Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1969  Nr. 134 vom 31.12.1969  - Seite 2390 bis 2392 - Verordnung über gesetzliche Handelsklassen für Speisekartoffeln und Speisefrühkartoffeln

Verordnung über gesetzliche Handelsklassen für Speisekartoffeln und Speisefrühkartoffeln 2390 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1969, Teil I Verordnung über gesetzliche Handelsklassen für Speisekartoffeln und Speisefrühkartoffeln Vom 22. Dezember 1969 Auf Grund des § 1 Abs. 1, des § 2 und des § 8 Abs. 1 des Handelsklassengesetzes vom 5. Dezember 1968 (Bundesgesetzbl. I S. 1303) wird im Einvernehmen mit den Bundesministern für Jugend, Familie und Gesundheit und für Wirtschaft mit Zustimmung des Bundesrates verordnet: § 1 Begriffsbestimmungen (1) Speisekartoffeln im Sinne dieser Verordnung sind zum menschlichen Verzehr bestimmte Kartoffeln (Solanum tuberosum) der Zolltarifnummer 07.01 A III b, die folgenden Koch typen entsprechen: festkochend (Salatware) vorwiegend festkochend mehligfestkochend. (2) Speisefrühkartoffeln im Sinne dieser Verordnung sind zum menschlichen Verzehr bestimmte Kartoffeln (Solanum tuberosum) der Zolltarifnummer 07.01 A II aus der jeweils neuen Ernte, die jeweils bis zum 10. August erstmalig verladen werden. § 2 Einführung von gesetzlichen Handelsklassen (1) Für Speisekartoffeln und Speisefrühkartoffeln werden die gesetzlichen Handelsklassen "Klasse Extra" "Klasse I" "Klasse II" mit den in den §§ 4 bis 6 aufgeführten Merkmalen eingeführt. (2) Speisekartoffeln und Speisefrühkartoffeln dürfen vorbehaltlich des § 3 gewerbsmäßig nur nach einer gesetzlichen Handelsklasse angeboten, feilgehalten, geliefert, verkauft oder sonst in den Verkehr gebracht werden; sie müssen dabei den Anforderungen der §§ 4 bis 6 entsprechen. § 3 Ausnahmeregelung (1) Die Vorschriften dieser Verordnung gelten nicht für Speisekartoffeln und Speisefrühkartoffeln, die 1. vom Erzeuger ab Hof unmittelbar an Verbraucher abgegeben werden; 2. unsortiert an Sortier-, Verpackungs- oder Lage-rungsbetriebe zur Aufbereitung, Abpackung oder Bearbeitung geliefert, verkauft oder sonst in den Verkehr gebracht werden; 3. sortiert, auch verpackt, jedoch nicht in Packungen im Sinne des § 7 Abs. 1, an Sortier-, Verpackungsoder Lagerungsbetriebe zur Aufbereitung, Abpackung oder Bearbeitung geliefert, verkauft oder sonst in den Verkehr gebracht werden; 4. an Verarbeitungsbetriebe geliefert, verkauft oder sonst in den Verkehr gebracht werden; 5. ausgeführt oder in sonstige Gebiete außerhalb des Geltungsbereichs dieser Verordnung verbracht werden. (2) Speisekartoffeln in einer Sortierung unter 30 mm unterliegen nicht dieser Verordnung. § 4 Qualitätsmerkmale (1) Speisekartoffeln und Speisefrühkartoffeln müssen vorbehaltlich des § 6 Abs. 1 mindestens folgende Qualitätsmerkmale aufweisen: 1. sortenrein, gesund, ganz, praktisch sauber, fest; 2. frei von: a) Kartoffelkrebs (Synchytrium endobioticum), Bakterienringfäule (Corynebacterium sepedonicum), Schleimkrankheit (Pseudomonas solanacearum); b) fremdem Geruch und Geschmack, Keimen über 2 mm Länge, abnormer äußerer Feuchtigkeit, Naß-, Trocken- oder Braunfäule, Salz- oder Hitzeschäden, Frostschäden, Eisenfleckigkeit, Hohl- oder Schwarzherzigkeit, starker Prop-fenbildung, starker Glasigkeit, starker Stip-pigkeit, starker Schwarzfleckigkeit; c) schweren Beschädigungen, zu deren Beseitigung mehr als 10% des Gewichts der einzelnen Knolle erforderlich ist, Oberflächenschorf, wenn der Befall über 25 % der Knollenoberfläche hinausgeht, Tiefenschorf, wenn der Befall über 10% der Knollenoberfläche hinausgeht, stark ergrünten oder mißgestalteten Knollen; d) fremden Bestandteilen, wie Erde und losen Keimen. (2) Speisekartoffeln, die jeweils ab 1. September verladen werden, müssen außerdem schalenfest sein. § 5 Größensortierung (1) Speisekartoffeln und Speisefrühkartoffeln müssen nach Größe sortiert sein. Sie dürfen vorbehält- Nr. 134 