Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1972  Nr. 37 vom 28.04.1972  - Seite 707 bis 708 - Verordnung über die berufs- und arbeitspädagogische Eignung für die Berufsausbildung in der gewerblichen Wirtschaft (Ausbilder-Eignungsverordnung)

Verordnung über die berufs- und arbeitspädagogische Eignung für die Berufsausbildung in der gewerblichen Wirtschaft (Ausbilder-Eignungsverordnung) Nr. 37 — Tag der Ausgabe: Bonn, den 28. April 1972 707 Verordnung über die berufs- und arbeitspädagogische Eignung für die Berufsausbildung in der gewerblichen Wirtschaft (Ausbilder-Eignungsverordnung) Vom 20. April 1972 Auf Grund des § 21 des Berufsbildungsgesetzes vom 14. August 1969 (Bundesgesetzbl. I S. 1112), geändert durch das Gesetz zur Änderung des Berufsbildungsgesetzes vom 12. März 1971 (Bundesgesetzblatt I S. 185), wird im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung verordnet: § 1 Geltungsbereich Diese Verordnung gilt für die Berufsausbildung durch Ausbildende, die selbst ausbilden, und durch Ausbilder nach § 20 Abs. 4 des Gesetzes in Gewerbebetrieben in Ausbildungsberufen der gewerblichen Wirtschaft mit Ausnahme der Gewerbe der Anlage A zur Handwerksordnung und der grafischen Gewerbe gemäß § 77 Abs. 1 des Gesetzes. § 2 Berufs- und arbeitspädagogische Eignung Ausbildende und Ausbilder im Sinne des § 1 haben über die in § 76 des Gesetzes in Verbindung mit § 20 des Gesetzes vorgesehene fachliche Eignung hinaus den Erwerb berufs- und arbeitspädagogischer Kenntnisse der folgenden Sachgebiete nachzuweisen: 1. Grundfragen der Berufsbildung: a) Aufgaben und Ziele der Berufsbildung im Bildungssystem, individueller und gesellschaftlicher Anspruch auf Chancengleichheit, Mobilität und Aufstieg, individuelle und soziale Bedeutung von Arbeitskraft und Arbeitsleistung, Zusammenhänge zwischen Berufsbildung und Arbeitsmarkt; b) Betriebe, überbetriebliche Einrichtungen und berufliche Schulen als Ausbildungsstätten im System der beruflichen Bildung; c) Aufgabe, Stellung und Verantwortung des Ausbildenden und des Ausbilders. 2. Planung und Durchführung der Ausbildung: a) Ausbildungsinhalte, Ausbildungsberufsbild, Ausbildungsrahmenplan, Prüfungsanforderungen; b) didaktische Aufbereitung der Ausbildungsinhalte: aa) Festlegen von Lernzielen, Gliederung der Ausbildung; bb) Festlegen der lehrgangs- und produktionsgebundenen Ausbildungsabschnitte, Auswahl der betrieblichen und überbetrieblichen Ausbildungsplätze, Erstellen des betrieblichen Ausbildungsplans; c) Zusammenarbeit mit der Berufsschule, der Berufsberatung und dem Ausbildungsberater; d) Lehrverfahren und Lernprozesse in der Ausbildung: aa) Lehrformen, insbesondere Unterweisen und üben am Ausbildungs- und Arbeitsplatz, Lehrgespräch, Demonstration von Ausbildungsvorgängen; bb) Ausbildungsmittel; cc) Lern- und Führungshilfen; dd) Beurteilen und Bewerten. 3. Der Jugendliche in der Ausbildung: a) Notwendigkeit und Bedeutung einer jugendgemäßen Berufsausbildung; b) Leistungsprofil, Fähigkeiten und Eignung; c) typische Entwicklungserscheinungen und Verhaltensweisen im Jugendalter, Motivation und Verhalten, gruppenpsychologische Verhaltensweisen; d) betriebliche und außerbetriebliche Umwelteinflüsse, soziales und politisches Verhalten Jugendlicher; e) Verhalten bei besonderen Erziehungsschwierigkeiten des Jugendlichen; f) gesundheitliche Betreuung des Jugendlichen einschließlich der Vorbeugung gegen Berufskrankheiten, Beachtung der Leistungskurve, Unfallverhütung. 4. Rechtsgrundlagen: a) Die wesentlichen Bestimmungen des Grundgesetzes, der jeweiligen Landesverfassung und des Berufsbildungsgesetzes; b) die wesentlichen Bestimmungen des Arbeitsund Sozialrechts sowie des Arbeitsschutz- und Jugendschutzrechts, insbesondere des Arbeitsvertragsrechts, des Betriebsverfassungsrechts, des Tarifvertragsrechts, des Arbeitsförderungsund Ausbildungsförderungsrechts, des Jugendarbeitsschutzrechts und des Unfallschutzrechts; c) die rechtlichen Beziehungen zwischen dem Ausbildenden, dem Ausbilder und dem Auszubildenden. § 3 Nachweis der Kenntnisse (1) Die Kenntnisse nach § 2 sind in einer Prüfung nachzuweisen. Die Prüfung kann zweimal wiederholt werden. (2) Die Prüfung ist schriftlich und mündlich durchzuführen. (3) Die schriftliche Prüfung soll in der Regel insgesamt fünf Stunden dauern und aus mehreren unter Aufsicht anzufertigenden Arbeiten aus den in § 2 aufgeführten Sachgebieten "Planung und Durchführung der Ausbildung", "Der Jugendliche in der Ausbildung" und "Rechtsgrundlagen" bestehen. 