Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1990  Nr. 28 vom 23.06.1990  - Seite 1080 bis 1095 - Gesetz zur Regelung von Fragen der Gentechnik

Gesetz zur Regelung von Fragen der Gentechnik 1080 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1990, Teil I Gesetz zur Regelung von Fragen der Gentechnik Vom 20. Juni 1990 Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen: Artikel 1 Gesetz zur Regelung der Gentechnik (Gentechnikgesetz - GenTG) Inhaltsübersicht Erster Teil Allgemeine Vorschriften § 1 Zweck des Gesetzes § 2 Anwendungsbereich § 3 Begriffsbestimmungen § 4 Kommission § 5 Aufgaben der Kommission § 6 Allgemeine Sorgfalts- und Aufzeichnungspflichten, Gefahrenvorsorge Zweiter Teil Gentechnische Arbeiten in gentechnischen Anlagen § 7 Sicherheitsstufen, Sicherheitsmaßnahmen § 8 Genehmigung und Anmeldung von gentechnischen Anlagen § 9 Weitere gentechnische Arbeiten zu Forschungszwecken § 10 Weitere gentechnische Arbeiten zu gewerblichen Zwecken § 11 Genehmigungsverfahren § 12 Anmeldeverfahren §13 Genehmigungsvoraussetzungen Dritter Teil Freisetzung und Inverkehrbringen §14 Freisetzung und Inverkehrbringen §15 Antragsunterlagen bei Freisetzung und Inverkehrbringen § 16 Genehmigung bei Freisetzung und Inverkehrbringen Vierter Teil Gemeinsame Vorschriften § 17 Verwendung von Unterlagen §18 Anhörungsverfahren §19 Nebenbestimmungen, nachträgliche Auflagen § 20 Einstweilige Einstellung § 21 Anzeigepflichten § 22 Andere behördliche Entscheidungen § 23 Ausschluß von privatrechtlichen Abwehransprüchen § 24 Kosten § 25 Überwachung, Auskunfts-, Duldungspflichten § 26 Behördliche Anordnungen § 27 Erlöschen der Genehmigung § 28 Unterrichtungspflicht § 29 Auswertung von sicherheitsrelevanten Erkenntnissen § 30 Erlaß von Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften § 31 Zuständige Behörden Fünfter Teil Haftungsvorschriften § 32 Haftung § 33 Haftungshöchstbetrag § 34 Ursachenvermutung § 35 Auskunftsansprüche des Geschädigten § 36 Deckungsvorsorge § 37 Haftung nach anderen Rechtsvorschriften Sechster Teil Straf- und Bußgeldvorschriften § 38 Bußgeldvorschriften § 39 Strafvorschriften Siebter Teil Übergangs- und Schlußvorschriften § 40 Beteiligung des Bundestages beim Erlaß von Rechtsverordnungen § 41 Übergangsregelung § 42 Berlin-Klausel Nr. 28 - Taq der Ausgabe: Bonn, den 23. Juni 1990 1081 Erster Teil Allgemeine Vorschriften §1 Zweck des Gesetzes Zweck dieses Gesetzes ist, 1. Leben und Gesundheit von Menschen, Tiere, Pflanzen sowie die sonstige Umwelt in ihrem Wirkungsgefüge und Sachgüter vor möglichen Gefahren gentechnischer Verfahren und Produkte zu schützen und dem Entstehen solcher Gefahren vorzubeugen und 2. den rechtlichen Rahmen für die Erforschung, Entwicklung, Nutzung und Förderung der wissenschaftlichen und technischen Möglichkeiten der Gentechnik zu schaffen. §2 Anwendungsbereich Dieses Gesetz gilt für 1. gentechnische Anlagen, 2. gentechnische Arbeiten, 3. Freisetzungen von gentechnisch veränderten Organismen und 4. das Inverkehrbringen von Produkten, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen; soweit das Inverkehrbringen durch andere den Vorschriften dieses Gesetzes entsprechende Rechtsvorschriften geregelt ist, die die Zulässigkeit des Inverkehrbringens von einer entsprechenden Risikoabschätzung abhängig machen, gelten nur die §§ 32 bis 37 dieses Gesetzes. §3 Begriffsbestimmungen Im Sinne dieses Gesetzes sind 1. Organismus jede biologische Einheit, die fähig ist, sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen, 2. gentechnische Arbeiten a) die Erzeugung gentechnisch veränderter Organismen, b) die Verwendung, Vermehrung, Lagerung, Zerstörung oder Entsorgung sowie der innerbetriebliche Transport gentechnisch veränderter Organismen, soweit noch keine Genehmigung für die Freisetzung oder das Inverkehrbringen zum Zweck des späteren Ausbringens in die Umwelt erteilt wurde, 3. gentechnisch veränderter Organismus ein Organismus, dessen genetisches Material in einer Weise verändert worden ist, wie sie unter natürlichen Bedingungen durch Kreuzen oder natürliche Rekombination nicht vorkommt. Verfahren der Veränderung genetischen Materials in diesem Sinne sind insbesondere - DNS-Rekombinationstechniken, bei denen Vektorsysteme eingesetzt werden, - Verfahren, bei denen in einen Organismus direkt Erbgut eingeführt wird, welches außerhalb des Organismus zubereitet wurde, einschließlich Mikroinjektion, Makroinjektion und Mikroverkapse-lung, - Zellfusionen oder Hybridisierungsverfahren, bei denen lebende Zellen mit einer neuen Kombination von genetischem Material anhand von Methoden gebildet werden, die unter natürlichen Bedingungen nicht auftreten. Nicht als Verfahren der Veränderung genetischen Materials gelten - In-vitro-Befruchtung, - Konjugation, Transduktion, Transformation oder jeder andere natürliche Prozeß, - Polyploidie-Induktion, - Mutagenese, - Zell- und Protoplastenfusion von pflanzlichen Zellen, die zu solchen Pflanzen regeneriert werden können, die auch mit herkömmlichen Züchtungstechniken erzeugbar sind, es sei denn, es werden gentechnisch veränderte Organismen als Spender oder Empfänger verwendet. Bei der Verwendung in gentechnischen Anlagen gelten darüber hinaus nicht als Verfahren der Veränderung genetischen Materials - Erzeugung somatischer tierischer Hybridoma-Zellen, - Selbstklonierung nichtpathogener, natürlich vorkommender Organismen, wenn sie keine Adventiv-Agenzien enthalten und entweder nachgewiese-nerweise lange und sicher in gentechnischen Anlagen verwendet wurden oder eingebaute biologische Schranken enthalten, die die Lebens- und Replikationsfähigkeit ohne nachteilige Folgen in der Umwelt begrenzen, es sei denn, es werden gentechnisch veränderte Organismen als Spender oder Empfänger verwendet, 4. gentechnische Anlage Einrichtung, in der gentechnische Arbeiten im Sinne der Nummer 2 im geschlossenen System durchgeführt werden und für die physikalische Schranken verwendet werden, gegebenenfalls in Verbindung mit biologischen oder chemischen Schranken oder einer Kombination von biologischen und chemischen Schranken, um den Kontakt der verwendeten Organismen mit Menschen und der Umwelt zu begrenzen, 5. gentechnische Arbeit zu Forschungszwecken eine Arbeit für Lehr-, Forschungs- oder Entwicklungszwecke oder eine Arbeit für nichtindustrielle beziehungsweise nichtkommerzielle Zwecke in kleinem Maßstab, 6. gentechnische Arbeit zu gewerblichen Zwecken jede andere Arbeit als die in Nummer 5 beschriebene, 1082 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1990, Teil I 7. Freisetzung das gezielte Ausbringen von gentechnisch veränderten Organismen in die Umwelt, soweit noch keine Genehmigung für das Inverkehrbringen zum Zweck des späteren Ausbringens in die Umwelt erteilt wurde, 8. Inverkehrbringen die Abgabe von Produkten, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen, an Dritte; das Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gilt als Inverkehrbringen, soweit es sich nicht lediglich um einen unter zollamtlicher Überwachung durchgeführten Transitverkehr handelt, 9. Betreiber eine juristische oder natürliche Person oder eine nichtrechtsfähige Personenvereinigung, die unter ihrem Namen eine gentechnische Anlage errichtet oder betreibt, gentechnische Arbeiten oder Freisetzungen durchführt oder Produkte, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen, erstmalig in Verkehr bringt, soweit noch keine Genehmigung nach § 16 Abs. 2 erteilt worden ist, die nach § 14 Abs. 1 Satz 2 das Inverkehrbringen der Nachkommen oder des Vermehrungsmaterials gestattet, 10. Projektleiter eine Person, die im Rahmen ihrer beruflichen Obliegenheiten die unmittelbare Planung, Leitung oder Beaufsichtigung einer gentechnischen Arbeit oder einer Freisetzung durchführt, 11. Beauftragter für die Biologische Sicherheit eine Person oder eine Mehrheit von Personen (Ausschuß für Biologische Sicherheit), die die Erfüllung der Aufgaben des Projektleiters überprüft und den Betreiber berät, 12. Sicherheitsstufen Gruppen gentechnischer Arbeiten nach ihrem Gefährdungspotential, 13. Laborsicherheitsmaßnahmen oder Produktionssicherheitsmaßnahmen festgelegte Arbeitstechniken und eine festgelegte Ausstattung von gentechnischen Anlagen, 14. biologische Sicherheitsmaßnahme die Verwendung von Empfängerorganismen und Vektoren mit bestimmten gefahrenmindernden Eigenschaften, 15. Vektor ein biologischer Träger, der Nukleinsäure-Segmente in eine neue Zelle einführt. §4 Kommission (1) Unter der Bezeichnung "Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit" (Kommission) wird beim Bundesgesundheitsamt eine Sachverständigenkommission eingerichtet. Die Kommission setzt sich zusammen aus: 1. zehn Sachverständigen, die über besondere und möglichst auch internationale Erfahrungen in den Bereichen der Mikrobiologie, Zellbiologie, Virologie, Genetik, Hygiene, Ökologie und Sicherheitstechnik verfügen; von diesen müssen mindestens sechs auf dem Gebiet der Neukombination von Nukleinsäuren arbeiten; jeder der genannten Bereiche muß durch mindestens einen Sachverständigen, der Bereich der Ökologie muß durch mindestens zwei Sachverständige vertreten sein; 2. je einer sachkundigen Person aus den Bereichen der Gewerkschaften, des Arbeitsschutzes, der Wirtschaft, des Umweltschutzes und der forschungsfördernden Organisationen. Für jedes Mitglied der Kommission ist aus demselben Bereich ein stellvertretendes Mitglied zu bestellen. (2) Die Mitglieder der Kommission werden vom Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit im Einvernehmen mit den Bundesministern für Forschung und Technologie, für Arbeit und Sozialordnung, für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie für Wirtschaft für die Dauer von drei Jahren berufen. Wiederberufung