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 31. Dezember 1969 2391 lieh des § 6 Abs. 2 nicht durch ein Quadratmaß fallen, dessen innere Seitenlänge mindestens beträgt für: 1. Speise- "Klasse kartoifeln Extra" "Klasse I "Klasse" a) langovale bis lange Sorten b) runde bis ovale Sorten 30 mm 30 mm 30 mm 35 mm 35 mm 35 mm, 2. Speisefrühkartoffeln a) jeweils ab 20. April für alle Sorten b) jeweils ab 20. Mai langovale bis lange Sorten runde bis ovale Sorten U . " "Klasse I" "Klasse II" Extra 28 mm 30 mm 35 mm 28 mm 30 mm 35 mm 28 mm 30 mm 35 mm. (2) Innerhalb einer Partie oder Packeinheit darf der Unterschied zwischen der kleinsten und der größten Knolle nicht mehr betragen als 20 mm bei "Klasse Extra" und 30 mm bei "Klasse I". § 6 Toleranzen (1) Bei Speisekartoffeln und Speisefrühkartoffeln sind nur folgende Abweichungen von den Vorschriften über Qualität zulässig: 1. Der Anteil an fremden Bestandteilen, wie Erde und losen Keimen, darf bei "Klasse Extra" "Klasse I" "Klasse II" 1 % 2 °/o 2 °/o des Gewichts der jeweiligen Partie oder Packeinheit nicht übersteigen. 2. Der Anteil an braun-, naß- oder trockenfaulen Knollen darf bei "Klasse Extra" "Klasse I" "Klasse II" 1 % 2 % 2 % des Gewichts der jeweiligen Partie oder Packeinheit nicht übersteigen. 3. Der Anteil an Knollen, der den Qualitätsmerkmalen nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchstaben b bis d nicht entspricht, darf einschließlich der in Nr. 1 und 2 genannten Toleranzen insgesamt bei "Klasse Extra" "Klasse I" "Klasse II" 6% 8°/o 10% des Gewichts der jeweiligen Partie oder Packeinheit nicht übersteigen. Mängel, die beim Schälen ohne Mehrabfall zu beseitigen sind, werden bei der Beurteilung und Gewichtsfeststellung nicht berücksichtigt, ausgenommen Oberflächenschorf, wenn der Befall über 25 % der Knollenoberfläche hinausgeht 4. Der Anteil an Knollen fremder Sorten darf 2 °/o des Gewichts der jeweiligen Partie oder Packeinheit nicht übersteigen. In Kleinpackungen mit Gewichtseinheiten bis zu 5 Kilogramm einschließlich sind bei Speisekartoffeln und Speisefrühkartoffeln die in Satz 1 Nr. 1 genannten Mängel unzulässig. (2) Bei Speisekartoffeln und Speisefrühkartoffeln sind Abweichungen von den Größensortierungen (§ 5 Abs. 1) nur bis zu 5 mm zulässig; der Anteil der abweichenden Knollen darf bei "Klasse "Klasse "Klasse Extra" I" II" 1. Speisekartoffeln 3% 3 °/o 3 °/o 2. Speisefrühkartoffeln 4% 4 °/o 4% des Gewichts der jeweiligen Partie oder Packeinheit nicht übersteigen. § 7 Packungen und Verschluß, Gewichtseinheiten (1) Speisekartoffeln und Speisefrühkartoffeln dürfen vorbehaltlich des § 3 gewerbsmäßig nur in Pak-kungen angeboten, feilgehalten, geliefert, verkauft oder sonst in den Verkehr gebracht werden. Die Packungen müssen folgenden Anforderungen entsprechen: 1. Das Verpackungsmaterial muß neu sein; 2. das Einfüllgewicht muß a) 50, 25 oder I2V2 Kilogramm (Großpackungen) oder b) 5, 2V2 oder IV2 Kilogramm (Kleinpackungen) betragen; 3. Großpackungen und Kleinpackungen mit Speisekartoffeln oder Speisefrühkartoffeln der Klasse "Extra" oder der Klasse "I" müssen mit Plombe, Siegel oder in ähnlicher Weise so verschlossen sein, daß beim öffnen der Verschluß zerstört oder die Packung beschädigt wird (festverschlossene Packung). (2) Im Einzelhandel und auf Wochenmärkten ist auch die Abgabe von unverpackten Speisekartoffeln und Speisefrühkartoffeln zulässig. (3) Speisekartoffeln und Speisefrühkartoffeln der Klasse "II" dürfen nicht in fest verschlossenen Kleinpackungen angeboten, feilgehalten, geliefert, verkauft oder sonst in den Verkehr gebracht werden. § 8 Kennzeichnung Speisekartoffeln und Speisefrühkartoffeln dürfen vorbehaltlich des § 3 gewerbsmäßig nur angeboten, feilgehalten, geliefert, verkauft oder sonst in den Verkehr gebracht werden, wenn sie wie folgt gekennzeichnet sind: 1. Fest verschlossene Packungen müssen auf der Umhüllung, auf einem Anhänger oder in ähnlicher Weise in deutlich sichtbarer und leicht