Bundesgesetzblatt  Bundesgesetzblatt Teil I  1952  Nr. 39 vom 25.09.1952  - Seite 625 bis 635 - Gesetz über das Bundesverwaltungsgericht

Gesetz über das Bundesverwaltungsgericht Bundesgesetzblatt 625 Teill 1952 Ausgegeben zu Bonn am 25. September 1952 Nr. 39 Tag 23. 9. 52 23. 9. 52 23. 9. 52 Inhalt: Seite Gesetz über das Bundesverwaltungsgericht . . .-.--.-.-. . . .--*•-. ............ 625 Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Umsiedlung von Heimatvertriebenen aus den Ländern Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein.............. 636 Bekanntmachung der Neufassung des Gesetzes zur Umsiedlung von Heimatvertriebenen aus den Ländern Bayern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein................ 637 In Teil II Nr. 16, ausgegeben am 19. September 1952, sind veröffentlicht: Gesetz über das Erste Berichtigungs- und Änderungsprotokoll zu den Zollzugeständnislisten des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT). – Bekanntmachung zum Ersten Berichtigungs- und Änderungsprotokoll zu den Zollzugeständnislisten des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT). Gesetz über das Bundesverwaltungsgericht. Vom 23. September 1952. Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: I. ABSCHNITT Gerichtsverfassung § 1 Errichtung des Bundesverwaltungsgerichts Als oberes Bundesgericht für die Verwaltungsgerichtsbarkeit wird das Bundesverwaltungsgericht in Berlin errichtet. § 2 Zusammensetzung (1) Das Bundesverwaltungsgericht besteht aus dem Präsidenten, Senatspräsidenten und weiteren Bundesrichtern. (2) Das Bundesverwaltungsgericht verhandelt und entscheidet in Senaten, die mit fünf Richtern einschließlich des Vorsitzenden, bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden besetzt sind. § 3 Ernennung der Bundesrichter (1) Der Präsident, die Senatspräsidenten und die weiteren Bundesrichter werden hauptamtlich auf Lebenszeit ernannt. (2) Die Richter müssen das fünfunddreißigste Lebensjahr vollendet haben und entweder auf Grund der vorgeschriebenen Prüfungen die Befähigung haben, hauptamtlich ein Richteramt an einem ordentlichen Gericht oder an einem allgemeinen Verwaltungsgericht zu bekleiden oder beamtete Hochschullehrer des öffentlichen Rechts sein oder gewesen sein. (3) Sie müssen ferner, nachdem sie eine der in Absatz 2 vorgeschriebenen Befähigungen erlangt haben, mindestens drei Jahre entweder a) im Dienste der Verwaltung des Deutschen Reichs, des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde oder einer anderen Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts oder b) als hauptamtliches Mitglied eines ordentlichen oder eines sonstigen Gerichts oder c) als Rechtsanwalt oder als Verwaltungsrechtsrat oder d) als bearntete Hochschullehrer des öffentlichen Rechts an einer anerkannten deutschen Hochschule tätig gewesen sein. (4) Der Präsident und mindestens die Hälfte der Senatspräsidenten und der weiteren Bundesrichter müssen drei Jahre Richter eines Verwaltungsgerichts gewesen sein. § 4 Präsidium (1) Das Präsidium besteht aus dem Präsidenten, den Senatspräsidenten und den beiden dem Dienstalter nach, bei gleichem Dienstalter der Geburt nach ältesten Bundesrichtern. Bei Abstimmungen entscheidet Stimmenmehrheit, bei Stimmengleichheit die Stimme des Präsidenten. (2) Nach der erstmaligen Besetzung des Bundesverwaltungsgerichts hat der Bundesminister des Innern vor der Ernennung eines Senatspr.asidenten oder Berufung eines Richters das Präsidium des Bundesverwaltungsgerichts zu hören. 626 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1952, Teil I § 3 Geschäftsverteilung (1) Das Präsidium bestimmt die Geschäftsverteilung für die Dauer eines Geschäftsjahres. Sie darf vor Ablauf der vorgesehenen Zeit nur geändert werden, wenn es wegen Überlastung eines Senats, wegen Ausscheidens, Neuernennung oder langdauernder Verhinderung eines Richters erforderlich ist. (2) Die Vorschriften der §§ 66, 67 und 69 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind entsprechend anzuwenden^ § 6 Geschäftsstelle Bei dem Bundesverwaltungsgericht wird eine Geschäftsstelle eingerichtet. Sie wird mit der erforderlichen Zahl von Urkundsbeamten besetzt. Die Einrichtung der Geschäftsstelle wird durch den Bundesminister des Innern bestimmt. § 7 Rechts- und Amtshilfe Alle Gerichte und Verwaltungsbehörden leisten dem Bundesverwaltungsgericht Rechts- und Amtshilfe. § 8 Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht (1) Beim Bundesverwaltungsgericht wird ein Oberbundesanwalt bestellt. Er muß die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 erfüllen. (2) Der Oberbundesanwalt kann sich zur Wahrung des öffentlichen Interesses an jedem vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren beteiligen. (3) Er ist an die Weisungen der Bundesregierung gebunden. II. ABSCHNITT • Zuständigkeitsregelung § 9 Zuständigkeit im ersten und letzten Rechtszug (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im ersten und letzten Rechtszug a) über die Anfechtung von Verwaltungsakten der obersten Bundesbehörden auf konsularischem Gebiet, in der Devisenbewirtschaftung, auf dem Gebiet der gewerblichen Wirtschaft und in der Aufsicht über das privatrechtliche Versicherungs- und Bausparwesen, in der Ernährungs-, Forst- und Holzwirtschaft, auf dem Gebiet des Arbeitsrechts sowie im Verkehrswesen und in der Wasserwirtschaft, b) über die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses, wenn der Rechtsstreit eines der im Buchstaben a bezeichneten Rechtsgebiete betrifft und das Bestehen oder Nichtbestehen des Rechtsverhältnisses von einer obersten