ist zulässig. (3) Die Mitglieder und die stellvertretenden Mitglieder sind unabhängig und nicht an Weisungen gebunden. Sie sind zur Vertraulichkeit verpflichtet. (4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Berufung und das Verfahren der Kommission, die Heranziehung externer Sachverständiger sowie die Zusammenarbeit der Kommission mit den für den Vollzug des Gesetzes zuständigen Behörden zu regeln. Durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates kann auch bestimmt werden, daß die Berufungsentscheidung gemäß Absatz 2 im Benehmen mit den Landesregierungen zu treffen ist. §5 Aufgaben der Kommission Die Kommission prüft und bewertet sicherheitsrelevante Fragen nach den Vorschriften dieses Gesetzes, gibt hierzu Empfehlungen und berät die Bundesregierung und die Länder in sicherheitsrelevanten Fragen der Gentechnik. Bei ihren Empfehlungen soll die Kommission auch den Stand der internationalen Entwicklung auf dem Gebiet der gentechnischen Sicherheit angemessen berücksichtigen. Die Kommission berichtet jährlich der Öffentlichkeit über ihre Arbeit. §6 Allgemeine Sorgfalts- und Aufzeichnungspflichten, Gefahrenvorsorge (1) Wer gentechnische Anlagen errichtet oder betreibt, gentechnische Arbeiten durchführt, gentechnisch veränderte Organismen freisetzt oder Produkte, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen, als Betreiber in Verkehr bringt, hat die damit verbundenen Risiken vorher umfassend zu bewerten. Bei dieser Risikobewertung hat er insbesondere die Eigenschaften der Spender- und Empfängerorganismen, der Vektoren sowie der gentechnisch veränderten Organismen, ferner die Auswirkungen der vorgenannten Organismen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu berücksichtigen. (2) Der Betreiber hat die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik notwendigen Vorkehrungen zu treffen, Nr. 28 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 23. Juni 1990 1083 um die in § 1 Nr. 1 genannten Rechtsgüter vor möglichen Gefahren zu schützen und dem Entstehen solcher Gefahren vorzubeugen. (3) Über die Durchführung gentechnischer Arbeiten hat der Betreiber Aufzeichnungen zu führen und der zuständigen Behörde auf ihr Ersuchen vorzulegen. Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates nach Anhörung der Kommission die Einzelheiten über Form und Inhalt der Aufzeichnungen und die Aufbewahrungs- und Vorlagepflichten. (4) Wer gentechnische Arbeiten oder Freisetzungen durchführt, ist verpflichtet, Projektleiter sowie Beauftragte oder Ausschüsse für Biologische Sicherheit zu bestellen. Zweiter Teil Gentechnische Arbeiten in gentechnischen Anlagen §7 Sicherheitsstufen, Sicherheitsmaßnahmen (1) Gentechnische Arbeiten werden in vier Sicherheitsstufen eingeteilt: 1. Der Sicherheitsstufe 1 sind gentechnische Arbeiten zuzuordnen, bei denen nach dem Stand der Wissenschaft nicht von einem Risiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt auszugehen ist. 2. Der Sicherheitsstufe 2 sind gentechnische Arbeiten zuzuordnen, bei denen nach dem Stand der Wissenschaft von einem geringen Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt auszugehen ist. 3. Der Sicherheitsstufe 3 sind gentechnische Arbeiten zuzuordnen, bei denen nach dem Stand der Wissenschaft von einem mäßigen Risiko für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt auszugehen ist. 4. Der Sicherheitsstufe 4 sind gentechnische Arbeiten zuzuordnen, bei denen nach dem Stand der Wissenschaft von einem hohen Risiko oder dem begründeten Verdacht eines solchen Risikos für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt auszugehen ist. Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der Kommission durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Erreichung der in § 1 Nr. 1 genannten Zwecke die Zuordnung bestimmter Arten gentechnischer Arbeiten zu den Sicherheitsstufen zu regeln. Die Zuordnung erfolgt anhand des Risikopotentials der gentechnischen Arbeit, welches bestimmt wird durch die Eigenschaften der Empfänger- und Spenderorganismen, der Vektoren sowie des gentechnisch veränderten Organismus. Dabei sind mögliche Auswirkungen auf die Beschäftigten, die Bevölkerung, Nutztiere, Kulturpflanzen und die sonstige Umwelt einschließlich der Verfügbarkeit geeigneter Gegenmaßnahmen zu berücksichtigen. (2) Bei der Durchführung gentechnischer Arbeiten sind bestimmte Labor- und Produktionssicherheitsmaßnahmen zu beachten. Die Bundesregierung regelt nach Anhörung der Kommission durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die für die unterschiedlichen Sicherheitsstufen nach dem Stand der Wissenschaft und Technik erforderlichen Labor- und Produktionssicherheitsrhaßnah-men sowie die Anforderungen an die Auswahl und die Sicherheitsbewertung der bei gentechnischen Arbeiten verwendeten Empfängerorganismen und Vektoren. §8 Genehmigung und Anmeldung von gentechnischen Anlagen (1) Gentechnische Arbeiten dürfen nur in gentechnischen Anlagen im Sinne des § 3 Nr. 4 durchgeführt werden. Die Errichtung und der Betrieb gentechnischer Anlagen bedürfen der Genehmigung (Anlagengenehmigung), soweit sich nicht aus den Vorschriften dieses Gesetzes etwas anderes ergibt. Die Genehmigung berechtigt zur Durchführung der im Genehmigungsbescheid genannten gentechnischen Arbeiten zu gewerblichen oder zu Forschungszwecken. (2) Die Errichtung und der Betrieb gentechnischer Anlagen, in denen gentechnische Arbeiten der Sicherheitsstufe 1 zu Forschungszwecken durchgeführt werden sollen, und die vorgesehenen gentechnischen Arbeiten sind der zuständigen Behörde spätestens drei Monate vor dem beabsichtigten Beginn der Arbeiten anzumelden. (3) Auf Antrag kann eine Genehmigung für 1. die Errichtung einer gentechnischen Anlage oder eines Teils einer solchen Anlage oder 2. die Errichtung oder den Betrieb eines Teils einer gentechnischen Anlage (Teilgenehmigung) erteilt werden. (4) Die wesentliche Änderung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer gentechnischen Anlage bedarf der Anlagengenehmigung. Absatz 2 bleibt unberührt. §9 Weitere gentechnische Arbeiten zu Forschungszwecken (1) Die Durchführung weiterer gentechnischer Arbeiten der Sicherheitsstufen 2, 3 oder 4 zu Forschungszwecken ist bei der zuständigen Behörde spätestens zwei Monate vor dem beabsichtigten Beginn der Arbeiten anzumelden. (2) Weitere gentechnische Arbeiten zu Forschungszwecken, die einer höheren Sicherheitsstufe zuzuordnen sind als die von der Genehmigung nach § 8 Abs. 1 oder von der Anmeldung nach § 8 Abs. 2 umfaßten Arbeiten, dürfen nur aufgrund einer neuen Anlagengenehmigung durchgeführt werden. §10 Weitere gentechnische Arbeiten zu gewerblichen Zwecken (1) Die Durchführung weiterer gentechnischer Arbeiten der Sicherheitsstufe 1 zu gewerblichen Zwecken ist bei der zuständigen Behörde spätestens zwei Monate vor dem beabsichtigten Beginn der Arbeiten anzumelden. (2) Die Durchführung weiterer gentechnischer Arbeiten der Sicherheitsstufen 2, 3 oder 4 zu gewerblichen Zwek-ken bedarf jeweils einer gesonderten Genehmigung. (3) Weitere gentechnische Arbeiten zu gewerblichen Zwecken, die einer höheren Sicherheitsstufe zuzuordnen sind als die von der Genehmigung nach § 8 Abs. 1 1084 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1990, Teil I umfaßten Arbeiten, dürfen nur aufgrund einer neuen Anlagengenehmigung durchgeführt werden. § 11 Genehmigungsverfahren (1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen Antrag voraus. (2) Einem Antrag auf Genehmigung einer gentechnischen Anlage nach § 8 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 oder 4 sind die Unterlagen beizufügen, die zur Prüfung der Voraussetzungen der Genehmigung einschließlich der nach § 22 Abs. 1 mitumfaßten behördlichen Entscheidungen erforderlich sind. Die Unterlagen müssen insbesondere folgende Angaben enthalten: 1. die Lage der gentechnischen Anlage sowie den Namen und die Anschrift des Betreibers, 2. den Namen des Projektleiters und den Nachweis der erforderlichen Sachkunde, 3. den Namen des oder der Beauftragten für die Biologische Sicherheit und den Nachweis der erforderlichen Sachkunde, 4. eine Beschreibung der bestehenden oder der geplanten gentechnischen Anlage und ihres Betriebs, insbesondere der für die Sicherheit bedeutsamen Einrichtungen, 5. die Risikobewertung nach § 6 Abs. 1 und eine Beschreibung der vorgesehenen gentechnischen Arbeiten, aus der sich die Eigenschaften der verwendeten Spender- und Empfängerorganismen, der Vektoren und des gentechnisch veränderten Organismus im Hinblick auf die erforderliche Sicherheitsstufe sowie ihre möglichen sicherheitsrelevanten Auswirkungen auf die in § 1 Nr. 1 bezeichneten Rechtsgüter und die vorgesehenen Vorkehrungen ergeben, 6. eine Beschreibung der verfügbaren Techniken zur Erfassung, Identifizierung und Überwachung des gentechnisch veränderten Organismus, 7. im Bereich gentechnischer Arbeiten zu gewerblichen Zwecken zusätzlich Angaben über Zahl und Ausbildung des Personals, Angaben über Reststoffverwertung, Notfallpläne und Angaben über Unfallverhütungsmaßnahmen. (3) Ist vor der Entscheidung über die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer gentechnischen Anlage ein Anhörungsverfahren nach § 18 Abs. 1 durchzuführen, sind die Unterlagen, soweit sie Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse oder personenbezogene Daten enthalten, zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt ist, soweit es ohne Preisgabe der Geheimnisse und geschützten Daten geschehen kann, so ausführlich darzustellen, daß es Dritten möglich ist zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der gentechnischen Arbeit betroffen werden können. (4) Einem Antrag auf Erteilung der Genehmigung zur Durchführung weiterer gentechnischer Arbeiten der Sicherheitsstufen 