Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1971  Nr. 77 vom 07.08.1971  - Seite 1237 bis 1240 - Gesetz zur Förderung des Zonenrandgebietes (Zonenrandförderungsgesetz)

Gesetz zur Förderung des Zonenrandgebietes (Zonenrandförderungsgesetz) Nr. 77......Tag der Ausgabe: Bonn, den 7. August 1971 1237 Gesetz zur Förderung des Zonenrandgebietes (Zonenrandförderungsgesetz) Vom 5. August 1971 Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: § 1 Zielsetzung (1) Zum Ausgleich der Auswirkungen der Teilung Deutschlands ist entsprechend § 2 Abs. 1 Nr. 4 des Raumordnungsgesetzes vom 8. April 1965 (Bun-desgesetzbl. I S. 306) die Leistungskraft des Zonenrandgebietes bevorzugt zu stärken. (2) Der Förderung des Zonenrandgebietes ist von den Behörden des Bundes, den bundesunmittelbaren Planungsträgern und im Rahmen der ihnen obliegenden Aufgaben von den bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts besonderer Vorrang einzuräumen. § 2 Regionale Wirtschaftsförderang Zum Ausgleich von Standortnachteilen, zur Sicherung und Schaffung von Dauerarbeitsplätzen sowie zur Verbesserung der Infrastruktur werden insbesondere folgende Maßnahmen durchgeführt: 1. Bevorzugte Berücksichtigung des Zonenrandgebietes bei a) der Förderung der gewerblichen Wirtschaft bei Errichtung, Ausbau, Umstellung oder grundlegender Rationalisierung von Gewerbebetrieben, b) der Förderung des Ausbaues der Infrastruktur, soweit es für die Entwicklung der gewerblichen Wirtschaft erforderlich ist, durch aa) Erschließung von Industriegelände im Zusammenhang mit Maßnahmen nach Buchstaben a, bb) Ausbau von Verkehrsverbindungen, Energie- und Wasserversorgungsanlagen, Abwasser- und Abfallbeseitigungsanlagen sowie öffentlichen Fremdenverkehrseinrichtungen, cc) Errichtung oder Ausbau vonAusbildungs-, Fortbildungs- und Umschulungsstätten, soweit ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Bedarf der regionalen Wirtschaft an geschulten Arbeitskräften besteht. 2. Maßnahmen zum Ausgleich der durch die Teilung Deutschlands bedingten Frachtmehrkosten. 3. Bevorzugung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. § 3 Steuerliche Vorschriften (1) Bei Steuerpflichtigen, die in einer gewerblichen Betriebstätte im Zonenrandgebiet Investitionen vornehmen, kann im Hinblick auf wirtschaftliche Nachteile, die sich aus den besonderen Verhältnissen dieses Gebietes ergeben, auf Antrag zugelassen werden, daß bei den Steuern vom Einkommen einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuern mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden. Wirtschaftliche Nachteile im Sinne des Satzes 1 können unter anderem in der erschwerten Absatzlage, der weiten Entfernung von der Rohstoffbasis oder der ungünstigen örtlichen Lage bestehen. (2) Sonderabschreibungen, die auf Grund des Absatzes 1 gewährt werden, dürfen a) bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens insgesamt 50 vom Hundert, b) bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens insgesamt 30 vom Hundert der Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht übersteigen. Sie können im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung und in den vier folgenden Wirtschaftsjahren neben den Absetzungen für Abnutzung nach § 7 Abs. 1 oder Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes in Anspruch genommen werden. In den folgenden Wirtschaftsjahren bemessen sich die Absetzungen für Abnutzung bei beweglichen Wirtschaftsgütern nach dem Restwert und der Rest- 1238 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1971, Teil I nutzungsdauer, bei Gebäuden nach dem Restwert und dem nach § 7 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer maßgebenden I iunderlsatz. Für Sonderabschreibungen, die auf Grund des Absatzes 1 bereits für Anzahlungen auf Anschaffungskosten und für Teilherstellungskoslen gewährt werden, gelten die Sätze 1 bis 3 mit der Maßgabe entsprechend, daß an die Stelle des Wirtschaftsjahres der Anschaffung oder Herstellung das Wirtschaftsjahr der Anzahlung oder Teilherstellung tritt. Die Summe der Sonderabschreibungen nach den Sätzen 1 bis 4 darf die in Satz 1 bezeichneten Beträge; nicht übersteigen. (3) Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen bei dem Gewerbebetrieb, zu dem die Betriebstätte im Zonenrandgebiet gehört, nicht zur Entstehung oder Erhöhung eines Verlustes führen. (4) Absatz 1 ist nicht anzuwenden auf Unternehmen, deren Ertrags- und Vermögenslage nachhaltig so günstig ist, daß eine Maßnahme nach Absatz 1 auch unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse im Zonenrandgebiet nicht vertretbar erscheint. (5) Für Maßnahmen nach Absatz 1 gilt § 131 Abs. 2, 3 Satz 1 und Abs. 4 der Reichsabgabenordnung sinngemäß. (6) Die Absätze 1 bis 5 gelten entsprechend für Investitionen, die im Zonenrandgebiet im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs oder einer selbständigen Arbeit vorgenommen werden. (7) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 6 sind erstmals auf nach dem 31. Dezember 1970 gestellte Anträge anzuwenden, es sei denn, daß die Anträge Wirtschaftsgüter betreffen, die vor dem 1. Januar 1971 angeschafft oder hergestellt worden sind. § 4 Verkehr Die Verkehrserschließung und Verkehrsbedienung sind im Zonenrandgebiet im Rahmen des Ausbaues der Bundesverkehrswege bevorzugt zu fördern. Dies gilt auch für die Schaffung von Verkehrsverbünden der dem öffentlichen Verkehr dienenden Verkehrsunternehmen. § 5 Wohnungswesen (1) Zur Verbesserung der Wohnungsversorgung im Zonenrandgebiet ist der soziale Wohnungsbau sowie die Instandsetzung und Modernisierung des Wohnungsbestandes bevorzugt zu fördern. Die Bundesregierung stellt, hierfür den zuständigen obersten Landesbehörden der Zonenrandländer im Rahmen der Wohnungsprogramme besondere zweckgebundene Bundesmittel zur Verfügung. (2) Die zuständige oberste Landesbehörde kann die Förderungssätze für Bauvorhaben im Zonenrandgebiet bis zu einem Drittel über die normalen Sätze anheben, so daß eine unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse im Zonenrandgebiet tragbare Miete oder Belastung gewährleistet ist. (3) Die zuständige oberste Landesbehörde kann zulassen, daß im Zonenrandgebiet bei der Förderung des Wohnungsbaues für Arbeitnehmer die Einkommensgrenze für den öffentlich geförderten so-ziaien Wohnungsbau (§ 25 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes in der Fassung vom 1. September 1965 — Bundesgesetzbl. I S. 1617 —, zuletzt geändert durch das Wohnungsbauänderungsgesetz 1968 vom 17. Juli 1968 — Bundesgesetzbl. I S. 821 —) angemessen überschritten wird. § 6 Soziale Einrichtungen (1) Der Bund fördert im Zonenrandgebiet im Benehmen mit den Ländern durch Zuwendungen zur Deckung von Finanzierungsspitzen die Schaffung sozialer Einrichtungen, insbesondere von Kindergärten, Stätten der Jugendarbeit, Sportstätten, Fami-lienferienstätten und von überörtlichen Einrichtungen für die ältere Generation. (2) Errichtung, Erweiterung, Ausstattung und Modernisierung von Einrichtungen der beruflichen Bildung und von überregionalen Einrichtungen der Rehabilitation werden im Zonenrandgebiet besonders gefördert. Die Förderung erstreckt sich auch auf Werkstätten für Behinderte. (3) Die Förderung soll sich vorwiegend auf räumliche und sachliche Schwerpunkte konzentrieren. § 7 Bildung und Kultur Der Bund fördert im Zonenrandgebiet im Benehmen mit den Ländern durch Zuwendungen zur Dek-kung von Finanzierungsspitzen den Bau und die Einrichtung allgemeinbildender Schulen und sonstige kulturelle Einrichtungen und Maßnahmen, insbesondere auf dem Gebiet der Jugend- und Erwachsenenbildung. § 6 Abs. 3 gilt entsprechend. § 8 Finanzierung Die Durchführung der in diesem Gesetz genannten Maßnahmen erfolgt im Rahmen der im jeweiligen Bundeshaushaltsplan hierfür bereitgestellten Mittel. § 9 Abgrenzung des Zonenrandgebietes Als Zonenrandgebiet gelten die Gebiete, die am 1. Januar 1971 zu den in der Anlage genannten Stadt- und Landkreisen gehörten. § 10 Generalklausel Alle sonstigen auch das Zonenrandgebiet betreffenden Rechtsvorschriften, Richtlinien und Programme bleiben unberührt, soweit dieses Gesetz nicht etwas anderes bestimmt. Nr. 77 — Tag der Ausgabe: Bonn, den 7. August 1971 1239 § 11 Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" Das Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" vom 6. Oktober 1969 (Bundesgcsolzbl. I S. 1861) wird wie folgt geändert: 1. In § 1 Abs. 2 werden vor den Worten "in Gebieten durchgeführt" die Worte "im Zonenrandgebiet und" eingefügt. 