Bundesbehörde bestritten wird, c) über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und den Ländern sowie zwischen verschiedenen Ländern, d) über den Antrag der Bundesregierung nach § 129 a des Strafgesetzbuchs auf Feststellung, daß eine Vereinigung gemäß Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes verboten ist, * e) über die Anfechtung von Verwaltüngs-akten solcher Bundesbehörden, die außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ihren Sitz haben und f) in den ihm sonst durch Bundesgesetz zugewiesenen Fällen (2) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Buchstaben a und b in der Sache selbst nur, wenn die Angelegenheit nach Umfang, Bedeutung oder Auswirkung über das Gebiet eines Landes hinausgeht oder von allgemeiner grundsätzlicher Bedeutung ist oder aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses einer alsbaldigen Entscheidung bedarf. Liegt keine dieser Voraussetzungen vor, so verweist es die Sache durch Beschluß an das örtlich zuständige allgemeine Verwaltungsgericht des ersten Rechtszuges. Der Oberbundesanwalt ist vor der Entscheidung zu hören. (3) Hält das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des Absatzes 1 Buchstabe c eine Streitigkeit für verfassungsrechtlich, so legt es die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet mit bindender Wirkung. (4) Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ist ausgeschlossen in Angelegenheiten, die durch Bundesgesetz anderen Gerichten zugewiesen sind. § 10 Zuständigkeit als Rechtsmittelinstanz Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach Maßgabe der §§ 53 bis 63 über die Revision a) gegen Endentscheidungen eines obersten allgemeinen Verwaltungsgerichts eines Landes, b) gegen Endentscheidungen eines allgemeinen Verwaltungsgerichts eines Landes im ersten Rechtszug. § 11 Zuständigkeit der allgemeinen Verwaltungsgerichte der Länder Der Verwaltungsakt einer Bundesbehörde, einer bundesunmittelbaren Körperschaft oder bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts kann, abgesehen von § 9, beim allgemeinen Verwaltungsgericht des ersten Rechtszuges angefochten werden, örtlich zuständig ist das Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk die Bundesbehörde oder die Körperschaft oder Anstalt ihren Sitz hat. Die gleiche Zuständigkeit besteht für die Feststellungsklage nach § 16, wenn das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses von einer dieser Behörden oder Stellen bestritten wird. Nr. 39 –¦ Tag der Ausgabe: Bonn, den 25. September 1952 627 III. ABSCHNITT Verfahren TEIL I Allgemeine Verfahrensvorschriften § 12 Hinweis auf einheitliche Verfahrensregel sing Bis zu einer einheitlichen Regelung des Verfahrens vor den Verwaltungsgerichten sind für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die nachstehenden Vorschriften anzuwenden. § 13 Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen (1) Für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen sind die §§ 41 bis 49 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. (2) Von der Ausübung des Richteramts ist auch ausgeschlossen, wer bei dem Verwaltungsakt, der den Gegenstand des Verfahrens bildet, oder bei dem Vorverfahren mitgewirkt hat. § 14 Öffentlichkeit und Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung Soweit, in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, sind die Titel 14 bis 16 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Öffentlichkeit und Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung auf das Verfahren entsprechend anzuwenden. § 15 Anfechtungsklage (1) Die Anfechtungsklage kann nur erheben, wer behauptet, durch einen Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. (2) Ermessensentscheidungen sind nur anfecht-r-bar, wenn geltend gemacht wird, daß das Ermessen überschritten oder mißbraucht worden sei. (3) Die Anfechtungsklage kann auch gegen die Unterlassung eines beantragten Verwaltungsakts erhoben werden, auf dessen Vornahme der Antragsteller ein Recht zu haben behauptet. Als Unterlassung gilt es, wenn ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden ist. Die Unterlassung ist dann einer Ablehnung gleichzu-achten. § 16 Feststellungsklage (1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse daran hat, daß das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. (2) Die Feststellungsklage ist ausgeschlossen, soweit die Anfechtungsklage gegen einen eine Feststellung enthaltenden Verwaltungsakt oder gegen die Versagung eines solchen Verwaltungsakts erhoben werden kann. § 17 Kein Ausschluß des Verwaltungsrechtswegs Eine Klage nach den §§15 und 16 wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß nach dem geltenden Recht eine Behörde endgültig entscheidet. § 18 Bekanntmachung der Entscheidungen und Verfügungen (1) Entscheidungen und Verfügungen sind zuzustellen, verkündete Entscheidungen jedoch nur in den gesetzlich bestimmten Fällen. (2) Die Zustellungen geschehen von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. § 19 Klagefrist (1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden. (2) Im Falle des § 15 Abs. 3 ist die Klage nicht vor Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig, es sei denn, daß wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist angemessen ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so kann das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aussetzen. Wird der beantragte Verwaltungsakt innerhalb der von dem Gericht gesetzten Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären. § 20 Fristberechnung Fristen werden nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung berechnet. § 21 Rechtsmittelbelehrung (1) Erläßt eine Bundesbehörde einen anfechtbaren Verwaltungsakt, so ist eine Erklärung anzufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Stelle, bei der der Rechtsbehelf einzulegen ist, und über die Frist belehrt wird. (2) Die Frist für einen Rechtsbehelf im Verfahren vor den Bundesbehörden und im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht beginnt nur zu laufen, wenn die Partei nach Absatz 1 über die Frist belehrt worden ist. (3) Nach Ablauf eines Jahres ist die Einlegung des Rechtsbehelfs ausgeschlossen, auch wenn keiie Belehrung nach Absatz 1 erfolgt ist, es sei denn, d^ß die Einlecjung des Rechtsbehelfs vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war. Die Vorschrift des § 22 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. 