2, 3 oder 4 zu gewerblichen Zwecken nach § 10 Abs. 2 sind die Unterlagen beizufügen, die zur Prüfung der Voraussetzungen der Genehmigung erforderlich sind. Die Unterlagen müssen insbesondere folgende Angaben enthalten: 1. eine Beschreibung der vorgesehenen gentechnischen Arbeiten nach Maßgabe des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 5, 2. eine Erklärung des Projektleiters, ob und gegebenenfalls wie sich die Angaben nach Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 geändert haben, 3. Datum und Aktenzeichen des Genehmigungsbescheides zur Errichtung und zum Betrieb der gentechnischen Anlage, 4. eine Beschreibung erforderlicher Änderungen der sicherheitsrelevanten Einrichtungen und Vorkehrungen. (5) Die zuständige Behörde hat dem Antragsteller den Eingang des Antrags und der beigefügten Unterlagen unverzüglich schriftlich zu bestätigen und zu prüfen, ob der Antrag und die Unterlagen für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen ausreichen. Sind der Antrag oder die Unterlagen nicht vollständig, so fordert die zuständige Behörde den Antragsteller unverzüglich auf, den Antrag oder die Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. (6) Über einen Genehmigungsantrag nach § 8 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 oder 4 ist innerhalb einer Frist von drei Monaten schriftlich zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist einmal um bis zu drei Monate verlängern, soweit dies im Hinblick auf andere, nach § 22 Abs. 1 von der Genehmigung mitumfaßte behördliche Entscheidungen erforderlich ist. Die Fristen ruhen, solange ein Anhörungsverfahren nach § 18 Abs. 1 durchgeführt wird oder die Behörde die Ergänzung des Antrags oder der Unterlagen abwartet. (7) Über einen Genehmigungsantrag nach § 10 Abs. 2 ist innerhalb einer Frist von drei Monaten schriftlich zu entscheiden. Die Frist ruht, solange die Behörde die Ergänzung des Antrags oder der Unterlagen abwartet. (8) Vor der Entscheidung über eine Genehmigung holt die zuständige Behörde über das Bundesgesundheitsamt eine Stellungnahme der Kommission zur sicherheitstechnischen Einstufung der vorgesehenen gentechnischen Arbeiten und zu den erforderlichen sicherheitstechnischen Maßnahmen ein. Die Stellungnahme ist bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Weicht die zuständige Behörde bei ihrer Entscheidung von der Stellungnahme der Kommission ab, so hat sie die Gründe hierfür schriftlich darzulegen. Die zuständige Behörde holt außerdem Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. §12 Anmeldeverfahren (1) Eine Anmeldung bedarf der Schriftform. (2) Einer Anmeldung nach § 8 Abs. 2 sind die Unterlagen nach § 11 Abs. 2 beizufügen. (3) Einer Anmeldung nach § 9 Abs. 1 oder § 10 Abs. 1 sind die Unterlagen beizufügen, die zur Beurteilung der gentechnischen Arbeiten erforderlich sind. Die Unterlagen müssen insbesondere folgende Angaben enthalten: 1. die Lage der gentechnischen Anlage sowie den Namen und die Anschrift des Betreibers, 2. den Namen des Projektleiters und den Nachweis der erforderlichen Sachkunde, 3. die Namen des oder der Beauftragten für die Biologische Sicherheit und den Nachweis der erforderlichen Sachkunde, Nr. 28 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 23. Juni 1990 1085 4. Datum und Aktenzeichen des Genehmigungsbescheides zur Errichtung und zum Betrieb der gentechnischen Anlage, 5. eine Beschreibung der vorgesehenen gentechnischen Arbeiten nach Maßgabe des § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5, 6. eine Beschreibung erforderlicher Änderungen der sicherheitsrelevanten Einrichtungen und Vorkehrungen. (4) Lassen die Anmeldeunterlagen eine Beurteilung der angemeldeten gentechnischen Arbeiten nicht zu, so fordert die zuständige Behörde den Anmelder unverzüglich auf, die Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. (5) Die zuständige Behörde holt über das Bundesgesundheitsamt eine Stellungnahme der Kommission zur sicherheitstechnischen Einstufung der vorgesehenen gentechnischen Arbeiten und zu den erforderlichen sicherheitstechnischen Maßnahmen ein. Die Stellungnahme ist bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Weicht die zuständige Behörde bei einer Entscheidung von der Stellungnahme ab, so hat sie die Gründe hierfür schriftlich darzulegen. (6) Die zuständige Behörde hat dem Betreiber unverzüglich den Eingang der Anmeldung und der beigefügten Unterlagen schriftlich zu bestätigen. Der Ablauf der Frist nach § 8 Abs. 2, § 9 Abs. 1 oder § 10 Abs. 1 gilt als Zustimmung zur Durchführung der gentechnischen Arbeiten. Die Frist ruht, solange die Behörde die Ergänzung der Unterlagen abwartet. (7) Die zuständige Behörde kann die Durchführung der angemeldeten gentechnischen Arbeiten von Bedingungen abhängig machen, zeitlich befristen oder dafür Auflagen vorsehen, soweit dies erforderlich ist, um die in § 1 Nr. 1 bezeichneten Zwecke sicherzustellen; § 19 Satz 3 gilt entsprechend. (8) Die zuständige Behörde kann die Durchführung der angemeldeten gentechnischen Arbeiten untersagen, wenn die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 nicht oder nicht mehr gegeben sind. Die Entscheidung bedarf der Schriftform. (9) Mit Zustimmung der zuständigen Behörde können die gentechnischen Arbeiten vor Ablauf der Frist nach Absatz 6 Satz 2 begonnen werden. §13 Genehmigungsvoraussetzungen (1) Die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer gentechnischen Anlage nach § 8 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 4 ist zu erteilen, wenn 1. keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Betreibers und der für die Errichtung sowie für die Leitung und die Beaufsichtigung des Betriebs der Anlage verantwortlichen Personen ergeben, 2, gewährleistet ist, daß der Projektleiter sowie der oder die Beauftragten für die Biologische Sicherheit die für ihre Aufgaben erforderliche Sachkunde besitzen und die ihnen obliegenden Verpflichtungen ständig erfüllen können, 3. sichergestellt ist, daß vom Antragsteller die sich aus § 6 Abs. 1 und 2 und den Rechtsverordnungen nach § 30 Abs. 2 Nr. 2, 4, 5, 6 und 9 ergebenden Pflichten für die Durchführung der vorgesehenen gentechnischen Arbeiten erfüllt werden, 4. gewährleistet ist, daß für die erforderliche Sicherheitsstufe die nach dem Stand der Wissenschaft und Technik notwendigen Vorkehrungen getroffen sind und deshalb schädliche Einwirkungen auf die in § 1 Nr. 1 bezeichneten Rechtsgüter nicht zu erwarten sind, 5. keine Tatsachen vorliegen, denen die Verbote des Artikels 2 des Gesetzes vom 21. Februar 1983 zu dem Übereinkommen vom 10. April 1972 über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung bakteriologischer (biologischer) Waffen und von Toxinwaffen sowie über die Vernichtung solcher Waffen (BGBl. 1983 II S. 132) entgegenstehen, und 6. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften der Errichtung und dem Betrieb der gentechnischen Anlage nicht entgegenstehen. (2) Die Teilgenehmigung nach § 8 Abs. 3 ist zu erteilen, wenn eine vorläufige Prüfung ergibt, daß die Voraussetzungen des Absatzes 1 im Hinblick auf die Errichtung und den Betrieb der gesamten gentechnischen Anlage vorliegen werden und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung einer Teilgenehmigung besteht. (3) Die Genehmigung nach § 10 Abs. 2 ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 Nr. 1 bis 5 für die Durchführung der vorgesehenen weiteren gentechnischen Arbeiten vorliegen. Dritter Teil Freisetzung und Inverkehrbringen §14 Freisetzung und Inverkehrbringen (1) Einer Genehmigung des Bundesgesundheitsamtes bedarf, wer 1. gentechnisch veränderte Organismen freisetzt, 2. Produkte in den Verkehr bringt, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen, 3. Produkte, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen, zu einem anderen Zweck als der bisherigen bestimmungsgemäßen Verwendung in den Verkehr bringt. Die Genehmigung für eine Freisetzung oder ein Inverkehrbringen kann auch die Nachkommen und das Vermehrungsmaterial des gentechnisch veränderten Organismus umfassen. Die Genehmigung für ein Inverkehrbringen kann auf bestimmte Verwendungen beschränkt werden. Einer Genehmigung für ein Inverkehrbringen bedarf es nicht, wenn eine solche Genehmigung bereits für das Produkt erteilt wurde. (2) Eine Genehmigung ist nicht erforderlich für die Abgabe zu Zwecken der Forschung von einem Betreiber, der nach den Vorschriften dieses Gesetzes befugt ist, gentechnische Arbeiten zu Forschungszwecken oder eine 1086 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1990, Teil I Freisetzung durchzuführen, an einen anderen Betreiber, der gleichfalls die erforderliche Befugnis hat. (3) Eine Genehmigung kann sich auf die Freisetzung unterschiedlicher gentechnisch veränderter Organismen am gleichen Standort sowie eines bestimmten gentechnisch veränderten Organismus an verschiedenen Standorten erstrecken, wenn die Freisetzung zum gleichen Zweck innerhalb eines begrenzten Zeitraums erfolgt. (4) Die Bundesregierung kann nach Anhörung der Kommission durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, daß für die Freisetzung von bestimmten gentechnisch veränderten Organismen ein von dem Verfahren des Dritten Teils dieses Gesetzes abweichendes vereinfachtes Verfahren gilt, soweit nach dem Stand der Wissenschaft eine Gefährdung der in § 1 Nr. 1 bezeichneten Rechtsgüter ausgeschlossen ist. (5) Der Genehmigung des Inverkehrbringens durch das Bundesgesundheitsamt stehen Genehmigungen gleich, die von Behörden anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften nach gleichwertigen Vorschriften erteilt worden sind. Im übrigen kann die Bundesregierung nach Anhörung der Kommission durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, daß außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes in einem gleichwertigen Verfahren erteilte Genehmigungen der Genehmigung des Inverkehrbringens durch das Bundesgesundheitsamt gleichstehen. § 15 Antragsunterlagen bei Freisetzung und Inverkehrbringen (1) Dem Antrag auf Genehmigung einer Freisetzung sind die zur Prüfung erforderlichen Unterlagen beizufügen. Die Unterlagen müssen außer den in § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3 beschriebenen insbesondere folgende Angaben enthalten: 1. den Namen und die Anschrift des Betreibers, 2. die Beschreibung des Freisetzungsvorhabens hinsichtlich seines Zweckes und Standortes, des Zeitpunktes und des Zeitraums, 3. die dem Stand der Wissenschaft entsprechende Beschreibung der sicherheitsrelevanten Eigenschaften des freizusetzenden Organismus und der Umstände, die für das Überleben, die Fortpflanzung und die Verbreitung des Organismus von Bedeutung sind; Unterlagen über vorangegangene Arbeiten in einer gentechnischen Anlage und über Freisetzungen sind beizufügen, 4. eine Darlegung der durch die Freisetzung möglichen sicherheitsrelevanten Auswirkungen auf die in § 1 Nr. 1 genannten Rechtsgüter und der vorgesehenen Vorkehrungen, 5. eine Beschreibung der geplanten Überwachungsmaßnahmen sowie Angaben über entstehende Reststoffe und ihre Behandlung sowie über Notfallpläne. (2) Soweit im Genehmigungsverfahren die Öffentlichkeit zu beteiligen ist, gilt § 11 Abs. 3 entsprechend. (3) Dem Antrag auf Genehmigung des Inverkehrbringens sind die zur Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen erforderlichen Unterlagen beizufügen. Die Unterlagen müssen insbesondere folgende Angaben enthalten: 1. den Namen und die Anschrift des Betreibers, 2. die Bezeichnung und eine dem Stand der Wissenschaft entsprechende Beschreibung des in Verkehr zu bringenden Produkts im Hinblick auf die gentechnisch veränderten spezifischen Eigenschaften; Unterlagen über vorangegangene Arbeiten in einer gentechnischen Anlage und über Freisetzungen sind beizufügen, 3. eine Beschreibung der zu erwartenden Verwendungsarten und der geplanten räumlichen Verbreitung, 4. eine Darlegung der durch das Inverkehrbringen möglichen sicherheitsrelevanten Auswirkungen auf die in § 1 Nr. 1 genannten Rechtsgüter, 5. eine Beschreibung der geplanten Maßnahmen zur Kontrolle des weiteren Verhaltens oder der Qualität des in Verkehr zu bringenden Produkts, der entstehenden Reststoffe und ihrer Behandlung sowie der Notfallpläne, 6. eine Beschreibung von besonderen Bedingungen für die Anwendung und den Gebrauch des in Verkehr zu bringenden Produkts und einen Vorschlag für seine Kennzeichnung und Verpackung. §16 Genehmigung bei Freisetzung und Inverkehrbringen (1) Die Genehmigung für eine Freisetzung ist zu erteilen, wenn 1. die Voraussetzungen entsprechend § 13 Abs. 1 Nr. 1 und 2 vorliegen, 2. gewährleistet ist, daß alle nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, 3. nach dem Stand der Wissenschaft im Verhältnis zum Zweck der Freisetzung unvertretbare schädliche Einwirkungen auf die in § 1 Nr. 1 bezeichneten Rechtsgüter nicht zu erwarten sind. (2) Die Genehmigung für ein Inverkehrbringen ist zu erteilen, wenn nach dem Stand der Wissenschaft im Verhältnis zum Zweck des Inverkehrbringens unvertretbare schädliche Einwirkungen auf die in § 1 Nr. 1 bezeichneten Rechtsgüter nicht zu erwarten sind. (3) Über einen Antrag auf Genehmigung einer Freisetzung oder eines Inverkehrbringens ist innerhalb einer Frist von drei Monaten schriftlich zu entscheiden. Bei der Berechnung der Frist bleiben die Zeitspannen unberücksichtigt, während deren das Bundesgesundheitsamt vom Betreiber gegebenenfalls angeforderte weitere Unterlagen abwartet oder eine Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 18 durchgeführt wird. (4) Die Entscheidung über eine Freisetzung ergeht im Einvernehmen mit der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft und dem Umweltbundesamt, bei der Freisetzung gentechnisch veränderter Tiere auch im Einvernehmen mit der Bundesforschungsanstalt für Viruserkrankungen der Tiere. Vor der Erteilung einer Genehmigung für eine Freisetzung ist eine Stellungnahme der zuständigen Landesbehörde einzuholen. Die Entscheidung über ein Inverkehrbringen ergeht im Einvernehmen mit der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft. Vor der Erteilung einer Genehmigung für ein Nr. 28 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 23. Juni 1990 1087 Inverkehrbringen ist eine Stellungnahme des Umweltbundesamtes einzuholen. (5) Vor Erteilung der Genehmigung prüft und bewertet die Kommission den Antrag im Hinblick auf mögliche Gefahren für die in § 1 Nr. 1 genannten Rechtsgüter, in den Fällen des Absatzes 1 unter Berücksichtigung der geplanten Sicherheitsmaßnahmen, und gibt hierzu Empfehlungen. § 11 Abs. 8 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend. (6) Der Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Verfahren der Beteiligung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften und der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen und dem Inverkehrbringen von Produkten, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen, und die Verpflichtung der zuständigen Behörde, im Rahmen des Genehmigungsverfahrens Bemerkungen der Mitgliedstaaten zu berücksichtigen oder Entscheidungen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften umzusetzen, zu regeln, soweit dies zur Durchführung der Richtlinie des Rates über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt in ihrer jeweils geltenden Fassung erforderlich ist. Vierter Teil Gemeinsame Vorschriften §17 Verwendung von Unterlagen (1) Unterlagen nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5, Abs. 4 Satz 2 Nr. 4, auch in Verbindung mit § 12 Abs. 2, nach § 12 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 und 6, § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 4 und 5 sind nicht erforderlich, soweit der zuständigen Behörde ausreichende Kenntnisse vorliegen. Der Betreiber kann insoweit auf Unterlagen Bezug nehmen, die er in einem vorangegangenen Verfahren vorgelegt hat. Stammen Erkenntnisse, die Tierversuche voraussetzen, aus Unterlagen eines Dritten, so teilt die zuständige Behörde diesem und dem Anmelder oder Antragsteller mit, welche Unterlagen des Dritten sie zugunsten des Anmelders oder Antragstellers zu verwenden beabsichtigt, sowie jeweils Namen und Anschrift des anderen. Sind Tierversuche nicht Voraussetzung, so bedarf es zur Verwendung von Unterlagen eines Dritten dessen schriftlicher Zustimmung. Die Sätze 3 und 4 gelten nicht, wenn die Anmeldung oder Genehmigung länger als zehn Jahre zurückliegt. (2) Der Dritte kann der Verwendung seiner Unterlagen im Falle des Absatzes 1 Satz 3 innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Zugang der Mitteilung nach Absatz 1 Satz 3 widersprechen. Im Falle des Widerspruchs ist das Anmelde- oder Genehmigungsverfahren für einen Zeitraum von fünf Jahren nach Anmeldung oder Stellung des Genehmigungsantrages auszusetzen, längstens jedoch bis zum Ablauf von zehn Jahren nach der Anmeldung oder der Genehmigung des Dritten. Würde der Anmelder oder Antragsteller für die Beibringung eigener Unterlagen einen kürzeren Zeitraum benötigen, so ist das Anmelde- oder Genehmigungsverfahren nur für diesen Zeitraum auszusetzen. Vor Aussetzung des Anmelde- oder Genehmi- gungsverfahrens sind der Anmelder oder Antragsteller und der Dritte zu hören. (3) Erfolgt eine Anmeldung oder wird eine Genehmigung im Falle des Absatzes 2 vor Ablauf von zehn Jahren nach der Anmeldung oder Erteilung der Genehmigung des Dritten unter Verwendung seiner Unterlagen erteilt, so hat er gegen den Anmelder oder Antragsteller Anspruch auf eine Vergütung in Höhe von 50 v. H. der vom Anmelder oder Antragsteller durch die Verwendung ersparten Aufwendungen. Der Dritte kann dem Anmelder oder Antragsteller das Inverkehrbringen untersagen, solange dieser nicht die Vergütung gezahlt oder für sie in angemessener Höhe Sicherheit geleistet hat. (4) Sind von mehreren Anmeldern oder Antragstellern gleichzeitig inhaltlich gleiche Unterlagen bei einer zuständigen Behörde vorzulegen, die Tierversuche voraussetzen, so teilt die zuständige Behörde den Anmeldern oder Antragstellern, die ihr bekannt sind, mit, welche Unterlagen von ihnen gemeinsam vorzulegen sind, sowie jeweils Namen und Anschrift der anderen Beteiligten. Die zuständige Behörde gibt den beteiligten Anmeldern oder Antragstellern Gelegenheit, sich innerhalb einer von ihr zu bestimmenden Frist zu einigen, wer die Unterlagen vorlegt. Kommt eine Einigung nicht zustande, so entscheidet die zuständige Behörde und unterrichtet hiervon unverzüglich alle Beteiligten. Diese sind, sofern sie ihre Anmeldung oder ihren Antrag nicht zurücknehmen oder sonst die Voraussetzungen ihrer Anmeldepflicht oder ihres Antrags entfallen, verpflichtet, demjenigen, der die Unterlagen vorgelegt hat, die anteiligen Aufwendungen für die Erstellung zu erstatten; sie haften als Gesamtschuldner. §18 Anhörungsverfahren (1) Vor der Entscheidung über die Errichtung und den Betrieb einer gentechnischen Anlage, in der gentechnische Arbeiten der Sicherheitsstufen 2,3 oder 4 zu gewerblichen Zwecken durchgeführt werden sollen, hat die zuständige Behörde ein Anhörungsverfahren durchzuführen. Für die Genehmigung gentechnischer Anlagen, in denen gentechnische Arbeiten der Sicherheitsstufe 1 zu gewerblichen Zwecken durchgeführt werden sollen, ist ein Anhörungsverfahren durchzuführen, wenn ein Genehmigungsverfahren nach § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erforderlich wäre. (2) Vor der Entscheidung über die Genehmigung einer Freisetzung ist ein Anhörungsverfahren durchzuführen, soweit es sich nicht um Organismen