708 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1972, Teil I (4) Die mündliche Prüfung soll die in § 2 genannten Sachgebiete umfassen und je Prüfling in der Regel eine halbe Stunde dauern. Außerdem soll eine vom Prüfling praktisch durchzuführende Unterweisung von Auszubildenden stattfinden. § 4 Prüfungsausschüsse, Prüfungsordnung (1) Für die Abnahme der Prüfung errichtet die zuständige Stelle einen Prüfungsausschuß. § 36 Satz. 2, §§ 37 und 38 des Gesetzes gelten entsprechend. (2) Die zuständige Stelle hat eine Prüfungsordnung zu erlassen. § 41 Satz 2 bis 4 des Gesetzes gilt entsprechend. § 5 Zeugnis (1) Dem Prüfling ist ein Zeugnis auszustellen. (2) Aus dem Zeugnis muß hervorgehen, ob der Inhaber die beruf s- und arbeitspädagogischen Kenntnisse gemäß § 2 nachgewiesen hat. § 6 Andere Prüfungen (1) Wer im Handwerk, in einem grafischen Gewerbe, das einem der in den Nummern 108 bis 114 der Anlage A zur Handwerksordnung aufgeführten Gewerbe entspricht, in der Landwirtschaft oder in der Hauswirtschaft die Meisterprüfung bestanden hat, gilt als im Sinne dieser Verordnung berufs- und arbeitspädagogisch geeignet. (2) Wer eine sonstige staatliche, staatlich anerkannte oder von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft abgenommene Prüfung bestanden hat, deren Inhalt den in § 2 genannten Anforderungen entspricht, kann auf Antrag vom Prüfungsausschuß ganz oder teilweise von der Prüfung nach § 3 befreit werden. Die zuständige Stelle erteilt darüber eine Bescheinigung. § 5 Abs. 2 gilt entsprechend. §7 Fortsetzung der Ausbildertätigkeit (1) Personen, die in den letzten zehn Jahren vor Inkrafttreten dieser Verordnung ohne wesentliche Unterbrechung ausgebildet haben und durch Vorlage von Zeugnissen oder auf andere Weise glaubhaft dartun, daß sie Kenntnisse erworben haben, die dem Inhalt von § 2 entsprechen, werden von der zuständigen Stelle auf Antrag von dem nach den §§2 und 3 erforderlichen Nachweis befreit, es sei Bonn, den 20. April 1972 Der Bunde für Wirtschaft In Vert: Dr. Roh\ denn, daß ihre Ausbiidertätigkeit in den letzten zehn Jahren zu nicht unerheblichen Beanstandungen Anlaß gegeben hat. (2) Personen, die bei Inkrafttreten dieser Verordnung ausbilden und in den letzten zehn Jahren eine Ausbildung durchlaufen haben, die Kenntnisse vermittelte, die dem Inhalt von § 2 entsprechen, können auf Antrag von der zuständigen Stelle von dem nach den §§2 und 3 erforderlichen Nachweis befreit werden, es sei denn, daß ihre Ausbildertätigkeit zu nicht unerheblichen Beanstandungen Anlaß gegeben hat. (3) Die zuständige Stelle stellt auf Antrag über die Befreiung eine Bescheinigung aus. § 8 Übergangsvorschrift (1) Wer bei Inkrafttreten dieser Verordnung ausbildet oder innerhalb von 3 Jahren nach Inkrafttreten dieser Verordnung eine Ausbildertätigkeit aufnimmt, hat den nach den §§2 und 3 erforderlichen Nachweis innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten dieser Verordnung zu führen. Bei Inkrafttreten dieser Verordnung bestehende Berufsausbildungsverträge können zu Ende geführt werden. (2) Bis zum Ablauf von 5 Jahren nach Inkrafttreten dieser Verordnung kann die zuständige Stelle in begründeten Ausnahmefällen von dem nach den §§2 und 3 erforderlichen Nachweis befreien, wenn nachgewiesen wird, daß der Erwerb der in § 2 geforderten Kenntnisse noch nicht möglich war, und eine Gefährdung der Auszubildenden nicht zu erwarten ist. Die Ausnahme nach Satz 1 ist befristet und unter der Auflage zu bewilligen, daß die nach dieser Verordnung erforderlichen Kenntnisse zum nächstmöglichen Zeitpunkt nachzuweisen sind. Die zuständige Stelle kann weitere Auflagen erteilen. (3) Bis zum Ablauf von drei Jahren nach Inkrafttreten dieser Verordnung kann in besonderen Ausnahmefällen von der Unterweisung nach § 3 Abs. 4 Satz 2 abgesehen werden. § 9 Berlin-Klausel Diese Verordnung gilt nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundes-gesetzbl. I S. 1) in Verbindung mit § 112 Satz 2 des Gesetzes auch im Land Berlin. § 10 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. sminister und Finanzen retung vedder