628 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1952, Teil I § 22 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (1) Wer glaubhaft macht, daß er ohne Verschulden verhindert gewesen ist, eine gesetzliche Frist einzuhalten, wird auf seinen Antrag wieder in den vorigen Stand eingesetzt. Mit dem Antrag muß die versäumte Handlung nachgeholt werden. (2) Die Wiedereinsetzung muß binnen eines Monats nach Beseitigung des Hindernisses beantragt werden. (3) über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nach Anhören der Parteien durch Beschluß entschieden. § 23 Parteien im Verfahren (1) Partei im Verfahren kann sein, wer nach bürgerlichem oder öffentlichem Recht Träger von Rechten oder Pflichten ist. (2) Der Bund sowie bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts werden von der Stelle vertreten, die den Verwai-tungsakt erlassen hat, im übrigen von der Stelle, die zum Erlaß des Verwaltungsakts zuständig ist. Bezüglich der Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände sowie Landesanstalten und -körperschaften des öffentlichen Rechts richtet sich die Vertretungsbefugnis nach Landesrecht. § 24 Prozeßbevollmächtigte und Beistände, Anwaltszwang (1) Die Parteien können sich in jeder Lage des Verfahrens durch Bevollmächtigte vertreten lassen. Die Vollmacht ist schriftlich zu erteilen oder zu bestätigen, sie kann nachgereicht werden; der Vorsitzende kann hierfür eine Frist bestimmen. (2) Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so sind die Zustellungen an ihn zu richten. (3) In der mündlichen Verhandlung können die Parteien auch in Begleitung von Beiständen erscheinen. (4) Als Bevollmächtigte und Beistände sind nur Rechtsanwälte und Rechtslehrer an deutschen Hochschulen zugelassen. (5) Durch Beschluß kann angeordnet werden, daß sich Parteien durch die in Absatz 4 genannten Personen vertreten lassen müssen. (6) Die Vorschriften der Absätze 4 und 5 gelten nicht für den Bund, die Länder, Gemeindeverbände und Gemeinden sowie die Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, soweit sie sich durch Beamte oder Angestellte mit der Befähigung zum Richteramt oder höheren Verwaltungsdienst vertreten lassen. § 25 Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet über die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs. Steht jedoch nach der rechtskräftigen Entscheidung eines anderen Gerichts fest, daß der Rechtsweg, der zu diesem anderen Gericht beschritten ist, zulässig ist, so ist diese Entscheidung bindend. § 26 Anwendbarkeit der Zivilprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes Soweit dieses Gesetz keine Vorschriften über das Verfahren enthält, sind die Zivilprozeßordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz entsprechend anzuwenden. TEIL II Verfahren im ersten und letzten Rechtszug § 27 Erhebung der Klage Die Klage ist bei dem Bundesverwaltungsgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erheben. § 28 Klageschrift (1) Die Klage muß die Bezeichnung der Parteien, die bestimmte Angabe des Gegenstandes, den Grund des Anspruchs, einen bestimmten Antrag und die Unterschrift des Klägers oder seines Bevollmächtigten enthalten. Die Klage soll ferner die zur Begründung des Anspruchs dienenden tatsächlichen Verhältnisse angeben und die Beweismittel bezeichnen, deren sich der Kläger bedienen will. (2) Urkunden, die als Beweismittel bezeichnet werden, sollen, soweit sie sich in den Händen des Klägers befinden, in Urschrift oder Abschrift beigefügt werden. Urkunden von größerem Umfang sind bei der Geschäftsstelle zur Einsichtnahme durch die Parteien niederzulegen. (3) Von allen Schriftstücken und ihren Anlagen sollen so viel Abschriften eingereicht werden, als Parteien vorhanden sind. Eine weitere Abschrift ist für den Oberbundesanwalt beizufügen, § 29 Aufschiebende Wirkung der Klage (1) Die Anfechtungsklage hat aufschiebende Wirkung. Die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann jedoch bis zur rechtskräftigen Entscheidung jederzeit die Vollziehung anordnen, wenn die Vollziehung nicht ohne schwerwiegende Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses aufgeschoben werden kann. (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt bei Streitigkeiten über öffentliche Abgaben und Kosten, jedoch kann die Stelle die Aussetzung der Vollziehung anordnen. (3) Auf Antrag einer Partei kann das Bundesverwaltungsgericht nach Erhebung der Klage die Vollziehung sowohl im Fall des Absatzes 1 wie des Absatzes 2 aussetzen, wenn das öffentliche Interesse es gebietet oder der Erfolg der Anfechtung i Nr. 39 – Tag der Ausgaben Bonn, den 25. September 1952 629 durch die Vollziehung gefährdet wird. Die den Antrag begründenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen. (4) Die Aussetzung kann