handelt, deren Ausbreitung begrenzbar ist. Die Bundesregierung bezeichnet nach Anhörung der Kommission durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Organismen, deren Ausbreitung bei einer Freisetzung begrenzbar ist. (3) Das Anhörungsverfahren regelt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates. Das Verfahren muß den Anforderungen des § 10 Abs. 3 bis 8 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes entsprechen. §19 Nebenbestimmungen, nachträgliche Auflagen Die zuständige Behörde kann ihre Entscheidung mit Nebenbestimmungen versehen, soweit dies erforderlich ist, um die Genehmigungsvoraussetzungen sicherzustel- 1088 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1990, Teil I len. Durch Auflagen können insbesondere bestimmte Verfahrensabläufe oder Sicherheitsvorkehrungen oder eine bestimmte Beschaffenheit oder Ausstattung der gentechnischen Anlage angeordnet werden. Die nachträgliche Anordnung von Auflagen ist zulässig. §20 Einstweilige Einsteilung Sind die Voraussetzungen für die Fortführung des Betriebs der gentechnischen Anlage, der gentechnischen Arbeit, der Freisetzung oder des Inverkehrbringens nachträglich entfallen, so kann anstelle einer Rücknahme oder eines Widerrufs der Genehmigung nach den Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze die einstweilige Einstellung der Tätigkeit angeordnet werden, bis der Betreiber nachweist, daß die Voraussetzungen wieder vorliegen. §21 Anzeigepflichten (1) Der Betreiber hat jeden Wechsel in der Person des Projektleiters, des Beauftragten für die Biologische Sicherheit oder eines Mitgliedes des Ausschusses für die Biologische Sicherheit der für eine Anmeldung, die Erteilung der Genehmigung und der für die Überwachung zuständigen Behörde vorher anzuzeigen. Bei einem unvorhergesehenen Wechsel hat die Anzeige unverzüglich zu erfolgen. Mit der Anzeige ist die erforderliche Sachkunde nachzuweisen. (2) Anzuzeigen ist ferner jede beabsichtigte Änderung der sicherheitsrelevanten Einrichtungsgegenstände einer gentechnischen Anlage, auch wenn die gentechnische Anlage durch die Änderung weiterhin die Anforderungen der für die Durchführung der angemeldeten oder genehmigten Arbeiten erforderlichen Sicherheitsstufe erfüllt. (3) Der Betreiber hat der für die Anmeldung, die Genehmigungserteilung und der für die Überwachung zuständigen Behörde unverzüglich jedes Vorkommnis anzuzeigen, das nicht dem erwarteten Verlauf der gentechnischen Arbeit oder der Freisetzung oder des Inverkehrbringens entspricht und bei dem der Verdacht einer Gefährdung der in § 1 Nr. 1 bezeichneten Rechtsgüter besteht. Dabei sind alle für die Sicherheitsbewertung notwendigen Informationen sowie geplante oder getroffene Notfallmaßnahmen mitzuteilen. (4) Der Betreiber hat nach Abschluß einer Freisetzung dem Bundesgesundheitsamt die Ergebnisse der Freisetzung im Zusammenhang mit der Gefährdung der menschlichen Gesundheit und der Umwelt anzuzeigen. Dabei ist ein geplantes Inverkehrbringen besonders zu berücksichtigen. (5) Erhält der Betreiber neue Informationen über Risiken für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt, hat er diese der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen. §22 Andere behördliche Entscheidungen (1) Die Anlagengenehmigung schließt andere die gentechnische Anlage betreffende behördliche Entscheidungen ein, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Zulassungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Bewilligungen, mit Ausnahme von behördlichen Entscheidungen auf Grund atomrechtlicher Vorschriften. (2) Vorschriften, nach denen öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Zulassungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Bewilligungen erteilt werden, finden auf gentechnische Arbeiten, Freisetzungen oder das Inverkehrbringen, die nach diesem Gesetz anmelde- oder genehmigungspflichtig sind, insoweit keine Anwendung, als es sich um den Schutz vor den spezifischen Gefahren der Gentechnik handelt; Vorschriften über das Inverkehrbringen nach § 2 Nr. 4 zweiter Halbsatz bleiben unberührt. §23 Ausschluß von privatrechtlichen Abwehransprüchen Auf Grund privatrechtlicher, nicht auf besonderen Titeln beruhender Ansprüche zur Abwehr benachteiligender Einwirkungen von einem Grundstück auf ein benachbartes Grundstück kann nicht die Einstellung des Betriebs der gentechnischen Anlage, der gentechnischen Arbeiten oder die Beendigung einer Freisetzung verlangt werden, deren Genehmigung unanfechtbar ist und für die ein Anhörungsverfahren nach § 18 durchgeführt wurde; es können nur Vorkehrungen verlangt werden, die die benachteiligenden Wirkungen ausschließen. Soweit solche Vorkehrungen nach dem Stand der Technik nicht durchführbar oder wirtschaftlich nicht vertretbar sind, kann lediglich Schadensersatz verlangt werden. §24 Kosten (1) Für Amtshandlungen nach diesem Gesetz und den zur Durchführung dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften sind Kosten (Gebühren und Auslagen) zu erheben. (2) Der Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und dem Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die gebührenpflichtigen Tatbestände und die Gebühren durch feste Sätze, Rahmensätze oder nach dem Wert des Gegenstandes näher zu bestimmen. (3) Für die durch die Länder zu erhebenden Kosten gilt Landesrecht. Die Länder haben die bei der Kommission im Rahmen des Anmelde- und Genehmigungsverfahrens entstehenden Aufwendungen zu erstatten. (4) Die bei der Erfüllung von Auskunfts- und Duldungspflichten im Rahmen von Anmelde- und Genehmigungsverfahren und Überwachung entstehenden eigenen Aufwendungen des Betreibers sind nicht zu erstatten. §25 Überwachung, Auskunfts-, Duldungspflichten (1) Die zuständigen Landesbehörden haben die Durchführung dieses Gesetzes, der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der darauf beruhenden behördlichen Anordnungen und Verfügungen zu überwachen. Die zuständige Behörde kann Vertreter des Bundesgesundheitsamtes, des Umweltbundesamtes und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz als Sachverständige beteiligen. Nr. 28 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 23. Juni 1990 1089 (2) Der Betreiber und die verantwortlichen Personen im Sinne des § 3 Nr. 10 und 11 haben der zuständigen Behörde auf Verlangen unverzüglich die zur Überwachung erforderlichen Auskünfte zu erteilen. (3) Die mit der Überwachung beauftragten Personen sind befugt, 1. zu den Betriebs- und Geschäftszeiten Grundstücke, Geschäftsräume und Betriebsräume zu betreten und zu besichtigen, 2. alle zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Prüfungen einschließlich der Entnahme von Proben durchzuführen, 3. die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Unterlagen einzusehen und hieraus Ablichtungen oder Abschriften anzufertigen. Zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung können Maßnahmen nach Satz 1 auch in Wohnräumen und zu jeder Tages- und Nachtzeit getroffen werden. Der Betreiber ist verpflichtet, Maßnahmen nach Satz 1 Nr. 1 und 2 und Satz 2 zu dulden, die mit der Überwachung beauftragten Personen zu unterstützen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, sowie die erforderlichen geschäftlichen Unterlagen vorzulegen. Das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt. (4) Auskunftspflichtige Personen können die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie selbst oder einen ihrer in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr der Verfolgung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit aussetzen würde. (5) Die in Erfüllung einer Auskunfts- oder Duldungspflicht nach diesem Gesetz oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung erhobenen personenbezogenen Informationen dürfen nur verwendet werden, soweit dies zur Durchführung dieses Gesetzes oder zur Verfolgung einer Straftat oder zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist. §26 Behördliche Anordnungen (1) Die zuständige Landesbehörde kann im Einzelfall die Anordnungen treffen, die zur Beseitigung festgestellter oder zur Verhütung künftiger Verstöße gegen dieses Gesetz oder gegen die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen notwendig sind. Sie kann insbesondere den Betrieb einer gentechnischen Anlage, gentechnische Arbeiten, eine Freisetzung oder ein Inverkehrbringen ganz oder teilweise untersagen, wenn 1. die erforderliche Anmeldung unterblieben ist, eine erforderliche Genehmigung oder eine Zustimmung nicht vorliegt, 2. ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf einer Genehmigung nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen gegeben ist, 3. gegen Nebenbestimmungen oder nachträgliche Auflagen nach § 19 verstoßen wird, 4. die vorhandenen sicherheitsrelevanten Einrichtungen und Vorkehrungen nicht oder nicht mehr ausreichen. (2) Kommt der Betreiber einer gentechnischen Anlage einer Auflage, einer vollziehbaren nachträglichen Anordnung oder einer Pflicht aufgrund einer Rechtsverordnung nach § 30 nicht nach und betreffen die Auflage, die Anordnung oder die Pflicht die Beschaffenheit oder den Betrieb der gentechnischen Anlage, so kann die zuständige Behörde den Betrieb ganz oder teilweise bis zur Erfüllung der Auflage, der Anordnung oder der Pflicht aus einer Rechtsverordnung nach § 30 untersagen. (3) Die zuständige Behörde kann anordnen, daß eine gentechnische Anlage, die ohne die erforderliche Genehmigung errichtet, betrieben oder wesentlich geändert wird, ganz oder teilweise stillzulegen oder zu beseitigen ist. Sie hat die vollständige oder teilweise Beseitigung anzuordnen, wenn die in § 1 Nr. 1 genannten Rechtsgüter auf andere Weise nicht ausreichend geschützt werden können. (4) Die zuständige Behörde kann den Vertrieb eines genehmigten inverkehrgebrachten Produkts, das gentechnisch veränderte Organismen enthält oder aus solchen besteht, ganz oder teilweise untersagen, wenn sie auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel berechtigten Grund zur Annahme einer Gefahr für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt hat. §27 Erlöschen der Genehmigung (1) Die Genehmigung erlischt, wenn 1. innerhalb einer von der Genehmigungsbehörde gesetzten Frist, die höchstens drei Jahre betragen darf, nicht mit der Errichtung oder dem Betrieb der gentechnischen Anlage oder der Freisetzung begonnen oder 2. eine gentechnische Anlage während eines Zeitraums von mehr als drei Jahren nicht mehr betrieben worden ist. (2) Die Genehmigung erlischt ferner, soweit das Genehmigungserfordernis aufgehoben wird. (3) Die Genehmigungsbehörde kann auf Antrag die Fristen nach Absatz 1 aus wichtigem Grunde um höchstens ein Jahr verlängern, wenn hierdurch der Zweck des Gesetzes nicht gefährdet wird. §28 Unterrichtungspflicht (1) Die zuständigen Behörden unterrichten das Bundesgesundheitsamt unverzüglich über die ihnen nach § 21 Abs. 3, 4 oder 5 angezeigten oder im Rahmen der Überwachung bekanntgewordenen sicherheitsrelevanten Vorkommnisse, über Zuwiderhandlungen oder den Verdacht auf Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften dieses Gesetzes, der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen sowie gegen Auflagen oder nach §26 angeordnete Maßnahmen, soweit gentechnische Arbeiten, Freisetzungen oder ein Inverkehrbringen berührt sind. (2) Die zuständigen Behörden unterrichten das Bundesgesundheitsamt jährlich über die im Vollzug dieses Gesetzes getroffenen Entscheidungen und unverzüglich über sicherheitsrelevante Erkenntnisse. Das Bundesgesundheitsamt gibt seine Erkenntnisse, soweit sie für den Gesetzesvollzug von Bedeutung sein können, den zuständigen Behörden bekannt. 1090 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1990, Teil I §29 Auswertung von sicherheitsrelevanten Erkenntnissen (1) Das Bundesgesundheitsamt hat Daten gemäß § 28, die im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb gentechnischer Anlagen, der Durchführung gentechnischer Arbeiten, mit Freisetzungen oder mit einem Inverkehrbringen von ihm erhoben oder ihm übermittelt worden sind, zum Zweck der Beobachtung, Sammlung und Auswertung sicherheitsrelevanter Sachverhalte zu verarbeiten und zu nutzen. (2) Die Rechtsvorschriften über die Geheimhaltung bleiben unberührt. Die Übermittlung von sachbezogenen Erkenntnissen im Sinne des § 11 Abs. 3 an Dienststellen der Europäischen Gemeinschaften und Behörden anderer Staaten darf nur erfolgen, wenn die anfordernde Stelle darlegt, daß sie Vorkehrungen zum Schutz von Geschäftsund Betriebsgeheimnissen getroffen hat, die den entsprechenden Vorschriften im Geltungsbereich dieses Gesetzes gleichwertig sind. (3) Personenbezogene Daten dürfen beim Bundesgesundheitsamt nur verarbeitet und genutzt werden, soweit dies für die Beurteilung der Zuverlässigkeit des Betreibers, des Projektleiters sowie des oder der Beauftragten für die Biologische Sicherheit oder für die Beurteilung der Sachkunde des Projektleiters oder des oder der Beauftragten für die Biologische Sicherheit erforderlich ist. (4) Art und Umfang der Daten regelt der Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates. §30 Erlaß von Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften (1) Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der Kommission durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Erreichung der in § 1 Nr. 1 genannten Zwecke die Verantwortlichkeit sowie die erforderliche Sachkunde des Projektleiters, insbesondere im Hinblick auf nachweisbare Kenntnisse in klassischer und molekularer Genetik, praktische Erfahrungen im Umgang mit Mikroorganismen und die erforderlichen Kenntnisse einschließlich der arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen über das Arbeiten in einer gentechnischen Anlage. (2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der Kommission durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Erreichung der in § 1 Nr. 1 genannten Zwecke zu bestimmen, 1. wie die Arbeitsstätte, die Betriebsanlagen und die technischen Arbeitsmittel bei den einzelnen Sicherheitsstufen beschaffen, eingerichtet und betrieben werden müssen, damit sie den gesicherten sicherheitstechnischen, arbeitsmedizinischen, hygienischen und sonstigen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen, die zum Schutz der Beschäftigten zu beachten und zur menschengerechten Gestaltung der Arbeit erforderlich sind; 2. die erforderlichen betrieblichen Maßnahmen, insbesondere a) wie das Arbeitsverfahren gestaltet sein muß, damit die Beschäftigten durch gentechnische Arbeiten oder eine Freisetzung nicht gefährdet werden, b) wie die Arbeitsbereiche überwacht werden müssen, um eine Kontamination durch gentechnisch veränderte Organismen festzustellen, c) wie gentechnisch veränderte Organismen innerbetrieblich aufbewahrt werden müssen und auf welche Gefahren hingewiesen werden muß, damit die Beschäftigten durch eine ungeeignete Aufbewahrung nicht gefährdet und durch Gefahrenhinweise über die von diesen Organismen ausgehenden Gefahren unterrichtet werden, d) welche Vorkehrungen getroffen werden müssen, damit gentechnisch veränderte Organismen nicht in die Hände Unbefugter gelangen oder sonst abhanden kommen, e) welche persönlichen Schutzausrüstungen zur Verfügung gestellt und von den Beschäftigten bestimmungsgemäß benutzt werden müssen, f) daß die Zahl der Beschäftigten, die mit gentechnisch veränderten Organismen umgehen, beschränkt und daß die Dauer einer solchen Beschäftigung begrenzt werden kann, g) wie sich die Beschäftigten verhalten müssen, damit sie sich selbst und andere nicht gefährden, und welche Maßnahmen zu treffen sind, h) unter welchen Umständen Zugangsbeschränkungen zum Schutz der Beschäftigten vorgesehen werden müssen; 3. daß und wie viele Beauftragte für die Biologische Sicherheit der Betreiber zu bestellen hat, die die Erfüllung der Aufgaben des Projektleiters überprüfen und die den Betreiber und die verantwortlichen Personen in allen Fragen der biologischen Sicherheit zu beraten haben, wie diese Aufgaben im einzelnen wahrzunehmen sind, welche Sachkunde für die Biologische Sicherheit nachzuweisen ist und auf welche Weise der Beauftragte oder die Beauftragten für die Biologische Sicherheit unter Beteiligung des Betriebs- oder Personalrates zu bestellen sind; 4. welche Kenntnisse und Fähigkeiten die mit gentechnischen Arbeiten oder einer Freisetzung Beschäftigten haben müssen und welche Nachweise hierüber zu erbringen sind; 5. wie und in welchen Zeitabständen die Beschäftigten über die Gefahren und Maßnahmen zu ihrer Abwendung zu unterweisen sind und wie den Beschäftigten der Inhalt der im Betrieb anzuwendenden Vorschriften in einer tätigkeitsbezogenen Betriebsanweisung unter Berücksichtigung von Sicherheitsratschlägen zur Kenntnis zu bringen ist; 6. welche Vorkehrungen zur Verhinderung von Betriebsunfällen und Betriebsstörungen sowie zur Begrenzung ihrer Auswirkungen für die Beschäftigten und welche Maßnahmen zur Organisation der Ersten Hilfe zu treffen sind; 7. daß und welche verantwortlichen Aufsichtspersonen zur Aufsicht über gentechnische Arbeiten und Freisetzungen sowie über andere Arbeiten im Gefahrenbereich bestellt und welche Befugnisse ihnen übertragen Nr. 28 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 23. Juni 1990 1091 werden müssen, damit die Arbeitsschutzaufgaben erfüllt werden können; 8. daß im Hinblick auf den Schutz der Beschäftigten vom Betreiber eine Gefahrenbeurteilung vorzunehmen und ein Plan zur Gefahrenabwehr aufzustellen sind, welche Unterlagen hierfür zu erstellen sind, und daß diese Unterlagen zur Überprüfung der Gefahrenbeurteilung sowie des Gefahrenabwehrplanes zur Einsichtnahme durch die zuständige Behörde bereitgehalten werden müssen; 9. daß die Beschäftigten gesundheitlich zu überwachen und hierüber Aufzeichnungen zu führen sind sowie zu diesem Zweck a) der Betreiber verpflichtet werden kann, die mit gentechnischen Arbeiten oder einer Freisetzung Beschäftigten ärztlich untersuchen zu lassen, b) der Arzt, der mit einer Vorsorgeuntersuchung beauftragt ist, im Zusammenhang mit dem Untersuchungsbefund bestimmte Pflichten zu erfüllen hat, insbesondere hinsichtlich des Inhalts einer von ihm auszustellenden Bescheinigung und der Unterrichtung und Beratung über das Ergebnis der Untersuchung, c) die zuständige Behörde entscheidet, wenn Feststellungen des Arztes für unzutreffend gehalten werden, d) die in die Aufzeichnung aufzunehmenden Daten den Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung oder einer von ihnen beauftragten Stelle zum Zweck der Ermittlung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren oder Berufskrankheiten übermittelt werden; 10. daß der Arbeitgeber dem Betriebs- oder Personalrat Vorgänge mitzuteilen hat, die dieser erfahren muß, um seine Aufgaben erfüllen zu können; 11. daß die zuständigen Landesbehörden ermächtigt werden, zur Durchführung von Rechtsverordnungen bestimmte Anordnungen im Einzelfall auch gegen Aufsichtspersonen und sonstige Beschäftigte insbesondere bei Gefahr im Verzug zu erlassen; 12. daß bei der Beendigung einer gentechnischen Arbeit oder einer Freisetzung bestimmte Vorkehrungen zu treffen sind; 13. daß die Beförderung von gentechnisch veränderten Organismen von der Einhaltung bestimmter Vorsichtsmaßregeln abhängig zu machen ist; 14. daß und wie zur Ordnung des Verkehrs und des Umgangs mit Produkten, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen, die Produkte zu verpacken und zu kennzeichnen sind, insbesondere daß Angaben über die gentechnischen Veränderungen und über die