Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1994  Nr. 75 vom 03.11.1994  - Seite 3146 bis 3148 - Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 3, 20a, 28, 29, 72, 74, 75, 76, 77, 80, 87, 93, 118a und 125a)

Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 3, 20a, 28, 29, 72, 74, 75, 76, 77, 80, 87, 93, 118a und 125a) 3146 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1994, Teil I Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 3,20a, 28,29,72,74,75,76,77,80,87,93,118a und 125a) Vom 27. Oktober 1994 Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen; Artikel 79 Abs. 2 des Grundgesetzes ist eingehalten: Artikel 1 Änderung des Grundgesetzes Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Gesetz vom 30. August 1994 (BGBl. I S. 2245), wird wie folgt geändert: 1. Artikel 3 wird wie folgt geändert: a) Dem Absatz 2 wird folgender Satz 2 angefügt: "Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin." b) Dem Absatz 3 wird folgender Satz 2 angefügt: "Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden." 2. Nach Artikel 20 wird folgender Artikel 20a eingefügt: "Artikel 20a Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung." 3. Dem Artikel 28 Abs. 2 wird folgender Satz 3 angefügt: "Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung." 4. Artikel 29 wird wie folgt geändert: a) In Absatz 7 Satz 1 wird die Zahl "10 000" durch die Zahl "50 000" ersetzt. b) Nach Absatz 7 wird folgender Absatz 8 angefügt: "(8) Die Länder können eine Neugliederung für das jeweils von ihnen umfaßte Gebiet oder für Teilgebiete abweichend von den Vorschriften der Absätze 2 bis 7 durch Staatsvertrag regeln. Die betroffenen Gemeinden und Kreise sind zu hören. Der Staatsvertrag bedarf der Bestätigung durch Volksentscheid in jedem beteiligten Land. Betrifft der Staatsvertrag Teilgebiete der Länder, kann die Bestätigung auf Volksentscheide in diesen Teilgebieten beschränkt werden; Satz 5 zweiter Halbsatz findet keine Anwendung. Bei einem Volksentscheid entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sie mindestens ein Viertel der zum Bundestag Wahlberechtigten umfaßt; das Nähere regelt ein Bundesgesetz. Der Staatsvertrag bedarf der Zustimmung des Bundestages." 5. Artikel 72 wird wie folgt gefaßt: "Artikel 72 (1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. (2) Der Bund hat in diesem Bereich das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht. (3) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann." 6. Artikel 74 wird wie folgt geändert: a) Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1 und wie folgt geändert: aa) Die Nummern 5 und 8 werden aufgehoben. bb) In Nummer 18 wird nach den Wörtern "das Bodenrecht" der Klammerzusatz "(ohne das Recht der Erschließungsbeiträge)" eingefügt. cc) In Nummer 24 wird der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt. dd) Nach Nummer 24 werden folgende Nummern 25 und 26 angefügt: "25. die Staatshaftung; 26. die künstliche Befruchtung beim Menschen, die Untersuchung und die künstliche Veränderung von Erbinformationen sowie Regelungen zur Transplantation von Organen und Geweben." b) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 2 angefügt: "(2) Gesetze nach Absatz 1 Nr. 25 bedürfen der Zustimmung des Bundesrates." Nr. 75 - Tag der Ausgabe: Bonn, den 3. November 1994 3147 7. Artikel 75 wird wie folgt geändert: a) Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1 und wie folgt geändert: aa) Im Eingangssatz werden nach dem Wort "Rahmenvorschriften" die Wörter "für die Gesetzgebung der Länder" eingefügt. bb) In Nummer 2 werden die Wörter "und des Films" gestrichen. cc) In Nummer 5 wird der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt. dd) Nach Nummer 5 wird folgende Nummer 6 angefügt: "6. den Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung ins Ausland." ee) Nach Satz 1 wird folgender Satz 2 angefügt: "Artikel 72 Abs. 3 gilt entsprechend." b) Nach Absatz 1 werden folgende Absätze 2 und 3 angefügt: "(2) Rahmenvorschriften dürfen nur in Ausnahmefällen in Einzelheiten gehende oder unmittelbar geltende Regelungen enthalten. (3) Erläßt der Bund Rahmenvorschriften, so sind die Länder verpflichtet, innerhalb einer durch das Gesetz bestimmten angemessenen Frist die erforderlichen Landesgesetze zu erlassen." 