von der Leistung einer Sicherheit oder anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Der Beschluß hierüber kann jederzeit geändert, zurückgenommen oder erneut erlassen werden. § 30 Einstweilige Anordnung (1) Das Bundesverwaltungsgericht kann im Streitfall auf Antrag einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. (2) Die einstweilige Anordnung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. (3) Wird die einstweilige Anordnung durch Beschluß erlassen oder abgelehnt, so kann Widerspruch erheben werden, über den Widerspruch entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nach mündlicher Verhandlung. Diese muß binnen vier Wochen, in eiligen Fällen spätestens zwei Wochen nach dem Eingang der Begründung des Widerspruchs stattfinden. (4) Der Widerspruch gegen die einstweilige Anordnung hat keine aufschiebende Wirkung. Das Bundesverwaltungsgericht kann die Vollziehung der einstweiligen Anordnung aussetzen, (5) Die einstweilige Anordnung tritt nach drei Monaten außer Kraft. Sie kann geändert oder wiederholt werden. § 31 Vorbescheid (1) Durch einen mit Gründen versehenen Vorbescheid kann die Klage ohne mündliche Verhandlung abgewiesen werden, wenn a) ein wesentliches Erfordernis fehlt und der Kläger innerhalb einer vom Vorsitzenden zu bestimmenden Frist den Mangel nicht beseitigt, b) die Klagefrist versäumt ist, c) das Bundesverwaltungsgericht offenbar unzuständig ist, d) die Klage nach dem vom Kläger behaupteten Tatbestand offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist. (2) Der Vorbescheid ist auch den übrigen Parteien zuzustellen. (3) Der Kläger kann gegen den Vorbescheid innerhalb eines Monats Antrag auf mündliche Verhandlung stellen. Der Kläger ist im Vorbescheid darauf hinzuweisen. Wird der Antrag rechtzeitig gestellt, so gilt der Vorbescheid als nicht ergangen; anderenfalls gilt er als rechtskräftiges Urteil. § 32 Zustellung der Klage an die übrigen Parteien (1) Wird ein Vorbescheid nicht erlassen oder ist gegen den Vorbescheid Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt, so wird die Klage den übrigen Parteien mit dem Ersuchen zugestellt, sich innerhalb einer bestimmten Frist zur Klage zu äußern. (2) Auf die Äußerung nach Absatz 1 sind die Vorschriften des § 28 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 entsprechend anzuwenden. § 33 Abgabe von Erklärungen und Gegenerklärungen (1) Soweit es zur Aufklärung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse geboten erscheint, können die Parteien auch im weiteren Verfahren unter Fristsetzung zu Erklärungen und Gegenerklärungen aufgefordert werden. (2) Unabhängig hiervon können die Parteien in jeder Lage des Verfahrens Anträge stellen oder sonstige Erklärungen abgeben, die jeweils der Gegenseite zuzustellen sind. (3) § 32 Abs. 2 gilt auch hier entsprechend. §34 Beiladung Dritter (1) Das Bundesverwaltungsgericht bestimmt von Amts wegen oder auf Antrag durch Beschluß, ob Dritte, deren rechtliche Interessen durch die Entscheidung berührt werden und die nach § 23 Partei sein können, beizuladen sind. Den Antrag kann auch stellen, wer beigeladen zu werden wünscht. Vor dem Beschluß sollen die Parteien gehört werden. (2) In dem Beiladungsbeschluß soll der Stand des Verfahrens und der Grund der Beiladung angegeben werden. (3) Der Beschluß wird den Parteien, dem Beigeladenen und dem Antragsteller zugestellt. (4) Durch den Beschluß erhält der Beigeladene die Rechtsstellung einer Partei. Die in der Sache selbst ergehende Entscheidung ist ihm gegenüber wirksam. §35 Mündliche Verhandlung Die Entscheidung ergeht auf Grund mündlicher Verhandlung. Einer solchen bedarf es nicht, wenn alle Parteien ausdrücklich auf sie verzichten oder wenn es sich um Entscheidungen handelt, die nicht Urteile sind. §36 Ladung der Parteien Nach der Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung sind die Parteien mit einer Ladungsfrist von mindestens vier Wochen, in eiligen Fällen von mindestens zwei Wochen zu laden. Mit der La- 630 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1952, Teil I düng ist der Hinweis zu verbinden, daß bei dem Ausbleiben der Parteien nach dem Stand der Verhandlung entschieden werden kann. § 37 Verhandlungsleitung des Vorsitzenden (1) Der Vorsitzende eröffnet und leitet die mündliche Verhandlung. (2) Nach Aufruf der Sache trägt der Berichterstatter den wesentlichen Inhalt der Akten vor. (3) Hierauf erhalten die Parteien das Wort. Sie können ihre tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen ergänzen oder berichtigen. § 38 Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen (1) Das Bundesverwaltungsgericht erforscht den Sachverhalt unter Heranziehung der Parteien von Amts wegen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Parteien nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden. § 39 Beweiserhebung (1) Das Bundesverwaltungsgericht erhebt die Beweise in der mündlichen Verhandlung. Es kann sie schon vorher durch einen seiner Richter als beauftragten Richter erheben lassen oder mit Begrenzung auf genau bestimmte Beweisfragen und Personen ein anderes Gericht um die Erhebung ersuchen. (2) Die Parteien werden von allen Beweisterminen benachrichtigt und können der Beweisaufnahme beiwohnen. § 40 Beweismittel Auf die Beweiserhebung sind die Vorschriften der §§ 358 bis 444 und 478 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. § 41 Vorlage von Urkunden oder Akten durch Behörden (1) Eine Behörde ist zur Vorlage von Urkunden oder Akten nicht verpflichtet, wenn die zuständige oberste Dienstbehörde erklärt, daß das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden oder Akten dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde oder daß die Vorgänge auf Grund eines Gesetzes oder ihrem Wesen nach geheimgehalten werden müssen. (2) Handelt es sich um Urkunden oder Akten einer obersten Bundesbehörde, so darf die Vorlage der Urkunden oder Akten nur unterbleiben, wenn die Erklärung nach Absatz 1 von der Bundesregierung abgegeben wird. Die Landesregierung hat die Erklärung abzugeben, wenn diese Voraussetzungen bei einer obersten Landesbehörde vorliegen. § 42 Persönliches Erscheinen der Parteien, Vorlage von Urkunden Auf Anordnungen über das persönliche Erscheinen einer Partei sowie auf Vorlage der in ihrem Besitz befindlichen Urkunden sind die Vorschriften der §§ 141 und 142 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. §43 Verhandlungsniederschrift (1) Zur mündlichen Verhandlung und zu jeder Beweisaufnahme wird ein Urkundsbeamter der Geschäftsstelle als Schriftführer zugezogen. Die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung sind in einer Niederschrift aufzunehmen, die von dem Vorsitzenden oder Vernehmenden und dem Schriftführer zu unterzeichnen ist. (2) Den Zeugen und Sachverständigen ist die Niederschrift über ihre Aussage vorzulesen. Dasselbe gilt für die Aussage einer Partei. Bei Vernehmungen außerhalb der mündlichen Verhandlung soll der Vernommene seine Aussage unterschreiben. § 44 Akteneinsicht (1) Die Parteien haben das Recht der Einsicht in die dem Gericht vorgelegten Akten. (2) Die Beteiligten können sich durch die Geschäftsstelle auf ihre Kosten Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften erteilen lassen. (3) Die Entwürfe zu Urteilen, Beschlüssen und Verfügungen, die zu ihrer Vorbereitung angefertigten Arbeiten sowie Schriftstücke, welche Abstimmungen oder Strafverfügungen betreffen, werden weder vorgelegt noch abschriftlich mitgeteilt. § 45 Zurücknahme der Klage (1) Die Klage kann bis zum Beginn der Verkündung oder, wenn keine Verkündung stattfindet, bis zur Zustellung des Urteils durch Erklärung an das Bundesverwaltungsgericht zurückgenommen werden. (2) Wird eine Klage zurückgenommen, so wird das Verfahren durch Beschluß eingestellt. § 46 Urteilsfindung (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Inhalt der Verhandlung und dem Ergebnis der Beweisaufnahme geschöpften Überzeugung durch Urteil. (2) Der Entscheidung dürfen nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde gelegt werden, über die den Parteien Gelegenheit zur Äußerung gegeben war. § 47 Entscheidung des Großen Senats (1) Will in einer Rechtsfrage ein Senat von der Entscheidung eines anderen Senats oder des Großen Nr. 39 – Tag der Ausgabe: B Senats abweichen, so entscheidet der Große Senat ohne mündliche Verhandlung nur über die Rechtsfrage. (2) Der erkennende Senat kann in einer Frage von grundsätzlicher Bedeutung die Entscheidung des Großen Senats herbeiführen, wenn nach seiner Auffassung die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung es erfordern. (3) Die Entscheidung des Großen Senats ist in der vorliegenden Sache für den erkennenden Senat bindend. (4) Vor der Entscheidung des Großen Senats ist der Oberbundesanwalt zu hören. Der Oberbundesanwalt kann auch in der Sitzung seine Auffassung darlegen. (5) Der Große Senat besteht aus dem Präsidenten und sechs Richtern. Die Richter und ihre Vertreter werden durch das Präsidium für die Dauer von zwei Geschäftsjahren bestellt. Den Vorsitz im Großen Senat führt der Präsident, im Falle seiner Verhinderung sein Vertreter. In den Fällen des Absatzes 1 kann jeder beteiligte Senat, in den Fällen des Absatzes 2 der erkennende Senat einen Richter, der abstimmungsberechtigt ist, zu den Sitzungen des Großen Senats entsenden. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. § 48 Urteilsverkündung (1) Das Urteil wird, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, in der Regel in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen wird, verkündet, in besonderen Fällen in einem sofort anzuberaumenden Termin, der nicht über zwei Wochen hinaus angesetzt werden darf. (2) Die Urteile sind den Parteien zuzustellen. § 49 Inhalt des Urteils (1) Das Urteil hat zu enthalten a) die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung, b) die Bezeichnung des Bundesverwaltungsgerichts und die Namen der Richter, welche bei der Entscheidung mitgewirkt haben, c) die Urteilsformel, d) eine gedrängte Darstellung des Streit- und Sachstandes unter Hervorhebung der gestellten Anträge (Tatbestand), e) die Entscheidungsgründe, f) die Unterschriften der Richter, welche bei der Entscheidung mitgewirkt haben; ist ein Richter verhindert, so ist dies zu vermerken. (2) Die Vorschrift des § 315 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozeßordnung ist hierbei entsprechend anzuwenden. (3) Das Urteil kann ein Gestaltungs-, Leistungsoder Feststellungsurteil sein. onn, den 25. September 1952 631 §50 Urteilberichtig mg Schreibfehler, Rechenfehler und sonstige offenbare Unrichtigkeiten im Urteil können jederzeit durch Beschluß berichtigt werden. § 51 Wirkung des rechtskräftigen Urteils Rechtskräftige Urteile binden die Parteien und ihre Rechtsnachfolger. TEIL III Wiederaufnahme des Verfahrens § 52 Wiederaufnahmeverfahren (1) Das durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossene Verfahren kann unter den in den §§ 579, 580 Nr. 2 bis 7, § 581 Abs. 1, § 582 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Voraussetzungen wiederaufgenommen werden. (2) Auf die Wiederaufnahme des Verfahrens sind die Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Auch der