vertretbaren schädlichen Einwirkungen im Sinne des § 16 Abs. 2 zu machen sind, soweit dies zum Schutz des Anwenders erforderlich ist; 15. welchen Inhalt und welche Form die Anmelde- und Antragsunterlagen nach § 11 Abs. 2 bis 4, § 12 Abs. 3 und § 15 haben müssen, insbesondere an welchen Kriterien die Bewertung auszurichten ist, sowie die Einzelheiten des Anmelde- und Genehmigungsverfahrens; 16. daß die zuständige Behörde Notfallpläne zu erstellen und sie dem Bundesgesundheitsamt zuzuleiten hat, die Personen, die von einem Unfall betroffen werden können, sowie die Öffentlichkeit über Sicherheitsmaßnahmen zu unterrichten und dem Bundesgesundheitsamt die vom Betreiber im Falle eines Unfalls getroffenen Maßnahmen zu melden hat. (3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, soweit es zum Schutz von Leben und Gesundheit von Beschäftigten erforderlich ist, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, daß die Regelungen, die nach Absatz 2 erlassen werden, auch auf den Umgang mit anderen biologischen Arbeitsstoffen Anwendung finden. Durch Rechtsverordnung nach Satz 1 kann auch bestimmt werden, 1. wie die mit dem Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen verbundenen Risiken zu ermitteln und zu bewerten sind und wie eine Zuordnung zu Sicherheitsstufen entsprechend § 7 Abs. 2 vorzunehmen ist, 2. daß Arbeiten, bei denen Beschäftigte besonderen Gefahren durch biologische Arbeitsstoffe ausgesetzt sind oder bei denen solche Gefahren zu besorgen sind, der zuständigen Behörde angezeigt oder von ihr genehmigt werden müssen. (4) Wegen der Anforderungen nach den Absätzen 1 und 2 kann auf jedermann zugängliche Bekanntmachungen sachverständiger Stellen verwiesen werden; hierbei ist 1. in der Rechtsverordnung das Datum der Bekanntmachung anzugeben und die Bezugsquelle genau zu bezeichnen, 2. die Bekanntmachung beim Bundesgesundheitsamt archivmäßig gesichert niederzulegen und in der Rechtsverordnung darauf hinzuweisen. (5) Die Bundesregierung kann nach Anhörung der Kommission mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen. §31 Zuständige Behörden Die zur Ausführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden bestimmt die nach Landesrecht zuständige Stelle, mangels einer solchen Bestimmung die Landesregierung; diese kann die Ermächtigung weiter übertragen. Fünfter Teil Haftungsvorschriften §32 Haftung (1) Wird infolge von Eigenschaften eines Organismus, die auf gentechnischen Arbeiten beruhen, jemand getötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Betreiber verpflichtet, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. (2) Sind für denselben Schaden mehrere Betreiber zum Schadensersatz verpflichtet, so haften sie als Gesamt- 1092 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1990, Teil l Schuldner. Im Verhältnis der Ersatzpflichtigen zueinander hängt, soweit nichts anderes bestimmt ist, die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist; im übrigen gelten die §§ 421 bis 425 sowie § 426 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (3) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt, so gilt § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs; im Falle der Sachbeschädigung steht das Verschulden desjenigen, der die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, dem Verschulden des Geschädigten gleich. Die Haftung des Betreibers wird nicht gemindert, wenn der Schaden zugleich durch die Handlung eines Dritten verursacht worden ist; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. (4) Im Falle der Tötung ist Ersatz der Kosten der versuchten Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Getötete dadurch erlitten hat, daß während der Krankheit seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert war oder seine Bedürfnisse vermehrt waren. Der Ersatzpflichtige hat außerdem die Kosten der Beerdigung demjenigen zu ersetzen, der diese Kosten zu tragen hat. Stand der Getötete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem Verhältnis, aus dem er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte und ist dem Dritten infolge der Tötung das Recht auf Unterhalt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten insoweit Schadensersatz zu leisten, als der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen wäre. Die Ersatzpflicht tritt auch ein, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung gezeugt, aber noch nicht geboren war. (5) Im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit ist Ersatz der Kosten der Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Verletzte dadurch erleidet, daß infolge der Verletzung seine Erwerbsfähigkeit zeitweise oder dauernd aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten ist. (6) Der Schadensersatz wegen Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit und wegen vermehrter Bedürfnisse des Verletzten sowie der nach Absatz 4 Sätze 3 und 4 einem Dritten zu gewährende Schadensersatz ist für die Zukunft durch eine Geldrente zu leisten. § 843 Abs. 2 bis 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist entsprechend anzuwenden. (7) Stellt die Beschädigung einer Sache auch eine Beeinträchtigung der Natur oder der Landschaft dar, so ist, soweit der Geschädigte den Zustand herstellt, der bestehen würde, wenn die Beeinträchtigung nicht eingetreten wäre, § 251 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit der Maßgabe anzuwenden, daß Aufwendungen für die Wiederherstellung des vorherigen Zustandes nicht allein deshalb unverhältnismäßig sind, weil sie den Wert der Sache erheblich übersteigen. Für die erforderlichen Aufwendungen hat der Schädiger auf Verlangen des Ersatzberechtigten Vorschuß zu leisten. (8) Auf die Verjährung finden die für unerlaubte Handlungen geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. §33 Haftungshöchstbetrag Sind infolge von Eigenschaften eines Organismus, die auf gentechnischen Arbeiten beruhen, Schäden verursacht worden, so haftet der Betreiber im Falle des § 32 den Geschädigten bis zu einem Höchstbetrag von einhundertsechzig Millionen Deutsche Mark. Übersteigen die mehreren auf Grund desselben Schadensereignisses zu leistenden Entschädigungen den in Satz 1 bezeichneten Höchstbetrag, so verringern sich die einzelnen Entschädigungen in dem Verhältnis, in dem ihr Gesamtbetrag zu dem Höchstbetrag steht. §34 Ursachenvermutung (1) Ist der Schaden durch gentechnisch veränderte Organismen verursacht worden, so wird vermutet, daß er durch Eigenschaften dieser Organismen verursacht wurde, die auf gentechnischen Arbeiten beruhen. (2) Die Vermutung ist entkräftet, wenn es wahrscheinlich ist, daß der Schaden auf anderen Eigenschaften dieser Organismen beruht. §35 Auskunftsansprüche des Geschädigten (1) Liegen Tatsachen vor, die die Annahme begründen, daß ein Personen- oder Sachschaden auf gentechnischen Arbeiten eines Betreibers beruht, so ist dieser verpflichtet, auf Verlangen des Geschädigten über die Art und den Ablauf der in der gentechnischen Anlage durchgeführten oder einer Freisetzung zugrundeliegenden gentechnischen Arbeiten Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung, ob ein Anspruch nach § 32 besteht, erforderlich ist. Die §§ 259 bis 261 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind entsprechend anzuwenden. (2) Ein Auskunftsanspruch besteht unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 auch gegenüber den Behörden, die für die Anmeldung, die Erteilung einer Genehmigung oder die Überwachung zuständig sind. (3) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 bestehen insoweit nicht, als die Vorgänge auf Grund gesetzlicher Vorschriften geheimzuhalten sind oder die Geheimhaltung einem überwiegenden Interesse des Betreibers oder eines Dritten entspricht. §36 Deckungsvorsorge (1) Die Bundesregierung wird in einer Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, daß die Betreiber von gentechnischen Anlagen, in denen gentechnische Arbeiten der Sicherheitsstufen 2 bis 4 durchgeführt werden sollen, und von Freisetzungen verpflichtet sind, zur Deckung der Schäden Vorsorge zu treffen, die durch Eigenschaften eines Organismus, die auf gentechnischen Arbeiten beruhen, verursacht werden (Deckungsvorsorge). Die Rechtsverordnung muß nähere Vorschriften enthalten über den Umfang und die Höhe der Deckungsvorsorge sowie über die für die Überwachung der Dek-kungsvorsorge zuständigen Stellen und deren Verfahren und Befugnisse bei der Überwachung der Deckungsvorsorge. Nr. 28 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 23. Juni 1990 1093 (2) Die Deckungsvorsorge kann insbesondere erbracht werden 1. durch eine Haftpflichtversicherung bei einem im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmen oder 2. durch eine Freistellungs- oder Gewährleistungsverpflichtung des Bundes oder eines Landes. In der Rechtsverordnung nach Absatz 1 können auch andere Arten der Deckungsvorsorge zugelassen werden, insbesondere Freistellungs- oder Gewährleistungsverpflichtungen von Kreditinstituten, sofern sie vergleichbare Sicherheiten wie eine Deckungsvorsorge nach Satz 1 bieten. (3) Von der Pflicht zur Deckungsvorsorge sind befreit 1. die Bundesrepublik Deutschland, 2. die Länder und 3. juristische Personen des öffentlichen Rechts. §37 Haftung nach anderen Rechtsvorschriften (1) Wird infolge der Anwendung eines zum Gebrauch bei Menschen bestimmten Arzneimittels, das im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes an den Verbraucher abgegeben wurde und der Pflicht zur Zulassung unterliegt oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung befreit worden ist, jemand getötet oder an Körper oder Gesundheit verletzt, so sind die §§ 32 bis 36 nicht anzuwenden. (2) Das gleiche gilt, wenn Produkte, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen, auf