les- 2392 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1969, Teil I barer, unverwischbarer Schrift und getrennt von sonstiger Aufmachung folgende Angaben enthalten: a) "Speisekartoffeln" oder "Speisefrühkartoffeln", b) "Klasse Extra", "Klasse I" oder "Klasse II", c) bei Speisekartoffeln die Sortenbezeichnung und den Kochtyp "festkochend (Salatware)", "vorwiegend festkochend" oder "mehligfest-kochend", d) bei Speisefrühkartoffeln die sortentypische Form "langoval bis lang" oder "rund bis oval", e) das Einfüllgewicht in Kilogramm und f) Name und Anschrift des Betriebs, in dem die Ware abgepackt worden ist oder von dem sie angeboten, feilgehalten, geliefert, verkauft oder sonst in den Verkehr gebracht wird. 2. Lose Ware, die im Einzelhandel oder auf Wochenmärkten angeboten, feilgehalten, verkauft oder sonst in den Verkehr gebracht wird, muß mit einem Schild ausgezeichnet sein, das in deutlich sichtbarer und leicht lesbarer Schrift die Angaben nach Nummer 1 Buchstabe a bis d enthält. § 9 Marktnotierungen Börsen und Verwaltungen öffentlicher Märkte, soweit sie amtliche oder für gesetzlich vorgesehene Zwecke bestimmte Preisnotierungen oder Preisfeststellungen für Speisekartoffeln und Speisefrühkartoffeln vornehmen, sind verpflichtet, ihren Notierungen oder Feststellungen die gesetzlichen Handelsklassen und die Kochtypen, außerdem bei Speisekartoffeln die Sorten und bei Speisefrühkartoffeln die sortentypischen Formen zugrunde zu legen. § 10 Werbung In öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, darf für Speisekartoffeln und Speisefrühkartoffeln ohne Angabe der Bezeichnung der gesetzlichen Handelsklasse und des Kochtyps, außerdem für Speisekartoffeln ohne Angabe der Sorte und für Speisefrühkartoffeln ohne Angabe der sortentypischen Form nicht geworben werden, sofern dabei Preise angegeben werden, die sich unmittelbar oder mittelbar auf eine Gewichtseinheit beziehen. § 11 Rechnungen In Rechnungen, ausgenommen in Rechnungen des Einzelhandels, ist die Handelsklasse anzugeben, unter der das Erzeugnis geliefert, verkauft oder sonst in den Verkehr gebracht worden ist. § 12 Ordnungswidrigkeiten Ordnungswidrig im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 3 des Handelsklassengesetzes handelt, wer 1. Speisekartoffeln oder Speisefrühkartoffeln a) entgegen § 2 Abs. 2 nicht nach einer gesetzlichen Handelsklasse oder b) unter Verstoß gegen eine Vorschrift des § 7 oder § 8 gewerbsmäßig anbietet, feilhält, liefert, verkauft oder sonst in den Verkehr bringt, 2. der Vorschrift a) des § 9 über Preisnotierungen oder Preisfeststellungen, b) des § 10 über die Werbung oder c) des § 11 über Rechnungen zuwiderhandelt. § 13 Übergangsvorschriften (1) Bei Speisekartoffeln in Kleinpackungen der "Klasse I" darf die Angabe der Sorte nach § 8 Nr. 1 Buchstabe c bis zum 10. August 1971 unterbleiben. (2) Bis zum 31. Dezember 1970 darf Verpackungsmaterial für Kleinpackungen, das den Erfordernissen des § 8 Nr. 1 Buchstabe b bis d nicht entspricht, aufgebraucht werden, sofern es den Vorschriften der Verordnung über gesetzliche Handelsklassen für Speisekartoffeln und Speisefrühkartoffeln vom 6. August 1965 (Bundesanzeiger Nr. 147 vom 10. August 1965) entspricht. (3) Bis zum 30. Juni 1970 darf Verpackungsmaterial für Speisekartoffeln und Speisefrühkartoffeln in Einheiten von 20 Kilogramm Einfüllgewicht aufgebraucht werden. § 14 Land Berlin Diese Verordnung gilt nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzblatt I S. 1) in Verbindung mit § 11 des Handelsklassengesetzes auch im Land Berlin. § 15 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1970 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verordnung über gesetzliche Handelsklassen für Speisekartoffeln und Speisefrühkartoffeln vom 6. August 1965 (Bundesanzeiger Nr. 147 vom 10. August 1965) außer Kraft. Bonn, den 22. Dezember 1969 Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten In Vertretung Dr. Griesau