2. Nach § 2 Abs. 4 wird folgender Absatz 4 a neu eingefügt: (4 a) Bei der Förderung der in § 1 Abs. 1 genannten Maßnahmen ist das Zonenrandgebiet bevorzugt zu berücksichtigen. Die politisch bedingte Sondersituation des Zonenrandgebietes kann Abweichungen von den vorstehenden Grundsätzen und Ergänzungen der in § 1 Abs. 1 genannten Maßnahmen notwendig machen. § 12 Berlin-Klausel Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 12 Abs. 1 und des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1) auch im Land Berlin. § 13 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1971 in Kraft. Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 5. August 1971 Der Bundespräsident Heinemann Für den Bundeskanzler Der Bundesminister für besondere Aufgaben Ehmke Der Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen Franke Der Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen Schiller 1240 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1971, Teil I Anlage zu § 9 Zonenrandgebiet im Sinne? des Gesetzes sind 1. im Land Schleswig-Holstein die Stadtkreise Flensburg, Kiel, Neumünster und Lübeck, die Landkreise Flensburg, Schleswig, Rendsburg-Eckernförde, Plön, Ost-Holstein, Segeberg, Stormarn und Hzgt. Lauenburg; 2. im Land Niedersachsen die Stadtkreise Lüneburg und Wolfsburg, die Landkreise Lüneburg, Lüchow-Dannenberg, Uelzen und Gifhorn, die Stadtkreise Braunschweig, Salzgitter und Goslar, die Landkreise Helmstedt, Braunschweig mit Ausnahme des Amtes Thedinghausen, Wolfenbüttel, Goslar, Gandersheim und Kreis Blankenburg, der Stadtkreis Hildesheim, die Landkreise Peine, Hildesheim-Marienburg, Zellerfeld, Osterode, Einbeck, Northeim, Duderstadt, Göttingen und Münden; 3. im Land Hessen die Stadtkreise Kassel und Fulda, die Landkreise Hofgeismar, Kassel, Witzenhausen, Eschwege, Melsungen, Rotenburg, Hersfeld, Hünfeld, Lauterbach, Fulda und Schlüchtern; 4. im Land Bayern die Stadtkreise Bad Kissingen und Schweinfurt, die Landkreise Mellrichstadt, Bad Neustadt/Saale, Brückenau, Königshofen/Grabfeld, Bad Kissingen, Hofheim, Ebern, Schweinfurt und Haßfurt, die Stadtkreise Coburg, Neustadt b. Coburg, Hof, Selb, Kulmbach, Marktredwitz, Bayreuth und Bamberg, die Landkreise Coburg, Staffelstein, Bamberg, Lichtenfels, Kronach, Stadtsteinach, Kulmbach, Naila, Münchberg, Hof, Rehau, Wunsiedel und Bayreuth, der Stadtkreis Weiden, die Landkreise Tirschenreuth, Kemnath, Neustadt a.d.Wald-naab, Vohenstrauß, Nabburg, Oberviechtach, Waldmünchen, Neunburg vorm Wald, Cham und Roding, die Stadtkreise Deggendorf und Passau, die Landkreise Kötzting, Viechtach, Regen, Bogen, Grafenau, Deggendorf, Wolfstein, Wegscheid und Passau. Hcrausgcbei: Der Bundesminister der Justiz — Verlag: Bundesanzeiger Verlagsges. m. b. H. — Druck: Bundesdruckerei Bonn. Postanschrift für Abonnementsbestellungen sowie für Bestellungen bereits erschienener Ausgaben: Bundesgesetzblatt, 53 Bonn 1, Postfach 624, Telefon 22 40 86 — 88. Das Bundesgesetzblatt erscheint in drei Teilen. In Teil I und II werden die Gesetze und Verordnungen in zeitlicher Reihenfolge nach ihrer Ausfertigung verkündet. Laufender Bezug nur im Postabonnement. Abbestellungen müssen bis spätestens 30. 4. bzw. 31. 10. beim Verlag vorliegen. Im Teil III wird das als fortgeltend festgestellte Bundesrecht auf Grund des Gesetzes über Sammlung des Bundesrechts vom 10. Juli 1958 (BGBl. S. 437) nach Sachgebieten geordnet veröffentlicht. Der Teil III kann nur als Verlagsabonnement bezogen werden. Bezugspreis für Teil I und Teil II halbjiihrlicb je 25,— DM. Einzelstücke je angefangene 16 Seiten 0,65 DM. Dieser Preis gilt auch für die Bundesgesetzblätter, die vor dem 1. Juli 1970 ausgegeben worden sind. Lieferung gegen Voreinsendung des Betrages auf das Postscheckkonto Bundesgesetzblatt, Köln 3 99, oder gegen Vorausrechnung bzw. gegen Nachnahme. Preis dieser Ausgabe 0,65 DM zuzüglich Versandgebühr 0,15 DM, bei Lieferung gegen Vorausrechnung zuzüglich Portokosten für die Vorausrechnung Im Bezugspreis ist Mehrwertsteuer enthalten; der angewandte Steuersatz beträgt 5,5 %>.