Grund einer Genehmigung nach § 16 Abs. 2 oder einer Zulassung oder Genehmigung nach anderen Rechtsvorschriften im Sinne des § 2 Nr. 4 zweiter Halbsatz in den Verkehr gebracht werden. In diesem Fall finden für die Haftung desjenigen Herstellers, dem die Zulassung oder Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt worden ist, § 1 Abs. 2 Nr. 5 und § 2 Satz 2 des Produkthaftungsgesetzes keine Anwendung, wenn der Produktfehler auf gentechnischen Arbeiten beruht. (3) Eine Haftung auf Grund anderer Vorschriften bleibt unberührt. Sechster Teil Straf- und Bußgeldvorschriften §38 Bußgeldvorschriften (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. entgegen § 6 Abs. 3 Satz 1 Aufzeichnungen nicht führt, 2. entgegen § 8 Abs. 1 Satz 1 gentechnische Arbeiten durchführt, 3. ohne Genehmigung nach § 8 Abs. 1 Satz 2 eine gentechnische Anlage errichtet, 4. ohne Genehmigung nach § 8 Abs. 4 die Lage, die Beschaffenheit oder den Betrieb einer gentechnischen Anlage wesentlich ändert, 5. entgegen § 8 Abs. 2, § 9 Abs. 1 oder § 10 Abs. 1 gentechnische Arbeiten nicht oder nicht rechtzeitig anmeldet, 6. ohne Genehmigung nach § 9 Abs. 2 oder § 10 Abs. 2 oder 3 gentechnische Arbeiten durchführt, 7. ohne Genehmigung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 oder 3 Produkte, die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen, in den Verkehr bringt, 8. einer vollziehbaren Auflage nach § 19 Satz 2 oder einer vollziehbaren Anordnung nach § 26 zuwiderhandelt, 9. entgegen § 21 Abs. 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2 oder Absatz 2, 3, 4 oder 5, eine Anzeige nicht, nicht rechtzeitig oder nicht richtig erstattet, 10. entgegen § 25 Abs. 2 eine Auskunft nicht, nicht rechtzeitig, nicht vollständig oder nicht richtig erteilt, 11. einer in § 25 Abs. 3 Satz 3 genannten Verpflichtung zuwiderhandelt oder 12. einer Rechtsverordnung nach § 6 Abs. 3 Satz 2, § 7 Abs. 2 Satz 2 oder § 30 Abs. 2 Nr. 1 bis 14 oder Abs. 3 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu einhunderttausend Deutsche Mark geahndet werden. (3) Soweit dieses Gesetz von Bundesbehörden ausgeführt wird, ist Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten die nach Landesrecht zuständige Behörde. §39 Strafvorschriften (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einer Rechtsverordnung nach § 36 Abs. 1 Satz 1 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist. (2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. ohne Genehmigung nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 gentechnisch veränderte Organismen freisetzt oder 2. ohne Genehmigung nach § 8 Abs. 1 Satz 2 eine gentechnische Anlage betreibt. (3) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer durch eine in Absatz 2 oder eine in § 38 Abs. 1 Nr. 2,8, 9 oder 12 bezeichnete Handlung Leib oder Leben eines anderen, fremde Sachen von bedeutendem Wert oder Bestandteile des Naturhaushalts von erheblicher ökologischer Bedeutung gefährdet. (4) In den Fällen der Absätze 2 und 3 ist der Versuch strafbar. (5) Wer in den Fällen des Absatzes 2 fahrlässig handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. (6) Wer in den Fällen des Absatzes 3 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. 1094 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1990, Teil I (7) Wer in den Fällen des Absatzes 3 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Siebter Teil Übergangs- und Schlußvorschriften §40 Beteiligung des Bundestages beim Erlaß von Rechtsverordnungen (1) Rechtsverordnungen nach den §§ 7 und 14 Abs. 4 dieses Gesetzes sind dem Bundestag zuzuleiten. Die Zuleitung erfolgt vor der Zuleitung an den Bundesrat. Die Rechtsverordnungen können durch Beschluß des Bundestages geändert oder abgelehnt werden. Der Beschluß des Bundestages wird der Bundesregierung zugeleitet. Hat sich der Bundestag nach Ablauf von drei Sitzungswochen seit Eingang der Rechtsverordnung nicht mit ihr befaßt, so wird die unveränderte Rechtsverordnung dem Bundesrat zugeleitet. (2) Absatz 1 gilt nicht für Rechtsverordnungen nach den §§ 7 und 14 Abs. 4, die dem Bundesrat vor Inkrafttreten dieses Gesetzes zugeleitet worden sind. Sie sind unverzüglich aufzuheben, soweit es der Bundestag binnen vier Monaten nach ihrer Verkündung verlangt. §41 Übergangsregelung (1) Für gentechnische Arbeiten, die bei Inkrafttreten der Vorschriften dieses Gesetzes über Anmeldungen und Genehmigungspfiichten in einem nach den "Richtlinien zum Schutz vor Gefahren durch in-vitro neukombinierte Nukleinsäuren" (Gen-Richtlinien) registrierten Genlabor durchgeführt werden durften und die nach den Vorschriften dieses Gesetzes nur in genehmigten oder angemeldeten gentechnischen Anlagen durchgeführt werden dürfen, angemeldet werden müssen oder einer Genehmigung bedürfen, gilt die Anmeldung als erfolgt oder die Genehmigung als erteilt. Die durch Satz 1 erfaßten Betreiber haben der zuständigen Überwachungsbehörde innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Inkrafttreten der Vorschriften dieses Gesetzes über Anmeldungen und Genehmigungspflichten das Vorliegen eines Registrierungsbescheides des Bundesgesundheitsamtes sowie eine nach den Gen-Richtlinien erforderliche Zustimmung der Kommission oder des Bundesgesundheitsamtes zu gentechnischen Arbeiten oder Freisetzungen nachzuweisen. (2) Eine Genehmigung, die vor dem Inkrafttreten der Vorschriften dieses Gesetzes über Anmeldungen sowie Genehmigungspflichten nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz erteilt worden ist, gilt im bisherigen Umfang als Anmeldung oder Genehmigung im Sinne dieses Gesetzes fort. (3) Auf bereits begonnene Verfahren finden die Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in Verbindung mit Nummer 4.11 des Anhangs zur Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen vom 24. Juli 1985 (BGBl. I S. 1586), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 15. Juli 1988 (BGBl. I S. 1059), weiterhin Anwendung. Nach Wahl des Antragstellers können bereits begonnene Verfahren auch nach den Vorschriften dieses Gesetzes und der auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften zu Ende geführt werden. (4) § 19 findet entsprechende Anwendung. (5) Die Kommission in der Zusammensetzung nach § 4 Abs. 1 ist bis zum 30. Juni 1991 zu berufen. Bis zu dieser Berufung werden die sich aus diesem Gesetz ergebenden Aufgaben der Kommission, insbesondere die Anhörung beim Erlaß von Rechtsverordnungen, von der gegenwärtigen Kommission nach Nummer 24 der Gen-Richtlinien wahrgenommen. Die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes vollzogenen Berufungen gelten fort. §42 Berlin-Klausel Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes auch im Land Berlin. Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes. Artikel 2 Änderung der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen Die Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen vom 24. Juli 1985 (BGBl. I S. 1586), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 15. Juli 1988 (BGBl. I S. 1059), wird wie folgt geändert: 1. In § 1 Abs. 1 Satz 2 werden die Zahlen "4.11" gestrichen. 2. In Nummer 4.3 des Anhangs wird in Buchstabe c der letzte Halbsatz "Nummer 4.11 bleibt unberührt" gestrichen. 3. Nummer 4.11 des Anhangs wird gestrichen. Artikel 3 Änderung der Abwasserherkunftsverordnung Die Abwasserherkunftsverordnung vom 3. Juli 1987 (BGBl. I S. 1578) wird wie folgt geändert: In § 1 Nr. 10 wird Buchstabe h gestrichen. Artikel 4 Änderung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 12. Februar 1990 (BGBl. IS. 205), geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 11. Mai 1990 (BGBl. I S. 870), wird wie folgt geändert: Nr. 28 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 23. Juni 1990 1095 1. Im Anhang zu Nummer 1 der Anlage zu § 3 wird die Nummer 17 gestrichen. 2. Die bisherigen Nummern 18 bis 26 des Anhangs zu Nummer 1 der Anlage zu § 3 werden Nummern 17 bis 25. Artikel 5 Änderung des Tierschutzgesetzes Das Tierschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. August 1986 (BGBl. I S. 1319) wird wie folgt geändert: § 7 Abs. 1 Satz 1 wird wie folgt neu gefaßt: "(1) Tierversuche im Sinne dieses Gesetzes sind Eingriffe oder Behandlungen zu Versuchszwecken 1. an Tieren, wenn sie mit Schmerzen, Leiden oder Schäden für diese Tiere oder 2. am Erbgut von Tieren, wenn sie mit Schmerzen, Leiden oder Schäden für die erbgutveränderten Tiere oder deren Trägertiere verbunden sein können." Artikel 6 Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang Die durch die Artikel 2 und 3 geänderten Rechtsverordnungen können im Rahmen der jeweils einschlägigen Ermächtigung weiterhin durch Rechtsverordnung geändert oder aufgehoben werden. Artikel 7 Berlin-Klausel Dieses Gesetz gilt nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 des Dritten Überleitungsgesetzes auch im Land Berlin. Artikel 8 Inkrafttreten Die Vorschriften dieses Gesetzes, die zum Erlaß von Rechtsverordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften ermächtigen, treten am Tage nach der Verkündung in Kraft. Im übrigen tritt das Gesetz am 1. Juli 1990 in Kraft. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und wird im Bundesgesetzblatt verkündet. Bonn, den 20. Juni 1990 Der Bundespräsident Weizsäcker Der Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl Der Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Ursula Lehr Der Bundesminister der Justiz Engelhard Der Bundesminister für Wirtschaft H. Haussmann Der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten I. Kiechle Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung Norbert Blüm Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Klaus Töpfer Der Bundesminister für Forschung und Technologie Heinz Riesenhuber