Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1996  Nr. 53 vom 31.10.1996  - Seite 1568 bis 1570 - Verordnung über besondere Netzzugänge (Netzzugangsverordnung - NZV)

Verordnung über besondere Netzzugänge (Netzzugangsverordnung – NZV) 1568 Bundesgesetzblatt Jahrgang 1996 Teil I Nr. 53, ausgegeben zu Bonn am 31. Oktober 1996 Verordnung über besondere Netzzugänge (Netzzugangsverordnung - NZV) Vom 23. Oktober 1996 Auf Grund des § 35 Abs. 5 und des § 37 Abs. 3 des Telekommunikationsgesetzes vom 25. Juli 1996 (BGBl. I S. 1120) verordnet die Bundesregierung: Erster Abschnitt Allgemeine Bestimmungen §1 Geltungsbereich (1) Diese Verordnung regelt, in welcher Weise ein besonderer Netzzugang einschließlich der Zusammenschaltung zu ermöglichen ist (§ 35 Abs. 5 des Gesetzes) und die erforderlichen Einzelheiten der Zusammenschal-tungsanordnung (§ 37 Abs. 3 des Gesetzes). (2) Ein besonderer Netzzugang ermöglicht die Inanspruchnahme von Leistungen gemäß § 35 Abs. 1 des Gesetzes durch Nutzer im Sinne des § 35 Abs. 3 des Gesetzes, die diese Leistungen als Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen oder als Betreiber von Telekommunikationsnetzen nachfragen, um Telekommunikationsdienstleistungen anzubieten. Die Zusammenschaltung von Telekommunikationsnetzen ist ein besonderer Netzzugang in diesem Sinne. §2 Entbündelungsgebot Der Betreiber eines Telekommunikationsnetzes nach § 35 Abs. 1 des Gesetzes muß Leistungen gemäß § 33 Abs. 1 des Gesetzes einschließlich der jeweils erforderlichen übertragungs-, vermittlungs- und betriebstechnischen Schnittstellen in einer Weise anbieten, daß keine Leistungen abgenommen werden müssen, die nicht nachgefragt werden. Er hat hierbei entbündelten Zugang zu allen Teilen seines Telekommunikationsnetzes einschließlich des entbündelten Zugangs zu den Teilnehmeranschlußleitungen zu gewähren. Die Verpflichtung zur Entbündelung besteht insoweit nicht, als der Betreiber Tatsachen nachweist, auf Grund derer diese Verpflichtung im Einzelfall sachlich nicht gerechtfertigt ist. §3 Räumlicher Zugang (Kollokation) (1) Ein Betreiber nach § 35 Abs. 1 des Gesetzes ist verpflichtet, die Nutzung einer Leistung nach § 2 räumlich an der übertragungs-, vermittlungs- oder betriebstechnischen Schnittstelle diskriminierungsfrei und zu den Bedingungen zu ermöglichen, die er sich selbst bei der Nutzung einer solchen Leistung einräumt. (2) Der Betreiber hat dieser Verpflichtung durch die Unterbringung der für die Nutzung der Leistung nach Absatz 1 erforderlichen Einrichtungen in seinen Räumen nachzukommen ("physische Kollokation") und dem Nutzer oder dessen Beauftragten jederzeit Zutritt zu diesen Einrichtungen zu gewähren, es sei denn, er weist Tatsachen nach, auf Grund derer dies sachlich nicht oder nicht mehr gerechtfertigt ist. In diesem Fall ist er verpflichtet, die Nutzung der Leistung nach Absatz 1 unter gleichwertigen wirtschaftlichen, technischen und betrieblichen Bedingungen zu ermöglichen ("virtuelle Kollokation"). §4 Informationspflichten Der Betreiber nach § 35 Abs. 1 des Gesetzes muß Nutzern im Sinne des § 35 Abs. 3 des Gesetzes auf Anfrage alle für die Inanspruchnahme von Leistungen nach § 1 Abs. 2 benötigten Informationen bereitstellen. Er muß dabei auch die bei den entsprechenden Leistungen in den nächsten sechs Monaten beabsichtigten Änderungen angeben. Zweiter Abschnitt Vereinbarungen über besondere Netzzugänge und Grundangebot §5 Vereinbarungen (1) Vereinbarungen über besondere Netzzugänge nach § 35 Abs. 2 des Gesetzes bedürfen der Schriftform. (2) Vereinbarungen nach Absatz 1 sollen sich insbesondere bei der Zusammenschaltung an den in der Anlage aufgeführten Gegenständen ausrichten. §6 Vorlagepflicht und Veröffentlichung <1) Vereinbarungen nach § 5, an denen ein Betreiber nach § 35 Abs. 1 des Gesetzes beteiligt ist, müssen der Regulierungsbehörde von dem Betreiber unverzüglich nach ihrem Abschluß vorgelegt werden. (2) Jeder an einer solchen Vereinbarung Beteiligte kann bei deren Vorlage Bestimmungen kennzeichnen, die Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten. In diesem Fall muß er zusätzlich eine Fassung der Vereinbarung vorlegen, die aus seiner Sicht ohne Preisgabe von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen nach Absatz 4 eingesehen werden kann. (3) Hält die Regulierungsbehörde die Kennzeichnung nach Absatz 2 Satz 1 für unberechtigt, so muß sie vor einer Entscheidung über die Gewährung von Einsichtnahme an Dritte die vorlegenden Personen hören. Sie kann die Einsicht danach auf die Fassung der Vereinbarung nach Absatz 2 Satz 2 beschränken. (4) Die Regulierungsbehörde veröffentlicht in ihrem Amtsblatt, wann und wo Nutzer nach § 1 Abs. 2 eine Vereinbarung