Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1953  Nr. 47 vom 10.08.1953  - Seite 843 bis 845 - Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Kriegsopferversorgung für Berechtigte im Ausland

Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Kriegsopferversorgung für Berechtigte im Ausland Bundesgesetzblatt 843 Teill 1953 Ausgegeben zu Bonn am 10. August 1953 Nr. 47 Tag 3. 8. 53 4. 8. 53 4. 8. 53 4. 8. 53 4 8. 53 7. 8. 53 7. 8. 53 7. 8. 53 7. 8. 53 Inhalt: Seite Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Kriegsopferversorgung für Berechtigte im Ausland............................................................ 843 Gesetz zur Änderung des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes ........................ 846 Gesetz über die Neufassung der Überschrift und die Verlängerung der Antragsfrist im Gesetz zur Änderung des Sozialversicherungs-Anpassungsgesetzes......................... 846 Gesetz zur Änderung des Knappschaftsversicherungs-Anpassungsgesetzes ................ 847 Gesetz über die Verlängerung der Antragsfrist im Gesetz zur Änderung des Knappsdiafts- versicherungs-Anpassungsgesetzes...................................................... 847 Gesetz über Fremdrenten der Sozialversicherung an Berechtigte im Bundesgebiet und im Land Berlin, über Leistungen der Sozialversicherung an Berechtigte im Ausland sowie über freiwillige Sozialversicherung (Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz).................. 848 Gesetz über die Errichtung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte ............. 857 Zweites Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes ............ 862 Bekanntmachung der Neufassung des Bundesversorgungsgesetzes......................... 866 Gesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Kriegsopferversorgung für Berechtigte im Ausland. Vom 3. August 1953. Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: Personenkreis § 1 (1) Wiedergutmachung nach diesem Gesetz erhalten Personen, die in ihrer auf Schädigungen im Sinne der §§ 1 und 82 des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz) vom 20. Dezember 1950 (Bundesgesetzbl. S. 791) – BVG – beruhenden Versorgung durch nationalsozialistische Verfolgungs- oder Unterdrückungsmaßnahmen wegen ihrer politischen Überzeugung oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung geschädigt worden sind (Geschädigte) und ihren Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Ausland haben. Wiedergutmachung erhalten bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch im Auslande lebende Hinterbliebene Geschädigter, die nicht selbst Geschädigte im Sinne des Satzes 1 sind. (2) Absatz 1 findet keine Anwendung auf Personen, die Mitglied der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen waren oder den Nationalsozialismus gefördert haben; jedoch kann bei lediglich nomineller Mitgliedschaft in der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen ausnahmsweise Wiedergutmachung gewährt werden, wenn die Mitgliedschaft durch vor- ausgegangene nationalsozialistische Verfolgungsoder Unterdrückungsmaßnahmen bedingt war, oder wenn diese Personen trotz der Mitgliedschaft den Nationalsozialismus aktiv bekämpft haben und deswegen verfolgt worden sind. (3) Absatz 1 findet ferner keine Anwendung auf Personen, die als Österreicher durch die Vereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hatten. Umfang und Voraussetzung der Wiedergutmachung § 2 Personen mit Anspruch auf Wiedergutmachung (§ 1) wird Versorgung nach Maßgabe des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) gewährt, soweit sich nicht aus folgendem etwas anderes ergibt. § 3 Dem Anspruch auf Wiedergutmachung steht nicht entgegen, daß Geschädigte oder ihre Hinterbliebenen im Sinne des § 1 Abs. 1 a) vor Verlegung ihres Wohnsitzes ins Ausland ihren Wohnsitz nicht im Bundesgebiet oder im Lande Berlin hatten oder b) nicht Deutsche im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes sind. 844 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1953, Teil I § 4 (1) Wiedergutmachung wird gewährt, wenn 1. ein Geschädigter im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt bis zum 23. Mai 1949 im Ausland genommen hat und 2. die Regierung des Staates, in dem sich der Berechtigte aufhält, mit der Regierung der Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen unterhält; von dieser Voraussetzung kann die Bundesregierung Ausnahmen zulassen. (2) Absatz 1 Nummer 1 findet keine Anwendung auf Hinterbliebene Geschädigter im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2. § 5 (1) Ausgleichsrenten und Elternrenten (§§ 32, 33, 41, 47 und 49 bis 51 BVG) werden in voller Höhe gewährt, es sei denn, daß der Lebensunterhalt offenbar auf andere Weise sichergestellt ist oder Bedürftigkeit offenbar nicht vorliegt. (2) Unterhaltsbeträge für den Führhund werden gewährt und die durch die Folgen der Schädigung verursachten außergewöhnlichen Kosten für Kleiderund Wäscheverschleiß in angemessenem Umfange ersetzt (§ 13 Abs. 3 und 4 BVG); auf Antrag werden die wegen der Folgen einer Schädigung für selbst durchgeführte Fleilbehandlung entstandenen Kosten in dem Umfarge erstattet, in dem sie bei Durchführung der Heilbehandlung durch die im Geltungsbereich dieses Gesetzes hierfür zuständigen Stellen entstanden wären. Im übrigen finden die Vorschriften über Heilbehandlung, Krankengeld und Hausgeld (§§ 10 bis 24 BVG) sowie die Vorschriften über soziale Fürsorge, Arbeits- und Berufsförderung (§§ 25 bis 28 BVG), Ruhen des Rechts auf Versorgung (§ 64 Abs. 1 Nr. 1 BVG) und Kapitalabfindung (§§ 72 bis 79 BVG) keine Anwendung. § 