8. Artikel 76 Abs. 2 und 3 wird wie folgt gefaßt: "(2) Vorlagen der Bundesregierung sind zunächst dem Bundesrat zuzuleiten. Der Bundesrat ist berechtigt, innerhalb von sechs Wochen zu diesen Vorlagen Stellung zu nehmen. Verlangt er aus wichtigem Grunde, insbesondere mit Rücksicht auf den Umfang einer Vorlage, eine Fristverlängerung, so beträgt die Frist neun Wochen. Die Bundesregierung kann eine Vorlage, die sie bei der Zuleitung an den Bundesrat ausnahmsweise als besonders eilbedürftig bezeichnet hat, nach drei Wochen oder, wenn der Bundesrat ein Verlangen nach Satz 3 geäußert hat, nach sechs Wochen dem Bundestag zuleiten, auch wenn die Stellungnahme des Bundesrates noch nicht bei ihr eingegangen ist; sie hat die Stellungnahme des Bundesrates unverzüglich nach Eingang dem Bundestag nachzureichen. Bei Vorlagen zur Änderung dieses Grundgesetzes und zur Übertragung von Hoheitsrechten nach Artikel 23 oder Artikel 24 beträgt die Frist zur Stellungnahme neun Wochen; Satz 4 findet keine Anwendung. (3) Vorlagen des Bundesrates sind dem Bundestag durch die Bundesregierung innerhalb von sechs Wochen zuzuleiten. Sie soll hierbei ihre Auffassung darlegen. Verlangt sie aus wichtigem Grunde, insbesondere mit Rücksicht auf den Umfang einer Vorlage, eine Fristverlängerung, so beträgt die Frist neun Wochen. Wenn der Bundesrat eine Vortage ausnahmsweise als besonders eilbedüftig bezeichnet hat, beträgt die Frist drei Wochen oder, wenn die Bundesregierung ein Verlangen nach Satz 3 geäußert hat, sechs Wochen. Bei Vorlagen zur Änderung dieses Grundgesetzes und zur Übertragung von Hoheitsrechten nach Artikel 23 oder Artikel 24 beträgt die Frist neun Wochen; Satz 4 findet keine Anwendung. Der Bundestag hat über die Vorlagen in angemessener Frist zu beraten und Beschluß zu fassen." 9. In Artikel 77 wird nach Absatz 2 folgender Absatz 2a eingefügt: "(2a) Soweit zu einem Gesetz die Zustimmung des Bundesrates erforderlich ist, hat der Bundesrat, wenn ein Verlangen nach Absatz 2 Satz 1 nicht gestellt oder das Vermittlungsverfahren ohne einen Vorschlag zur Änderung des Gesetzesbeschlusses beendet ist, in angemessener Frist über die Zustimmung Beschluß zu fassen." 11. Dem Artikel 87 Abs. 2 wird folgender Satz 2 angefügt: "Soziale Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes, aber nicht über mehr als drei Länder hinaus erstreckt, werden abweichend von Satz 1 als landesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechtes geführt, wenn das aufsichtsführende Land durch die beteiligten Länder bestimmt ist." 12. In Artikel 93 Abs. 1 wird nach Nummer 2 folgende Nummer 2a eingefügt: "2a. bei Meinungsverschiedenheiten, ob ein Gesetz den Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 entspricht, auf Antrag des Bundesrates, einer Landesregierung oder der Volksvertretung eines Landes;". 13. Nach Artikel 118 wird folgender Artikel 118a eingefügt: "Artikel 118a Die Neugliederung in dem die Länder Berlin und Brandenburg umfassenden Gebiet kann abweichend von den Vorschriften des Artikels 29 unter Beteiligung ihrer Wahlberechtigten durch Vereinbarung beider Länder erfolgen." 14. Nach Artikel 125 wird folgender Artikel 125a eingefügt: "Artikel 125a (1) Recht, das als Bundesrecht erlassen worden ist, aber wegen Änderung des Artikels 74 Abs. 1 oder des Artikels 75 Abs. 1 nicht mehr als Bundesrecht erlassen werden könnte, gilt als Bundesrecht fort. Es kann durch Landesrecht ersetzt werden. (2) Recht, das auf Grund des Artikels 72 Abs. 2 in der bis zum 15. November 1994 geltenden Fassung erlassen worden ist, gilt als Bundesrecht fort. Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß es durch 10. Dem Artikel 80 werden folgende Absätze 3 und 4 angefügt: "(3) Der Bundesrat kann der Bundesregierung Vorlagen für den Erlaß von Rechtsverordnungen zuleiten, die seiner Zustimmung bedürfen. (4) Soweit durch Bundesgesetz oder auf Grund von Bundesgesetzen Landesregierungen ermächtigt werden, Rechtsverordnungen zu erlassen, sind die Länder zu einer Regelung auch durch Gesetz befugt." 11. 12. 3148 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1994, Teil I Landesrecht ersetzt werden kann. Entsprechendes gilt für Bundesrecht, das vor diesem Zeitpunkt erlassen worden ist und das nach Artikel 75 Abs. 2 nicht mehr erlassen werden könnte." Artikel 2 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am 15. November 1994 in Kraft. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und wird im Bundesgesetzblatt verkündet. Berlin, den 27. Oktober 1994 Der Bundespräsident Roman Herzog Der Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl Der Bundesminister des Innern Kanther Die Bundesministerin der Justiz S. Letitheusser-Schnarrenberger Der Bundesminister der Finanzen Theo Waigel