Oberbundesanwalt kann die Nichtigkeits- und Restitutionsklage erheben. (3) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können dem Bund auferlegt werden, soweit sie nicht durch Verschulden oder den unbegründeten Widerspruch einer Partei entstanden sind. TEIL IV Revisionsverfahren § 53 Revision auf Grund besonderer Zulassung (1) Die Revision gegen Endentscheidungen des obersten allgemeinen Verwaltungsgerichts eines Landes (§ 10 Buchstabe a) kann vorbehaltlich des § 54 Abs. 1 nur eingelegt werden, wenn sie von diesem obersten allgemeinen Verwaltungsgericht eines Landes zugelassen worden ist. (2) Sie ist zuzulassen, wenn a) die Klärung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu erwarten ist oder b) der Bund, vertreten durch oberste Bundesbehörden oder Bundesoberbehörden, die Deutsche Bundesbahn, vertreten durch den Vorstand oder den Verwaltungsrat, bundesunmittelbare Körperschaften oder bundesunmittelbare Anstalten des öffentlichen Rechts als Parteien beteiligt sind oder c) die Endentscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines obersten allgemeinen Verwaltungsgerichts eines Landes abweicht. B32 Bundesgesetzblatt, (3) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung der Endentscheidung angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten werden soll. (4) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft der Endentscheidung. (5) Wird der Beschwerde nicht abgeholfen, so entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht wird die Endentscheidung rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung des Beschwerdebescheides der Lauf der Revisionsfrist. § 54 Revision ohne besondere Zulassung (1) Einer Zulassung zur Einlegung der Revision gegen Endentscheidungen des obersten Verwaltungsgerichts eines Landes (§10 Buchstabe a) bedarf es nicht, wenn ausschließlich wesentliche Mängel des Verfahrens gerügt werden und eine der in § 53 Abs. 2 bezeichneten Voraussetzungen vorliegt. (2) Ein wesentlicher Mangel des Verfahrens liegt stets vor, wenn a) das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, b) bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, c) einer Partei das rechtliche Gehör versagt war, d) eine Partei im Verfahren nicht nach Vor-.sdirift des Gesetzes vertreten war, sofern sie nicht der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, e) die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, -bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder f) die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist. §55 Sprungrevision (1) Gegen Endentscheidungen eines allgemeinen Verwaltungsgerichts eines Landes im ersten Rechtszug (§ 10 Buchstabe b) kann die Revision unter Ubergehung der Berufungsinstanz eingelegt werden, wenn an dem Verfahren der Bund, vertreten durch oberste Bündesbehörden oder Bundesober-behörderi, die Deutsche Bundesbahn, vertreten durch den Vorstand oder den Verwaltungsrat, bundesunmittelbare Körperschaften oder bundesunmittelbare Anstalten des öffentlichen Rechts als Parteien beteiligt sind und der Rechtsmittelgegner zustimmt. Die schriftliche Erklärung der Zustimmung ist der Revisionsschrift beizufügen. Jahrgang 1952, Teil I (2) Die Einlegung der Revision und die Erklärung der Zustimmung gelten als Verzicht auf das Rechtsmittel der Berufung. § 56 Zulässige Revisionsgründe (1) Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß die angefochtene Endentscheidung auf der Nichtanwendung ocjer auf der unrichtigen Anwendung von Bundesrecht beruhe. In den Fällen des § 10 Buchstabe a kann die Revision auch darauf gestützt werden, daß das Verfahren an wesentlichen Mängeln leide. (2) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die in der angefochtenen Endentscheidung getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, daß in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind. (3) Bei der Rüge von Verfahrensmängeln sind nur die geltend gemachten Gründe nachzuprüfen. §57 Einlegung der Revision (1) Die Revision ist bei dem Verwaltungsgericht, dessen Entscheidung angefochten wird, innerhalb eines Monats nach Zustellung der Endentscheidung oder nach der Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Revision (§ 53 Abs. 5) schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen. Die Frist für die Revisionsbegründung kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag durch den Vorsitzenden verlängert werden. (2) Die Revision muß die angefochtene Endentscheidung angeben und einen bestimmten Antrag enthalten. Die Revisionsbegründung muß außerdem die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel .gerügt werden, die Tatsachen und Beweismittel bezeichnen, die den Mangel ergeben. (3) Das Verwaltungsgericht, bei dem die Revision eingelegt oder die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision erhoben worden ist, legt die Revisions- oder Beschwerdeschrift dem Bundesverwaltungsgericht mit den Akten vor. §58 Zurücknahme der Revision Die Revision kann bis zum-Beginn der Verkün-dung oder, wenn keine Verkündung stattfindet, bis zur Zustellung des Revisionsurteils durch Erklärung an das Bundesverwaltungsgericht zurückgenommen werden. § 59 Anschluß re vision Der Revisionsbeklagte und die sonstigen Parteien können sich, auch im Laufe der mündlichen Verhandlung, selbst wenn sie auf die Revision ver- Nr. 39 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 25. September 1952 633 ziehtet hatten, der Revision anschließen. Geschieht dies nach Ablauf der Revisionsfrist, so verliert die Anschlußrevision ihre Gültigkeit mit der wirksamen Zurücknahme der Revision oder deren Verwerfung