6 Für die Zeit vom 1. April 1950 bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes wird eine Entschädigung in Höhe der sich nach den §§ 2 bis 5 ergebenden laufenden Geldleistungen gewährt. § 7 Auf die nach diesem Gesetz zu gewährenden Geldleistungen werden die wegen der Folgen einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes nach anderen Vorschriften für die gleiche Zeit gewährten Bezüge angerechnet. Fristen und Verfahren § 8 (1) Wiedergutmachung wird nur auf Antrag gewährt. Der Antrag ist binnen einer Ausschlußfrist von einem Jahr nach Verkündung dieses Gesetzes bei der für den Wohnort zuständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland, mangels einer solchen Vertretung bei dem Auswärtigen Amt zu stellen. Bei Hinterbliebenen beginnt der Lauf der Frist frühestens mit dem auf den Todestag des Beschädigten folgenden Tage. Rechtswirksam ist auch ein bei einer anderen deutschen amtlichen Stelle gestellter Antrag. (2) Ist die in Absatz 1 genannte Frist versäumt, so schließt das den Antrag auf Wiedergutmachung nicht aus, wenn der Berechtigte glaubhaft macht, daß er ohne sein Verschulden verhindert war, den Antrag fristgerecht einzureichen. Der Antrag ist in diesen Fällen binnen sechs Monaten nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. (3) Eines Antrages bedarf es nicht, wenn der Berechtigte seinen versorgungsrechtlichen Wiedergutmachungsanspruch bereits auf Grund der bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Rechtsvorschriften oder Verwaltungsanordnungen angemeldet hat. § 9 Wird der Antrag auf Wiedergutmachung binnen einem Jahr nach Verkündung dieses Gesetzes gestellt, so beginnt die laufende Versorgung mit dem Monat, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind, frühestens mit dem Monat des Inkrafttretens dieses Gesetzes. § 10 (1) Für die nach diesem Gesetz im Verwaltungsund Rechtsmittelverfahren zu treffenden Entscheidungen sind die Behörden zuständig, die über Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz zu entscheiden haben. (2) Die Frist für die Einlegung eines Rechtsmittels beträgt drei Monate seit der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung, bei Zustellung außerhalb Europas sechs Monate. Zahlung § 11 Die Geldleistungen nach diesem Gesetz sind im Bundesgebiet oder im Lande Berlin zahlbar. Für die Zahlung auf Sperrkonto und die Überweisung in das Ausland gelten die devisenrechtlichen Bestimmungen. Übergangs- und Schlußvorschriften § 12 (1) Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Oktober 1950 in Kraft. (2) Mit dem gleichen Zeitpunkt werden die in den Ländern des Bundesgebiets und im Lande Berlin erlassenen Rechtsvorschriften oder Verwaltungsanordnungen über die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts, soweit sie die Kriegsopferversoi-gung nach diesem Gesetz betreffen, aufgehoben. § 13 (1) Personen im Sinne des § 1, die nach dem 31. März 1950 aus dem Auslande zurückgekehrt sind und ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt im Nr. 47–Tag der Ausgabe: Bonn, den 10. August 1953 845 Bundesgebiet befugt genommen haben, erhalten, wenn der Antrag auf Wiedergutmachung binnen sechs Monaten nach Verkündung dieses Gesetzes gestellt wird, die Versorgung nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes von dem Monat an, in dem die Voraussetzungen für ihre Gewährung erfüllt sind, frühestens vom 1. April 1950 an. (2) Absatz 1 findet auf Personen im Sinne des § 1, die nach dem 30. Juni 1950 aus dem Auslande zurückgekehrt sind und ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt im Lande Berlin befugt genommen haben, mit der Maßgabe Anwendung, daß die Versorgung frühestens vom 1. Juli 1950 an beginnt. (3) § 7 gilt entsprechend. § 14 (1) Personen, die unter den Voraussetzungen des § 1 in ihrer Versorgung geschädigt worden sind, haben auch Anspruch auf Entschädigung für die Zeit vor dem 1. April 1950. (2) Die Entschädigung ist von dem Zeitpunkt ab zu gewähren, von dem an die nach früheren versorgungsrechtlichen Vorschriften gewährten Versorgungsbezüge entzogen worden sind. (3) Die Entschädigung ist nach den Vorschriften festzustellen, die für die Zeit von der Entziehung der Versorgungsbezüge an bis zum 31. März 1950 Geltung hatten; Zeiten, in denen in den einzelnen Ländern, in welchen die geschädigten Personen zuletzt ihren Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt hatten, eine Kriegsopferversorgung nicht gewährt worden ist, scheiden aus. (4) Die Vorschriften der §§ 7 und 13 gelten entsprechend. (5) Entschädigungsleistungen für die Zeit vor der Währungsumstellung werden in Reichsmark berechnet und im Verhältnis 10:2 in Deutsche Mark umgerechnet. Das Umrechnungsverhältnis 10:2 gilt auch für die nach § 7 anzurechnenden Leistungen, sofern diese in Reichsmark bewirkt worden sind. § 15 (1) Der Anspruch auf Entschädigung geht auf die Erben über. Für die Anmeldung gelten die §§8 und 9 entsprechend. (2) Ein Übergang im Erbwege findet nicht statt, wenn der Anspruch einer Person zustehen würde, a) auf die der Anspruch nach dem offenkundigen Willen des verstorbenen Geschädigten nicht übergehen sollte; b) die nach § 1 Abs. 2 und 3 einen Anspruch auf Entschädigung nicht geltend machen kann. (3) Ist der Geschädigte vor dem 23. Mai 1949 verstorben, so findet ein Übergang im Erbwege nicht statt, wenn der Anspruch einer Person zustehen würde, die weder Ehegatte ist noch gesetzlicher Erbe der ersten oder zweiten Ordnung ist oder wäre. § 16 Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 3. August 1953. Der Bundespräsident Theodor Heuss Der Bundeskanzler Adenauer Der Bundesminister für Arbeit Anton Storch