nach Absatz 1 einsehen können. Bundesgesetzblatt Jahrgang 1996 Teil I Nr. 53, ausgegeben zu Bonn am 31. Oktober 1996 1569 (5) Die Regulierungsbehörde veröffentlicht in ihrem Amtsblatt die Bedingungen einer Vereinbarung nach Absatz 1, von denen zu erwarten ist, daß sie Bestandteil einer Vielzahl von Vereinbarungen nach Absatz 1 sein werden (Grundangebot). Ein Betreiber nach § 35 Abs. 1 des Gesetzes ist verpflichtet, dieses Grundangebot in seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzunehmen. §7 Vertraulichkeit von Informationen Informationen, die von Verhandlungspartnern im Zusammenhang mit Vereinbarungen nach § 5 gewonnen werden, dürfen nur für die Zwecke verwendet werden, für die sie bereitgestellt werden. Die Informationen dürfen insbesondere nicht an andere Abteilungen, Tochtergesellschaften oder Partnerunternehmen der an den Verhandlungen Beteiligten weitergegeben werden, die aus solchen Informationen Wettbewerbsvorteile ziehen könnten. §8 Schlichtung Bei Streitigkeiten im Rahmen von Verhandlungen über Vereinbarungen über besondere Netzzugänge, an denen ein Betreiber nach § 35 Abs. 1 des Gesetzes beteiligt ist, können die Beteiligten gemeinsam die Regulierungsbehörde zur Schlichtung anrufen. Die Regulierungsbehörde entscheidet unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen über das Anrufungsbegehren. Dritter Abschnitt Anordnung der Zusammenschaltung §9 Zusammenschaltungsanordnung (1) Kommt zwischen den Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze eine Vereinbarung über Zusammenschaltung nicht zustande (§ 37 Abs. 1 des Gesetzes), kann jeder der an der Zusammenschaltung Beteiligten die Regulierungsbehörde anrufen. (2) Die Anrufung muß schriftlich erfolgen; sie muß begründet werden. Insbesondere muß dargelegt werden, wann die Zusammenschaltung und welche Leistungen dabei nachgefragt worden sind und bei welchen Punkten keine Einigung erzielt worden ist. Die Anrufung ist widerrufbar. (3) Im Verfahren nach § 37 Abs. 1 des Gesetzes hat die Regulierungsbehörde die Anrufungsgründe zu beachten. (4) Bei einer Entscheidung nach § 37 Abs. 1 des Gesetzes hat die Regulierungsbehörde die Interessen der Nutzer sowie die unternehmerische Freiheit jedes Netzbetreibers zur Gestaltung seines Telekommunikationsnetzes zu berücksichtigen. (5) Die betroffenen Netzbetreiber müssen einer Anordnung nach § 37 Abs. 1 des Gesetzes innerhalb einer Frist von längstens drei Monaten nachkommen, es sei denn, daß dies aus technischen Gründen objektiv nicht möglich ist. (6) Die Regulierungsbehörde veröffentlicht die Zusammenschaltungsanordnung in ihrem Amtsblatt. § 6 Abs. 5 gilt entsprechend. Vierter Abschnitt Bußgeldvorschriften, Inkrafttreten §10 Bußgeldvorschriften Ordnungswidrig im Sinne des § 96 Abs. 1 Nr. 9 des Gesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. entgegen § 4 eine Information nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig bereitstellt oder 2. entgegen § 6 Abs. 1 eine Vereinbarung nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt. §11 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. Der Bundesrat hat zugestimmt. Bonn, den 23. Oktober 1996 Der Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl Der Bundesminister für Post und Telekommunikation Wolfgang Bötsch 1570 Bundesgesetzblatt Jahrgang 1996 Teil I Nr. 53, ausgegeben zu Bonn am 31. Oktober 1996 Anlage (zu § 5 Abs. 2) Bestandteile einer Vereinbarung über besondere Netzzugänge einschließlich der Zusammenschaltung a) Beschreibung der einzelnen Leistungen sowie Festlegung, wie und innerhalb welcher Frist diese bereitzustellen sind b) Zugang zu zusätzlichen Dienstleistungen (Hilfs-, Zusatz- und fortgeschrittene Dienstleistungen) c) Sicherstellung eines gleichwertigen Zugangs d) Standorte der Anschlußpunkte e) Gemeinsame Nutzung von Einrichtungen und Kollokation f) Technische Normen für den besonderen Netzzugang g) Interoperabilitätstests h) Verkehrs-/Netzmanagement i) Aufrechterhaltung und Qualitätssicherung der Dienstleistungen (einschließlich Entstörung) j) Festlegung der Entgelte und deren Laufzeit für die bereitzustellenden Leistungen und den Zugang zu zusätzlichen Dienstleistungen k) Zahlungsbedingungen einschließlich Abrechnungsverfahren I) Festlegung der Haftungs- und Schadensersatzpflichten m) Regelungen in bezug auf geistiges Eigentum n) Maßnahmen zur Erfüllung grundlegender Anforderungen o) Schulung des Personals p) Laufzeit und Neuaushandlung der Vereinbarung q) Verfahren für den Fall, daß Änderungen der Leistungen einer der Parteien vorgeschlagen werden r) Verfahren, die die Parteien einleiten, um eine Entscheidung der Regulierungsbehörde herbeizuführen s) Schutz der vertraulichen Teile der Vereinbarung