf der Grundlage der vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung veröffentlichten Auswahlkriterien mit Zustimmung des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung Verträge mit Testregionen zur Durchführung der Testung schließen. (6) Die Testregionen zur Durchführung von Tests nach § 5 Abs. 5 bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung im Benehmen mit den zuständigen obersten Landesbehörden. §8 Finanzierung (1) Aus den Finanzmitteln der Gesellschaft für Telematik sind insbesondere 1. die Entwicklung und der Aufbau der zentralen Komponenten und Dienste der Telematikinfrastruktur, 2. die Kosten zur Durchführung der Stufen gemäß § 5 Abs. 2 und 3, 3. die bei den Leistungserbringern in den Testphasen anfallenden Ausstattungskosten für die Erstbeschaffung von Komponenten, 4. der durch die Testphase bedingte personelle und betriebliche Zusatzaufwand der am Test teilnehmenden Leistungserbringer sowie 5. die notwendigen Maßnahmen zur Auswertung der Testphase zu finanzieren. (2) Die teilnehmenden Leistungserbringer erhalten aus den Mitteln der Gesellschaft für Telematik für die Erstbeschaffung von Komponenten gemäß den festgelegten Spezifikationen in der Testphase eine Pauschale. Für den durch die Testphase bedingten Zusatzaufwand erhalten sie nutzungsbezogene Zuschläge. Die Höhe der Pauschale und der Zuschläge wird jeweils von der Gesell- 3130 Bundesgesetzblatt Jahrgang 2005 Teil I Nr. 69, ausgegeben zu Bonn am 8. November 2005 für elektronische Gesundheitskarten und elektronische Heilberufsausweise, die im Rahmen der Testung verwendet werden und ersetzt werden müssen. §9 Ausnahmen Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung kann im Benehmen mit den zuständigen obersten Landesbehörden Ausnahmen von den Regelungen der §§ 3 bis 5 zulassen. Dabei ist der oder dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. § 10 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. schaft für Telematik einheitlich für alle Testregionen festgelegt. (3) Legt die Gesellschaft für Telematik die Höhe der Pauschale und der Zuschläge nicht innerhalb einer vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung festgesetzten Frist fest, entscheidet das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung im Benehmen mit den zuständigen obersten Landesbehörden. Vorbehaltlich des Absatzes 4 werden die Kosten für die Bereitstellung der elektronischen Gesundheitskarten und die im Zusammenhang mit der Verwaltung der Angaben nach § 291 Abs. 2 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch anfallenden Kosten von den an den Tests teilnehmenden Krankenkassen, die Kosten der elektronischen Heilberufsausweise von den zuständigen Berufsorganisationen getragen. (4) Soweit im Rahmen der Testung Komponenten ersetzt werden müssen, sind die Kosten aus den Mitteln der Gesellschaft für Telematik zu tragen. Das Gleiche gilt Bonn, den 2. November 2005 Die Bundesministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung Ulla Schmidt