wegen Unzulässigkeit. § 60 Klageänderung Die Klageänderung und die Beiladung sind im Revisionsverfahren ausgeschlossen. § 61 Vorschriften für das Revisionsverfahren Die für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht maßgebenden Vorschriften sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, für das Revisionsverfahren entsprechend anzuwenden. Ein Vorbescheid wird im Revisionsverfahren nicht erlassen. § 62 Prüfung der Zulässigkeit Das Bundesverwaltungsgericht prüft, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision unzulässig. § 63 Entscheidungen (1) Ist die Revision begründet, so kann das Bundesverwaltungsgericht a) in der Sache selbst entscheiden, b) die angefochtene Endentscheidung samt den ihr zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen aufheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückverweisen. (2) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundesverwaltungsgericht die Revision zurück. (3) Ist die Revision unzulässig, so verwirft sie das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß. (4) Verweist das Bundesverwaltungsgericht die Sache in den Fällen der Sprungrevision des § 10 Buchstabe b und des § 55 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann die Zurückverweisung nach seinem Ermessen auch an dasjenige oberste allgemeine Verwaltungsgericht des Landes erfolgen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. In diesem Falle gelten für das Verfahren vor dem obersten allgemeinen Verwaltungsgericht des Landes die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim obersten allgemeinen Verwaltungsgericht des Landes anhängig geworden wäre. (5) Das Verwaltungsgericht, an das die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die recht- liche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen. TEIL V Kosten und Zwangsvollstreckung § 64 Begriff (1) Kosten sind die Gerichtskosten und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Parteien. (2) Die Gebühren eines nach § 24 Abs. 4 zugelassenen Vertreters sind in jedem Falle erstattungsfähig. § 65 Kosten des Verfahrens (1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Wenn die Parteien teils obsiegen,, teils unterliegen, werden die Kosten gegeneinander aufgehoben oder verhältnismäßig geteilt. Werden die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (3) Kosten, die durch Verschulden des obsiegenden Teils entstanden sind, fallen diesem zur Last. (4) Wird die Klage oder die Revision zurückgenommen, so trägt der Zurücknehmende die durch die Erhebung der Klage oder die Einlegung der Revision verursachten Kosten. § 66 Kosten bei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Die Kosten des Verfahrens auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand trägt der Antragsteller, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind. § 67 Vergleichskosten Wird der Rechtsstreit durch Vergleich beendet, so gelten im Verhältnis der Parteien die Kosten als gegeneinander aufgehoben, sofern nicht im Vergleich etwas anderes bestimmt ist. § 68 Streitgenossen Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so sind die Vorschriften des § 100 der Zivilprozeßordnung anzuwenden. § 69 Kostenentscheidung (1) Im Urteil ist über die Kosten zu entscheiden. Ergeht kein Urteil, so wird durch Beschluß entschieden. 634 Bundesgesetzblatt, Jahrgang 1952, Teil I (2) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des ersten Rechtsziigs setzt die Gerichtskosten und auf Antrag den Betrag der notwendigen Aufwendungen der Parteien fest. (3) Gegen die Kostenfestsetzung ist die Erinnerung zulässig; über sie wird durch Beschluß entschieden. § 70 Entschädigung für Zeugen und Sachverständige, Gebühren und Auslagen von Prozeßbevollmächtigten Auf die Entschädigung für Zeugen und Sachverständige sowie für die Gebühren und Auslagen der Bevollmächtigten und Beistände (§ 24) sind die im Zivilprozeß geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. § 71 Reisekosten und Entschädigung für Zeitversäumnisse Hat die Partei einen nach § 24 Abs. 4 zugelassenen Vertreter bestellt, so sind Entschädigungen für Zeitversäumnisse und Reisekosten der Partei nur erstattungsfähig, wenn das Bundesverwaltungsgericht das persönliche Erscheinen einer Partei angeordnet hatte oder für angemessen hält. § 72 Sonstige Aufwendungen Legt eine Partei, nachdem die Ladung eines von ihr benannten Sachverständigen abgelehnt worden war, ein vom gleichen Sachverständigen verfaßtes Privatgutachten vor und hält das Bundesverwaltungsgericht das Gutachten für erheblich, so sind die hierfür aufgewendeten Kosten bis zu dem Betrage erstattungsfähig, der dem Gutachter bei seiner Heranziehung als Sachverständiger zugebilligt worden wäre. § 73 Gerichtskosten (1) Für das Verfahren werden Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. (2) Bis zum Erlaß eines Gerichtskostengesetzes für das Bundesverwaltungsgericht sind die Vorschriften des Gerichtskostengesetzes vom 18. Juni 1878 (Reichsgesetzbl. S. 141) in der jeweils geltenden Fassung entsprechend anzuwenden. §74 Wert des Streitgegenstandes Der Wert des Streitgegenstandes wird, wenn eine besondere Festsetzung erforderlich ist, nach freiem Ermessen festgesetzt. Die Festsetzung erfolgt, soweit sie nicht im Urteil getroffen ist, durch Beschluß. § 75 Bewilligung des Armenrechts Auf die Bewilligung des Armenrechts sind die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Der Partei, der das Armenrecht bewilligt ist, kann auf Antrag zur unentgeltlichen Wahrnehmung ihrer Rechte ein nach § 24 Abs. 4 zugelassener Vertreter beigeordnet werden. § 76 Zwangsvollstreckung (1) Für die Zwangsvollstreckung aus Urteilen, Kostenfestsetzungsbeschlüssen und aus vor Gericht geschlossenen Vergleichen gegen Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts sind die hierfür maßgebenden Vorschriften des Landes entsprechend anzuwenden, in dessen Gebiet vollstreckt werden muß. Im übrigen sind für die Zwangsvollstreckung im Verfahren erster Instanz die Vorschriften der §§ 704 bis 915 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. (2) Die Zwangsvollstreckung aus Revisionsurteilen obliegt dem Verwaltungsgericht des Landes, das in erster Instanz entschieden hat. Für die Zwangsvollstreckung aus diesen Urteilen sind die für das Verwaltungsgericht erster Instanz geltenden Vorschriften anzuwenden. (3) Soweit das Verwaltungsgericht eines Landes Gerichtskosten einzieht, die im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht entstanden sind, hat es diese dem Bundesverwaltungsgericht zu erstatten. IV. ABSCHNITT Verfahren in den Fällen des § 9 Abs. 1 Buchstabe d § 77 Regelung des Verfahrens (1) Für die Feststellung in den Fällen des § 9 Abs. 1 Buchstabe d sind die Vorschriften über das Verfahren entsprechend anzuwenden. (2) Die Bundesregierung hat die Rechtsstellung des Klägers, die Vereinigung hat die Rechtsstellung einer beklagten Partei. (3) Das Urteil ist der Bundesregierung und der Vereinigung zuzustellen. Die Entscheidungsformel ist vom Bundesminister des Innern im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. § 78 Ausschließung widersprechender Entscheidungen (1) Eine Landesregierung kann bei dem obersten allgemeinen Verwaltungsgericht des Landes die Feststellung, daß eine Vereinigung gemäß Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes verboten ist, nur beantragen, wenn sich die Vereinigung auf das Gebiet des Landes beschränkt. (2) Hat die Bundesregierung beim Bundesverwaltungsgericht die Feststellung beantragt, daß eine Vereinigung gemäß Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes verboten ist, so hat dieser Antrag bis zur Zustellung oder Verkündung der Entscheidung folgende Wirkungen: 1. Ist oder wird bei einem obersten allgemeinen Verwaltungsgericht eines Landes wegen derselben Vereinigung eine entsprechende Feststellung einer Landesregierung beantragt, so ist das Verfahren bei dem obersten allgemeinen Verwaltungsgericht des Landes bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über den Antrag der Bundesregierung auszusetzen. Nr. 39 – Tag der Ausgabe: Bonn, den 25. September 1952 635 2. Hängt die Entscheidung in einem anhängigen oder anhängig werdenden Rechtsstreit vor einem allgemeinen Verwaltungsgericht eines Landes davon ab, ob dieselbe Vereinigung gemäß Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes verboten ist, so ist das Verfahren bei dem allgemeinen Verwaltungsgericht des Landes bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über den Antrag der Bundesregierung auszusetzen. (3) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bindet in den Fällen des Absatzes 2 Nummern 1 und 2 alle allgemeinen Verwaltungsgerichte. (4) Hat eine Landesregierung eine Feststellung gemäß Absatz 1 beantragt, ohne daß die Bundesregierung einen solchen Antrag gestellt hat, so sind Absatz 2 Nummer 2 und Absatz 3 auf die allgemeinen Verwaltungsgerichte dieses Landes mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, daß die Entscheidung des obersten allgemeinen Verwaltungsgerichts des Landes alle allgemeinen Verwaltungsgerichte dieses Landes bindet. V. ABSCHNITT Schluß- und Übergangsvorschriften § 79 Das Bundesverwaltungsgericht ist drei Monate nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zu errichten. Vor dem Inkrafttreten des Gesetzes verkündete oder zugestellte Entscheidungen des obersten allgemeinen Verwaltungsgerichts eines Landes sind unanfechtbar. Die in den §§9 und 10 genannten Rechtsbehelfe können vor diesem Zeitpunkt nicht geltend gemacht werden. § 80 Die Senate des Bundesverwaltungsgerichts können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhal- ten, wenn dies zur schleunigen und sachgemäßen Erledigung erforderlich ist. § 31 Hält ein oberes Bundesgericht in einem anhängigen Rechtsstreit den beschrittenen Rechtsweg nicht für zulässig, so verweist es die Sache mit bindender Wirkung im Urteil an das zuständige Gericht des ersten Rechtszugs. Die Wirkungen der Rechtshängigkeit bleiben bestehen. § 82 (1) Bis zu einer einheitlichen Regelung durch die Bundesrechtsanwaltsordnung sind Verwaltungsrechtsräte gemäß § 24 Abs. 4 als Bevollmächtigte und Beistände allgemein zugelassen. (2) Als Verwaltungsrechtsrat gilt auch derjenige, der auf Grund der vorgeschriebenen Prüfungen die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst hat und dem das Auftreten vor den Verwaltungsgerichten allgemein gestattet ist. § 83 Die Vorschrift des § 3 Abs. 4 tritt erst drei Jahre nach Verkündung des Gesetzes in Kraft. § 84 Dieses Gesetz gilt auch im Lande Berlin, sobald das Land Berlin gemäß Artikel 87 Abs. 2 seiner Verfassung die Anwendung des Gesetzes beschlossen hat. § 85 Der Erlaß über die Errichtung des Reichsverwaltungsgerichts vom 3. April 1941 (Reichsgesetzbl. I S. 201) und die hierzu erlassene Durchführungsverordnung vom 29. April 1941 (Reichsgesetzbl. I S. 224) werden aufgehoben. Die verfassungsmäßigen Rechte des Bundesrates sind gewahrt. Das vorstehende Gesetz wird hiermit verkündet. Bonn, den 23. September 1952. Der Bundespräsident Theodor Heuss Der Bundeskanzler Adenauer Für den Bundesminister des Innern Der Bundesminister für Vertriebene Dr. Lukaschek Der Bundesminister der Justiz Dehler